Fatzke hatte sich aus Deutschland abgemeldet, angeblich in die Schweiz. Dort ist er allerdings nie angekommen, war er auch nicht gemeldet.
Gesetzt den Fall, er hätte Deutschland tatsächlich verlassen und einen ordentlichen Wohnsitz im Ausland begründet, so bliebe noch das Problem, dass er, wäre er in der Schweiz gewesen, keinen Bezug zu Paraguay gehabt hätte, der ausreichend wäre, eine Zuständigkeit zum Ausstellen eines Führerscheins zu begründen, der in Deutschland anerkannt werden müsste.
Das sind allerdings rein hypothetische Überlegungen: Fatzke hat Deutschland nicht wirklich verlassen, sondern hat sich weit überwiegend (von einigen Trips ins Ausland abgesehen) im Bundesgebiet aufgehalten. Er hatte seinen Lebensmittelpunkt in all den Jahren in Wittenberg oder jedenfalls in unmittelbarer Nähe. Deswegen lief ja auch ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen Verletzung der Meldepflicht. Die Stadt hätte ihn, so herrschte hier die Meinung vor, zwangsweise anmelden müssen.
Davon abgesehen definiert die FeV, was unter einem ordentlichen Wohnsitz zu verstehen sei. Nach meinem Verständnis des Textes kommt es auf eine fehlende Meldung nicht an, sondern darauf, ob jemand seinen dauernden Aufenthalt und Lebensmittelpunkt tatsächlich in Deutschland hat. Das war zweifellos der Fall.
Als Fatzke seinen Führerschein zurückgab, drohte ein neuerliches Entzugsverfahren. Von den Behördenvertretern, mit denen er zu tun hatte, wurde er auch darauf hingewiesen, dass er nicht einfach nur den Führerschein zurückgeben könne, sondern dass damit zugleich der Verzicht auf die Fahrerlaubnis verbunden sei. Auf Unkenntnis der Rechtslage kann er sich somit auch nicht glaubhaft herausreden. Zudem steht das verwaltungsgerichtliche Urteil im Raum: Dieses hat (jedenfalls für die Fahrerlaubnisbehörden verbindlich) festgestellt, dass Fatzke seit 2012 keine Fahrerlaubnis mehr hat. Alles in Allem schlechte Voraussetzungen.
Hingegen frage ich mich nach wie vor, wie es um die Beleidigung steht. Vergangenen Sommer wurde ja ein Strafbefehl über 150 Tagessätze vollstreckt. Das war die vermeintliche Freudennachricht, dass die Untersuchungshaft ausgesetzt werde. Demnach - so weisen es auch die Entscheidungen über die Haftprüfungen aus - verbrachte er einige Zeit in Ersatzhaft. Der Restbetrag wurde dann offenbar bezahlt. (Immer wieder auffällig, wann plötzlich Bargeld zur Verfügung steht ...)
Nun geht es um den Strafbefehl für die Bezeichnung eines Richters als Faschist. Dieser Strafbefehl wurde offenbar rechtzeitig angefochten, sonst käme es nicht zur Verhandlung vor dem AG. Auch dieser lautet auf 150 Tagessätze.
Damals war hier die allgemeine Annahme, dass der Strafbefehl, der durch Ersatzhaft vollstreckt wurde, jener sei, der sich auf den "Faschisten" beziehe. Das kann aber kaum sein, denn vollstreckt werden kann eine Ersatzhaft ja nur, wenn der Strafbefehl rechtskräftig ist und wenn er nicht bezahlt wurde. Dann könnte aber keine Verhandlung mehr stattfinden.
Daraus folgere ich, dass es sich um zwei verschiedene Strafbefehle handelt, die beide gleiche Anzahl Tagessätze umfassen und sich auf verschiedene Beleidigungen beziehen.
Kann es sein, dass Fatzke dazu gelernt hat? In der Vergangenheit hat er ja Strafbefehle einfach unbeachtet gelassen (oder sie haben ihn angeblich nicht erreicht, vgl. die Sache mit dem Wohnsitz). Dies hat ihm in Hof eine Verhaftung eingebracht, die nur durch plötzlich auftauchendes Bargeld (
) wieder abgewendet werden konnte. Damals ging es um den Fund einer verbotenen Waffe während einer Durchsuchung 2014 oder 2015. Im vergangenen Sommer kam die Ersatzhaft für den mysteriösen Strafbefehl, von dem ich oben sprach. Auch dieser muss so lange unbeachtet geblieben sein, bis die Ersatzhaft angeordnet und vollstreckt wurde. Da sich Fatzke damals schon in Untersuchungshaft befand, stand sein Aufenthaltsort ja fest, er konnte auch mit allen Tricks keine Zustellung mehr vermeiden.
Hypothese: Der Strafbefehl, der jetzt verhandelt werden soll, hat Fatzke in der Untersuchungs- oder Ersatzhaft erreicht. Aus den bisherigen Erfahrungen hat er immerhin gelernt - oder ist von seinem Anwalt entsprechend angeregt worden -, dass er diesen anfechten und eine Verhandlung verlangen muss, um den baldigen Eintritt der Rechtskraft zu verhindern.
Oder habe ich das "Kleingedruckte" der StPO übersehen und deute die Vorgänge falsch?