P.S. Wenn ich das nun richtig verstehe, gibt es bis Ende 2020 weiterhin einen gemeinsamen Markt und diverses EU-Recht gilt auch im UK. Die Frist kann einseitig vom UK verlängert werden. Bezüglich Nordirland sollen die Regeln bis dahin überarbeitet werden.
1. Ja, 2. Nein. Die Verlängerung der Übergangsfrist ist nur im beidseitigen Einverständnis möglich; wie dann aber auch die Beendigung solch einer Verlängerung! Daher malen die Brexiteers an die Wand wie die EU das UK zur Verlängerung nötigt und danach nie der Beendigung der Verlängerung zustimmt, so dass das UK zwar kein Stimmrecht hat aber nie der EU entkommt. Politisch kaum vorstellbar aber ein schönes Schreckgespenst.
Dito und noch schlimmer: Nord-Irland. Dort gilt der uneingeschränkte "Backstop", der besagt, dass es keine Grenzkontrollen geben soll. Was kaum möglich ist wenn das UK aus der Zollunion ausschert und es aus Sicht der Briten keine Unterschiede zwischen Nord-Irland und Rest-Britannien geben darf. Irgendwie soll das trotzdem in zwei Jahren herbeiverhandelt werden (was in den letzten zwei Jahren auch nicht geklappt hat). Nur hat sich die EU da durchgesetzt, was die Briten letztlich dazu zwingen wird Nord-Irland anders zu behandeln oder insgesamt in der Zollunion zu bleiben. (Die Briten waren aus meiner Sicht auch extrem schlecht beraten dort eine Endfrist zu fordern, die nur lächerliche 3 oder 6 Monate betragen sollte. Nun haben sie gar keine Frist bekommen.)
Bzgl. einem Rücktritt vom Brexit gibt es keine Rechtsgrundlage. Aber da kann das UK allemal auf das politische Interesse der EU setzen, die Britannien zweifellos in der EU halten würden.
Dass May eigentlich einen "hard Brexit" oder einen "no Brexit" will, glaube ich übrigens nicht. Die will als Stimme der Vernunft mit einem "good Brexit" jenseits der Extreme als Befreierin des Landes und Umsetzerin des Volkswillens in die Geschichte eingehen. Im Grunde verabreicht sie jetzt allen die längst überfällige kalte und klare Dusche: Das war das beste, was zu holen war. Etwas besseres werden wir nicht bekommen. Take it or leave it.
Eine höchst riskante Strategie, die aber dennoch aufgehen könnte. Denn die lautstarken Brexiteers werden sich gut überlegen, ob sie jetzt die Macht und die Verantwortung übernehmen wollen - und dann für alles gerade stehen müssen, was ab dem 1. April dann passiert. Aber auch die EU-Freunde sind in einer ähnlichen Zwickmühle. Jetzt die Macht übernehmen und den Brexit absagen? Ein zweites Referendum ankündigen, wogegen es schon wutschnaubenden Widerstand gibt? Dann auf ewig als jene gelten, die dem United Kingdom die Freiheit und Unabhängigkeit verwehrt haben?