Eine einfache Antwort ist nicht möglich, dazu ist das Thema zu komplex und hat bestimmt noch Aspekte, die ich nicht nenne. Daher nur grob.
Da gibts in Bowling for Columbine diese denkwürdige Szene, on der ein weißes Vorstadtkid mit Vorstrafe gefragt wurde, warum er im Knast saß. Antwort: Ich hab in der Vorstadt Waffen geklaut und im Stadtzentrum verkloppt...
Ein häufiger Irrtum in Deutschland ist, anzunehmen Michael Moore mache Dokus. Macht er aber nicht, er macht polemische Invektiven, dazu ist ihm jedes Mittel recht, die Seiten im Internet, in denen seine „Fehler“ aufgezählt werden, sind zahlreich. Es sind aber keine Fehler, sondern absichtliche Verkürzungen, Verdrehungen, Pointierungen etc. (Beispiel Waffen: Er behauptet, bei Kontoeröffnung bekomme man eine Waffe sofort ausgehändigt. Stimmt so nicht, zwischen der Kontoeröffnung und der Aushändigung der Waffe lagen Wochen und das mit allen Sicherheitschecks, obwohl der Normalfall 24 Stunden zwischen Kauf und Aushändigung - Deutsch: erwerben - liegen, das soll Spontankäufe verhindern).
So einfach isses dann auch wieder nicht:
I tried to buy a gun at Walmart twice, and roadblocks left me empty-handed both times
https://www.businessinsider.de/walmart-gun-buying-review-virginia-store-2019-8In US ist man der Meinung, auf eine Provokation (in Moores Fall die fehlerhafte Wahl des George W. Bush) eine mindestens ebensogroße Provokation setzen zu sollen, wenn nicht eine noch größere. Das freie Spiel der Kräfte – so die Vorstellung – sorgt dann für ein Normalmaß.
Nicht anders jetzt viele Demonstranten: Sie glauben, auf den Mord an Floyd ebenso große Gewalt üben zu sollen, um wieder Normalität herzustellen. Natürlich gibt es vereinzelte Stimmen, die zur Mäßigung aufrufen, wie die seines Sohnes. Aber die eben nur vereinzelt.
Dabei meinen die Waffengegner, sich gegenseitig übertrumpfen zu müssen im Präsentieren von Zahlen, in den angeblich 40.000 Toten „durch Schußwaffen“ im Jahr 2018 sind aber 67% Suizide mit drin, was das Ausmaß der insinuierten Gewalt schonmal beträchtlich verringert.
Vom restlichen Drittel (13.200) sind 80% Morde mit illegalen Waffen, Gang Kriminalität usw. Und der Rest teilt sich dann auf in Morde mit legalen Waffen, Tote bei Notwehrhandlungen, durch die Polizei erschossene Verbrecher und auch Unfälle.
Wobei die Notwehrhandlungen letztlich auf Existenznöte zurückgehen. Vor einiger Zeit schon war in YT ein Video zu sehen, in dem eine junge Mutter die Polizei anrief, weil sich an der Wohnungstür Einbrecher zu schaffen machten, letztlich erschoß sie die beiden Schwarzen in Notwehr. Die Einbrecher/ Räuber begingen ihr Verbrechen aber auch nur, weil sie kein Geld mehr zum Überleben hatten. Selbstverständlich werden sämtliche Versuche, so etwas wie Hartz IV zur Existenzsicherung auch nur anzudenken, sofort von Christen blockiert, denn warum soll man jemandem Geld hinterherschmeißen, den Gott offensichtlich nicht liebt ...
An dem strukturellen Rassismus gibt es gar keinen Zweifel, wer 3 Jobs braucht, um nur überleben zu können, der hat kein Geld, um seine Kinder auf teure Schulen zu schicken. Dabei wird Bildung im Normalfall nur minimal vermittelt, ansonsten muß man sich 50.000 $ Studiengebühren pro Semester erstmal leisten können. Da der Durchschnittsami nicht nur rassistisch ist, sondern ziemlich bigott, herrscht die Ansicht vor „Wenn Du nur wenig verdienst, dann liebt Gott Dich nicht genug und er liebt Dich nicht genug, weil Du so sehr gesündigt hast!“ Einigermaßen aufgeklärt ist man nur in den großen Zentren der Ost- und der Westküste und auch nur dort hat man einen einigermaßen liberalen Lebensstil.
