Sonntäglicher Soundtrack: das französische Projekt 'Land' mit 'Opuscule.' N.N. hockt mal wieder in seinem Berliner Messiparadies, an der Wand hinter ihm, bescheiden wie man ihn kennt und verabscheut, die üblichen Bilder von ihm selbst, ergänzt um ein Bild vom ollen Fritz.
Das Postschmutzauspackvideo, das man ansonsten gern ignorieren könnte ob seiner Bedeutungslosigkeit, ist aus verschiedenen Gründen durchaus 'sehenswert.' Zum einen leitet N.N. das Video mit dem Eingeständnis eines Fehlers ein -er hat nach eigener Aussage die Daten von zwei Videos irrtümlich gelöscht, der Welt bleiben also wenigstens diese Videos erspart- und schwurbelt etwas von Klassenarbeiten – da hat sich wohl kurz das Unterbewusstsein von N.N. zu Wort gemeldet, nachdem es sich gehörig über das Wirtstier geekelt hat, und ihn etwas Uneingestandenes, namentlich die Sehnsucht nach einer bürgerlichen Existenz als Lehrer, sagen lassen. Zum anderen ist die rein technische Machart des Videos auf so erschreckend geringem Niveau, so dass es vortrefflich zu seinem Gesamtbild passt. Als Beispiel sei nur das Videoende genannt, das abrupt ausfällt, ohne die übliche Deppenverabschiedung, als hätte ihm das SEK soeben die Tür eingetreten und ihm als erstes sein Lieblingsspielzeug, die Kamera, weggenommen.
Zum Inhalt: er stellt das Buch 'Die Alternative Neue Weltordnung' von Paul Schlagheck vor. Schlagheck ist brandenburgischer Landesvorsitzender der Parteisimulation 'Die Mitte' und die Papierverschwendung ist im J. K. Fischer-Verlag erschienen, dem die Welt auch die Elaborate eines Daniele Ganser, Thor Kunkel oder Jan van Helsing verdankt. „[...] und kann euch dieses Buch absolut ans Herz legen. Es sind drei Teile, mehr oder weniger […] und der dritte Teil ist dann eine Verfassung für Deutschland, eine neue Verfassung […] Allerdings ist das hier eine Verfassung, die wirklich gut durchdacht ist. Sie hat zwar ein paar kleine Fragezeichen von mir bekommen, an gewissen Stellen, aber unterm Strich habe ich gedacht, Wahnsinn. Da hat sich jemand echt Gedanken gemacht und etwas wirklich richtig Gutes zu Stande gebracht. Diese Verfassung könnte man ausprobieren. […] Das sind drei Säulen [Einführung von Freigeld, BGE und plebiszitärer Elemente,] wo ich sagen, ich würde es einfach mal ausprobieren. Ich weiß, es gibt viele Ökonomen, die sagen, bist du bescheuert, du kannst doch nicht den Menschen Geld geben, ohne dass sie etwas dafür tun.“ Nicht nur Ökonomen sagen das über dich, aber das mit dem Geld geben, in deinem Fall natürlich Geld nehmen, ohne etwas dafür zu tun, kennst du ja. „Lest es, diskutiert mit mir darüber und vielleicht wird das unsere zukünftige Verfassung. Besser als keine Verfassung ist es allemal und jetzt haben wir nur ein Grundgesetz.“
Nächster, sehr umfangreicher Block im Video: eine komplett verirrte Sippe, mit der N.N. wohl schon länger Kontakt pflegt, hat ihm eine ganze Reihe von Paketen geschickt, die z.B. mit gerahmten Bildern, Wein -sinnigerweise mit einer Art Reichsadler auf dem Etikett,- Oliven, Keksen, die sich N.N. nicht in die Kamera zu zeigen traut, eine Xavier-Naidoo-Gedächtnisschiebermütze u.a.m. gefüllt waren. Die Bilder zeigend klopf noch mal kurz das Unterbewusstsein an: „Bilder, wo ich sagen muss, da wurde in mir das Fernweh wach. […] Blauer Himmel, blaues Meer, Horizont und eine Familie, die zusammen unterwegs ist, das ist wirklich etwas schönes.“ Zum zugesendeten Kugelschreiber: „Auch immer gut, um seine Entnazifizierung zu unterschreiben, ich hoffe, das habt ihr alle schon gemacht, oder was auch immer.“
