Gerne möchte ich nochmals auf den "Volksentleerer" eingehen und dabei auf Bemerkungen abstellen, die ich bisher nicht berücksichtigt habe, nämlich:
1.) Er scheint tatsächlich zu glauben, das toitschä Volk sei verfolgt, unterdrückt und geknechtet. Er glaubt, die Wahrheit(TM) zu verbreiten. Daher sieht er sich im Recht.
[...]
Wenn man als Prämisse setzt, dass die Ereignisse, die zum Abdriften in Verschwörungsideologien führen, in der Regel persönliche Schicksalsschläge, zumindest Härten, also die sprichwörtlichen "Brüche im Lebenslauf" sind und davon ausgeht, dass das Reichsdeppentum in der Regel eine (leider bzw. zum Glück IMMER erfolglose) Bewältigungsstrategie durch (vermeintliche) Selbstermächtigung darstellt: [...]
Ich glaube, dass der geschätzte Kollege
@Rechtsfinder uns da auf eine richtige Fährte gelenkt hat. Ich habe zwei Stellen im Zitat markiert, weil ich davon ausgehen möchte.
Dieser Tage habe ich mir fast das ganze "Interview" angetan, das Wakenews mit Quasir geführt hat. Dabei ist mir wieder aufgefallen, wie vage, oberflächlich, allgemein und nichtssagend die "Diagnose" eigentlich bleibt. Quasir fängt erschreckend viele Antworten mit den Worten "Keine Ahnung!" an. Der einzige halbwegs konkrete Punkt, den ich heraushören konnte, ist die "Flüchtlingskrise", die Quasir "zum Aufwachen" brachte. Flüchtlinge bzw. Ausländer spielen denn auch eine wiederkehrende Rolle in dem Interview, aber z. B. auch in den Szenarien des Herrn WE auf Hartgeld.com usw.
Auch beim "Volksentleerer" ist mir Ähnliches aufgefallen. Erinnert sei an seinen "Besuch" in Zürich, wo er Räumlichkeiten von Universität und Eidgenössischer Technischer Hochschule (die er anscheinend nicht so ganz auseinanderhalten konnte) "inspizierte" und vor allem am Wegrand nach Aufklebern, Flyern u. dgl. von (aus seiner Sicht) "linken" Gruppen suchte.
So wirklich überzeugend war das in meinen Augen nicht, jedenfalls ganz gewiss kein gelungener Nachweis, dass "wir" ein besetztes Land, ein versklavtes Volk usw. seien, einmal davon abgesehen, dass man den Nachweis für solche Zustände in Deutschland ziemlich sicher nicht im Ausland finden wird.
Dennoch teilen der Volksleerer und andere, wie Quasir, die "Crew" von Wakenews, Weichhirn usw. die feste Überzeugung, Deutschland und den Deutschen gehe es schlecht, in Deutschland herrsche eine Diktatur, das Unrecht, sie würden ausgebeutet, unterdrückt, verfolgt usw. Konkret wird aber nichts geliefert, abgesehen von dem wiederkehrenden Verweis auf Flüchtlinge bzw. Ausländer.
Der Wakenews-"Interviewer" (der selbst mehr spricht als der Interviewte" bringt in dem erwähnten "Interview" ein, wie mir scheint, vielsagendes Beispiel: Er regt sich über Leute auf (u. a. seine eigene Frau und deren Kinder sowie Quasirs Frau und weitere Verwandte), die er als "Schlafschafe" bezeichnet und die das nicht "sehen" können, was er und Quasir "sehen". Das vergleicht er damit, dass er jemandem sage, es sei Nachts doch dunkler als am Tag (wobei er sich dann in Beleuchtung, Flutlicht u. dgl. noch verheddert), dieser von ihm eingeführte "Jemand" aber dem Offensichtlichen widerspreche und behaupte, es sei am Tag dunkler als in der Nacht o. dgl. (da verheddert er sich wieder in seinem eigenen Vergleich).
Irgendwie erinnert dies an den berühmten Geisterfahrer-Witz: Nicht einer, Hunderte ...
Das Problem, das hier formuliert wird, liegt augenscheinlich daran, dass das, was es in der Vorstellung der so Denkenden gibt, in der Wirklichkeit gar nicht vorhanden ist. Um im Bild des erwähnten Vergleichs zu bleiben: Nicht das "Schlafschaf" verwechselt Tag und Nacht, sondern die "Aufgewachten". Darin liegt ja auch der Grund, warum es so selten konkrete Anhaltspunkte für die Überzeugung, alles sei so schlecht, gibt.
Es kommt wir fast so vor, als ob diese Leute eines Morgens aufgewacht wären mit einer sehr dunkel getönten Sonnenbrille auf der Nase und diese bis heute nicht bemerkt und abgesetzt hätten, weshalb ihnen die Welt natürlich dunkler vorkommen muss, als sie wirklich ist. (An diesem Punkt könnte man vermuten, dass dies Anzeichen einer anhaltenden depressiven Verstimmung o. dgl. sein könnten, aber das ist eine andere Diskussion.)
Damit komme ich zu dem entscheidenden Wort
vermeintlich: Vermeintlich ist Deutschland eine Diktatur, vermeintlich das deutsche Volk unterdrückt, vermeintlich wird es ausgebeutet, gar ausgerottet, und vermeintlich haben der "Volksleerer" und Seinesgleichen "die Wahrheit" erkannt, vermeintlich verfügen sie über besonders herausragendes Wissen, vermeintlich sind sie stark, aufgewacht usw.
Aber weil dies alles sich nicht auf Tatsachen stützt, sondern nur in ihrer Einbildung existiert, ist eben all dies nur "vermeintlich".
Somit sind auch die Kränkungen, Schicksalsschläge oder gar "Traumata" nur vermeintliche, weshalb auch deren Folgen und die dazu angewandten Bewältigungsstrategien letztlich nur vermeintlich und daher am Ende unwirksam sein müssen.
Das sind einmal einige Überlegungen, die keineswegs ausgereift sind. Ich wollte es hier nur einmal notieren, damit es ggf. nicht vergessen geht.