Das Trampeltier ist auf der Suche nach dem nächsten "Superdeal" oder Geldgebern für seinen Wahlkampf...oder was auch immer. Ob ihm ausgerechnet Serbien und Kosovo dabei helfen können? Vielleicht will er ja auch eine "Söldnerarmee" mit kriegserfahrenen Männern eine Art "Ustascha" verpflichten und hat sich nur ein klein wenig im Land geirrt.
Bei Leuten die Finnland für einen Teil Russlands halten ist das ja nicht so abwegig. Vielleicht hält er ja auch Serbien und Kosovo für einen Teil Russlands?
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Donald Trump hat die Regierungen Serbiens und des Kosovos nach Washington eingeladen. Die beiden Balkanländer rätseln nun, was dahinter steckt. Und die EU bemüht sich ihrerseits um eine friedliche Lösung.
Von Michael Martens, Wien
-Aktualisiert am 16.06.2020-22:19
Am Monatsende haben die Präsidenten Serbiens und des Kosovos, Aleksander Vučić und Hashim Thaçi, eine heikle Dienstreise vor sich: Für den 27. Juni hat Donald Trump sie zu Gesprächen ins Weiße Haus eingeladen. Verkündet wurde die Nachricht von Richard Grenell, der bis vor kurzem Trumps Botschafter in Berlin war und seit Oktober vergangenen Jahres zudem dessen Sonderbeauftragter für die „Friedensverhandlungen“ zwischen Serbien und dem Kosovo ist. „Großartige Neuigkeiten“, hatte Grenell am Montag getwittert und mitgeteilt, beide Regierungen hätten als Vorbedingung für das Treffen zugesagt, ihre diplomatischen Grabenkämpfe vorübergehend einzustellen. Diese bestehen darin, dass das Kosovo versucht, immer mehr Staaten zu einer Anerkennung seiner 2008 proklamierten Unabhängigkeit zu überreden, während Serbien dagegenhält. Serbische Diplomaten versuchen nicht nur, Staaten davon abzuhalten, die einstige Provinz Serbiens als eigenständig anzuerkennen, sondern reisen auch um die Welt um solche, die schon anerkannt haben, zu einer „Aberkennung“ zu bringen. So konnte Außenminister Ivica Dačić, einst Sprecher des 2006 in Haft des UN-Kriegsverbrechertribunals gestorbenen früheren serbischen Präsidenten Slobodan Milošević, im März verkünden, Sierra Leone habe seine Anerkennung des Kosovos „zurückgezogen“. Einige andere Staaten von ähnlicher Größe und Bedeutung hatten das schon zuvor getan.
Damit soll es nun laut Grenell zumindest vorübergehend vorbei sein, um die „Diskussionen“ im Weißen Haus nicht zu gefährden. Worüber genau Trump diskutieren will, ist freilich ein Rätsel. Grenell twitterte dazu: „Wie wir beständig gesagt haben, müssen wir zunächst Fortschritte beim Wachstum der Volkswirtschaften erzielen. Das ist der Fokus. Ich freue mich auf diese Diskussionen.“ Zu Jahresbeginn hatte Grenell in einer Art Blitz-Pendeldiplomatie zwischen Belgrad und Pristina die Unterzeichnung von mehreren vorläufigen Wirtschaftsabkommen durchgesetzt, welche unter anderem die Wiederaufnahme von direkten Zug- und Flugverbindungen zwischen Belgrad und Pristina vorsahen – erstmals seit dem Kosovo-Krieg von 1999. Diese vagen Vereinbarungen, von Trump seinerzeit als Durchbruch betwittert, waren jedoch von so vielen ungeklärten Fragen begleitet, dass sie wohl auch ohne die Pandemie heute nicht viel mehr wären als das, was sie einstweilen bleiben werden: Absichtserklärungen ohne Substanz.
