Es gibt Fälle der notwendigen Verteidigung. Diese sind grob gesagt jene, in denen jemand in Haft sitzt, seine Recht nicht selbst oder nicht ausreichend wahrnehmen kann oder eine bestimmte Mindeststrafe droht. (Die besondere Schwierigkeit der Sache kann man getrost beiseite lassen.) Alle diese Bedingungen sind zumindest bei Alfred Schaefer erfüllt (ebenso waren sie es bei Zschäpe). In solchen Fällen muss dem oder der Angeklagten ein Verteidiger beigegeben werden, falls nicht bereits ein Anwalt beauftragt worden ist. Selbst wenn ein Verteidiger bereits bestellt wurde, kann es vorkommen, dass zusätzlich ein Pflichtverteidiger bestellt wird, nämlich wenn die Vertretung durch den Wahlverteidiger nicht ausreichend erscheint. (So etwa bei Zündel, der zeitweise vier Wahlverteidiger und zwei Pflichtverteidiger hatte, wenn ich mich recht erinnere.)
Gibt es keinen Grund, sich durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen, kann der bzw. die Angeklagte frei über die eigene Verteidigungsstrategie entscheiden. Ob das gut ist, bleibe dahin gestellt. Erscheint dem Gericht die Fähigkeit zur eigenen Verteidigung eingeschränkt, muss es ggf. einen Pflichtverteidiger einsetzen, vgl. oben.
Allerdings bleibt der bzw. die Angeklagte Subjekt im Prozess und wird nicht zum bloßen Objekt des Verfahrens gemacht. Das bedeutet, dass der bzw. die Angeklagte selbstständig agieren kann, etwa auch eigene Beweisanträge stellen oder Rechtsmittel einlegen.
Das bedeutet, dass die Möglichkeit gegeben ist, dass die Verteidigungsstrategien von Angeklagten und deren Verteidigern unterschiedlich, ja sogar gegensätzlich sein können. Das ist eine grundlegende gesetzliche Entscheidung.
Im Fall Ursache konnte man sehen, welche Folgen diese grundlegende gesetzliche Entscheidung haben kann: Zeitweise verfolgte Ursache eine gänzlich andere Verteidigungsstrategie als seine Verteidiger, deren Strategie er durch seine eigene sogar torpedierte.
Nun gibt es keine Pflicht, dass ein Angeklagter sich selbst belasten muss. Wenn er aber aus eigenen Stücken eine Verteidigung wählt, mit der er sich erst recht in den Schlammassel reitet, ist ihm dies auch nicht verwehrt. Wer den guten Rat von Gericht und Pflichtverteidigung in den Wind schlägt, ist dafür ganz allein verantwortlich.
Bei den Schaefers sieht die Sache nun ja noch einmal ein wenig anders aus, hätten sie doch sicher in Kanada sitzen und von dort aus ihre "Meinung" elektronisch verbreiten können. Nach Deutschland zu reisen, wo ihnen ein Strafverfahren drohte, war allein ihre Entscheidung. Vor Gericht ein "letztes Wort" vorzutragen, das im Grunde gleich nochmals die Beweise für eine Verurteilung lieferte, war ebenso allein Alfred Schaefers Entscheidung.