Autor Thema: AfD im Bundestag  (Gelesen 305994 mal)

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Syssi

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Re: AfD im Bundestag
« Antwort #2055 am: 10. Januar 2020, 02:04:33 »
"Keine Ahnung von gar nichts", "Freundschaftsdienst" - dazu Schachtschneider, der alte BRD-GmbH-Stratege - also nichts, wirklich gar nichts könnte eine transparentere, gesetzestreuere und ehrenwertere Politik sein... /ironie
 
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Re: AfD im Bundestag
« Antwort #2056 am: 10. Januar 2020, 08:17:01 »
ich kann mich irgendwie des Eindrucks nicht erwehren, dass bei dieser ganzen Vorwärzverteidigung zeitweilig auch gewisse Strategien phasenweise fast inflationär verwendet werden


Es handelt sich ganz einfach um die Strategie, die schon die Nazis angewandt haben:

"Wir sind die besseren Deutschen! Wenn wir irgendwas zur Rechtfertigung heranziehen können, dann machen wir das. Wenn uns aber etwas nicht paßt, dann brauchen wir auch keine geschriebene Rechtfertigung, denn wir machen dann einfach, was wir wollen. Weil wir nämlich die besseren Deutschen sind. Eigentlich sind uns Regeln nämlich schei.ßegal. Hauptsache wir kriegen, was wir wollen!"

Und deshalb ist Meuthen genauso gefährlich wie der Gauleiter oder Höckler.




Zitat
Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen. Wir werden Reichstagsabgeordnete, um die Weimarer Gesinnung mit ihrer eigenen Unterstützung lahmzulegen. Wenn die Demokratie so dumm ist, uns für diesen Bärendienst Freifahrkarten und Diäten zu geben, so ist das ihre eigene Sache. Uns ist jedes gesetzliche Mittel recht, den Zustand von heute zu revolutionieren.

Wenn es uns gelingt, bei diesen Wahlen 60 oder 70 Agitatoren und Organisatoren unserer Partei in die verschiedenen Parlamente hineinzustecken, so wird der Staat selbst in Zukunft unseren Kampfapparat ausstatten und besolden. Eine Angelegenheit, die reizvoll und neckisch genug ist, sie einmal auszuprobieren...
Wir kommen nicht als Freunde, auch nicht als Neutrale. Wir kommen als Feinde! Wie der Wolf in die Schafherde einbricht, so kommen wir!
(Dr. Joseph Goebbels, 1928)



Mir ist nicht ganz klar, was uns dieser Besorgte zum Aufritt Meuthens sagen will:




???
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Re: AfD im Bundestag
« Antwort #2057 am: 10. Januar 2020, 09:53:05 »
Formulieren wir es mal anders:

Frage an die Juristen: Wo genau liegt eigentlich die Grenze zwischen "dummdreister Geringschätzung der Spielregeln einer Gesellschaft zur kalkulierten Durchsetzung eigener Interessen" und echtem Rechtsmissbrauch?

Danke.
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Re: AfD im Bundestag
« Antwort #2058 am: 10. Januar 2020, 10:40:45 »
Wo genau liegt eigentlich die Grenze zwischen "dummdreister Geringschätzung der Spielregeln einer Gesellschaft zur kalkulierten Durchsetzung eigener Interessen" und echtem Rechtsmissbrauch?

Rechtsmißbrauch ist ein Begriff aus dem Zivilrecht und bedeutet die zweckwidrige Berufung auf eine zustehende Rechtsposition. Sich im Straf- oder Bußgeldverfahren dumm zu stellen oder im Verwaltungsverfahren Quark zu erzählen, ist kein Rechtsmißbrauch.

Die Diskussion über 17er, 20er, 21er geht übrigens an der Sache vorbei. Das sind alles Normen aus dem Strafrecht. Die Zahlung, zu der die AfD verdonnert wurde, ist aber keine Strafe sondern eine verwaltungsrechtliche Forderung des Bundestages (ergibt sich aus § 31c PartG). Von daher kann sich der Meuthen noch so dumm stellen, es interessiert schlicht nicht. Es geht um einen Anspruch des Bundestages gegen die Partei und nicht um eine Verfehlung Meuthens.

