N.N.. hat sich mal wieder in einem beliebigen Dixi-Tiny-House eingeschlossen und besudelt Art Spiegelmans Maus-Comic mit dem vorhersehbaren Synapsengulasch und nennt es lügenmäulig „Präsentation.“
Titel des Videos: „Ein Comic für den Völkermord.“
Aus dem Teaser:
„Weil es in der letzten Zeit immer wieder Schlagzeilen zu diesem Schandwerk der Schuldliteratur gab, betrachte ich in diesem Video den Fall "Maus". Ein Schulbezirk in USA wehrt sich dagegen. Der Aufschrei ist erwartungsgemäß groß. Berechtigt?“
Los geht’s. „[...] manch einer, der den Comic kennt oder die Comicreihe, der weiß ja, dass darin der [überbetonter Räusper] Völkermord an den Juden dargestellt wird.“ Ein Satz, ein [Selbstzensur.]
„[...] denn ich möchte euch darin darstellen, dass dieser Comic ein weiteres Instrument für den Völkermord an Deutschen darstellt, denn hiermit wird uns wieder einmal der Schuldkult gefestigt und vor Augen geführt […].“ N.N. hält es für nötig, seinen Vater zu erwähnen, der den Comic kaufte und später an den noch später missratenen Zögling weiterreichte.
Wie intensiv sich N.N. mit dem Thema beschäftigt hat, wird schon deutlich, als er sagt, dass Maus 1980 veröffentlicht wurde, dem „Jahr meiner Geburt.“
Ansonsten folgt das Video der üblichen Deppenchoreographie: er liest Zeitungsartikel vor, aber natürlich nur die ihm genehmen Passagen. Wiki-Artikel dürfen bei einem echten „Forscher“ ebenfalls nicht fehlen. Und natürlich hat der Comic für N.N. einen dokumentarischen und nicht etwa pädagogischen Anspruch. „Nicht nur, dass das grausam ist. Es ist ja auch so geschehen, wird ihnen [den Kindern, die den Comic in der Schule behandeln] dann erzählt. Struwelliese oder Struwwelpeter oder die Märchen und so, das ist zwar auch teilweise grausam, aber da ist immer klar, das ist ein Märchen, das ist eine Geschichte. Hier wird immer gesagt, ja und das ist passiert und es ist deine Aufgabe, dass das nie wieder passiert.“
Kann irgendjemand dem Denkallergiker N.N. erklären, was der Unterschied zwischen Dokumentation und einer erzählerischen Inszenierung auf Grundlage der Realgeschichte ist? Weiß es irgendjemand? Die Klasse? Bueller?
Dass Spiegelman den Holocaust grausam darstellt, ist für N.N. natürlich ein Unding. „Das sind unsere Vorfahren. So stellen sie hier unsere Vorfahren dar. Was für eine Riesenfrechheit! […] unsere tapferen Großeltern, Urgroßeltern, Väter vielleicht auch, die alles getan haben, den Kampf zu gewinnen, die ehrenhaft gekämpft haben und hier werden sie nur als ekelhafte Mörder dargestellt.“
N.N. lässt das Video mit einer „heiteren Geschichte“ ausklingen. Er schwallt von einer Reise nach Amsterdam und seinem Besuch in einem Museum, wo die Comics auslagen. „Auf einmal kam durch die Eingangstür ein Mann, eine Gaskammer, äh, Gasmaske hing ihm um den Hals und auf dem Rücken hatte er Gasflaschen und da war so ein Sprühmechanismus [...] dran […] und er sagte 'Ah, ich komme hier wegen der Mäuse' und da mussten wir beide glaube ich ein bisschen schmunzeln.“
Er resümiert „Zum größten Teil findet aber eben die Holocaust-Bildung durch solche fiktionale Literatur oder Filme statt. […] Und wenn ihr das Buch irgendwo seht, verbrennt es doch einfach.“ Ein found-footage-Film einer Vergasung aus Ausschwitz wäre ihm wahrscheinlich lieber. [Hier stünde eine selbst für meine Verhältnisse äußerst kraftvolle Beleidigung, die ich aus Gründen der mentalen Hygiene hier zensiere.]
Immer wenn man denkt, es geht nicht dümmer, verächtlicher, geschmack- und anspruchsloser, dann: siehe oben.
Herr Kapellmeister, Musique bitte.
Edit beschwert sich: Oh, das ist mir zu sanft. Haben Sie auch etwas, ich sage mal so, rustikaleres?