Das war jetzt sehr lang, sollten noch Unklarheiten bestehen, bitte nochmal nachfragen.
Das heißt dementsprechend: Ist der PCR-Test (mit hinreichend kleinem CT) positiv, so ist mit annähernder Sicherheit das Virus nachgewiesen?
Prinzipiell kann man sagen: PCR positiv (falsch negative ausgeschlossen), Virus nachgewiesen. Positive Fälle werden in den Labors ein zweites Mal mit anderen Primern getestet. Erst wenn beide Proben eindeutig übereinstimmen, gilt das Ergebnis. Ansonsten muss ggfls. nochmal abgestrichen werden.
An einem Krankenhaus in der Nähe gab es vor ein paar Wochen eine große Zahl an positiven Testergebnissen unter den Mitarbeitern, die allesamt ein paar Tage später wieder negativ waren -- die waren wohl positiv mit CT=40. Aber erst dicke Schlagzeile in der Zeitung. Das sind natürlich genau die Fälle, die die Cov♥♥♥en gerne rausgreifen. Wie wird so etwas in den Laboren vorgesorgt?
Das Ergebnis klingt für mich sehr stark nach einer Kontamination und unsauberem Arbeiten (um das genau zu beurteilen, müsste man dann Abläufe und Details kennen). Der Vorteil der PCR, so extrem empfindlich zu sein, ist auch ihr größter Nachteil. Beim Arbeiten nutzt man Pipetten, die unten eine Plastikspitze haben (das durchsitige Teil am Ende der Pipette), die mit den Flüssigkeiten in Berührung kommen. Das sieht beispielsweise so aus (da gibt es zig Hersteller, das Prinzip ist dasselbe):

Wenn man beim pipettieren der Reaktionen unvorsichtig arbeitet (also die Pipette schnippen lässt), können Aerosole entstehen, die sich in der Pipette festsetzen. Wenn man die Spitze nach dem Schritt abwirft und eine neue verwendet, kann das ausreichen, um nachfolgend pipettierte Reaktionen zu kontaminieren. Dafür spricht, das die vermeintliche Infektion erst bei sehr hohen Ct-Werten auftritt und später nicht mehr nachweisbar ist. Eine Abhilfe für dieses Problem schaffen Filterspitzen, die im Schaft der Pipettenspitze einen Filter haben, der die Mikropipette nach oben absichert. Die sind halt nur teurer...
Noch ne Unklarheit:
Virus nachgwiesen = infiziert (!= krank) -- aber bedeutet "infiziert" nicht gleichzeitig auch zunächst "infektiös"? Man kennt das ja von Rhinoviren, "ich bin nicht mehr ansteckend" - gibt es da eine Virusspezifische Kurve der Infektiösität?
Am Anfang ist das gleichzusetzen, wie lange das gilt, ist meines Wissens noch umstritten. 10 Tage nach Symptombeginn/Infektiosität als nicht mehr infektiös gilt als relativ sichere Faustregel, soweit ich weiss. Drosten hat sich dazu auch mal geäußert, ich erinnere mich aber leider nicht an die exakte Antwort.
Tante Edith hat mich gerade auf dieses Paper aus dem Frühjahr hingewiesen, das genau diese Fragestellung untersucht hat: "
Temporal dynamics in viral shedding and transmissibility of COVID-19".
Die schauen sich an, wie sich der Nachweis ab Symptombeginn verhält. Wenn ich mir die Graphiken so ansehe, könnte man vermutlich 7 Tage nach Symptombeginn davon ausgehen, das Leute nicht mehr ansteckend sind. Der Artikel ist im April erschienen, bisher habe ich nicht neureres gefunden.
1. Im ersten Schritt wissen wir jetzt (falls ich da nicht was falsch versanden habe): Ab einem ct von 35 werden zwar noch Schnipselchen von Virus-RNA nachgewiesen, aber dass die Person infektiös ist, ist eher ausnahmsweise der Fall.
Genau. Aus technischen Gründen sind die nachgewiesenen Stücke in der realtime-PCR relativ kurz.
2. Wenn jetzt bei einem Standard-Test jeweils 35 oder mehr Runden gefahren werden, dann schmeißt der Detektor wegen des Vorhandensein von Virus-Resten ein positives Ergebnis (auch) in jenen Fällen raus, in denen das Virus erst in einem sehr späten Zyklus detektiert wird.
Moment. Der Detektor mißt einfach nur und das solange, wie die Maschine läuft. Wenn es zu einer Zunahme an Fluoreszenz kommt, dann wird das gemessen.
Daraus lässt sich natürlich nicht folgern, dass alle (oder 97 %) der Tests "falsch positiv" (im Grunde "richtig positiv - weil der PCR-Test das Vorhandensein von Viren-RNA und nicht Infektiosität misst) sind, weil nicht in jedem Fall der Nachweis erst in Runde 35 (oder höher) erfolgt. Der Schluss auf 97 % "Falschmeldungen" wäre aber nur zulässig, wenn dies der Fall wäre.
Der gezogene Schluß ist: "97% der in der PCR als positiv gestesten sind in der Zellkultur nicht mehr infektös = 97% falsch positive". Das ist aber falsch, da hier aus einer Aussage (nicht infektiös) abgeleitet wird, das der Meßwert der PCR (Virus nachgewiesen) falsch ist.
3. Nicht ganz klar ist mir allerdings, wie derartige Resultate ausgesondert werden (soweit sie ausgesondert werden). Wird die ct-Zahl, nach der ein Nachweis erfolgt, von der Technik mit angezeigt (weiß man also, nach wie vielen Runden das Ergebnis positiv war)? Und wieso dreht man überhaupt so viele Runden, wenn eine hohe Zyklenzahl gar nicht geeignet ist, weitere sinnvolle Ergebnisse zu produzieren?
Das hat einfach praktische Gründe. Du lässt die Reaktion so lange laufen, bis sie sicher vorbei ist. Das dauert nicht wesentlich länger als früher zu beenden (für die hier verwendete Reaktion dauert ein Zyklus 45 Sekunden. Ob du da 5 Zyklen mehr fährst oder nicht, macht praktisch keinen Unterschied, aber du bist definitiv sicher, das deine Reaktion stattgefunden hat. Man läuft dann irgendwann in technische Probleme wie die Stabilität des Enzyms und der Reagenzien und einiges mehr.
Und ob die Ergebnisse sinnvoll und verwendbar sind, hängt davon ab, wie gut die Kontrollen sind usw. Es hängt auch von der Fragestellung ab, ob das verwertbar ist. Prinzipiell sind die Daten >35 also nicht unsinnvoll (auch hier nicht). Nur die Aussage zur Infektiosität...
Und wenn man sehr geringe DNA-Konzentrationen nachweisen will, muss man auch soweit gehen, man muss dann nur sehr gute Kontrollen haben, dass das Ergebnis auch belastbar ist. Das führt dann hier aber vielleicht doch etwas weit.