Das Berufen auf Irrtum kann er sich aufheben, falls gegen ihn persönlich nach § 31d PartG vorgegangen werden sollte.

Im Verwaltungsverfahren geht es schlicht darum, ob ein Anspruch des Bundestages entstanden ist oder nicht. Dieser ist entstanden, wenn einer der Tatbestände des § 25 Abs.2 PartG erfüllt ist und die zugeflossene Spende nicht nach § 25 Abs. 4 PartG an den Bundestag abgeführt wurde. Da spielt es keine Rolle, ob Herr Meuthen überfordert oder unfähig war. Auf ein Verschulden kommt es bei der Anspruchsentstehung nicht an.

Da waren halt wieder die Superjuristen der AfD am Werk. Langsam hoffe ich, dass die AfD noch möglichst lange im Bundestag bleibt, befor diese Superjuristen wieder als Staranwälte auf ahnungslose Mandanten losgelassen werden.
« Letzte Änderung: 10. Januar 2020, 10:44:10 von Gerichtsreporter »
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Re: AfD im Bundestag
« Antwort #2059 am: 10. Januar 2020, 10:42:45 »
Wenn du gerade einen Prozess verloren hast, wo es um 90.000€ illegale Parteienfinanzierung ging, zündest du am besten ganz schnell ein Ablenkungsfeuer an

An Rüdiger Hoffmann: Der Faschist sagt immer, da ist der Faschist  (in Anlehnung an die Signatur des geschätzten MitAgenten Schnabelgroß)

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Re: AfD im Bundestag
« Antwort #2060 am: 10. Januar 2020, 11:20:50 »
Das zumindest haben sie ja mit unserem eigentlichen Klientel gemeinsam.

Ich will,
dass das so ist,
also wird das auch juristisch so sein,
weil es ja theoretisch so praktisch sein könnte,
wenn es wäre,
wie ich will.

Und ein paar Rufzeichen nicht vergessen!!111
Fällt Dir nur Unsinn ein und immer,
erzähle nichts, sonst wird es schlimmer.
 
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Re: AfD im Bundestag
« Antwort #2061 am: 10. Januar 2020, 11:44:33 »
Schon der Fööhhrerr! wußte nicht alles!
Daher das geflügelte Wort "Wenn das der Führer wüßte!"



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Re: AfD im Bundestag
« Antwort #2062 am: 10. Januar 2020, 12:23:26 »
@Gerichtsreporter willst Du damit sagen, die Superjuristen von der Afd kennen nicht mal selbst den Unterschied zwischen Zivil-, Verwaltungs- und Strafrecht?

Heißt das im Umkehrschlus, die "Superjuristen der AfD" schützen die FDO dadurch, indem sie ihre Mandanten von der AfD regelmäßig falsch beraten und damit mit viel Verve erfolgreich ins offene Messer laufen lassen?

Interessanter Gedanke.
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Re: AfD im Bundestag
« Antwort #2063 am: 10. Januar 2020, 12:30:00 »
Nur zu Erinnerung:


Zitat
Wir müssen ganz friedlich und überlegt vorgehen, uns ggf. anpassen und dem Gegner Honig ums Maul schmieren aber wenn wir endlich soweit sind, dann stellen wir sie alle an die Wand. (…) Grube ausheben, alle rein und Löschkalk oben rauf.
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Re: AfD im Bundestag
« Antwort #2064 am: 10. Januar 2020, 13:07:05 »
Heißt das im Umkehrschlus, die "Superjuristen der AfD" schützen die FDO dadurch, indem sie ihre Mandanten von der AfD regelmäßig falsch beraten und damit mit viel Verve erfolgreich ins offene Messer laufen lassen?
Ich hatte es schon einma geschrieben, ich halte es für ausgeschlossen, dass jemand mit zwei Staatsexamen so schreiend dämlich sein kann. Diese Abmahnungen an das BfV gehen ja auch in die gleiche Richtung. Ich halte das für Absicht, das Scheitern ist dann eingebaut und dient der Stärkung des Opfermythos.