Im Kosovo und in Serbien wird nun gerätselt, was die eigentliche Absicht hinter der jüngsten Initiative des amerikanischen Präsidenten und seines Vertrauten sein könnte. Dass Trump sich um die regionale Stabilität des Balkans sorge, wird ihm dabei weder in Belgrad noch in Pristina unterstellt. Aus dem Umkreis des früheren kosovarischen Ministerpräsidenten Albin Kurti, der maßgeblich auf Grenells Betreiben hin gestützt wurde, da er sich den Vorgaben des Amerikaners widersetzt hatte, ist dazu jedoch eine Vermutung zu hören: Trump, so heißt es dort, wolle einen wie immer auch gearteten „historischen Deal“ verkünden, um den seit 1999 bestehenden amerikanische Militärstützpunkt im Kosovo (Camp Bondsteel) auflösen und im Wahlkampf verkünden zu können, er habe amerikanische Soldaten nach Hause gebracht. Um ein solches Abkommen zu erreichen, heißt es dazu aus Pristina, schrecke Washington auch nicht davor zurück, Grenzveränderungen zu fordern. Zur Not solle durch Gebietsverschiebungen zugunsten Serbiens die Zustimmung Belgrads zu einem Abkommen erreicht werden.
Trump und das neue Interesse
Solche Absichten lassen sich zumindest den öffentlichen Äußerungen aus Washington jedoch nicht entnehmen. Grenell beharrte per Tweet darauf, es solle am 27. Juni um Wirtschaft gehen und verband das mit einer sibyllinischen Formulierung, die als Drohung gedeutet werden kann: Wenn die Beteiligten nicht zufrieden seien mit den anstehenden Diskussionen, „dann kehren sie nach ihrer Abreise aus Washington zum Status Quo zurück.“ Ist das als Warnung zu verstehen, wer immer sich einem Deal à la Trump verweigere, werde die amerikanische Konsequenzen zu spüren bekommen? Oder bedeutet es nur, was alle andere als eine Drohung wäre, dass Trump sein Interesse an der Region dann wieder verlieren werde? So hatte es Grenell schon bei einer früheren Gelegenheit einmal gesagt. Das „Wall Street Journal“ berichtete unter Berufung auf nicht näher definierte amerikanische Beamte, Trump spekuliere auf einen formalen „Friedensvertrag“ zwischen dem Kosovo und Serbien: „Regierungsbeamte glauben, die Beilegung des langjährigen Streits würde Trump vor den Wahlen stärken, da die Gespräche mit Nordkorea und der Druck auf Iran bisher nur begrenzte Ergebnisse erbracht haben.“
Ob es dazu kommt, ist freilich mindestens ungewiss. Denn es hat seine Gründe, dass es der Europäischen Union in jahrelangen Vermittlungen nicht gelungen ist, eine Einigung zwischen den beiden Nachbarstaaten herbeizuführen. Eine Kernfrage bleibt ungelöst: Das Kosovo beharrt auf einer staatlichen Anerkennung durch Serbien samt Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen. Serbien will das keinesfalls zulassen und kann sich dabei der Unterstützung der beiden UN-Sicherheitsratsmitglieder Russland und China sicher sein. Hinzu kommt, dass nicht einmal die EU selbst in Sachen Kosovo mit einer Stimme spricht, denn fünf ihrer Mitgliedsstaaten erkennen den jungen Staat ebenfalls nicht an, da sie keinen Präzedenzfall für eigene Konflikte schaffen wollen: Spanien mit Blick auf Katalonien, Rumänien und die Slowakei wegen der ungarischen Minderheiten in ihren Ländern, Zypern aufgrund der eigenen Teilung und Griechenland mit Rücksicht auf Zypern. Solche Rücksichten muss Trump zwar nicht nehmen, doch die unvereinbaren Grundpositionen Belgrads und Pristinas lassen sich nicht wegtwittern.
