Ich habe jetzt mal so ein bisschen Thomas Fischer gelesen, weil er hier so oft verlinkt wird. Vielleicht muss man Jurist sein, um zu verstehen, was er möchte
Also ich bin Nichtjurist und lese ihn seit 2014 - glaub - mit großem Gewinn. Erst in der ZEIT, dann auf Meedia (weil die ZEIT die Wahrheit über sich selbst dann doch nicht verkraftet hat) und nun im SPIEGEL.
Mir labert er zu viel, versucht zu sehr lässig (oder irgendwie komisch) zu sein und er braucht ewig, biss er auf den Punkt kommt.
Das ist eben seine schriftstellerische oder künstlerische Art der Darstellung.
Musiker-Kommune, erst Germanistik-, dann Jurastudium: Er hat viel vom Leben erlebt und weiß, wie Menschen sein können und wie vielfältig.
Und für einen Richter finde ich das ganz gut so.
Darüberhinaus denkt er Dinge logisch zu Ende (in das Amt des Vorsitzenden eines BGH-Senates hat er sich eingeklagt, für Juristen, die aus 200-jährigen Juristendynastien kommen, ist das unmööglich und skandalöös! Dann erklärt er Zusammenhänge und das ist wieder unmööglich und skandalöös!, denn das Urteil spricht traditionell "aus sich selbst heraus", was in einer Mediendemokratie völliger Quatsch ist. Als das Recht Instrument der Herrschenden und Mächtigten war, konnte man das nachvollziehen. Seit 1949 eiegntlich nicht mehr.
@Rolly hat schon einiges erklärt und mir hat er konkret mit dem verlinkten Artikel beim Verständnis der Diskussion über die Erhörung des Strafrahmens bei Kindesmißbrauch geholfen.
Bei der LTO war schon letzte Woche etwas zu lesen.
Spoiler
Strafrechtler und Kriminologen lehnen diese Ideen der Union allerdings ab oder halten eine Erhöhung der Strafrahmen jedenfalls für alles andere als vordringlich.
So sagte der Augsburger Professor für Strafrecht Dr. Michael Kubiciel gegenüber LTO: "Wenn man Kindesmissbrauch verhindern will, sollte zunächst gefragt werden, ob die Jugendämter angemessen ausgestattet sind, um Verdachtsmomenten nachzugehen oder potentiell vulnerable Kinder in Familien mit einschlägig Vorbestraften zu schützen." Was die Strafverfolgung betreffe, so Kubiciel, "sollte geprüft werden, ob die Strafverfolgungsbehörden die Möglichkeit haben, den Verbreitungswegen im Internet nachzuspüren oder ob sie beispielsweise Schwierigkeiten haben, die Verbindungsdaten einem konkreten Anschluss zuzuordnen. Erst an dritter Stelle sollte man über die Strafrahmen nachdenken."
https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/kinderpornografie-sexueller-missbrauch-kinder-strafrahmen-lambrecht-cdu-csu-verbrechen-strafverschaerfung/Spoiler
Kubiciel gab im Hinblick auf eine Heraufstufung des § 176 StGB zum Verbrechen weiter zu bedenken, dass eine von dieser Vorschrift erfasste sexuelle Handlung weit verstanden werde. "Das müsste dann von einer Regelung für minder schwere Fälle begleitet werden, mit niedrigerem Straffrahmen - kurz: eine Umkehrung der jetzigen Regelung", so Kubiciel.
"Positionen von ermüdender Vorhersehbarkeit"
Geradezu genervt auf die Forderungen der Union reagierte der Münchner Strafrechtler und Kriminologe, Prof Dr. Ralf Kölbel: "Solche Positionierungen sind von ermüdender Vorhersehbarkeit, gerade für die Law-and-Order-Ecke. Immer das gleiche Muster: Gar nichts tun schaut bei all der öffentlichen Aufregung irgendwie schlecht aus. Also beweist man 'Handlungsfähigkeit' und schwingt die strafrechtliche Keule".
Kölbel warnte im Gespräch mit LTO davor, den Besitz von Kinderpornografie zum Verbrechen heraufzustufen: "Wer jeden Fall des § 184b als Verbrechen einstufen will, hat keine Ahnung von der Breite des real vorkommenden Spektrums. Die Geringfügigkeitskonstellationen sind hier ja auch nicht anderweitig aufzufangen, denn es gibt bei § 184b keinen minder schweren Fall."
Der Tübinger Strafrechtler Prof. Jörg Eisele regte in diesem Zusammenhang an, "verschiedene Tatbestände zu bilden, um leichtere Fälle noch angemessen sanktionieren zu können".
"Keinen Deut mehr Sicherheit für mögliche Opfer"
Ähnlich reagierte auch der Göttinger Strafrechtler Prof. Dr. Kai Ambos: "Der reflexhafte Ruf nach höheren Strafen bringt keinen Deut mehr Sicherheit für mögliche Opfer. Aus der kriminologischen Forschung wissen wir, dass allenfalls die Entdeckungswahrscheinlichkeit eine Abschreckungswirkung für potentielle Täter entfaltet, nicht aber höhere Strafrahmen." Es gehe also, so Ambos, um bessere Aufklärung und die werde allenfalls durch polizeilich-prozessuale Reformen erreicht und setze insbesondere ausreichend geschultes Ermittlungspersonal voraus.
Im Hinblick auf § 184b StGB stelle sich für ihn die Frage, "ob eine Heraufstufung aller Verhaltensweisen, etwa auch das Posten eines kinderpornographischen Comics, zu einem Verbrechen mit einer Mindeststrafe von einem Jahr tatsächlich angemessen und sinnvoll ist, denn damit wird den Staatsanwaltschaften die Möglichkeit einer flexiblen Reaktion im Rahmen der Opportunitätseinstellung genommen".
Ablehnend reagierte gegenüber LTO auch der Potsdamer Hochschullehrer für Strafrecht und Kriminologie, Prof. Dr. Wolfgang Mitsch: "Ich bin gegen eine Strafrahmenerhöhung. Erstens nützt es nichts und zweitens bringt es das ganze Strafgefüge im StGB durcheinander."
https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/kinderpornografie-sexueller-missbrauch-kinder-strafrahmen-lambrecht-cdu-csu-verbrechen-strafverschaerfung/Erst gestern war eine Kommentatorin auf FB der Meinung, die zitierten Universiätsprofessoren gehörten allein schon für ihre Äußerungen eingesperrt (kein Witz! Der Pöbel ist so!)
Über Stil kann man nicht streiten.
Das mag man oder man mag es nicht.
Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn Du ihn nicht lesen möchtest.
Aber für mich waren in Fischers Text einige Zurechtrückungen drin, die in der LTO nicht enthalten waren (was auch gar nicht ihre Aufgabe ist).