Diese Anzeige jetzt wegen der gekündigten Butze für den Parteitag in Berlin ist doch auch schon zum Scheitern verurteilt.

Ich würde mich davor hüten, meine juristische Inkompetenz permanent unter Beweis zu stellen, wenn ich in ein Parlament gewählt werden wollte, aber die AfD scheint das anders zu sehen.
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Re: AfD im Bundestag
« Antwort #2065 am: 10. Januar 2020, 14:36:03 »
Ich würde mich davor hüten, meine juristische Inkompetenz permanent unter Beweis zu stellen, wenn ich in ein Parlament gewählt werden wollte, aber die AfD scheint das anders zu sehen.

Die zeigen doch nicht nur ihre juristische Inkompetenz permanent, auch ihre andere. Oder stellen Kandidaten auf, die in krassem Gegensatz zum eigenen Weltbild stehen (verurteilte Drogenhändler beispielsweise). Interessiert die Fans nur leider alles nicht. Gegen alle anderen sind sie kritisch, aber nicht gegen die "eigenen Leute".
Sebastian Leber über Rüdi: Hoffmanns Beweisführung ist, freundlich ausgedrückt, unorthodox. Es geht in seinen Filmen drunter und drüber wie bei einem Diavortrag, bei dem der Vortragende kurz vor Beginn ausgerutscht ist und alle Dias wild durcheinander auf den Boden flogen.
 
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Re: AfD im Bundestag
« Antwort #2066 am: 10. Januar 2020, 14:39:08 »
Ich hatte es schon einma geschrieben, ich halte es für ausgeschlossen, dass jemand mit zwei Staatsexamen so schreiend dämlich sein kann.

Wenn du wüßtest...  :whistle:
Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!
 
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Re: AfD im Bundestag
« Antwort #2067 am: 10. Januar 2020, 14:45:19 »
Zitat
Diese Anzeige jetzt wegen der gekündigten Butze für den Parteitag in Berlin ist doch auch schon zum Scheitern verurteilt.

Wobei man ja zwischenzeitlich bezweifeln muss ob es überhaupt je echte Mietverträge gegeben hat. Da scheint die AfD jetzt wirklich auf dem Niveau der NPD angekommen zu sein. Man mietet als "private Veranstaltung/Feier", oder irgendeiner (relative harmlose, unverdächtige) Vortragsveranstaltung. Dann ist man sauer, wenn die Wirte das merken und mit den NeoNazis von der AfD eben nichts zu tun haben wollen. Nicht nur wegen der Gegendemos, sondern eben wegen der AfD selbst.

Aber auch hier folgt man letztendlich den großen Vorbilder NSDAP und NPD: Man pflegt eine wirklich "thoitsche Tradition", nämlich den des "ewigen Opfers". Diese echten "Herrenmenschen" sind einfach Opfer qua Geburt, da keiner ihr "Herrenmenschensein" wirklich anerkennt, akzeptiert oder fortwährend lobt.

Das ist dann auch der Sinn und Zweck letztendlich jeder AfD-Aktion, egal ob Anfrage, Demo, tumbe Briefe oder ihrer "Stürmerpresse". Man muss die Opferrolle perfekt er- und ausfüllen. Tut mir leid, wenn ich das jetzt wieder mal so sage, ich sehe schon die "Ost-Bashing"-Kritik, aber, bei den Ossis, die ja 40 Jahre gelitten haben und jetzt noch viel, viel mehr leiden müssen, da keine Demokratie, noch viel mehr Ausländer (von den bösen (Finanz)Juden gar nicht zu reden), keine Meinungsfreiheit wie in der DDR, kein Wohlstand, kein Job und keine Wohnungen in der Platte für fast umme, vom Trabbi mal gar nicht zu reden, scheint dieses Mehrtürerdasein genau die gewünschte Haltung und Politik zu sein.  ::)
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Re: AfD im Bundestag
« Antwort #2069 am: 10. Januar 2020, 15:09:38 »
Ich würde mich davor hüten, meine juristische Inkompetenz permanent unter Beweis zu stellen, wenn ich in ein Parlament gewählt werden wollte, aber die AfD scheint das anders zu sehen.

