Der Klimawandel hat mit dem Menschen zu tun? Papperlapapp. Die „Klimalüge“ ist das „zentrale Dogma“ eines „neuen Totalitarismus“, den „die Grünen“ betreiben. Die „drohende Ökodiktatur“ ist „neben der Asylinvasion die zweite Riesengefahr für unser Deutschland“. Bald werden „wir unsere Autos, unsere Energieversorgung und unsere Freiheit verlieren“.
Die Zitate stammen aus der Ankündigung zu einer Konferenz, die das in rechten und verschwörungstheoretischen Kreisen einflussreiche, ja, meinungsbildende Magazin Compact am 16. November in Magdeburg veranstaltet. Die geplante Rednerliste ist schillernd:
Oliver Hilburger aus Althütte spielte von 1989 bis 2008 bei der Rechtsrockgruppe Noie Werte, die berühmt wurde, weil die NSU-Terrorgruppe ein Bekennervideo mit Liedern der Band unterlegt hatte. Hilburger wurde deshalb 2017 als Zeuge in den baden-württembergischen NSU-Untersuchungsausschuss geladen.
Hilburger sucht den Schulterschluss mit AfD-Promis
Dort erklärte er, von rechten Umtrieben bei Noie-Werte-Konzerte habe er in fast zwei Jahrzehnten nichts mitgekriegt. Und all die Arme, die sich im Publikum zum Hitlergruß reckten? Habe er nie gesehen; die Bühnenscheinwerfer blendeten so. Heute ist Hilburger aktiv als Betriebsrat im Daimlerwerk Untertürkheim, für das „Zentrum Automobil“, das sich als Alternative zur Gewerkschaft versteht.
Als bei Daimler zwei Beschäftigte entlassen wurden, weil sie einen türkischen Kollegen mit rassistischen Whatsapps traktiert hatten, bezeichnete Hilburger die Kündigungen als „Skandal“ und „Willkür“. Seit einiger Zeit sucht Hilburger den Schulterschluss mit AfD-Promis.
Im Mai 2017 in Zwickau trat er gemeinsam mit Jens Maier auf – der Richter am Landgericht Dresden bezeichnet sich selbst als „sächsische Version“ des Thüringer Strammrechten Björn Höcke und warnt vor der „Herstellung von Mischvölkern“. Im November 2017 in Leipzig sprach Hilburger bei einer Compact-Konferenz neben Rednern wie dem wegen Volksverhetzung verurteilten Pegida-Gründer Lutz Bachmann, Martin Sellner von der unter Rechtsextremismus-Verdacht stehenden „Identitären Bewegung“ und dem völkischen Superstar Björn Höcke.
Die Deutschen seien nach dem Krieg „nicht befreit, sondern ,versklavt’ worden“
Dirk Spaniel aus Stuttgart ist AfD-Bundestagsabgeordneter und einer der beiden Landessprecher der baden-württembergischen AfD. Szenekenner rechnen ihn dem „Flügel“ zu, der völkisch-nationalistischen Gruppierung in der AfD. Früher war Spaniel Entwicklungsingenieur bei Daimler. Auf seiner Homepage warnt er vor „der Umerziehung“, die von „den höchsten politischen Kreisen“ betrieben werde – sie wollten die „eigene kulturelle Herkunft verleugnen“ und die Deutschen „zu Menschen machen, die die Umwelt gegen jede Vernunft schützen“.
Michael Limburg ist Vizepräsident des „Europäischen Instituts für Klima & Energie“ (Eike). Eike ist streng genommen allerdings kein Institut, sondern schlicht ein eingetragener Verein, der den wissenschaftlichen Konsens, dass die globale Erwärmung auch menschengemacht sei, entkräften will. Limburg ist AfD-Mitglied und gilt als einer der klimapolitischen Vordenker in der Partei. 2018 dozierte er auf Einladung der AfD-Fraktion im brandenburgischen Landtag als „Experte“: Es gebe keinerlei Beweise, „dass das menschgemachte CO2 auf irgendeine mysteriöse Weise die Temperatur der Atmosphäre dieses Planeten erwärmt“.
Holger Strohm ist laut Compact-Ankündigung eine „Umweltikone“. Er gilt als Anhänger der Chemtrails-Verschwörungstheorie. Sie besagt, dass sich in den Kondensstreifen von Flugzeugen geheimnisvolle und gefährliche Chemikalien befänden. Strohm schrieb: Die Deutschen seien nach dem Krieg „nicht befreit, sondern ,versklavt’ worden“, die „deutschen Medien werden weitestgehend von der Mafia, den USA und Israel dominiert“.
Gerhard Wisnewski, Bestseller-Autor, bestreitet, dass die Amerikaner 1969 auf dem Mond gewesen sind, glaubt, dass die USA selbst hinter den Attentaten vom 11. September 2001 stecken, und breitet in seiner Buchserie „Verheimlicht – vertuscht – vergessen“ noch allerlei andere Theorien aus. Literaturkritiker Denis Scheck – der übrigens aus Bretzenacker in den Berglen stammt – urteilte in strenger Reich-Ranicki-Tradition: Es handle sich um eine „hirnrissige Ansammlung von ,alternativen Fakten‘“.
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