Dass die an ein und demselben Geschehen Beteiligten dieses sehr unterschiedlich, gar gegensätzlich wahrnehmen können, ist eine bekannte Erscheinung. Wir hatten da z. B. einmal den Fall eines Jugendleiters, der während eines Lagers Praktiken anwandte, die mit den Persönlichkeitsrechten der ihm anvertrauten Jugendlichen nicht mehr zu vereinbaren waren. U. a. gab es nächtliche Funküberwachung in den Schlafräumen, einige Jugendliche wurden regelrecht zu bestimmten Handlungen genötigt. Mit dem Vorwurf, er habe Nötigungen begangen bzw. solche durch Hilfsleiter geschehen lassen, konfrontiert, fiel er aus allen Wolken. Da er auf Auftragsbasis arbeitete, war die rechtliche Seite schnell geklärt: Man gab ihm einfach keine weiteren Aufträge mehr.
Auch z. B. bei Vergewaltigungsfällen klaffen die Wahrnehmungen beider Seiten meist auseinander. Da gab es einmal einen Fall einer jungen Frau, bei deren Untersuchung u. a. Kratzspuren, Hämatome an Armen und Beinen sowie ein Riss im Schambein festgestellt wurden. Der von ihr benannte Tatverdächtige, ein wenig älterer Mann, gab in der Erstbefragung an, sie hätten einvernehmlich Geschlechtsverkehr gehabt. Mit den medizinischen Befunden konfrontiert, meinte er nur: "Sie mag's halt etwas wilder."
Kurz: Subjektiv mögen sowohl Mielke als auch Ex-Gendarm S überzeugt gewesen sein, keinerlei Gewalt angewendet zu haben, sondern alle Menschen zu "lieben".