Das Licht geht an.
Aktenberge.
Überall Aktenberge.
Am Kanzleitisch sitzt gebeugt, im Halbschatten, Dr. Herwig Wutscher (H) und bearbeitet ein Verfahren.
Auftritt: Seebald Barbara (B), Stückelschweiger Jakob (J). Er in bester Gardeuniform der österreichischen Gendarmerie, mit Schlagstockhalter, jedoch ohne Schlagstock.
H, müde: Bittesehr, treten Sie herein. Wer sind Sie und was wollen Sie?
B: Ich bin die Barbara Seebald und weise Sie hiermit an, das Verfahren gegen mich niederzuschlagen.–
J: –In Liebe. Ohne Gewalt!–
B: Das ganze Verfahren ist Unsinn und außerdem ist die Republik Österreich nur eine Firma und kein souveräner Staat und…
H, unterbricht: Langsam, Fr. Seebald. Sie Sind mein Pflichtverteidiger-Termin?
B: Ja, was ist denn das? SIE sind doch der Pflichtverteidiger!
H: Ja, das habe ich gemeint. Sie sind mein Termin für den ich zum Pflichtverteidiger bestellt worden bin.
B: Sie sollen mein Rechtsanwalt sein! Ich weise Sie hiermit an, das Verfahren gegen mich niederzuschlagen.–
J: –In Liebe. Ohne Gewalt!–
B: Das ganze Verfahren ist Unsinn und außerdem ist die Republik Österreich nur eine Firma und kein souveräner Staat und…
H, unterbricht erneut: Sehen Sie, Frau Seebald, ich habe nicht viel Zeit und für Ihren Fall werde ich auch kein Geld erhalten. Lassen Sie uns doch zunächst…
B, nun ihrerseits unterbrechend: Ja, was ist denn das? Was wollen Sie denn von mir? Sie sind ja wohl der Rechtsanwalt! Sie sollen einfach das Verfahren gegen mich niederschlagen.–
J: –In Liebe. Ohne Gewalt!–
B: Denn das ganze Verfahren ist Unsinn und außerdem ist die Republik Österreich nur eine Firma und kein souveräner Staat und…
H: Sehen Sie, Fr. Seebald, das führt doch zu nichts. Und wenn ich ehrlich bin, so lehnte ich Ihr Verfahren am liebsten ab. Das führt doch zu nichts…
B, unterbricht: Ja, was ist denn das? Was sagen Sie denn da? Sie sind mein Rechtsanwalt! Sie sollen…
H, unterbricht: Wer ist eigentlich der Herr, den Sie da mitgebracht haben?
B: Das ist der Jakob Stückelschweiger. Der ist ein Gendarm–
J: –In Liebe. Ohne Gewalt!–
B: Und er hat seinen Gummiknüppel an ein paar feisten Bankiers zerschlagen wollen, weil…
J, übertönt B schreiend: IN LIEBE! OHNE GEWALT!
B, wieder hörbar: Und deshalb hat er seinen Gummiknüppel heute* nicht dabei.
(H mustert J einen Moment lang zweifelnd, sammelt sich aber schnell wieder)
H: Ja, also, Fr. Seebald, sehen Sie, Ich habe bereits mit dem Richter Sprinzel gesprochen und er kann sich vorstellen, Ihr Verfahren gegen eine Auflage von 1.000€ einzustellen und…
B: Ja, was ist denn das? Das steht alles schon fest? Das ist ja ein ganz abgekartetes Spiel hier!
J: In Liebe. Ohne Gewalt!
H: Fr. Seebald, sehen Sie, bitte, das ist ein besseres Ergebnis, als das, was Sie bekommen, wenn Sie es auf einen Prozess ankommen lassen. Zahlen Sie das einfach, dann hat der ganze Spuk ein Ende. Sehen Sie, so kommen Sie aus der ganzen Sache auch heraus. Stellen Sie sich vor, wenn das Verfahren erst im Verfahren über die Bestellung eines Betreuers für Sie** gegen Sie verwenet würde. Das wollen Sie doch nicht…
B: Ja, was ist denn das hier? Ich höre wohl nicht richtig? Das ist doch alles ein großer Unsinn! Sie sind doch auch einer von diesen Neue Weltordnungs-Zionisten!
H, verärgert: Sind Sie ein Nazi?
(weiter H) zu J: Oder Sie? Sind Sie ein Nazi?
B: Ja, was ist denn das? Nur weil wir die Firma Republik Österreich nicht anerkennen sind wir gleich die Nazis? Sie Neuweltordnungszionistenanwalt? Sie sind wohl vergessen worden, als…
J: In Liebe! Ohne Gewalt!
H: Hören Sie: Der letzte, der hier die Staatlichkeit unserer schönen Republik anzweifelte, war der Hitler und der war ja wohl ein Nazi…
B, ereifert sich: Von Ihnen habe ich wohl keine Gerechtigkeit zu erwarten! Sie sind ja nur ein Bediensteter der Firma Republik Österreich und haben ihre satanischen Schwüre bei der BAR-Gilde geleistet. Ich werde Ihnen… Das melde ich beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, dem Landesgericht für Strafsachen in Graz, dem Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend und vielleicht noch der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer, aber das weiß ich noch nicht so genau… (wütend ab)
H, resigniert: Das ist auch eine Anwort. Herr Jakob Stückelschweiger, gehen Sie bitte mit der Fr. Seebald mit, ja, bitte?
J: Sehen Sie, ich wollte eigentlich nur Ihre akribische Natur der Rechtsvertretung loben. Ganz in Liebe. Ohne Gewalt. (ab)
Stille.
Die Aktenberge sind nicht kleiner geworden.
Nur H ist kleiner geworden und sackt nun verzweifelt über seiner Akte zusammen.
H (verzweifelt, berlinernd): Das ist doch
Willensbruch!
(Licht aus)
* Das österreichische Original verwendet an dieser Stelle "heuer", was soviel wie "diesjährig" bedeutet. Zum besseren Verständnis wurde auf an dieser Stelle auf sprachliche Exaktheit der Transkription verzichtet. (Anmerkung des Autors und Übersetzers)
** Im Original etwa: "im Obsorgeverfahren gegen Sie" (Anmerkung des Autors und Übersetzers)