War ja klar, daß es wieder keinen Schaansersatz gibt:
BGH klärt: Ärzte haften nicht für etwaige Corona-Impfschäden
Stand:09.10.2025, 16:51 Uhr
Vor Gericht kämpft ein Mann um Schmerzensgeld, dem nach einer Corona-Impfung eine Herzerkrankung diagnostiziert wurde. Aber wer haftet in solchen Fällen? Nun gibt es eine Entscheidung.
Karlsruhe - Wenn Fehler bei einer Corona-Schutzimpfung schwere Folgen nach sich ziehen, fordern Geschädigte vor Gericht oft Schadenersatz. Aber gegen wen können sie ihre Ansprüche richten? Laut einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) muss der impfende Arzt oder die impfende Ärztin nicht persönlich für etwaige Impfschäden vor Gericht einstehen. Es komme aber eine sogenannte Amtshaftung des Staates in Betracht, befand das Gericht.
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In dem konkreten Fall hatte ein Mann seine Ärztin verklagt, weil ihm kurz nach einer Impfung gegen das Coronavirus Ende 2021 eine Herzerkrankung diagnostiziert worden war. Er sagt, die Impfung sei fehlerhaft verabreicht und er nicht genügend aufgeklärt worden. Durch die Folgen könne er nicht mehr seiner Arbeit nachgehen und sei auch psychisch stark beeinträchtigt. Vor Gericht forderte er unter anderem Schmerzensgeld von mindestens 800.000 Euro.
Staat haftet für Amtspflichtverletzungen
Schon in den Vorinstanzen hatte der Patient mit seiner Klage keinen Erfolg. Das Landgericht Dortmund und das Oberlandesgericht Hamm entschieden, die Ärztin habe bei der Verabreichung der Impfung eine hoheitliche Aufgabe übernommen und haftungsrechtlich als Beamtin gehandelt. Daher müsse sie nicht persönlich für einen möglichen Impfschaden haften, sondern der Staat.
Dieser Ansicht folgte auch der BGH. Die Verantwortung für etwaige Aufklärungs- oder Behandlungsfehler bei der Corona-Schutzimpfung treffe grundsätzlich den Staat, urteilte der dritte Zivilsenat in Karlsruhe. Entsprechende Klagen von Geschädigten müssten sich demnach gegen Bund oder Länder richten - nicht aber gegen die impfenden Ärztinnen und Ärzte persönlich. Die Revision des Klägers wurde zurückgewiesen. (Az. III ZR 180/24)
Im Grundgesetz steht nämlich, dass in Fällen, in denen Menschen in Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes Pflichten verletzen, der Staat die Verantwortung übernimmt. Das nennt sich Amtshaftung. Nach Rechtsprechung des BGH fallen unter diese Haftungsregelung nicht nur offizielle Mitarbeitende des öffentlichen Dienstes wie Beamte, Soldaten oder Richter, sondern unter Umständen auch Privatpersonen - wie hier die impfenden Ärzte.
Ärzte als „Werkzeug“ des Staates?
Die Klägerseite hatte argumentiert, anders als bei staatlichen Impfzentren seien private Ärztinnen und Ärzte nicht vom Staat zum Impfen beauftragt worden. Der Staat habe nur die Rahmenbedingungen geschaffen. Die Ärzte hätten aber immer die Freiheit gehabt, etwa bei individuellen Risiken der Patienten diese nicht zu impfen. Sie seien kein „Werkzeug“ des Staates gewesen und müssten deswegen auch selbst für eventuelle Schadensfälle haften.
Zum Zeitpunkt der Impfung habe es ein großes gesellschaftliches Interesse an einer hohen Impfquote gegeben, entgegnete der Anwalt der beklagten Ärztin in Karlsruhe. Um dieses Ziel zu erreichen, habe es möglichst viele impfende Ärzte gebraucht. Etwaige Schäden in Einzelfällen müsse daher auch die Gesellschaft tragen - also der Staat.
Ihm sei es in dem Verfahren vor allem um die grundsätzliche Klärung der Frage gegangen, wer bei etwaigen Corona-Impfschäden die Haftung übernehme, sagte der Kläger in Karlsruhe. Ein Rückschlag sei die Entscheidung für ihn daher nicht. Er wolle seinen Kampf im Namen aller Impfgeschädigten weiter fortsetzen und nun gegen den Staat klagen, erklärt er nach der Verkündung.