Wenn man gleichzeitig an den "Systemwechsel" glaubt, sieht das aber anders aus, dann waren das nämlich rückwirkend nur die "wahren Revolutionäre" gewesen.

Und Obacht mit den alten Pauschalisierungen, ich muss an der Stelle einfach nochmal einen alten und plötzlich wieder aktuellen Artikel ausgraben: Es gibt schon strukturelle Unterschiede zwischen brauner Szene Ost und brauner Szene Wst, die noch heute sehr deutlich nachwirken und nicht nur auf einen simplen DDR- Phantomschmerz zurückzuführen sind, sondern eher auf den Mythos "Wende 2.0" und das ist meines Erachtens der viel, viel gefährlichere:

Spoiler

Neonazis

Stille Faschos

Nationale Emotionen haben in der DDR den braunen Bodensatz nach oben gespült.


Die Unbekannten kamen mit Leitern und Farbsprühdosen. Im Schutze der Dunkelheit schlichen sie an dem Sowjet-Gardisten vorbei, der im Ost-Berliner Bezirk Treptow die zentrale Gedenkstätte über den Gräbern für die 5000 im Endkampf um Berlin gefallenen russischen Soldaten bewacht.

An dem Ehrenmal, das teilweise aus dem Marmor der zerstörten Reichskanzlei gebaut ist, schritten sie zwei Tage nach Weihnachten zur Tat. In bis zu 40 Zentimeter hohen Lettern sprühten sie Parolen wie "Besatzer raus" oder "Nationalismus für ein Europa freier Völker" auf den dunklen Stein.

Als der Spuk vorbei war, hatten die Täter acht Sarkophage sowie den Sockel der Krypta besudelt und die Legende zerstört, daß es Rechtsradikalismus im Sozialismus nicht gebe. Jahrelang war von der DDR-Führung jener braune Bodensatz totgeschwiegen worden, der nun mit gesamtdeutschen Emotionen und Vereinigungsforderungen nach oben gespült wird.

Die Unterdrückung von Nationalgefühl und die Frustration über ständige Bevormundung haben in der DDR einen verkappten Rechtsextremismus entstehen lassen - parallel zu bundesdeutschen Entwicklungen, aber ganz eigenständig.

Seit Anfang der achtziger Jahre sind auch in der DDR Verfahren gegen Grabschänder, SS-Fans und Skinheads an der Tagesordnung. Doch sie blieben zumeist unbeachtet und wurden vorwiegend so geführt, "als handele es sich um harmlose Raufereien", klagt ein Berichterstatter des FDJ-Organs Junge Welt.

Schätzungen über die Zahl der DDR-Skinheads schwanken zwischen 1000 und 3000. Die Zahl der Strafverfahren wegen rechtsextremistischer Delikte stieg von 44 im Jahr 1988 auf 144 in den ersten zehn Monaten des vergangenen Jahres.

Republikweit häuften sich, in den Tagen vor und nach den Schmierereien am Treptower Ehrenhain, rechtsextremistische Aktionen. In Halle beschmierten in der Neujahrsnacht rund 300 alkoholisierte Jugendliche das Denkmal für die Opfer des Faschismus mit Parolen wie "SED nein danke". In Pirna im Bezirk Dresden pinselten Unbekannte "Hitler lebt" in roter und gelber Farbe. In Görlitz klecksten die rechtsextremen Schmierer "Ausländer raus" und "Juden raus" an die Wände.