Kaddi hat ein angedeutetes Auftreten: „Zu Pfingsten [da hat er die Wannseekonferenz der Laienschauspielgruppe veröffentlicht] habe ich ein schönes Erlebnis gehabt. Vielleicht nächstes Jahr mit euch auch, bestimmt mach ich es wieder. Aber was genau, erzähle ich nicht.“
Es folgt, ab Minute 11, eine Hetzschreiben von Wolfgang Fröhlich, einem mehrfach verurteilten Holocaustleugner aus Österreich, der 12 Jahre absitzen durfte, das Schreiben ist an den österreichischen Präsidenten gerichtet und es bewegt sich auf dem Ekelniveau eines Henry Hafenmayer oder der Vorzeigeirren Wilfert. Details zu Fröhlich z.B. unter
https://www.noen.at/niederoesterreich/chronik-gericht/gericht-stein-insasse-leugnet-nazi-graeuel-verurteilt-4883898Dem schließt sich ein Brief Fröhlichs an den SPÖ-Politiker Johannes Jarolim an, gleicher Ekelschlonz wie im ersten Brief. N.N. muted eine Passage aus dem Brief, die sich auf eine angeblich nach Kriegsende im KZ Mauthausen errichtete Gaskammer bezieht. Er fasst die Briefe wie folgt und aus seiner gewohnt limitierten Weltsicht, was nicht verwundert bei der Vielzahl von Brettern vorm Hohlkopf, zusammen: „[...] Es ist ein himmelschreiendes Unrecht, denn in einer modernen Demokratie, in einem freien Land muss man die Freiheit der Wissenschaft ernst nehmen, hochhalten und gewährleisten. Wenn ein Wissenschaftler zu Ergebnissen kommt, die gegen das bisher angenommene Geschichtsbild sprechen, dann ist es sein gutes Recht auch das zu veröffentlichen. Dann kann es ja widerlegt werden, wenn es falsch war, es kann diskutiert werden, aber das ein Wissenschaftler ins Gefängnis kommt, weil er seine Meinung, seine Erkenntnis teilt, ist ein absolutes Unding und ein Zeichen für eine Gesinnungsdiktatur.“
N.N. liest im Anschluss einen Brief aus Belgien vor, in dem u.a. der ausländischen Freiwilligen an dt. Seite für ihren „Kampf gegen den Kommunismus und die grausame Repression nach dem Krieg“ 'gedacht' wird. Ergänzt wird das durch eine Rede des Schnurrbarts aus 1940 -wohl zum Jahrestag des Putschversuches von 1923,- der Briefschreiber meint, dass man die Begriffe Jude und Polacke aus der Rede heute durch Flüchtlinge und Migranten ersetzen kann.
Nach einigen belanglosen Zusendungen des üblichen patrid1otischen Bodensatzes, hat ihm ein namenlos bleibender eine Art Inhaltsverzeichnis eines Buches geschickt, dass sich mit Holocaust und Auschwitz befasst. „Das ist eine interessante Auflistung von Themen zu Auschwitz. Ich möchte darauf gar nicht weiter eingehen, ich möchte aber anregen, dass sich alle, die es interessiert, mit dem Lager Auschwitz beschäftigen, mit dem was da damals passiert ist. Es gibt viele Berichte, viele abweichende auch von der offiziellen Geschichte. Ich selber war zweimal vor Ort […] denn es ist ja wirklich etwas, das mit unserer dt. Geschichte sehr, sehr eng verknüpft ist. Manche sagen auch, dass Auschwitz der Gründungsmythos der BRD sei. Adorno hat 'Erziehung nach Auschwitz' geschrieben, Gott sei tot nach Auschwitz. Also etwas ganz elementares, und ich denke, es ist nie verkehrt, sich über so elementare Dinge zu bilden.“
Zuletzt sendet ihm ein Scherzbold eine Ausgabe der Praline zu. N.N. kann den Blick zunächst gar nicht abwenden, in seinem Resthirn staubte es wohl ein wenig in dem einen oder anderen länger nicht mehr zum Denken genutzten Areal, hat er sich justament an seine Vergangenheit erinnert?
Cut.