Die Fragestellung beschränkt sich ja nicht darauf, ob GB in der EU bleiben wolle oder nicht, sondern letztlich geht es um die Frage, ob GB sich stärker in die EU integrieren oder sich mehr auf den Rest der Welt einstellen wolle. Immerhin befindet sich in GB ein Großteil international tätiger Bank- und Finanzhäuser, haben dort Waren- und Rohstoffbörsen für den weltweiten Handel ihren Sitz, läuft ein erheblicher, teilweise sogar überwiegender Anteil aller weltweit getätigten Waren- und vor allem Rohstoffgeschäfte über GB. ...
Die Entscheidung der Briten lautet daher nicht: EU oder nicht EU, sondern: EU oder Rest der Welt. Ohne die EU-Staaten kleiner machen zu wollen, als sie sind, würde ich im Zweifelsfall wohl eher auf "Rest der Welt" wetten als auf die EU. Der Rest der Welt ist eben doch ein wenig größer als die EU oder als Europa mit den Nicht-EU-Staaten.
Davon träumen Rees-Mogg und Konsorten. Ein Singapur der nördlichen Hemisphäre werden. Zum Teufel mit dem ganzen kontinentalen Sozialstaats-Geseiere, Schluss mit ökologischer Rücksichtnahme und moralischer Zurückhaltung, Deregulieren, den Markt machen lassen, Steuern runter und Gewinne rauf (wir haben nur ein Leben; nach uns die Sintflut; soll doch jeder selbst zusehen, wo er bleibt).
Es bleibt aber ein Traum. Die EU würde sich nicht (lange) von einem so aggressiv auftretenden Land auf der Nase herum tanzen lassen. Und ohne den EU-Markt können die meisten der Banken und Börsen im UK dicht machen oder zwei Drittel ihrer Belegschaft vor die Tür setzen. Zumal solch eine Rosskur mit dem notwendigen Sozial-Kahlschlag auch innenpolitisch nicht durchsetzbar ist.
Es hat handfeste Gründe, dass eine durchsetzungsstarke Theresa May, die gewiss viel lieber einen harten und erfolgreichen Brexit vollzogen hätte, mittlerweile auf einen schwindelweichen immerhin-irgendwie-noch-so-Brexit zusteuert.