Minnesotas Gouverneur, der Demokrat Tim Walz, sagte hingegen, dass hinter den auswärtigen Aufwieglern vor allem rechtsextreme weisse Rassisten, Drogenkartelle und möglicherweise auch ausländische Einflüsse steckten. Auch der Bürgermeister von Minneapolis, Jacob Frey, sprach von weissen Rassisten, Vertretern krimineller Organisationen und auswärtigen Aufrührern, welche die Stadt und Region zu destabilisieren versuchten.
Die amerikanischen Behörden sind sich nur darin einig: Die Chaoten stammen von «auswärts»
In Minneapolis, dem Epizentrum der Proteste, welche die Polizeigewalt gegen Schwarze anprangern, bleibt die Situation angespannt. Einmal mehr ziehen lokale Behörden und die Regierung Trump nicht am selben Strick.
Kristin, eine Bekannte, die seit 20 Jahren im Süden der Innenstadt von Minneapolis lebt, sitzt auf Nadeln. Bisher ist ihr Hab und Gut nicht betroffen von den Zerstörungen und Plünderungen der vergangenen Tage. Mit ihrem Partner bewohnt sie ein bescheidenes Einfamilienhaus und betreibt ein kleines Geschäft, nur wenige Häuserblocks vom Epizentrum der Proteste entfernt.
«Ich glaube nicht, dass der Protestzug in die Wohnviertel kommen wird», sagte sie am Samstag. Und ihr kleiner Laden, der Innendekoration verkauft, dürfte ebenfalls kaum Ziel von Plünderungen werden. Kristin ist selber im Protestzug nicht aktiv mitmarschiert, hat diese aber mehrmals beobachtet. Sie beschreibt, wie jeweils nach Einbrechen der Dunkelheit die Stimmung auf unheimliche Weise gekippt sei: von friedlichem Protest zu aggressivem, zerstörerischem Radau.
Woher kommen nur all die Leute?
Besonders Angst gemacht habe ihr, wie in der vergangenen Woche in kurzer Zeit die Menschenmenge so stark zugenommen habe. «Zu 80 Prozent Leute von auswärts», ist auch sie überzeugt. In ihrem Laden sei eine Vertreterin der Polizeibehörden vorbeigekommen und habe ihr bestätigt, dass es sich um professionelle Chaoten handle. Deren Ziel sei es, die Polizei zu provozieren und festgenommen zu werden, um dann auf dem Rechtsweg eine finanzielle Entschädigung zu erwirken.
Nick, ein anderer Bekannter, der seit Jahrzehnten in Süd-Minneapolis lebt, befürchtete am Samstagabend das Schlimmste. Sein Wohnquartier ist etwas weiter entfernt vom Ort des Geschehens als jenes von Kristin. Er fühle sich mit seiner Familie zwar sicher, aber die Krawalle seien jeden Tag schlimmer geworden.
Glücklicherweise scheint die Situation in Minneapolis in der Nacht auf Sonntag nicht weiter eskaliert zu sein. Dies, nachdem der Gouverneur des Gliedstaates Minnesota, Tim Walz, das Sicherheitsaufgebot massiv erhöht hatte. Schulter an Schulter waren die städtische und die gliedstaatliche Polizei im Einsatz, unterstützt von Minnesotas Nationalgarde, und setzten Tränengas, Böller und Gummigeschosse ein.
Das martialische Auftreten – am Fernsehen live zu verfolgen – zeigte Wirkung und zerstreute die Demonstranten. Die vom amerikanischen Verteidigungsministerium am Freitag in Bereitschaft versetzten Einheiten der Militärpolizei wurden bisher weder aufgeboten noch eingesetzt. Den Behörden von Minnesota war in den Vortagen vorgeworfen worden, die Situation unterschätzt zu haben. Gouverneur Walz hat diesbezügliche Versäumnisse eingestanden.
Widersprüchliches von den Behörden
Wer steckt nun tatsächlich hinter den Krawallen? Augenzeugenberichte, Einschätzungen der lokalen und gliedstaatlichen Behörden sowie Aussagen der Bundesbehörden sind sich einzig darin einig, dass die Chaoten von auswärts stammten.
Justizminister William Barr sagte am Samstag, Gruppen von auswärtigen Radikalen und Aufrührer nutzten die Proteste, um ihre eigene gewalttätige Agenda zu verfolgen. Vielerorts, so Barr, scheine die Gewalt von anarchistischen Extremisten und Linksextremen geplant, organisiert und getrieben zu sein.
Präsident Trump selber verbreitete Barrs Einschätzung mit den gewohnten Übertreibungen per Twitter und nahm zusätzlich den Demokratischen Bürgermeister von Minneapolis, Jacob Frey, ins Visier. Wieso nur, fragte Trump, werden all «diese Orte», die sich so schwach verteidigten, von Demokraten angeführt?
Minnesotas Gouverneur, der Demokrat Tim Walz, sagte hingegen, dass hinter den auswärtigen Aufwieglern vor allem rechtsextreme weisse Rassisten, Drogenkartelle und möglicherweise auch ausländische Einflüsse steckten. Auch der Bürgermeister von Minneapolis, Jacob Frey, sprach von weissen Rassisten, Vertretern krimineller Organisationen und auswärtigen Aufrührern, welche die Stadt und Region zu destabilisieren versuchten.
Weder Walz, Frey noch Barr lieferten jedoch Beweise oder mindestens weiterführende Informationen, welche ihre Aussagen stützen würden. Auch Behördenvertreter der drei Ebenen, die anonym bleiben möchten, verbreiteten Widersprüchliches.
Gouverneur Walz wollte sich am Sonntagvormittag (Ortszeit Minneapolis – St. Paul) nicht auf die Äste hinauslassen und äusserte sich viel vorsichtiger als zuvor. Er sprach aber erneut von der Gewandtheit der Krawallmacher und erwähnte in diesem Zusammenhang auch eine Cyberattacke auf Minnesotas Behörden, die am Samstag stattgefunden habe. Ferner räumte Walz ein, es herrsche noch viel Konfusion. Es gehe ihm nicht darum, «Leute von auswärts» als Entschuldigung für die Entwicklung der vergangenen Tage heranzuziehen.
Die lokale Polizei ihrerseits machte nur Angaben zu den bisherigen Verhaftungen und äusserte sich nicht zu der Herkunft der Krawallmacher allgemein. Von den bis am Samstagmorgen in Minneapolis verhafteten Personen hätten die meisten eine Minnesota-Adresse angegeben, hiess es. Von den 57 Verhafteten stammten demnach «nur» 10 von auswärts. Wie die Bilanz von Samstagnacht und Sonntagfrüh ausfällt, dürfte im Lauf des Sonntags bekannt werden. Ein Behördenvertreter bestätigte am Sonntagvormittag (Ortszeit) lediglich den Auswärtigen-Anteil von etwa 20 Prozent für Samstag.