Kann mich nicht erinnern, falls ja, kann gelöscht werden.
Spoiler
Neuerdings reden US-Präsident Donald Trump und seine Republikanische Partei eine Sicherheitskrise nach der anderen herbei. Sie behaupten zum Beispiel, in Städten wie Portland oder Chicago herrsche ein nationaler Notstand, der nur mit dem Einmarsch der Nationalgarde zu beheben sei. Jetzt hat Trump sogar gefordert, US-Großstädte zu Übungsplätzen fürs Militär zu machen. Die Republikaner haben im Repräsentantenhaus und im Senat die Mehrheit, sind aber keine Kontrolleure der Exekutive, also auch des Präsidenten, sondern sind sein willfähriges Instrument.
Ist Trump ein Faschist?
Irrwitzig ist dies alles auf jeden Fall. Die Diagnosen von Historikern, Philosophen und Politologen in Sachen Demokratie aber reichen von: „Trump ist ein Faschist“ über „Ansätze von Faschismus“ bis hin zu „Es ist kein Faschismus“, sondern ein „sultanistisches“ Regime. Jetzt hat sich – ungewöhnlich, wenn nicht bisher einzigartig – auch ein Vertreter der deutschen Justiz zu Wort gemeldet. Der Einzelrichter der 13. Zivilkammer des LG Bonn schoss in einem kürzlich veröffentlichten Urteil gegen die „offen rechtsextremistisch-populistische“ US-Regierung, die gerade „noch“ als rechtsstaatliche Demokratie anzusehen sei (Az: 13 O 156/24).
In dem Verfahren ging es um die Klage eines Nutzers gegen ein internationales soziales Netzwerk. Der Mann hatte unter anderem erfolglos Auskunft darüber verlangt, ob US-Geheimdienste auf seine Daten zugegriffen hätten.
Aussagen von US-Vizepräsident J.D. Vance als lächerlich bezeichnet
Seine Klage gegen die Weigerung wies der Richter ab. In seiner Urteilsbegründung erinnert er aber zum Agieren der US-Administration zunächst an die Enthüllungen des amerikanischen Whistleblowers Edward Snowden, der 2013 einen weltweiten Spionage-Skandal ausgelöst hatte. Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel habe„ das beklagenswerte Verhalten der USA betreffend den Ausspähungseifer“ damals schon zutreffend mit der Formulierung „das geht gar nicht unter Freunden“ kritisiert. In den USA, so der Bonner Richter, seien die Datenschutzanforderungen im Vergleich mit Europa weitaus geringer, „was übrigens die Aussagen des aktuellen Vizepräsidenten der USA J.D. Vance im Februar 2025 in München, wonach angeblich die Freiheitsrechte der Bürger in Deutschland weniger geschützt seien als in den USA – auch aus anderen Gründen – der Lächerlichkeit preisgibt.“
Rechtsextremisten waren gerichtsbekannt immer schon die größten Feinde individueller Freiheit
Bonner Richter
Beim Seitenhieb auf den amerikanischen Vizepräsidenten beließ es der Richter jedoch nicht, sondern ergänzte, „gleichwohl“ habe der „US-amerikanische Staat seitdem wenig bis gar nichts dazu gelernt“. Was angesichts einer „inzwischen offen rechtsextremistisch-populistischen Regierung in den USA unter ihrem aktuellen Präsidenten Donald Trump, die inzwischen sogar jahrzehntelange Bündniszusagen in Frage stellt, von denen auch die USA jahrzehntelang politisch und auch wirtschaftlich massiv profitiert haben, auch wenn sie das nicht (mehr) zugeben wollen (oder verstehen können)“, nicht mehr überrasche.
Richter: Rechtsextremisten sind „die größten Feinde individueller Freiheit“
„Rechtsextremisten waren gerichtsbekannt immer schon die größten Feinde individueller Freiheit (der ‚anderen‘ bzw. Andersdenkenden), während sie sich zugleich ständig – die Lüge beharrlich wiederholend – als ihre angeblich größten Verteidiger gerieren“, führte das Gericht weiter aus.
Und dies alles geschehe, „um das eigene (Wahl-)Volk irrezuführen – was leider häufig funktioniert, insbesondere inzwischen über soziale Medien, wie die letzten Jahre gezeigt haben.“ Und „daneben“ seien „Rechtsextremisten in aller Regel die korrupteste Sorte von Politikern, weil die ideologische Grundbasis des Rechtsextremismus unvernünftig übersteigerter (nationaler und individueller) Egoismus ist“, argumentiert der Richter in seinem politischen „Exkurs“.
