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Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat einen Eilantrag gegen die bayernweite nächtliche Ausgangssperre von 21 bis 5 Uhr abgelehnt. In dem am Montag ergangenen Beschluss, der dem BR vorliegt, folgt das Gericht weitgehend der Argumentation der Staatsregierung. Deren Erwartung, durch die Anti-Corona-Maßnahme "vor allem besonders infektionsgefährdende gesellige Zusammenkünfte zu unterbinden, ist insbesondere im Hinblick auf den erheblichen Beitrag privater Feiern zum Infektionsgeschehen in den vergangenen Monaten plausibel", notieren die Richter.
Der Antragssteller hatte erklärt, dass er aufgrund seiner hohen Arbeitsbelastung tagsüber nicht für längere Zeit an die frische Luft gehen könne. Daher sei er darauf angewiesen, dafür die Abendstunden zu nutzen. Durch die Ausgangssperre würden die Grundrechte vieler Menschen irreversibel und erheblich beeinträchtigt, es handle sich um eine physische und psychische Belastung. Die weit überwiegende Mehrheit der Bevölkerung, die sich an die Kontaktbeschränkungen halte, werde mit der Ausgangssperre für das Fehlverhalten einiger weniger in Verantwortung genommen.
Nächtliche Jogger und Spaziergänger müssen warten
Das Gericht stellte nun klar: Dass durch die Ausgangssperre "auch an sich unbedenkliche Tätigkeiten, wie zum Beispiel nächtliches Sporttreiben alleine, untersagt werden, ändert nichts an der grundsätzlichen Eignung der Ausgangsbeschränkungen". Gegenüber den bestehenden Gefahren für Leib und Leben müssten "die Interessen der von den Ausgangsbeschränkungen Betroffenen derzeit zurücktreten".
Nach Ansicht der Richter sind die Erfolgsaussichten des Antragsstellers in der Hauptsache - also im eigentlichen Klageverfahren - "voraussichtlich nicht gegeben". Daher wurde der Eilantrag abgelehnt. Die nächtliche Ausgangsbeschränkung dürfte sich laut den Richtern - genau wie die allgemeinen Ausgangsbeschränkungen tagsüber - als "geeignet, erforderlich und angemessen" erweisen.
Weiter bayernweite Ausgangssperre ab 21 Uhr
Im Freistaat ist es aktuell nur aus einigen wenigen Gründen erlaubt, die Wohnung zwischen 21 und 5 Uhr zu verlassen. Dazu zählen medizinische Notfälle, die Betreuung von Kindern, die Begleitung Sterbender oder "Handlungen zur Versorgung von Tieren". Ministerpräsident Markus Söder (CSU) begründete die Maßnahme Mitte Dezember damit, dass der Freistaat landesweit erstmals den Inzidenzwert von 200 überschritten habe und somit insgesamt ein Hotspot sei.
Weil die Inzidenzzahlen in einigen bayerischen Regionen zuletzt wieder gesunken sind, fordern verschiedene Oppositionspolitiker, die nächtliche Ausgangssperre nur in "Corona-Hotspots" mit einem Inzidenzwert über 200 beizubehalten. Zuletzt lag der bayernweite Wert unter 200. Dennoch besteht aus Sicht des Verwaltungsgerichtshofs weiter "landesweit Handlungsbedarf zur effektiven Eindämmung des Infektionsgeschehens".
Reformiertes Bundesgesetz als Grundlage
Die Richter beziehen sich auch auf das im November reformierte Infektionsschutzgesetz auf Bundesebene. Vor dessen Reform stand stets die Frage im Raum, ob bestimmte Anti-Corona-Maßnahmen nicht dem sogenannten Parlamentsvorbehalt widersprechen - also in Bayern eigentlich einer Zustimmung des Landtags bedürfen. Ziel des überarbeiteten Gesetzes ("Drittes Bevölkerungsschutzgesetz") ist unter anderem, bislang per Verordnung erlassene Maßnahmen gesetzlich zu untermauern und konkret festzuschreiben. Dazu zählen Ausgangsbeschränkungen wie die nächtliche Ausgangssperre.
In den vergangenen Wochen gab es in Bayern allerdings auch viel Kritik an dieser Maßnahme. "Der Jogger, der um 21.15 Uhr alleine angetroffen wird, zahlt 500 Euro - der Hundehalter, der sein Tier ausführt, nicht", monierte beispielsweise SPD-Fraktionschef Horst Arnold vor knapp einem Monat im Landtag. "Sollen wir dies alles als verhältnismäßig hinnehmen und einfach so abnicken?" Auch aus der FDP gibt es scharfe Kritik an der nächtlichen Ausgangssperre - die nun allerdings bis mindestens 31. Januar bestehen bleiben dürfte.
Staatskanzlei: 97 Prozent gewonnene Verfahren
Im Dezember hatte der Verwaltungsgerichtshof für das Beispiel München bestätigt, dass nächtliche Ausgangsbeschränkungen für Kommunen mit einer Inzidenz von mehr als 200 verhältnismäßig seien. Die Maßnahme sei zur Eindämmung der Corona-Pandemie erforderlich, weil andere Strategien ("Lockdown light" und "Hotspot-Strategie") die Zahl der Neuinfektionen nicht reduziert hätten, hieß es damals in der Begründung des Gerichts.
Mit dem aktuellen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs darf sich die Staatsregierung in ihrer Anti-Corona-Politik bestätigt fühlen. Einige Maßnahmen hat der Verwaltungsgerichtshof allerdings auch gekippt - im Frühjahr etwa das Verkaufsverbot für große Geschäfte. Auf BR-Anfrage teilte ein Sprecher der Staatskanzlei mit: Bisher habe die Staatsregierung bei den Gerichtsverfahren zu den Corona-Maßnahmen 97 Prozent gewonnen oder die Verfahren seien anderweitig erledigt.