Erfurts Jüdische Gemeinde registrierte anonyme Anrufe: "Der Ofen von Buchenwald wartet ja noch auf euch." Auf dem Friedhof der jüdischen Gemeinde Adass Jisroel im Ost-Berliner Stadtteil Weißensee wurde die Grabstelle des am 13. Januar 1939 gestorbenen Rabbiners Moritz Moses Stern beschädigt - die vierte Weißenseer Grabschändung innerhalb eines Jahres.

Der Erfurter Bezirksstaatsanwalt Harri Müller, Anklagevertreter im Prozeß gegen einen ehemaligen NS-Täter, erhielt anonyme Morddrohungen. Für das "ehemalige Deutsche Reich, von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt, kämpfen wir", so das Credo der Briefschreiber, "und nicht um die am Boden liegende DDR oder den Fetzen BRD".

Im ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald, wo rund 56 000 KZ-Insassen ihr Leben ließen, erhielt die Leiterin der Gedenkstätte Pamphlete einer "Untergrundbewegung Republikaner" zugesandt: "Haltet die Öfen offen, jeder Schuß ein Russ' und ein Kommunist."

Bisher schien die Neonazi-Szene in der DDR abgekapselt und ohne nennenswerte Verbindungen zu Gesinnungsgenossen im Westen. Doch nun, meint der West-Berliner Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, bestehe nicht mehr "der geringste Zweifel", daß die ostdeutschen Neonazis über "enge Verbindungen zu rechtsradikalen Gruppen in der Bundesrepublik" verfügen.

Eine Verbrüderung wurde jüngst verhindert. Mitglieder der rechtsextremistischen westdeutschen Wiking-Jugend hatten in Osthessen an der Grenze zur DDR ihr Neujahrstreffen abgehalten und die Öffnung eines Übergangs erzwingen wollen. Der geplante Ostmarsch wurde, in Kooperation von West-Polizei und DDR-Grenzern, mit der Festnahme von 50 Randalierern vereitelt.

Zum Namensgeber und Hoffnungsträger für einige Ost-Nationalisten sind, nach Öffnung der Grenzen, die Republikaner (Reps) des bayerischen Populisten Franz Schönhuber geworden. Schönhuber behauptet seit Wochen, seine Reps verfügten im Osten bereits über "intakte Gruppen". Der Parteichef kündigte letzte Woche die bevorstehende Gründung von Republikaner-Verbänden in der DDR an.

Laut DDR-Presse wurden zum Jahresbeginn etwa in Leipzig Materialien der Republikaner wie Postkarten mit dem Konterfei des Vorsitzenden Schönhuber, Mützen, Feuerzeuge, Kugelschreiber und Parteiprogramme verteilt. Nach Hinweisen aus der Bevölkerung habe die Volkspolizei "rund 5000 Flugblätter und Handzettel sowie 150 Plakate und 500 Zeitungen der Republikaner" (Neues Deutschland) sichergestellt.

Bis zur Wende waren Einheitspartei und Exekutive nach Kräften bemüht, Anzeichen für rechte Gewalt, sofern nicht mehr zu vertuschen, als verabscheuungswerten Westimport zu kaschieren. Jahrelang beschränkte sich der Apparat auf die stereotype Beschwörung, es gebe im Staat der Arbeiter und Bauern "für derartige Ansichten und Umtriebe keinen Raum", so das SED-Zentralkomitee noch 1987.

Als im selben Jahr bei einem Punk-Konzert in der Ost-Berliner Zionskirche DDR-Faschos zusammen mit Skinheads aus dem Westteil der Stadt wüteten, mokierte sich die (Ost-)Berliner Zeitung: "Jeder kann sich vorstellen, was sich hier alles tummeln würde, gäbe es keine sicheren Grenzen."

Er sei zu seiner "abscheulichen Tat durch Filme des BRD-Fernsehens angeregt" worden, zitierte die DDR-Nachrichtenagentur ADN den Schänder eines jüdischen Friedhofs, der 1988 zusammen mit fünf anderen Neonazis abgeurteilt wurde.

