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Nach Demonstrationen in Empfingen und Loßburg ist die Fahrzeugprotest-Szene nun in Freudenstadt auf die Straße gegangen. Nach einem Konvoi durch die Innenstadt gab es eine Kundgebung auf dem Marktplatz. Was die Redner dort von sich gaben, machte deutlich, wie weit rechts die Bewegung mittlerweile steht.
60 Autos, sieben Lastwagen, 25 Traktoren und zwei Wohnmobile sind am Samstagnachmittag in einem Konvoi durch Freudenstadt gezogen. Gegen 13.30 Uhr bog die Fahrzeugkolonne am Amtsgericht auf die Stuttgarter Straße ein. Auf der Höhe des Marktplatzes wurden die Fahrzeuge dann lautstark jubelnd von jenen Demonstranten begrüßt, die zu Fuß gekommen waren – laut Zählungen der Polizei rund 100.
Mit dabei waren nicht nur die sogenannten Freiheitstrychler aus der Schweiz – zu erkennen an den schweren Kuhglocken um den Hals, sondern auch ein Mann im Superman-Kostüm, der mit Megafon in der Hand begeistert auf und ab rannte. Einer der Demonstranten hatte ein Schild mitgebracht, auf dem „Freiheit für Julian Assange“ gefordert wurde, andere schwenkten Deutschlandfahnen.
Manche Teilnehmer machten aus ihrer parteipolitischen Überzeugung keinen Hehl und zeigten AfD-Plakate. Auch Corona-Gegner waren offenbar unter den Demonstranten. So trug eine der Teilnehmerinnen einen Anstecker mit einem Bild des Mediziners Sucharit Bhakdi, der während der Pandemie durch die Verbreitung von Falschinformationen eine zweifelhafte Bekanntheit erlangte. Aber auch ein Plakat mit einem Zitat von SPD-Kanzler Helmut Schmidt war zu entdecken.
Wie ist die Bewegung also politisch einzuordnen? Für Hans-Jörg Finkbeiner, einen der Veranstalter der Demonstration, ist die Sache klar: „Wir sind normal. Wir sind keine Rechten“, rief er während der Kundgebung auf dem Marktplatz von der Bühne. Als Finkbeiner dann aber den AfD-Landesvorsitzenden Markus Frohnmaier als Redner ankündigte, brandete unter den Demo-Teilnehmern lauter Jubel auf.
Vor der Demo hatten die Organisatoren sich als parteipolitisch neutral gegeben. Die Bewegung sei zum Dialog mit allen Parteien bereit. So hatten die Aktivisten neben der AfD auch Vertreter anderer Parteien eingeladen. Doch diese waren nicht gekommen.
Als Frohnmaier dann auf die Bühne trat, hatte das nicht den Charakter eines Dialogs oder gar einer kritischen Auseinandersetzung. Stattdessen trat der AfD-Politiker auf, als würde er für die Demonstranten sprechen und wurde dafür vom Publikum vor der Bühne lautstark bejubelt.
Frohnmaier, der dem völkischen Flügel der AfD um Björn Höcke zugerechnet wird und mehrfach für seine Russlandnähe kritisiert wurde, beschränkte sich in seiner Rede allerdings auf landwirtschaftliche Themen, schimpfte über die Abschaffung der Steuererleichterungen für Agrardiesel und forderte die Rücknahme der Düngemittelverordnung.
Wesentlich radikaler äußerte sich hingegen Finkbeiner. So sagte er über die Politik der Ampelregierung: „Das ist Faschismus pur, das ist Nazismus pur, was die da betreiben. Dagegen müssen wir aufstehen und das bekämpfen.“
Lobende Worte hatte Finkbeiner hingegen für einen ganz anderen Politiker übrig: Russlands Präsident Wladimir Putin. „Für mich ist er derzeit in der Welt der beste, volksnäheste Staatspräsident den es gibt“, schwärmte Finkbeiner. „Er hat Russland zu einer aufstrebenden Nation gemacht.“ Dass Russland unter Putin die Nachbarländer Georgien und Ukraine überfallen hat, erwähnte Finkbeiner nicht.
Und auch mit seiner eigenen parteipolitischen Überzeugung hielt Finkbeiner nicht hinterm Berg: „Ich weiß, wo mein politischer Weg hingeht: Für mich ist er blau.“ Somit dürfte nach diesem Samstag endgültig klar sein, für welche Politik und für welches Weltbild die Fahrzeugprotest-Szene wirklich steht.
Daher verwundert es auch nicht, dass die Bewegung längst nicht so viele Menschen mobilisiert, wie Bauernproteste vom Jahresbeginn, die noch vom Bauernverband organisiert worden waren. Obwohl die Fahrzeugprotestler über die Region hinaus ihre Anhänger dazu aufgerufen hatten, nach Freudenstadt zu kommen und viele Autos Nummernschilder aus anderen Landkreisen trugen, zählte die Polizei bei der Abschlusskundgebung in der Spitze maximal 300 Teilnehmer.
Der Bauernverband hatte hingegen bei seiner Demonstration im Januar 500 Teilnehmer auf den Marktplatz gebracht – die meisten davon aus dem unmittelbaren Umland. Auch mobilisierte der Bauernverband damals fast zehnmal so viele Traktoren – nämlich rund 200.