Kleine Lernfrage für den Laie: Wann ist denn das Öffentliche genug?
Das kann ich leider nicht in einem Satz beantworten. Ein guter Kommentar verliert dazu auch mal mehr als eine Seite, gespickt mit Fußnoten zu den verschiedensten Gerichtsentscheidungen.
Ich versuchs mal kurz und plakativ:
Es gibt Ansichten, die sich Deiner Meinung anschließen und sagen: "Es reicht, wenn es dauerhaft im Internet verfügbar ist, damit kann es potenziell jeder sehen. Deshalb kann sich jeder darüber aufregen und das Video ist geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören, weil alle sich darüber streiten könnten."
Es gibt Ansichten, die die Gegenposition vertreten und sagen: "Es steht nur im Internet, selbst wenn sich das Millionen angucken, dann tun sie das zu Hause, bilden sich ihre Meinung dazu und das war es. Offline wird nicht über sowas, sondern über Katzenvideos geredet, der öffentliche Frieden ist nicht in Gefahr."
Die Wahrheit wird wohl irgendwo dazwischen liegen und auch vom Einzelfall abhängen. Da kann nicht nur die Anzahl der Aufrufe eine Rolle spielen, sondern auch die Plattform (10k Aufrufe auf ♥♥♥ute sind was anderes als 10k Aufrufe auf YouTube etc.), die persönlichen Umstände des Täters und seine Bekanntheit, die "Aktualität" des Videos (ob es z.B. gerade in eine aktuelle Debatte eingreift) und z.T. sogar, ob das Video rezipiert wurde (weil das gelegentlich dann der Beweis der erfolgten Friedensstörung ist).
Rechtsanwendung ist eben (zum Glück!) keine formelhafte Anwendung von Sätzen, sondern – gerade im Strafrecht – das Finden eines sehr, sehr individuellen Maßstabs für das Handeln Einzelner.