N.N. meldet sich vom zweiten Verhandlungstag in Brandenburg/Havel und liefert einen weiteren mindestens skurrilen Auftritt ab. Er hat sich wohl einige Notizen gemacht, um dann an deren Entzifferung zu scheitern oder in der Zeile zu verrutschen, was ihn aber natürlich nicht davon abhält, zwischendurch immer wieder zu feixen und zu grimassieren.
Dass ihn der Prozess nur mäßig interessiert und Josef S. nur ein weiteres Vehikel für ihn ist, kann man gut an seiner Vortragsweise erkennen. Er rekapituliert gewohnt ahnungslos seine Notizen, stellt sein Unwissen zur Schau und wirkt dabei wie ein schlecht vorbereiteter Schüler, der sein Referat erst im Schulbus zusammen geschmiert hat.
Josef S. kommt wohl aus Mariampol in Litauen und soll Angehöriger der dt. Minderheit sein. N.N. referiert zur Biografie von J.S. „Er war da bei so einem Reiterregiment, ähm, äh, Eskadron nannte er das, ich weiß nicht genau, was damit gemeint ist. Dann kam [sic!] aber 1938 [sic!] die Russen, wissen wir ja, nachdem, äh, Stalin oder Hitler-Stalin-Pakt, den Ribbentrop mit, äh, verhandelt hat, das nur nebenbei.“ Zur NS-Zeit hat sich J.S. wohl nicht geäußert; es schließen sich Erzählungen über die Nachkriegszeit an, in der sich J.S. In Brandenburg niederließ und erst durch seine spätere Ehefrau die dt. Sprache lernte.
N.N. fahrig und unkonzentriert wie ein Junkie, der auf den nächsten Schuss wartet: „Dann fragte dann ein weiterer Anwalt, ähm, nach Deutsch, ach nee, das war das schon, ach ja, ein weiterer Klageanwalt wollte dann, ähm, von Herrn, ähm, S. noch mal hören, dass er keine Angabe zum Tat- zum ja, zum infrage stehenden Tatgeschehenszeitraum machen wolle […]. Und dann kam von Josi der Satz 'Ich sitze hier ganz alleine, ich bin doch gar nicht schuldig und Sachsenhausen, mir ist der Ort völlig unbekannt.'“
Am 21.10. geht es in Brandenburg/Havel weiter, „aber am 19. steht erst einmal der Prozess gegen die Irmgard F. an.“
Danach ist N.N. direkt nach Berlin gefahren, wo Henry Hafeneimer „nach einer sehr stimmungsvollen Trauerfeier mit Reden von Sylvia Stolz und Horst Mahler und Thorsten Steiner* [sic!]“ in Stahnsdorf beerdigt wurde.
*Natürlich ist Thomas Wulff aka 'Steiner' gemeint.