Von was könnte ein Ausgeschlossener zurücktreten? Die Fraktion hat doch wegen seiner die Ordnung geändert, will ihn also unbedingt haben, wobei sein Amt derzeit doch ohnehin ruht?
Spoiler
Der angeblich freundschaftlich gemeinte Fausthieb von Andreas Kalbitz gegen AfD-Fraktionschef Dennis Hohloch, der zu schweren inneren Verletzungen führte, hat nicht nur ein juristisches Nachspiel. Innerhalb der AfD wird der Rückhalt für Kalbitz, der bis Dato vor allem in Brandenburg viele Unterstützer hatte, kleiner.
Bei der Sitzung der AfD-Fraktion am Dienstag, die hinter verschlossenen Türen statt fand, ging es heftig zur Sache. Dabei soll der Abgeordnete Hans-Christoph Berndt den Rücktritt von Kalbitz gefordert haben, hieß es aus Teilnehmerkreisen. Kalbitz lässt während des juristischen Streits um seinen Parteiausschluss sein Amt als Fraktionsvorsitzender derzeit ruhen, ist aber weiter Mitglied der Fraktion und kassiert auch weiter Bezüge für den Fraktionsvorsitz.
„Intensive und ernsthafte Diskussion“
Auf MAZ-Nachfrage wollte Berndt die Rücktrittsforderung weder bestätigen noch dementieren. Hinter den Kulissen wird weiter heftig gestritten – zumindest das bestätigte Berndt.
„Wir führen eine intensive und ernsthafte Diskussion, übrigens ganz ohne Verletzungen“, sagte er. „Diese Diskussion ist noch nicht abgeschlossen.“ Für den Vorfall gebe es keine Zeugen innerhalb der Fraktion, es sei deswegen schwierig, sich ein Bild zu machen. Am Nachmittag wollte die Fraktion weiter über den Fall diskutieren.
Ex-Referent erhebt schwere Vorwürfe
Kai Laubach, der frühere Referent von Kalbitz, meldete sich mit schweren Vorwürfen zu Wort. Er warf Kalbitz auf Facebook vor, seinen Parteifreund Dennis Hohloch fast fahrlässig getötet zu haben – und das, obwohl Hohloch zu den treuesten Unterstützern von Kalbitz gehört. Nach seinem Hieb mit Krankenhausfolgen soll er Hohloch noch als „zerbrechliches Weichei“ verspottet haben. „Widerlicher, schäbiger, ruchloser und menschlich erbärmlicher kann ich mir nichts vorstellen“, so Laubach.
Er hielt Kalbitz Machtgier und parteischädigendes Verhalten vor. Es sei nicht das erste Mal gewesen, dass Kalbitz gegenüber Parteifreunden übergriffig geworden sei, deutete er an. Er forderte Kalbitz auf, die Partei endlich zu verlassen. „Du bist Parteikrebs, Junge“, schrieb er.
Staatsanwaltschaft ermittelt
Im Zusammenhang mit einem Krankenhaus-Aufenthalt des amtierenden brandenburgischen AfD-Fraktionschefs Dennis Hohloch hat die Staatsanwaltschaft Potsdam Ermittlungen gegen Kalbitz eingeleitet. „Wir haben das von Amts wegen eingeleitet aufgrund der Presseberichterstattung“, sagte ein Behördensprecher am Dienstag.
Es gehe um den Anfangsverdacht der fahrlässigen Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft ist gesetzlich verpflichtet, bei Hinweisen auf mögliche Straftaten Ermittlungen einzuleiten - dies sagt nichts darüber aus, ob ein strafbares Verhalten vorliegt.
„Unglückliche Umstände“
Laut einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland wurde der 31-jährige Hohloch in der vergangenen Woche in den Fraktionsräumen im Potsdamer Landtag verletzt, als ihn der aus der Partei ausgeschlossene Ex-Landeschef Andreas Kalbitz begrüßte – angeblich unabsichtlich heftig. Hohloch erlitt innere Verletzungen, er selbst spricht von einem Milzriss. Kalbitz sprach von einer „Verkettung unglücklicher Umstände“.
Um den Verbleib von Kalbitz in der Partei und Fraktion tobt seit Wochen ein heftiger Streit. Der Brandenburger Landesverband und die Fraktion hielt trotz der zahlreichen Hinweise auf die rechtsextreme Biografie von Kalbitz bisher weiter an ihm fest. Kritiker meldeten sich nur indirekt zu Wort.
Von Igor Göldner und Torsten Gellner