Im übrigen gab es Neonazis, nach offizieller Lesart, nur im Westen. Mittlerweile reden jedoch auch Ost-Berliner Verbrechensbekämpfer wie Oberst Wolfgang Pauleit aus der Kripoabteilung des Innenministeriums selbstkritisch vom früheren "Hang zur Verdeckung" des Rechtsextremismus. Es sei jetzt keine Frage mehr, daß ein "harter Kern" von Jungradikalen mit "verfestigter neofaschistischer, rassistischer oder ausländerfeindlicher Einstellung" in der DDR existiere.

Rund zwei Prozent der DDR-Jugendlichen tendieren nach einer Umfrage des Ost-Berliner "Zentralinstituts für Jugendforschung" nach "rechtsaußen", in örtlichen Schwerpunkten wie Ost-Berlin und Leipzig seien es an die sechs Prozent.

Wolfgang Brück, Kriminalsoziologe vom Zentralinstitut, sieht die "sich formierende rechtsradikale Szene" zwar noch im Anfangsstadium. Die ostdeutschen Skinheads allerdings organisierten sich seit Jahren in illegalen Kommandostrukturen und schotteten sich systematisch gegen amtliche Beobachtung ab.

Ursachenforscher in der DDR wissen längst, daß der Neonazismus keineswegs erst mit Besucherströmen und Westmedien hereingeschwappt ist, sondern hausgemachte Ursachen hat.

Soziale Fehlentwicklungen waren es zum Beispiel, die zum Rechtsruck beigetragen haben. Die Jugend suche sich, so Erhard Hexelschneider, Institutsleiter an Leipzigs Karl-Marx-Universität, ein "Ventil für gesellschaftliche Defizite in diesem Land". Hexelschneider hatte Gelegenheit zu persönlicher Anschauung: Vor einem Wohnheim der Uni hatten sich eine Woche vor Weihnachten Rechtsgruppen versammelt und lauthals ausländerfeindliche Parolen gegrölt.

Vor allem im Bildungsbereich vermuten DDR-Rechercheure den Ursprung rechter Tendenzen. Die "stalinistische Sozialismus-Variante" habe negative Folgen für die Gesellschaft gezeitigt, klagte Anfang Dezember Manfred Behrend vom Ost-Berliner Institut für internationale Politik und Wirtschaft. Der Staat habe nicht nur Entfremdung im Produktionsbereich, sondern auch die "Erziehung zu Mittelmaß und Doppelzüngigkeit" gefördert.

Erziehungsprodukte seien vielfach "im stillen wirkende Faschos", junge Menschen, die ansonsten allenfalls als gute Schüler und fleißige Arbeiter auffielen. Sie seien oft, schreibt die Junge Welt, wegen ihrer "preußischen Tugenden" wie Ordnung, Sauberkeit und Disziplin in den Betrieben "geschätzte Mitarbeiter".

Trendfördernd wirkt offenbar auch die schematische Auseinandersetzung von Staat und Partei mit dem Nationalsozialismus. Die Gründer der DDR, darunter viele ehemalige Widerständler, verbreiteten vier Jahrezehnte lang die Doktrin, die Faschisten, nicht insgesamt die Deutschen, hätten den Greuelkrieg geführt.

"Diese Darstellung", vermerkt der langjährige Ost-Berliner ARD-Korrespondent Peter Merseburger, "erlaubte es dem angeblich besseren deutschen Staat, sich gleichsam von diesem bösen Kapitel der gemeinsamen Geschichte einfach davonzustehlen."

Die Geschichtsthesen, in Schulen und Hochschulen stets mit absolutem Wahrheitsanspruch vorgetragen, haben bei den Jungen Widerspruchsgeist genährt. Die Leipziger Volkszeitung beschrieb es am Beispiel eines jugendlichen Skinheads so: "Einpaukerei und ständiges Wiederholen von zwar richtigen Auffassungen und Meinungen, Bevormundung und Besserwisserei stumpfen junge Leute ab, verkehren das Gewollte ins Gegenteil."

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https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13496956.html
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