Geschworene sprachen Staatsfeindin schuldig
Eine 51 Jahre alte Klagenfurterin musste sich am Dienstag am Landesgericht Klagenfurt vor einem Geschworenengericht wegen der Teilnahme an einer staatsfeindlichen Verbindung, Erpressung, Missbrauch der Amtsgewalt und Nötigung verantworten. Die Frau - sie befindet sich seit Februar in U-Haft - bekannte sich von Anbeginn nicht schuldig, aus dem Staatenbund sei sie wieder ausgetreten. Die acht Laienrichter sprachen die Frau am Nachmittag schuldig im Sinne der Anklage. Die Höchststrafe hätte fünf Jahre betragen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Staatsanwältin Bettina Dumpelnik erklärte, es gebe im gesellschaftlichen Zusammenleben auch Pflichten, die man erfüllen müsse. "Das wissen Sie als Geschworene genau." Im Gegensatz dazu erkenne die Angeklagte all diese Verpflichtungen nicht an. Deshalb stehe sie hier vor Gericht - sie bezahle keine Steuern und Abgaben und stelle das Paradebeispiel eines Staatsverweigerers dar. Andererseits beziehe sie aber sehr wohl Leistungen vom Arbeitsmarktservice.
3000 MitgliederDie Angeklagte sei Mitglied beim sogenannten Staatenbund. Dabei handle es sich um die am besten organisierte derartige Gruppe in Österreich. Der Staatenbund habe rund 3000 Mitglieder, dazu kämen an die 20.000 Sympathisanten. Die selbst ernannte Präsidentin stehe derzeit in Graz vor Gericht, gemeinsam mit anderen Gründungsmitgliedern. "Die Angeklagte ist dieser Vereinigung beigetreten, das ist auch der Hauptvorwurf, der ihr gemacht wird", sagte Dumpelnik.
Das Ganze habe mit einer Verwaltungsstrafe von 50 Euro begonnen. Die Angeklagte habe diese nicht bezahlt und alle Forderungen ignoriert, bis ein Exekutionstitel erlassen worden sei. Danach habe sie vom zuständigen Mitarbeiter des Bezirksgerichts Schadenersatz von 125.000 Dollar gefordert. Auch beim Finanzamt habe sie derartige Forderungen erhoben, beim AMS habe sie gefordert, binnen 72 Stunden Notstandsunterstützung zu erhalten, ansonsten werde es Schadenersatzklagen samt Eintragung in ein internationales Schuldenregister geben.
Verteidiger Philipp Tschernitz erklärte gleich eingangs, seine Mandantin sei nicht bzw. nicht mehr Mitglied des Staatenbundes, sie sei nämlich ausgetreten. Zudem sei noch gar nicht erwiesen, dass es sich beim Staatenbund tatsächlich um eine staatsfeindliche Vereinigung handle. Zu den anderen Vorwürfen betonte Tschernitz, die Angeklagte hätte damals versucht, ihre finanziellen Angelegenheiten zu regeln, sie habe einige Verfahren verloren.
"Wurde hinausgeschmissen"Gegenüber dem Vorsitzenden des Geschworenensenats, Richter Christian Liebhauser-Karl, erklärte die Angeklagte, sie sei unschuldig und fügte hinzu: "Außerdem bin ich nicht Subjekt ihrer Jurisdiktion." Beigetreten sei sie dem Staatenbund, weil sie den Eindruck gehabt habe, dass diese Leute rechtliches Wissen hätten. "Ich habe mir Hilfe erwartet, vor allem bei den Prozessen." Sie habe allerdings Zweifel bekommen, ob es sich wirklich um einen Staat handle, deshalb habe sie sich wieder abgewendet. Wenig später sagte sie allerdings aus, sie sei "hinausgeschmissen worden", weil sie zu viele Fragen gestellt habe.
Die Frage des Richters, ob sie die Organe der Republik Österreich, etwa das Parlament oder den Verfassungsgerichtshof, anerkenne, bejahte die Angeklagte. In einem ersten Verfahren im Februar dieses Jahres am Landesgericht hatte sie noch gemeint, sie erkenne das Gericht ebenso wenig an wie den Richter und den Urteilsspruch.
Keine Drohungen, KlarstellungenDass sie Briefe an Gericht, Finanzamt und AMS verschickt hatte, bestritt die 51-Jährige, die seit 2015 arbeitslos ist, gar nicht. Sie meinte aber, es handle sich dabei nicht um Drohungen oder Erpressung, sondern um das Ersuchen um rechtliche Aufklärung von Sachverhalten.
Der Verteidiger beantragte die Ladung aller Personen, die von seiner Mandantin mit Schreiben bedacht worden waren, unter ihnen auch der damalige Finanzminister Hans-Jörg Schelling, der Präsident des Landesgerichts und der Leiter der Staatsanwaltschaft. Diese Anträge wurden abgelehnt.
Danach gab die Angeklagte eine ausführliche Erklärung zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen ab, in der viel vom "souveränen Menschen" als Gegensatz zur "Person" die Rede war sowie von Verträgen, die sie mit Ministern und Behörden geschlossen habe und auch wer als Zeuge vor Gericht erscheinen müsste.
Schuldig gesprochenDie 51-Jährige wurde schließlich vom Geschworenengericht zu einer Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Höchststrafe hätte fünf Jahre betragen. Die Angeklagte war bereits im Februar dieses Jahres wegen Erpressung und Missbrauch der Amtsgewalt sowie Nötigung verurteilt worden, weil sie Beamten mit Schuldenregistereintragungen und Ähnlichem gedroht hatte. Die 18-monatige Haftstrafe, vier Monate davon unbedingt, ist aber noch nicht rechtskräftig. Verteidiger Tschernitz meldete umgehend Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.
Staatsanwältin Dumpelnik gab keine Erklärung ab. Sie hatte zuvor in ihrem Plädoyer betont, dass alle Tathandlungen der Angeklagten dokumentiert seien und daher außer Zweifel stünden. Der Staat sei in der Lage und willens, auf staatsfeindliche Verbindungen und derartige Tathandlungen angemessen zu reagieren. Sie forderte einen Schuldspruch in allen der Angeklagten vorgeworfenen Punkten. Der Verteidiger plädierte auf Freispruch, bezüglich der staatsfeindlichen Verbindung sei unklar, ob der Staatenbund in diese Kategorie falle.