Es freut mich ja, dass aus meinem kleinen Eingangspost sich eine so rege Diskussion entwickelt hat! Habe ich nicht erwartet.
Dann zur dir, Manuel. Zunächst finde ich es lobenswert, wenn auch etwas seltsam, dass Du dich kritischen Fragen stellst. Egal, ob Du das aus Spaß an der Debatte, aus Rechtfertigungsdruck oder zur Öffentlichkeitsarbeit tust. Wenn ich auch inhaltlich so gut wie nirgends mit dir übereinstimme, so bewahrst Du wenigstens eine mehr oder weniger höfliche Form, das ist gerade im Internet selten geworden.
Ich möchte mich nur kurz einklinken, um etwas zu Wissenschaftstheorie und Wissenschaft zu sagen, ich hatte mich akademisch mit dem Thema beschäftigt. Popper, der im Verlauf der Diskussion genannt wurde, ist übrigens ein hervorragender Lehrmeister in Sachen Wissenschaft und Fortschritt.
Ich komme direkt zum Punkt: Es ist schlichtweg falsch, dass aussichtsreiche Technologien unterdrückt werden. Das wäre aufgrund der Struktur und des Wesens wissenschaftlicher Arbeit unmöglich. Was dagegen sein kann, ist, dass bestimmte Interessenvertreter für gewisse Forschungsfelder keine Gelder zur Verfügung stellen. Ein Autokonzern würde beispielsweise vermutlich keine Forschung zu einer bahnbrechenden Technologie im ÖPNV finanzieren. Dennoch steht es jedem Menschen auf dieser Welt frei, zu forschen, einen nachprüfbaren Versuchsaufbau(!) zu erarbeiten und seine Arbeit dann auf einer Tagung, in einem Peer-Review-Magazin oder über andere geeignete Medien zu veröffentlichen. Und wenn aussichtsreiche Forschungen bekannt werden, stürzen sich diejenigen Unternehmen darauf, die daraus Profit schlagen können. Das ist eins der tollen Dinge im Kapitalismus.
Es ist korrekt, dass es gewisse Forschungsparadigmen (nicht Ideologien) gibt, dazu hat Kuhn einiges geschrieben. Und es ist sicherlich schwerer, eine neue, unbekannte Ansicht in den wissenschaftlichen Diskurs einzubringen, als eine, die auf vorhandenen Modellen aufbaut. Allerdings aus gutem Grund, denn heutige Forschungsparadigmen sind oft erstaunlich präzise, d.h. es gibt überhaupt keinen Grund, sie über den Haufen zu werfen. Aber wenn irgendwann eine Theorie erarbeitet wird, die entweder Phänomene erklären kann, die alte Theorien nicht erklären konnten, oder die bereits erklärbare Phänomene präziser erklären kann als alte Theorien, dann wird diese neue Theorie auf kurz oder lang einen Paradigmenwechsel hervorbringen.
Der Grund dafür, dass pseudowissenschaftliche Behauptungen nicht anerkannt werden, liegt darin, dass es eben nur Behauptungen sind. Niemand hindert die "Erforscher" dieser Behauptungen, einen wissenschaftlichen Versuchsaufbau zu erstellen, der diese Behauptungen überprüfbar macht. Es muss nicht einmal ein Freier-Energie-Generator sein! Es würde ein einfacher Versuch genügen, der beweist, dass sich ein bestimmtes Phänomen (bspw. das atomare Verhalten eines Stoffes) durch das Modell der Freien Energien besser erklären lässt, als durch herkömmliche Theorien. Alles, was die Verfechter der Pseudowissenschaften können, ist sich selbst als Genies zu verkaufen, obskure, nicht nachprüfbare "Beweise" für ihre Behauptungen zu präsentieren, und diejenigen als Verschwörer zu denunzieren, die ihre billigen Tricks entlarven.
Für mehr Informationen zu Wissenschaftsphilosophie, ich habe ein paar Artikel auf meinem Weblog veröffentlicht:
http://feed.the1nter.net/?p=628http://feed.the1nter.net/?p=419http://feed.the1nter.net/?p=421http://feed.the1nter.net/?p=548http://feed.the1nter.net/?p=621