Das Verbot von Versammlungen unter freiem Himmel sehe ich als nicht problematisch an. Das würde schon allein mit dem Versammlungsgesetz funktionieren. Auch das Infektionsschutzgesetz sieht hier eine Einschränkung dieses Grundrechts vor. Da würde sich nur die Frage der Verhltnismäßigkeit stellen. Diesem Problem ist man zB in der Berliner Verordnung durch die Möglichkeit von Ausnahmen entgegengetreten. Da kann dann die einzelne nicht erteile Genehmigung eventuell unverhältnismäßig sein, man zerschießt sich aber nicht gleich die ganze Verordnung.
In den bisher entschiedenen Fällen hat das Argument gehalten, dass bei einer Versammlung unter freiem Himmel die Einhaltung der Abstandsregel und die Anzahl der Teilnehmenden nicht wirksam gesteuert werden können. Auch das Problem der Gegenkundgebung wurde erwogen. Das wäre verfassungsrechtlich problematisch, eine Kundgebung zu gestatten, aber keinen Gegenprotest unter vergleichbaren Bedingungen. Das macht die Nazis besonders traurig, hätten sie doch gerne die Gelegenheit genutzt, ihren Hass auf die Straße zu tragen, ohne die lästigen Zecken.
Schwieriger finde ich, dass auch Versammlungen in geschlossenen Räumen untersagt sind. Da sieht Art. 8 GG keine Einschränkung durch Gesetz vor. Genausowenig wie Art. 4 II GG eine Einschränkung der Religionsausübung zuläßt. Zwar ist in geschlossenen Räumen die Infektionsgefahr höher, jedoch können hier auch leichter Vorkehrungen dagegen getroffen werden (zB Tragen von Masken, Markierungen auf dem Boden, Beschränkungen beim Einlass etc). Hier greifen nur die verfassungsimmanenten Schranken. Die Ausübung des einen Grundrechts darf nicht mit anderen Grundrechten kollidieren. Ein Regel der Art Art. 1 GG sticht Art. 8 GG gibt es aber nicht. Es gilt das Prinzip der praktischen Konkordanz, nach der in die Grundrechte nur soweit eingegriffen werden darf, wie es notwendig ist, um das anderen Grundrecht. noch zu gewährleisten. Beide Grundrechte werden in eine ausgewogene Anwendung gebracht und nicht eine Dominanz des einen oder anderen Grundrechts ermöglicht.
Rein praktisch wird es dazu keine Entscheidungen im Eilverfahren geben. Und wenn die Hauptsache entschieden wurde, dann sind die entsprechenden Verordnungen hoffentlich längst nicht mehr nötig.