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Ohne konkret zu werden, verspricht er seinen Wählern, „Bürgervertrauen wieder herzustellen“, „echte Veränderung“ und dass er „das Gekungel der Altparteien“ beenden werde – so steht es in Martens Wahlprospekt. Da steht allerdings auch zu lesen, dass er „Verantwortung als ehrenamtliches Mitglied unserer Freiwilligen Feuerwehr in Oyten“ übernehme – und das entspricht nicht der Wahrheit. Marten ist nicht Mitglied der Feuerwehr Oyten, wie Ortswehr und Verwaltung bestätigen.
Bis 2005 kannte er Oyten nur aus dem Radio – „aus den Verkehrsmeldungen: Stau auf der Autobahn zwischen Oyten und Posthausen...“ Dann bekam Marten, der in Celle aufgewachsen ist, dort seine Schornsteinfeger-Ausbildung und mit 25 die Meisterprüfung machte, einen eigenen Kehrbezirk angeboten: Oyten-Ortskern. Er griff zu, zog hierher (vor einigen Jahren gesellten sich seine Lebensgefährtin und Kater „Akilha“ dazu) und hat das nie bereut, wie er im Gespräch schildert: „Kurze Wege, Kundennähe, Bürgernähe“ seien für seinen Arbeitsbereich prägend, und „das dadurch gewachsene Vertrauen in meine Person ist auch für die Wahl von Vorteil“. Bestätigt fühlt sich Marten durch sein persönliches Ergebnis bei der Gemeinderatswahl 2016, bei der der Schornsteinfegermeister als AfD-Kandidat die siebtmeisten Stimmen von 32 gewählten Ratsmitgliedern erhielt.
Politisch interessiert sei er seit seiner frühen Jugend, erzählt Marten. Er komme aus einem konservativen Elternhaus, der Vater habe eine Führungsposition bei der Bundeswehr gehabt, und auch er selbst sei immer CDU-nah gewesen – „bis mir die CDU zu links geworden ist“. Deshalb sei er vor drei Jahren in die AfD eingetreten: „Jetzt musst du was machen“, habe er beschlossen, was machen „gegen die Verschuldung, den Euro und Europa“. Es werde zuviel von Brüssel vorgegeben, meint Marten, deutsche Gesetze würden durch EU-Normen ersetzt: „Das verstehen die Bürger nicht, dass alles über den Haufen geworfen wird, was früher mal gut war.“ Weil er von Berufs wegen mit vielen Leuten in Kontakt komme, wisse er um die Unzufriedenheit von Bürgern „mit denen da oben“.
Bürgermeister will Marten werden, „weil ich Spaß daran habe, Menschen zu führen“. Das macht er am Umgang mit seinem Mitarbeiter und seinem Auszubildenden fest. Man dürfe die Zügel nicht zu locker lassen; es gelte, „das richtige Maß von Zwischenmenschlichkeit und Verordnungsgebung zu finden“, so wie er es aus seinem Beruf kenne. Er habe eine solide Handwerkerausbildung genossen, darauf wolle er aufbauen, das lasse sich übertragen auf die Leitung einer öffentlichen Verwaltung mit 250 Beschäftigten. Führungserfahrung habe er zudem in der Feuerwehr gesammelt, in der er in Celle aktiv war. Als prägend schildert Marten das Zugunglück von Eschede, bei dem 1998 mehr als 100 Menschen starben: „Mehrere Tage war ich dort in der Einsatzleitung vor Ort.“
Sparsamkeit ist für Marten oberstes Gebot: „Die Gemeinde nimmt Steuern ein und damit muss sie auskommen.“ Als Synonym für „Geldverschwendung“ führt er immer wieder den Boulevard an der Hauptstraße an: „Viel zu teuer, sowas muss nicht sein.“ Überhaupt müsse im Rathaus effizienter geplant werden, um Geld einzusparen, meint Marten und bezieht sich auf die Kostensteigerungen zuletzt beim Bau von Feuerwehrhaus und Kita Oyter Mühle. Statt Verschuldung müssten Rücklagen gebildet werden für schlechte Zeiten.
Weitere Ziele wären für ihn die „sozialverträgliche Gestaltung der Straßenausbaubeiträge“ und praktizierte Bürgernähe: „Über Vorhaben der Gemeinde sollten Bürger online abstimmen können.“ So wolle er besagtes „Bürgervertrauen wieder herstellen“.
Zeit zum Imkern wie früher in Celle hat Marten heute keine mehr. Aber auch seine anderen Passionen sind naturverbunden: Als Mitglied in fünf Fischereivereinen angelt er an Wümme und Weser, im Brillen-, Behling- und Oyter See und bereitet seinen Fang auch selbst zu, am liebsten Karpfen und Forelle. Und er ist Jäger mit eigenem Revier in Oyten: „Nicht wegen des Schießens“, betont Marten, „sondern wegen der Natur: Das Recht zur Jagd beinhaltet die Pflicht zur Hege.“
Acht schnelle Fragen – acht kurze Antworten:
Wie würde am Freitag, 1. November 2019, Ihr erster Arbeitstag als Bürgermeister im Rathaus in Oyten aussehen?
Mein erster Arbeitstag sollte am letzten von Bürgermeister Cordes sein. Ich möchte von ihm alles in Ruhe übergeben bekommen, mit ihm von Büro zu Büro und zum Bauhof gehen und abends zusammen mit allen gleichzeitig Ein- und Ausstand feiern.
Haben Sie einen Lieblingsplatz in Oyten?
Mein Jagdrevier von der Bahnlinie bis zur Wümme rechts und links der Kreisstraße von Sagehorn in Richtung Fischerhude.
Wenn Sie überraschend einen ganz freien Tag hätten, wie würden Sie ihn verbringen?
Meiner Lebensgefährtin zuliebe mit einem Ausflug zum Otterzentrum Hankensbüttel und anschließendem Candlelight-Dinner.
Welche Berühmtheit würden Sie gerne mal persönlich treffen?
Thilo Sarrazin, ein herausragender Sozialdemokrat. Auch Helmut Schmidt hätte ich gern mal getroffen – der wird immer mein Lieblingsbundeskanzler bleiben.
Was wären Sie als ganz junger Mensch gern geworden?
Erschrecken Sie jetzt nicht: Bestatter. Aber damals war das noch kein Lehrberuf.
Oyten 2030 – welche Visionen verbinden Sie damit?
Dass Oyten noch lebenswert ist, dass es noch ländlichen Charme behalten hat und die Wirtschaft weiter floriert.
Wem oder was können Sie nicht widerstehen?
Unserem Kater „Akilha“. Außerdem bin ich ein Genussmensch: Ich esse gerne ein Steak, rauche gerne einen guten Zigarillo und trinke gerne ein gepflegtes Bier dazu.
Was mögen Sie an sich selbst – und was nicht so gern?
Ich mag meine Zielstrebigkeit und Beharrlichkeit; dass ich meistens das erreiche, was ich mir vornehme. Aber manchmal bin ich zu ungeduldig mit mir und anderen.