Schwarze sterben vor allem durch Schwarze und das hat viel mit Bandenkriegen, der Beschaffungskriminalität für Drogen und den Verteilungskämpfen zu tun.
„Tatsächlich sind es aber Schwarze selber, welche die grösste Gefahr für Ihresgleichen darstellen. 94 Prozent aller schwarzen Mordopfer werden von Schwarzen getötet.“
https://www.bazonline.ch/ausland/amerika/schwarze-kriminalitaet/story/16501925In dem Lichte scheint es mir völlig unverständlich, wieso die NRA in der dortigen Polizei nicht einen einflußreichen Gegner hat ...
Weil das Denken in US grundsätzlich anders ist als in Deutschland, die Mentalität komplett verschieden!
Eine deutsche Stewardess fühlt sich bedroht, wenn ein Fluggast mit einer Waffe an Bord ist, eine us-amerikanische fühlt sich sicher, wenn möglichst viele Menschen mit einem permit an Bord sind und die Waffen sichtbar tragen, denn das zeigt, es sind sehr viele good guys an Bord. Denn das permit bekommt man ja nur, wenn man wirklich eine blütenreine Weste hat (im Falle einer Verfehlung – Anschreien der Frau und die Nachbarn haben es wegen der Wände aus Pappe gehört - ist die license aber gleich furt wegen häuslicher Gewalt und das lebenslang, eine zweite Chance gibt es nur, wenn man geschäftlich falliert, vermutlich deshalb kommt die Zweite Chance in den Filmen so oft vor: weil es sie nicht gibt, die Waffen bleiben lebenslang weg - in Deutschland glaubt man an die Resozialisierung, da kann man nach 5 bzw. 10 Jahren wieder Waffen erwerben, wenn sonst nichts war -).
Eine deutsche Mutter würde sich wahrscheinlich mehrheitlich Sorgen machen, wenn die Lehrer an der Schule bewaffnet wären. Aus Sicht der Amerikaner hat man nur gute Erfahrungen mit bewaffneten Lehrern an hunderten von Schulen gemacht. Eine amerikanische Hausfrau ist beruhigt, wenn sie von bewaffneten Lehrern ihrer Kinder weiß.
https://crimeresearch.org/2019/05/major-new-research-on-school-safety-schools-that-allow-teachers-to-carry-guns-havent-seen-school-shootings-during-school-hours/Da Waffen im Umkreis von 1000 ft um eine Schule, Uni etc. verboten sind und die Forschungen von Gery Kleck sowie John R Lott, daß Waffen in Händen von zuverlässigen (zuverlässigen, nicht irgendwelchen!) Bürgern die Wahrscheinlichkeit von Verbrechen im Allgemeinen verringert, ist die logische Konsequenz also, die Lehrer zu bewaffnen.
Prof. Gary Kleck führte eine breite Untersuchung der NCVS Daten durch. Bei der Analyse eines Datensatzes mit 27.595 versuchten Gewaltverbrechen und 16 Typen von Schutzmaßnahmen, fand Kleck heraus, dass Widerstand mit einer Waffe das Risiko des Opfers stark herabsetzte, verletzt zu werden oder das Verbrechen zu vollenden.
https://www.ncjrs.gov/app/abstractdb/AbstractDBDetails.aspx?id=208339(Kennt man aus Deutschland aber auch, natürlich wird nicht der Bodybuilder überfallen, der aus einer Bank kommt, weil er Geld abgehoben hat, sondern die vermutlich wehrlose 80-jährige Frau, bei der kein Widerstand zu vermuten ist.)
