@panmaster Eine gesetzliche Vermutung ist eine Vorgabe, die als erfüllt gilt, bis das Gegenteil bewiesen ist. Wenn also der Besitz eines deutschen Personalausweises oder Reisepasses die Vermutung begründet, dass deren Inhaber Deutscher ist, dann ist er das im Rechtssinne auch so lange, bis das Gegenteil bewiesen ist.
Übrigens interessiert es andere Staaten einen feuchten Kehricht, ob der Inhaber eines Reisepasses, eines Personalausweises oder eines sonstigen Pass-Ersatzes (je nach Land haben solche verschiedene Namen, ob nun "Passport Card", "Identity Card", "Carte d'identité" oder "Ferman" drauf steht) wirklich Staatsangehöriger des Staates ist, der auf diesen Papieren genannt ist. Diese Staaten interessieren sich nur dafür, welcher Staat diese Papiere ausgegeben hat, denn dahin können sie die betreffende Person wieder zurück schicken, wenn sie sie los werden wollen. Für Reiseausweise für Flüchtlinge und Staatenlose ist dies in den einschlägigen Abkommen ausdrücklich festgelegt, im Übrigen ist es einfach schon immer so gemacht worden, ist also Völkergewohnheitsrecht.
Weiter besteht keine Freiheit, einen Personalausweis zu beantragen oder nicht. Wenn man Deutscher und 16 Jahre alt oder älter ist, dann muss man wegen der Ausweispflicht einen Personalausweis haben und ggf. eben beantragen. Dies ist eine Pflicht, die nur Deutsche haben, denn Ausländer haben ja Papiere ihrer Heimatländer. Die einzige Möglichkeit, auf einen Personalausweis zu verzichten, ist, sich einen Reisepass zu beschaffen.
Da es eine gesetzliche Pflicht gibt, einen Personalausweis oder Reisepass zu haben, drückt man mit dem Antrag auf Ausstellung auch nichts aus, man begründet damit insbesondere keinen Vertrag, denn das Rechtsverhältnis zwischen Staat und Staatsangehörigen besteht von Geburt an und ist nicht durch einen wie auch immer gearteten Vertrag begründet, sondern letztlich durch die Verfassung, in Deutschland also durchs Grundgesetz.
Nehmen wir nun einmal den hypothetischen Fall an, dass jemand in Deutschland geboren ist, immer in Deutschland gelebt hat und mit 16 Jahren zum ersten Mal einen Personalausweis beantragt und erhalten hat, auch sonst immer als Deutscher angesehen worden ist. Irgendwann einmal kommt dieser Mensch auf die Idee, seine Staatsangehörigkeit prüfen zu lassen und beantragt daher einen Staatsangehörigkeitsausweis. (Vielleicht gibt es auch einen bestimmten Anlass für diese Prüfung, dazu mehr unten.)
Nehmen wir nun weiter an, dass sich bei dieser Prüfung herausstellt, dass dieser Mensch eigentlich kein Deutscher ist. (Dafür gibt es allerdings nur recht unwahrscheinliche Gründe, etwa einen Verzicht auf die deutsche Staatsangehörigkeit, den man aber nicht aus Versehen vornehmen kann, oder vielleicht stellt sich heraus, dass die Eltern keine Deutschen waren. Nehmen wir einfach einmal an, es stelle sich eben heraus, dass der Betreffende kein Deutscher war, als er geboren wurde.)
Tja, da hat der gute Mensch aber Pech gehabt! Nein, denn er bleibt Deutscher, weil hier §3, Absatz 2 StAG gilt:
Die Staatsangehörigkeit erwirbt auch, wer seit zwölf Jahren von deutschen Stellen als deutscher Staatsangehöriger behandelt worden ist und dies nicht zu vertreten hat. Als deutscher Staatsangehöriger wird insbesondere behandelt, wem ein Staatsangehörigkeitsausweis, Reisepass oder Personalausweis ausgestellt wurde. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit wirkt auf den Zeitpunkt zurück, zu dem bei Behandlung als Staatsangehöriger der Erwerb der Staatsangehörigkeit angenommen wurde. Er erstreckt sich auf Abkömmlinge, die seither ihre Staatsangehörigkeit von dem nach Satz 1 Begünstigten ableiten.
Warum braucht es denn einen Staatsangehörigkeitsausweis? Die meisten Deutschen kommen im ganzen Leben ohne einen solchen aus. Ein Staatsangehörigkeitsausweis kann allerdings verlangt werden, wenn jemand zum Beamten ernannt werden soll oder für eine Wahl kandidiert. Das hat seinen Grund ganz einfach darin, dass man als Beamter oder als gewähltes Mitglied eines Verfassungsorgans Staatsgewalt unmittelbar ausübt. Da die Staatsgewalt vom deutschen Volk ausgeht, muss auch sichergestellt sein, dass nur Deutsche Staatsgewalt ausüben. Es kann auch sein, dass ein anderer Staat einen Nachweis über die deutsche Staatsangehörigkeit verlangt, etwa innerhalb der EU als Nachweis, dass man wirklich Staatsangehöriger eines EU-Staates ist, oder im Zusammenhang mit binationalen Ehen, weil es da um die Frage der Staatsangehörigkeit der Ehegatten und der möglichen Kinder geht.
Eine Geburtsurkunde beweist in diesem Zusammenhang nichts. Denn sie sagt ja nur aus, dass jemand an einem bestimmten Ort und zu einem bestimmten Zeitpunkt geboren wurde. Mehr sagt sie eben nicht aus, insbesondere nichts über die Staatsangehörigkeit. Mein Vater hat z. B. auch eine deutsche Geburtsurkunde, weil er nun mal zufällig in Deutschland geboren wurde. Aber Deutscher war er nie.