Patientenschützer fordern unbürokratische Lösung
Ob die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers tatsächlich auf die Corona-Impfung zurückzuführen sind, wurde in dem Verfahren übrigens nicht geklärt. Es gehe grundsätzlich um die Frage „wer haftet, wenn“, betonte der Vorsitzende Richter Ulrich Herrmann in der Verhandlung.
„Jetzt ist klar, dass der Staat die alleinige Verantwortung für Impfschäden trägt“, erklärte Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz. „Auch um den gesellschaftlichen Frieden wiederherzustellen, hat die Bundesgesundheitsministerin den Geschädigten eine möglichst unbürokratische Lösung anzubieten“, fordert er. Dabei sollten die schon heute für Patienten vorhandenen Strukturen genutzt werden.
So könnten sich mögliche Opfer von Behandlungsfehlern an die zuständige Krankenkasse oder Landesärztekammer wenden. „Beide Institutionen prüfen dann den Sachverhalt und geben eine gutachterliche Stellungnahme ab“, so Brysch. „Wenn hier zwischen Impfung und Schädigung ein Zusammenhang festgestellt wird, muss der Staat den Schadenersatz übernehmen.“ Betroffenen bliebe so ein jahrelanger und kräftezehrender Rechtsstreit erspart. dpa
https://www.fnp.de/politik/bgh-klaert-aerzte-haften-nicht-fuer-etwaige-corona-impfschaeden-zr-93977925.htmlPM des Gerichts:
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Amts- und nicht Privathaftung für etwaige Impfschäden nach einer bis zum 7. April 2023 vorgenommenen Corona-Schutzimpfung
Ausgabejahr2025
Erscheinungsdatum09.10.2025
Nr. 185/2025
Urteil vom 9. Oktober 2025 - III ZR 180/24
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, wer für etwaige Aufklärungs- oder Behandlungsfehler bei einer bis zum 7. April 2023 vorgenommenen Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 haftet, die in einer Vertragsarztpraxis vorgenommen wurde.
Sachverhalt:
Der Kläger nimmt die beklagte Ärztin für Allgemeinmedizin aufgrund einer seines Erachtens fehlerhaften Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 auf Schadensersatz in Anspruch. Nach zwei vorangegangenen Schutzimpfungen im Mai und Juli 2021 erhielt er am 15. Dezember 2021 in der Praxis der Beklagten eine sogenannte Booster-Impfung. Etwa drei Wochen später wurde bei ihm eine Herzerkrankung diagnostiziert.
Der Kläger hat geltend gemacht, bei seiner Erkrankung handele es sich um einen Impfschaden. Die dritte Impfung sei fehlerhaft verabreicht und er zuvor nicht hinreichend aufgeklärt worden. In Folge der Impfung seien seine kognitiven Fähigkeiten erheblich eingeschränkt. Er könne seine berufliche Tätigkeit nicht mehr ausüben. Zudem sei er aufgrund der organischen Beschwerden in der Psyche stark beeinträchtigt.
Der Kläger begehrt die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 800.000 €, die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für materielle und nicht vorhersehbare immaterielle Schäden sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
Bisheriger Prozessverlauf:
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat der Kläger sein Klagebegehren weiterverfolgt.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der unter anderem für das Amtshaftungsrecht zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision zurückgewiesen.
Bis zum 7. April 2023 handelten die in der jeweiligen Fassung der Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Impfverordnung - CoronaImpfV) bestimmten Leistungserbringer bei der Vornahme einer Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 in Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes. Dies gilt auch für die Beklagte und die Schutzimpfung des Klägers. Das Berufungsgericht hat daher eine persönliche Haftung der Beklagten für etwaige Impfschäden des Klägers zu Recht verneint. Es kommt gemäß Art. 34 Satz 1 GG nur eine Amtshaftung des Staates in Betracht.
Die Tätigkeit einer Privatperson ist als hoheitlich zu beurteilen, wenn ein innerer Zusammenhang und eine engere Beziehung zwischen der Betätigung und der hoheitlichen Aufgabe besteht. Dabei muss die öffentliche Hand in so weitgehendem Maße auf die Durchführung der Arbeiten Einfluss nehmen, dass der Private gleichsam als bloßes "Werkzeug" oder "Erfüllungsgehilfe" des Hoheitsträgers handelt und dieser die Tätigkeit des Privaten deshalb wie eine eigene gegen sich gelten lassen muss.
