Das Problem ist ja auch nicht, dass man nicht über Fakten diskutieren dürfte.
@Das Chaos hat natürlich Recht: Wissenschaftliche Aufgabe ist es, sich über Fakten erst einmal klar zu werden. Danach fängt die Diskussion erst richtig an, denn die gefundenen Tatsachen müssen nun auch noch erklärt, verstanden, gedeutet, bewertet werden. Im Grunde ist dies im grundsätzlichen Ablauf eines Strafverfahrens gut erkennbar: Während der Beweisaufnahme werden die Tatsachen erkannt, danach werden sie vom Gericht rechtlich bewertet.
Der "Trick" der RD, Holocaustleugner, Revisionisten usw. ist allerdings ein anderer: Sie tun nämlich so, als ob Tatsachen eine Frage der
Meinung seien. Eine Meinung wird man ja wohl noch haben dürfen.
TMDas ist im Kern genau das, was sich in Begriffsneuschöpfungen wie "alternative Fakten", "postfaktisch" u. dgl. ausdrückt.
Wie viele Juden im Rahmen des Holocaust umgebracht wurden, ist allerdings keine "Meinung" in dem Sinne wie die Frage, ob das Wetter schön sei. Da jeder Mensch seine eigene Auffassung davon hat, was schön sei, kann man darüber endlos diskutieren. Schönheit ist also eine Geschmacksfrage, die Zahl im Rahmen des Holocaust umgebrachten Juden hingegen ist ganz klar keine Geschmacksfrage, sondern eine Tatsache, über die man nicht in dem Sinne diskutieren kann, dass jeder seine "Meinung" sagt. Um die genaue Zahl zu ermitteln, muss geforscht werden, etwa in den erhaltenen Akten, aber auch durch Untersuchung von Massengräbern usw.
Nun ist es auch nicht so, dass danach nicht geforscht würde. Im Gegenteil gibt es jede Menge ernsthafter wissenschaftlicher Forschungen zur Zahl der im Rahmen des Holocaust umgebrachten Juden.
Ich erlaube mir den Hinweis, dass durch die Öffnung der Grenzen zwischen den westlichen und den ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten viele Quellen erst vor vergleichsweise kurzer Zeit zugänglich wurden, auch archäologische und forensische Untersuchungen erst seither möglich sind. Die Auswertung der dadurch zugänglich gewordenen Fakten dauert noch an.
Ich erlaube mir auch den Hinweis darauf, dass durch die neueren Erkenntnisse die Opferzahlen des Holocaust eher wieder steigen.
Zuletzt erlaube ich mir noch den Hinweis auf dieses neue und durchaus leicht und schnell lesbare Werk:
Stephan Lehnstaedt: "Der Kern des Holocaust. Belzec, Sobibor, Treblinka und die Aktion Reinhardt", C.-H.-Beck-Verlag, Paperback Nr. 6271, 2017