All dies ändere jedoch nichts daran, dass die USA „– noch – ein verbündeter Staat Deutschlands“ seien, trotz der „deutlich anti-demokratisch, anti-rechtsstaatlich, autokratisch bis faschistischen Tendenzen der aktuellen US-Regierung“. Deshalb müsse man einem US-Unternehmen, welches in Europa tätig sei, zugestehen, sich an die Gesetze der USA zu halten. Und gemäß diesen dürfe das Netzwerk auch die Aussage darüber verweigern, ob ein US-Geheimdienst auf die Daten des Klägers zugegriffen hat.
US-Botschaft in Berlin zeigt sich irritiert
Ein Sprecher der US-Botschaft in Berlin zeigte sich irritiert von den Formulierungen des Bonner Gerichts. Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ verwies er darauf, dass die Vereinigten Staaten und Deutschland „westliche und demokratische Werte“ teilten. Ohne auf das Bonner Urteil einzugehen, drehte der Botschaftssprecher den Spieß um und gab der Sorge über angebliche Bedrohungen von Grundrechten wie der Meinungsfreiheit durch deutschen Staat Ausdruck.
Man solle, wie US-Vizepräsident JD Vance es bereits Anfang des Jahres auf der Münchner Sicherheitskonferenz angemahnt habe, „Zensurmaßnahmen und die Verfolgung politischer Gegner“ einstellen und stattdessen die freie Meinungsäußerung fördern. „Obwohl Deutschland über ein starkes demokratisches System verfügt, sind wir besorgt über die erheblichen gesetzlichen Einschränkungen der politischen Meinungsäußerung, darunter Gesetze gegen Hassrede und die strafrechtliche Verfolgung von Bürgern wegen Kritik an Regierungsvertretern“, sagte der Botschaftssprecher: „Deutsche Bürger sollten in der Lage sein, missliebige politische Ansichten, auch online, zu äußern, ohne dass ihnen Polizeibesuche drohen.“ Die US-Regierung sei „besorgt“ über das angebliche „Potenzial eines demokratischen Rückschritts in Deutschland aufgrund der erwogenen Schritte zum Verbot populärer Oppositionsparteien“.
NRW-Justizministerium: Kein Kommentar
Auf Anfrage erklärte eine Sprecherin des Landgerichts Bonn, man „kommentiere grundsätzlich keine Urteile“, auch keine ungewöhnlichen. Ähnlich äußerte sich auch das nordrhein-westfälische Justizministerium. „Richter urteilen in richterlicher Unabhängigkeit nach Artikel 97 Grundgesetz, daher bewertet und kommentiert der Minister grundsätzlich keine Urteile oder Urteilsbegründungen“, sagte ein Sprecher der Behörde.
Daniel Deba, Sprecher des „Netzwerks kritischer Richter und Staatsanwälte“, kritisierte das Bonner Urteil. „Gerichtliche Entscheidungen sind kein Ort für politischen Meinungskampf“, sagte der Verwaltungsrichter aus Schwerin. Die Äußerungen der Bonner Zivilkammer seien „teilweise unsachliche, politische Wertungen, die so für die Begründung der Entscheidung nicht erforderlich sein dürften“. Für Abfassung von Urteilen gelte, „dass darin die getroffene Entscheidung tatsächlich und rechtlich begründet werden soll“, betonte Deba: „Und zwar nur dies.“
Richter: Rechtsextremisten sind „die größten Feinde individueller Freiheit“
„Rechtsextremisten waren gerichtsbekannt immer schon die größten Feinde individueller Freiheit (der ‚anderen‘ bzw. Andersdenkenden), während sie sich zugleich ständig – die Lüge beharrlich wiederholend – als ihre angeblich größten Verteidiger gerieren“, führte das Gericht weiter aus.
Und dies alles geschehe, „um das eigene (Wahl-)Volk irrezuführen – was leider häufig funktioniert, insbesondere inzwischen über soziale Medien, wie die letzten Jahre gezeigt haben.“ Und „daneben“ seien „Rechtsextremisten in aller Regel die korrupteste Sorte von Politikern, weil die ideologische Grundbasis des Rechtsextremismus unvernünftig übersteigerter (nationaler und individueller) Egoismus ist“, argumentiert der Richter in seinem politischen „Exkurs“.
