"idealistische Weltordnung, freie Völker, das Gute, Wahre, Schöne"). "Leben nach göttlichen Gesetzen" und gleichzeitig Neonazi sein, erfordert allerdings schon eine ausgewachsene psychotische Turboklatsche.
Nein, gerade nicht. Außer, Du fällst auf die alte Mär vom psychisch total kranken Nazi rein. Klar, die gabs, und ne gewisse Macke hatten die irgendwie alle, aber der Großteil eben nichts, was sie nach heutigen Standards direkt in die nächste Geschlossene brächte.
Das ist ja gerade das irrsinnige, dass Massenmörder wie etwa Eichmann oder Himmler eben
nicht durch besonderen Irrsinn aufgefallen wären. Ganz im Gegenteil haben sich diese (unter der unbegreiflichen Prämisse totaler Menschenverachtung) durchaus rational verhalten und ihre "Probleme" (zuviele Menschen, die ihnen nicht passten) durchaus effizient "gelöst" (Massenmord).
Und dabei haben sie durchaus ein "idealistisches Weltbild" gehabt, wollten ein "freies Volk" und "das Gute, Wahre, Schöne". Nur war deren Ideal eben ein rassistisches, menschenverachtendes, gänzlich widerwärtiges Bild. Mit anderen Worten: Die Prämisse ist eine gänzlich andere, das Konstrukt, das darauf aufbaut, aber durchaus in sich stimmig. Wir, mit unserer völlig divergierenden Prämisse (wir haben ja z.B. den Grundsatz, dass Menschen ein Recht auf Leben haben, den haben Nazis halt nicht) kommen mit dem Konstrukt nicht klar, weswegen wir (um die Komplexität zu reduzieren) unweigerlich pathologisieren, das also Wahnsinn nennen.
Das greift aber zu kurz.
Das was der Obersturmbannleerer (den ich, wieder einmal, ganz bewusst so bezeichne) hier präsentiert, ist nationalsozialistische Grundmotivation in Reinform. Seine "idealistische Weltordnung" mit dem "Leben nach göttlichen Gesetzen" im Streben der "freien Völker" nach dem "Guten, Wahren, Schönen" ist nichts weiter als das emotionale Grundbedürfnis, das die nationalsozialistische Blut und Boden Ideologie und das Germanentum befriedigt haben bzw. heute noch befriedigen.
Ich empfehle an dieser Stelle zwei Zeitzeugen, die sehr erhellend zu lesen sind: Viktor Klemperer (LTI) und Eugen Kogon (Der SS-Staat). Interessanterweise sind sowohl der Romanist Klemperer als auch der Soziologe Kogon in der Lage, Parallelen zwischen der Nazi-Ideologie und der Romantik(!) zu ziehen. Ich meine, es war Kogon, der die Romantik sogar als (kulturelle) Wurzel des Nationalsozialismus in Deutschland bezeichnete.
Die sind nicht verrückt. Die glauben das wirklich.
Das ist ja das tragische.