Dabei agieren wegen der immensen Anwaltskosten im wesentlichen die NRA (5 Mio Mitglieder). Die GOA, Gun Owners of America (2.000.000 Mitglieder) und die 2nd Amendment Foundation (650.000 Mitglieder). Wobei die NRA durchaus die zahmste der drei großen ist, das wird in Deutschland grundsätzlich übersehen, vermutlich durch die einseitige Berichterstattung von SPIEGEL und SZ. Diese drei Waffenrechtsorganisationen handeln im Prinzip ähnlich wie die DUH bei den Dieseln: Da auch die USA ein Rechtsstaat sind, werden sie vorwiegend von Juristen beherrscht, die – ach so bösen – Lobbies tun im Grunde nichts anderes, als die Rechte aus Verfassung und Gesetzen einzuklagen.
In jüngerer Zeit geht es konkret um die Periode ab den bahnbrechenden SCOTUS-Urteilen in Sachen Heller (2008) und McDonald (2010). Da versuchte die NRA im Vorfeld aktiv, Heller zu sabotieren (!). Fürsprecher des Petenten Dick Heller (es ging um das totale Besitzverbot von Faustfeuerwaffen in D.C. sowie die Unbrauchbarmachung von Langwaffen in den eigenen vier Wänden durch wahlweise zerlegtes Aufbewahren oder aber Blockiersystem) wurden bedrängt,
keine schriftlichen Eingaben beim Verfassungsgericht zu machen, um die „langfristige nationale Strategie“ der Gruppierung nicht zu stören. Die NRA bestand darauf, lieber den Stadtrat von Washington zur Streichung des Verbots per Gesetzesnovelle zu bewegen, um „langfristige nationale Strategie“ keinen unnötigen Wind am Supreme Court zu machen. Das hätte (so unwahrscheinlich die Erfolgsaussichten dazu waren) freilich zur Folge gehabt, daß es nie einen höchsten Richterspruch in der Sache gegeben hätten. Dick Heller und sein Anwalt Alan Gura verweigerten sich folgerichtig dem Drängen der NRA, den Fall zurückzuziehen, es kam zu A. Scalias folgenreicher Urteilsbegründung, denn Heller wurde (wie auch McDonald) von der 2nd Amendment Foundation unterstützt und die NRA schloß sich dem dann nur widerwillig an, um nicht ganz das Gesicht zu verlieren.
Heller (2008): Waffenbesitz ist ein individuelles Recht jeder Person, kein kollektives der Bundesstaaten:
https://en.wikipedia.org/wiki/District_of_Columbia_v._HellerMcDonald (ergangen 2010, stellt fest: Das in Heller festgestellte individuelle Recht müssen nicht nur der Bund, sondern auch die Bundesstaaten achten):
https://en.wikipedia.org/wiki/McDonald_v._City_of_ChicagoIronischerweise reduzierten sich nicht nur die Schußwaffentoten in Chicago erheblich, nachdem die Stadt ihre Gesetzgebung 2010 anpaßt, sondern die Verbrechen im allgemeinen gingen zurück.
Damit sehen sich die Verfechter eines liberalen Waffenrechts ganz einfach auf der richtigen Seite, zumal der SCOTUS die Gültigkeit des 200 Jahre alten 2nd Amendment auch für das 21. Jahrhundert bestätigte.
So, und um jetzt nach den Präliminarien endlich Deine Frage zu beantworten: hat sie natürlich nicht, denn Heller war Ex-Cop und sah es nicht ein, daß er in keine Kurzwaffe erwerben sollte, um sich eventuell gegen Verbrecher wehren zu können.
Und die Cops freuen sich immer, wenn sie Unterstützer aus der Mitte der Gesellschaft bekommen.
In der Tat ging die Verbrechenanzahl in New York nach dem Urteil schlagartig zurück, wohl weil die Verbrecher jetzt befürchten mußten, auf bewaffneten Widerstand zu stoßen.
Die Süddeutsche vermerkte (erinnerlich wohl 2011 oder 2012, ich weiß es nicht mehr) eine Tag ohne Verbrechen in NY (wohl eher einen Tag ohne
registrierte Verbrechen).
Alles in allem ist es vertrackt, aber dennoch logisch, jedoch dermaßen irrsinnig in seiner Logik, daß ich umso besser ich die Dinge kenne, umso weniger in das Land of the free reisen möchte. Und sei es auch nur als Tourist: Nein, Danke!
Natürlich könnte man das 2nd Amendment ändern. Dazu bräuchte es „nur“ 38 von 50 Bundesstaaten.