Die jeweiligen Leistungserbringer erledigten mit der Durchführung von Schutzimpfungen hiernach eine hoheitliche Aufgabe. Sie erfüllten den eigens durch das Bundesministerium für Gesundheit als Verordnungsgeber geschaffenen Anspruch gegen den Staat auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2. Dessen hoheitlicher Charakter stand bei der Impftätigkeit im Vordergrund. Die Schutzimpfungen waren ein zentrales Mittel zur Bewältigung der Corona-Pandemie. Der darauf gerichtete Anspruch war ein wesentlicher Bestandteil der staatlichen "Corona-Impfkampagne", in die die Leistungserbringer ausdrücklich eingebunden wurden. Die Erfüllung des staatlichen Impfanspruchs diente nicht nur dem individuellen Gesundheitsschutz, sondern auch der Aufrechterhaltung zentraler staatlicher Funktionen und zentraler Bereiche der Daseinsfürsorge.
Darüber hinaus wies dieser Impfanspruch jedenfalls zeitweise einen engen Bezug zur Eingriffsverwaltung auf. Es bestand zwar keine Impfpflicht. Die Ablehnung einer Schutzimpfung konnte jedoch nachteilige Folgen haben, wie etwa zum Zeitpunkt der Impfung des Klägers am 15. Dezember 2021 in Form von bußgeldbewehrten Zugangs- und Kontaktbeschränkungen, dem bußgeldbewehrten Erfordernis eines Testnachweises für das Betreten der Arbeitsstätte oder der Verhängung eines Betretungs- oder Tätigkeitsverbots für in bestimmten Einrichtungen und Unternehmen tätige Personen.
Schließlich stand den privaten Leistungserbringern nur ein stark eingeschränkter Entscheidungsspielraum zu, wie der Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 zu erfüllen war. Ihnen wurde durch den Verordnungsgeber vorgegeben, auf welche Weise die Schutzimpfung und die begleitenden Leistungen vorzunehmen waren.
Demzufolge sind die Schutzimpfungen, die auf der Grundlage der Coronavirus-Impfverordnung erfolgten, als noch dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend anzusehen und alle privaten Leistungserbringer - wie die Beklagte - als Verwaltungshelfer einzuordnen. Die Verantwortlichkeit für etwaige Aufklärungs- und Behandlungsfehler dieser Verwaltungshelfer trifft deshalb grundsätzlich den Staat.
Vorinstanzen:
Landgericht Dortmund - Urteil vom 27. Juli 2023 - 4 O 163/22
Oberlandesgericht Hamm - Urteil vom 19. Juni 2024 - I-3 U 119/23
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
Art. 34 GG Haftung bei Amtspflichtverletzung
1Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht.
[…]
CoronaImpfV vom 30. August 2021 in der Fassung vom 15. November 2021
§ 1 Anspruch
(1) 1Personen nach Satz 2 haben im Rahmen der Verfügbarkeit der vorhandenen Impfstoffe Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2.
[…]
(2) 1Der Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 umfasst die Aufklärung und Impfberatung der zu impfenden Person, die symptombezogene Untersuchung zum Ausschluss akuter Erkrankungen oder Allergien, die Verabreichung des Impfstoffs im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Zulassung oder im Rahmen nichtkommerzieller klinischer Studien, die Beobachtung der sich an die Verabreichung des Impfstoffs unmittelbar anschließenden Nachsorgephase, die erforderliche medizinische Intervention im Fall des Auftretens von Impfreaktionen, die Ausstellung der Impfdokumentation und die Erstellung eines COVID-19-Impfzertifikats im Sinne des § 22 Absatz 5 des Infektionsschutzgesetzes. 2Die Aufklärung und Impfberatung der zu impfenden Person beinhalten
1. die Information über den Nutzen der Schutzimpfung und die Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19),
2. die Erhebung der Anamnese einschließlich der Impfanamnese sowie der Befragung über das Vorliegen möglicher Kontraindikationen,
3. die Feststellung der aktuellen Befindlichkeit zum Ausschluss akuter Erkrankungen oder Allergien und möglicherweise vorliegender Gegenanzeigen,
4. Hinweise auf mögliche Nebenwirkungen und Komplikationen der Schutzimpfung,
5. die Informationen über den Eintritt und die Dauer der Schutzwirkung der Schutzimpfung,
6. Hinweise zu Folge- und Auffrischimpfungen,
7. Empfehlungen über Verhaltensmaßnahmen im Anschluss an die Schutzimpfung.
[…]
§ 3 Leistungserbringer
(1) 1Leistungen nach § 1 Absatz 2 werden erbracht durch
[…]
4. Arztpraxen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen,
[…]
Karlsruhe, den 9. Oktober 2025
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501
https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2025/2025185.html?nn=10690868Veröffentlichung noch ausstehend.
Wie ist das eigentlich mit den Unterschriften unter diesem „Urteil“?^
#ichstellhiernurfragen