Immerhin hat die EU, aufgeschreckt durch Grenells energische Interventionen, einen eigenen Zuständigen ernannt: Miroslav Lajčák ist seit Anfang April EU-Sonderbeauftragter für den serbisch-kosovarischen Dialog und andere regionale Fragen im Westbalkan. Lajčák, der mehrere Jahre slowakischer Botschafter in Belgrad war und fließend Serbisch spricht, kennt den Balkan gut. Unter anderen war er von 2007 bis 2009 EU-Sonderbeauftragter für Bosnien. Im Kosovo schafft seine Herkunft ihm allerdings nicht unbedingt einen Vertrauensvorschuss – denn er ist Slowake, kommt also aus einem EU-Quintett der „Nichtanerkenner“, ebenso wie sein Chef, der Spanier Josep Borrell als Hoher Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik. Nicht nur deshalb fielen Lajčáks Gespräche in Pristina am Dienstag alles andere als triumphal aus. Thaçi hatte mehrfach seinen Widerwillen kundgetan, den EU-Beauftragten überhaupt zu treffen, und das Grenell die Nachricht von den baldigen Gesprächen in Washington gerade in dem Moment öffentlich machte, als Lajčák sich auf dem Weg nach Pristina befand, war wohl auch kein Zufall.
Anerkennung Kosovos für Serbien kein Thema
Nach seinem Treffen mit Thaçi hatte Lajcak erwartungsgemäß nur Altbekanntes zu verkünden. Zum Beispiel, dass die EU ein rechtlich verbindliches Abkommen zwischen Serbien und dem Kosovo zur Normalisierung der beiderseitigen Beziehungen wünsche. Dabei wolle man eng mit Washington zusammenarbeiten: „Wir waren den Vereinigten Staaten immer nahe, und alles, was bisher erreicht wurde, wurde nur aufgrund dieser Zusammenarbeit erreicht. Diese Zusammenarbeit wird fortgesetzt werden.“ Das klang angesichts der tatsächlichen Lage indes eher wie ein Wunschtraum oder eine Beschreibung der Vergangenheit, denn tatsächlich arbeitet Grenell in der Region gegen die EU und ihre Mitglieder. Während Thaçi Lajcaks Äußerungen kühl aufnahm, hatte er sich enthusiastisch über die bevorstehenden Gespräche mit Trump geäußert: Amerikanische Führungskraft sei für das Kosovo stets wichtig gewesen. Deshalb begrüße er die Einladung Trumps, so Thaçi.
Sollte der amerikanische Präsident jedoch tatsächlich einen umfassenden Friedensvertrag anstreben und fordern, dass das Kosovo dafür einen Teil seines Territoriums an Serbien abtritt, bleibt eine Frage ungeklärt: Wäre Serbien im Gegenzug für territoriale Zugewinne bereit, seine Anspruch auf den Rest des Kosovos formal aufzugehen, die eigene Verfassung zu ändern und den kosovarischen Rumpfstaat völkerrechtlich anzuerkennen? Davon, so machte es Vučić am Dienstag deutlich, könne keine Rede sein. Weder werde eine Anerkennung des Kosovos in Washington Thema sein, noch werde Serbien es zulassen, sie zu einem Thema zu machen.
In der Vergangenheit ist schon häufiger die Vermutung geäußert worden, dass es Vučić angeblich um einen ganz anderen Einsatz gehen könnte: Indem Serbien durch neuerliche Grenzverschiebungen im Kosovo einen Präzedenzfall schafft, wolle es sich die Berechtigung einer Vereinigung mit der bosnischen Serbenrepublik (Republika Srpska) erwerben. Dann hätte es im Süden des Kosovos einige ohnehin schwer zu versorgende serbische Exklaven mit nur wenigen zehntausend Einwohnern verloren, aber ein direkt an Serbien grenzendes Gebiet mit mehr als 1,2 Millionen Einwohnern gewonnen. Vučić wird jedenfalls vor seiner Ankunft in Washington noch ein anderes wichtiges Gespräch führen: Mit Wladimir Putin in Moskau.