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Aufarbeitung läuft.

AfD scheitert vor Staatsgerichtshof
Corona-Untersuchungsausschuss darf nur hessische Fragen behandeln
Die hessische AfD will im Landtag klären, welche Versäumnisse es in der Corona-Politik gab. Der Untersuchungsausschuss ist eingesetzt, ließ die Arbeit aber ruhen, bis gerichtlich geklärt ist, womit er sich überhaupt beschäftigen darf. Das Urteil des Staatsgerichtshofs bringt nun Klarheit - und eine Klatsche für die AfD. Aber nicht in allen Punkten.
Von Christoph Scheld
Veröffentlicht am 22.10.25 um 16:32 Uhr
Waren sämtliche Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung angemessen? Haben Akteure wie das Robert-Koch-Institut korrekt gehandelt?
In einem Corona-Untersuchungsausschuss wollte die AfD im hessischen Landtag Fragen wie diese klären. 43 an der Zahl. Zu viele, befand die Mehrheit im Parlament und strich den Untersuchungsauftrag auf sieben Fragen zusammen. Die AfD zog dagegen vor den Hessischen Staatsgerichtshof, der nun befand: Die Reduzierung der allermeisten Fragen steht im Einklang mit der Verfassung. Vier mehr könnten allerdings schon behandelt werden.
Spoiler
Nicht klar genug formuliert
"Uferlos", "konturenlos", "unbestimmt" - es waren Begriffe wie diese, die man am Mittwoch immer wieder vom Präsidenten des Staatsgerichtshofs, Wilhelm Wolf, zu hören bekam. Die meisten Fragen, die die AfD gerne untersuchen wolle, seien nicht klar genug formuliert. Und damit ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot.
Wenn es "primär" um das Handeln der hessischen Landesregierung gehe, wer könnte dann "sekundär" gemeint sein? Wenn im ursprünglichen Antrag von "UN-Konventionen" die Rede sei, um welche gehe es dann genau? Und was genau sei unter "Maßnahmen" zu verstehen? Diese Fragen ließen zu vieles im Ungefähren, erklärte Wolf in der Urteilsbegründung des Gerichtshofs. Die Gefahr: Die Untersuchung könnte ausufern, der Ausschuss sich verzetteln.
Nur hessische Themen im Ausschuss zulässig
Einen zweiten Punkt monierten die hessischen Verfassungsrichter bei gleich mehreren Fragen: einen Verstoß gegen das Bundesstaatsprinzip. Wenn beispielsweise das Handeln des bundeseigenen Robert-Koch-Instituts untersucht werden solle, dann sei der Landtag schlichtweg nicht zuständig. "Sachverhalte, für die ein Parlament nicht zuständig ist, können nicht Gegenstand eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses sein", so kompakt wie elegant brachte Präsident Wolf die sogenannte Korrelat-Theorie auf den Punkt.
Und doch kann die AfD einen kleinen Sieg für sich verbuchen. Das Stutzen der 43 Fragen auf nur noch sieben ging auch dem Staatsgerichtshof zu weit. Vier verstießen nicht gegen die Landesverfassung und könnten somit sehr wohl in einem Untersuchungsausschuss behandelt werden: Beispielsweise, ob die Corona-Impfstoffe Nebenwirkungen in Hessen hatten. Oder, ob die Pandemie in Hessen eine Überlastung des Gesundheitswesens verursacht hat.
Fragen, in denen es eindeutig um Hessen gehe. Und die auch konkret formuliert seien. Und so könnte der Ausschuss bald endlich in die inhaltliche Arbeit einsteigen und sich dann um Antworten auf elf statt sieben Fragen bemühen.
AfD sieht "Teilerfolg"
Der AfD-Abgeordnete Volker Richter spricht deshalb von einem "Teilerfolg" für seine Fraktion. "Mit jeder Frage mehr haben wir einen Erfolg erzielt, und mit jeder zusätzlichen Frage kann mehr Aufarbeitung geleistet werden", so Richter. Er wirft den anderen Fraktionen vor, sich einer sachlichen Aufarbeitung der Corona-Maßnahmenpolitik entgegengestellt zu haben.
Ging es nach vier der insgesamt elf Richterinnen und Richter wären sogar noch mehr Fragen zulässig. Sie machten in ihrem Sondervotum deutlich, dass ihnen die Reduzierung des Untersuchungsauftrags zu weit ging. Denn die Landtagsmehrheit habe immer komplette Fragen gestrichen, auch wenn nur Teile problematisch gewesen seien. Hätte man hier behutsamer - und stärker am Minderheitenrecht orientiert - gehandelt, wären aus Sicht der vier Richterinnen und Richter ganze 29 Fragen übrig geblieben.
SPD: Lehrstunde für die AfD
Im politischen Wiesbaden herrschte ansonsten überwiegend wohlwollendes Nicken zum Urteil des Staatsgerichtshofs, das nicht anfechtbar ist. "Endlich weiß der Untersuchungsausschuss, woran er ist. Die AfD-Fraktion hat heute eine Lehrstunde im parlamentarischen Handwerk durch den Staatsgerichtshof erhalten", meinte etwa Stephan Grüger, der für die SPD im bereits gegründeten Ausschuss sitzt.
Für die CDU erklärt Jörg Michael Müller: "Der Vorwurf der AfD, die Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Grünen hätten den Ausschuss lahmlegen wollen, entbehrt jeder Grundlage. Unser Ziel bleibt, aus den Erfahrungen dieser Krise die richtigen Schlüsse für die Zukunft zu ziehen - verantwortungsvoll, sachlich und im Geist unserer Verfassung."
Landesanwältin sieht "kluge Entscheidung"
Aus Sicht von Miriam Dahlke von den Grünen war der Einsetzungbeschluss der AfD von Anfang an handwerklich schlecht gemacht, das Aufklärungsinteresse nur vorgetäuscht. Der Staatsgerichtshof habe nun die Auffassung der Grünen bestätigt, "dass sich ein hessischer Untersuchungsausschuss auch nur mit hessischer Coronapolitik befassen darf." Das Urteil bringe Klarheit, der Ausschuss könne sich jetzt endlich auf inhaltliche Arbeit fokussieren", erklärte Yanki Pürsün von der FDP.
Auch Landesanwältin Monika Böhm sprach nach dem Urteil von einer "klugen Entscheidung". Dem Minderheitenrecht nach einem Untersuchungsausschuss werde Rechnung getragen. Es beschränke sich aber auf hessische Gegebenheiten, das habe der ursprüngliche Antrag der AfD nicht hinreichend beachtet. "Wenn der Auftrag zu breit wird, wird es für den Landtag schwierig, ihn in angemessener Zeit abzuarbeiten", so Böhm. Sie vertritt als Landesanwältin bei Verfahren vor dem Staatsgerichtshof die Interessen der Öffentlichkeit.
https://www.hessenschau.de/politik/landtag/afd-hessen-scheitert-weitgehend-mit-klage-zu-corona-ausschuss-v1,afd-scheitert-vor-staatsgerichtshof-100.htmlPM:
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22.10.2025
Staatsgerichtshof des Landes Hessen
Pressemitteilung
Verfassungsstreitigkeit
Urteil zum Corona Untersuchungsausschuss
Urteil des Staatsgerichtshofs in dem Verfahren über die Verfassungsstreitigkeit von 27 Abgeordneten des Hessischen Landtags gegen den Hessischen Landtag betreffend den Corona Untersuchungsausschuss - P.St. 2974 -
Lesedauer:7 Minuten
Nr. 9/2025
Mitglieder der Fraktion der AfD sowie ein fraktionsloser Abgeordneter brachten am 25. April 2024 im Hessischen Landtag einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ein, dessen Gegenstand die Aufklärung und Beurteilung der Landespolitik in Bezug auf das Corona-Virus SARSCoV-2 und die durch dieses Virus verursachte Erkrankung COVID 19 sein sollte. Der Untersuchungsausschuss sollte gemäß dem Einsetzungsantrag aus 15 Mitgliedern bestehen und insgesamt 43 Fragen betreffend den Untersuchungsgegenstand aufklären. Am 20. Juni 2024 beschloss der Landtag, einen 16 Mitglieder umfassenden Untersuchungsausschuss einzusetzen und von den 43 Fragen lediglich 7 Fragen zuzulassen.
Diese teilweise Ablehnung des Antrags auf Einsetzung eines Corona-Untersuchungsausschusses durch den Hessischen Landtag ist weit überwiegend mit der Hessischen Verfassung vereinbar. Das hat der Staatsgerichtshof des Landes Hessen mit seinem heute verkündeten Urteil entschieden und damit die Verfassungsstreitigkeit der Antragsteller, soweit die Anträge zulässig waren, größtenteils für unbegründet erachtet. Lediglich die Ablehnung von 4 Fragen durch den Hessischen Landtag verstößt demnach gegen Art. 92 Abs. 1 Hessische Verfassung.
1. Die Antragsteller wehrten sich gegen die teilweise Ablehnung ihres Einsetzungsantrags und rügten, sie hätten von Verfassungs wegen einen Anspruch auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses entsprechend ihrem Antrag sowohl im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand als auch auf die Ausschussgröße. Neben der Feststellung, dass die Ablehnung ihres Antrags verfassungswidrig sei, beantragten sie, den Beschluss des Hessischen Landtags hinsichtlich der Einsetzung des Untersuchungsausschusses aufzuheben und den Hessischen Landtag zu verpflichten, ihren Einsetzungsantrag anzunehmen sowie den Untersuchungsausschuss antragsgemäß mit 15 Mitgliedern zu besetzen.
2. Der Staatsgerichtshof führte in seiner Entscheidung aus, dass die Hessische Verfassung der parlamentarischen Minderheit das Recht verleihe, die Aufklärung von Sachverhalten mit hoheitlichen Mitteln auch gegen den Willen der Regierung und der sie tragenden Parlamentsmehrheit herbeizuführen. Dieses Untersuchungsrecht der parlamentarischen Minderheit ergebe sich aus Art. 92 Abs. 1 Satz 1 Hessische Verfassung. Dort heißt es:
„Der Landtag hat das Recht und auf Antrag von einem Fünftel der gesetzlichen Zahl seiner Mitglieder die Pflicht, Untersuchungsausschüsse einzusetzen.“
Das Untersuchungsrecht der parlamentarischen Minderheit unterliege jedoch verfassungsrechtlichen Grenzen. Die parlamentarische Minderheit müsse den Untersuchungsauftrag hinreichend bestimmt darlegen (Bestimmtheitsgrundsatz) und das Verbot vorweggenommener Feststellungen und Wertungen in Bezug auf den zu untersuchenden Sachverhalt beachten (Antizipationsverbot). Zudem habe sich das Untersuchungsrecht der Minderheit auf den Kompetenzbereich des Hessischen Landtags zu beschränken (Bundesstaatsprinzip). Auch müsse ein öffentliches Interesse an der Aufklärung des Untersuchungsgegenstandes bestehen.
Der Staatsgerichtshof entschied, dass der Einsetzungsantrag der Antragsteller nur in geringem Umfang diesen Maßstäben genüge. Die teilweise Ablehnung des Antrags durch den Hessischen Landtag sei daher überwiegend verfassungskonform gewesen. Die Fragen 1 bis 13, 15, 18, 20 bis 27, 31, 32, 35, 37, 38 a) und 39 bis 43 seien verfassungswidrig und damit vom Hessischen Landtag zu Recht nicht zugelassen worden. Hinsichtlich der Fragen 14, 19, 29 und 30 sei der Einsetzungsantrag der Antragsteller hingegen verfassungskonform. Ihre Streichung durch den Hessischen Landtag verstoße daher gegen Art. 92 Abs. 1 HV und sei verfassungswidrig.
Die Mitglieder des Staatsgerichtshofs Detterbeck, Fachinger, Gasper und Wack haben ein Sondervotum abgegeben, in dem sie die Auffassung vertreten, der Landtag sei verpflichtet gewesen, den Untersuchungsausschuss mit einem weitaus weniger reduzierten Untersuchungsgegenstand einzusetzen.
3. Der Staatsgerichtshof entschied auch, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass der Hessische Landtag bei der Einsetzung des Untersuchungsausschusses von der vorgeschlagenen Zahl von 15 Mitgliedern abgewichen ist und den Ausschuss mit 16 Mitgliedern eingesetzt hat. Nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Spiegelbildlichkeit müsse die Zusammensetzung parlamentarischer Ausschüsse ein Abbild der politischen Mehrheitsverhältnisse des Parlaments darstellen. Der Untersuchungsausschuss müsse daher so besetzt sein, dass die parlamentarische Stärke der Fraktionen proportional abgebildet wird. Fraktionslose Abgeordnete als Teil einer Einsetzungsminderheit hätten jedoch keinen verfassungsrechtlichen Anspruch, in einem Untersuchungsausschuss vertreten zu sein, weil dies zu ihrer Überrepräsentation im Untersuchungsausschuss im Verhältnis zu ihrer Repräsentation im Landtag führen würde.
Die Einsetzung des Ausschusses mit 16 Mitgliedern, von denen 3 Mitglieder der Fraktion der AfD angehören, sei verfassungskonform. Damit stünden der AfD-Fraktion im Untersuchungsausschuss weniger als 20 % der Sitze zu, was im Zeitpunkt des Einsetzungsbeschlusses auch der Sitzverteilung im Hessischen Landtag entsprochen hätte. Bei der von den Antragstellern vorgeschlagenen Ausschussgröße von 15 Mitgliedern hätte die AfD-Fraktion hingegen bei 3 Mitgliedern im Untersuchungsausschuss genau 20 % der dortigen Sitze erhalten.
Die Rechte der Einsetzungsminderheit würden durch die beschlossene Größe dennoch gewahrt, weil ihnen nach der Hessischen Verfassung das Recht eingeräumt werde, im Untersuchungsausschuss Anträge zu stellen, auch wenn sie nicht mit einem Fünftel im Untersuchungsausschuss vertreten sind.
4. Der Staatsgerichtshof hat zudem entschieden, dass die weiteren Anträge der Antragsteller unzulässig sind. Denn im Rahmen einer Verfassungsstreitigkeit werde durch den Staatsgerichtshof nur festgestellt, ob und inwieweit beanstandete Maßnahmen oder Unterlassungen gegen Bestimmungen der Hessischen Verfassung verstoßen. Er spreche aber keine Kassation oder Verpflichtung aus. Dies jedoch begehrten die Antragsteller, indem sie beantragten, den Einsetzungsbeschluss des Hessischen Landtags vom 20. Juni 2024 aufzuheben und den Hessischen Landtag zu verpflichten, ihren Einsetzungsantrag anzunehmen sowie den Untersuchungsausschuss mit 15 Mitgliedern zu besetzen. Damit verfolgten die Antragsteller im Rahmen einer Verfassungsstreitigkeit ein unzulässiges Rechtsschutzziel.
https://staatsgerichtshof.hessen.de/presse/urteil-zum-corona-untersuchungsausschussEntscheidung:
https://staatsgerichtshof.hessen.de/sites/staatsgerichtshof.hessen.de/files/2025-10/2974-urteil_anonymisiert_mit_leitsaetzen_und_sondervotum.pdf