All dies ändere jedoch nichts daran, dass die USA „– noch – ein verbündeter Staat Deutschlands“ seien, trotz der „deutlich anti-demokratisch, anti-rechtsstaatlich, autokratisch bis faschistischen Tendenzen der aktuellen US-Regierung“. Deshalb müsse man einem US-Unternehmen, welches in Europa tätig sei, zugestehen, sich an die Gesetze der USA zu halten. Und gemäß diesen dürfe das Netzwerk auch die Aussage darüber verweigern, ob ein US-Geheimdienst auf die Daten des Klägers zugegriffen hat.
US-Botschaft in Berlin zeigt sich irritiert
Ein Sprecher der US-Botschaft in Berlin zeigte sich irritiert von den Formulierungen des Bonner Gerichts. Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ verwies er darauf, dass die Vereinigten Staaten und Deutschland „westliche und demokratische Werte“ teilten. Ohne auf das Bonner Urteil einzugehen, drehte der Botschaftssprecher den Spieß um und gab der Sorge über angebliche Bedrohungen von Grundrechten wie der Meinungsfreiheit durch deutschen Staat Ausdruck.
Man solle, wie US-Vizepräsident JD Vance es bereits Anfang des Jahres auf der Münchner Sicherheitskonferenz angemahnt habe, „Zensurmaßnahmen und die Verfolgung politischer Gegner“ einstellen und stattdessen die freie Meinungsäußerung fördern. „Obwohl Deutschland über ein starkes demokratisches System verfügt, sind wir besorgt über die erheblichen gesetzlichen Einschränkungen der politischen Meinungsäußerung, darunter Gesetze gegen Hassrede und die strafrechtliche Verfolgung von Bürgern wegen Kritik an Regierungsvertretern“, sagte der Botschaftssprecher: „Deutsche Bürger sollten in der Lage sein, missliebige politische Ansichten, auch online, zu äußern, ohne dass ihnen Polizeibesuche drohen.“ Die US-Regierung sei „besorgt“ über das angebliche „Potenzial eines demokratischen Rückschritts in Deutschland aufgrund der erwogenen Schritte zum Verbot populärer Oppositionsparteien“.
NRW-Justizministerium: Kein Kommentar
Auf Anfrage erklärte eine Sprecherin des Landgerichts Bonn, man „kommentiere grundsätzlich keine Urteile“, auch keine ungewöhnlichen. Ähnlich äußerte sich auch das nordrhein-westfälische Justizministerium. „Richter urteilen in richterlicher Unabhängigkeit nach Artikel 97 Grundgesetz, daher bewertet und kommentiert der Minister grundsätzlich keine Urteile oder Urteilsbegründungen“, sagte ein Sprecher der Behörde.
Daniel Deba, Sprecher des „Netzwerks kritischer Richter und Staatsanwälte“, kritisierte das Bonner Urteil. „Gerichtliche Entscheidungen sind kein Ort für politischen Meinungskampf“, sagte der Verwaltungsrichter aus Schwerin. Die Äußerungen der Bonner Zivilkammer seien „teilweise unsachliche, politische Wertungen, die so für die Begründung der Entscheidung nicht erforderlich sein dürften“. Für Abfassung von Urteilen gelte, „dass darin die getroffene Entscheidung tatsächlich und rechtlich begründet werden soll“, betonte Deba: „Und zwar nur dies.“
Der Kölner Staatsrechtler Markus Ogorek rügte das Urteil mit den gleichen Argumenten. „Zu kritisieren ist zunächst das Urteil des Landgerichts, weil es für die Entscheidung nicht erhebliche und im Übrigen einer Zivilkammer nicht zustehende politische Aussagen beinhaltet“, so Ogorek. „Diplomatische Bewertungen obliegen dem Auswärtigen Amt und keinem Bonner Einzelrichter, der seine Rolle offenbar eklatant verkennt und dem Ansehen der Justiz schadet. Wegen der richterlichen Unabhängigkeit könne das Landgericht aber kaum inhaltliche Konsequenzen ziehen.“
Dem Kölner Juraprofessor gehen aber auch die Äußerungen der US-Botschaft zu weit. Es sei „das eine, sich in der Sache gegen übergriffige Anwürfe eines fremden Gerichts zu verteidigen, aber das andere, selbst gegen vermeintliche Missstände in Deutschland zu schießen“. Im internationalen Verkehr seien Zurückhaltung, Höflichkeit und das Gebot der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates zu achten.
Es geht um diese Entscheidung, die bereits vom 3. 6. '25 datiert: