@dtx D'accord! Ein Geständnis sollte auch nach meiner Auffassung zumindest bewusst erfolgen, wer sich einfach aus Dummheit, mangelndem Sachverstand oder auch aus übertriebener Einbildung (Arroganz) selbst belastet, sollte deswegen keine Strafminderung erhalten. Aber die Gerichtspraxis sieht nun mal ein wenig anders aus.
Auch was die vermeintlich "reine Lehre" betrifft, sehe ich es anders als die erwähnten gewissen Juristen. Diejenigen, die ich persönlich kenne und die diese Auffassung vertreten, sind allesamt
nicht praktizierende Verwaltungsjuristen, ehemalige Anwälte u. dgl. Die Praxis ist eben etwas komplizierter als die Theorie.
Ich hatte schon angemerkt, dass in Deutschland die Aufgliederung der Rechtswege der reinen Lehre widerspricht: Die Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit sind gleichsam Auslagerungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit, zu denen es in vielen Ländern keine Entsprechung gibt. Die Arbeitsgerichtsbarkeit ist, auch wenn dies manche Gewerkschafter und bekennende Linke anders sehen, ein Spezialfall des Zivilprozesses. Ähnlich verhält es sich auch mit Handelsgerichten, wo welche existieren: Sie sind Spezialfälle der Zivilgerichtsbarkeit. Vollends nur schwer einzuordnen dürfte die Verfassungsbeschwerde sein, die zwar ihrer Struktur nach der Verwaltungsgerichtsbarkeit parallel geht, aber materiell schon eigenständig ist. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es in manchen Staaten auch Militärgerichte gibt, die der klassischen Dreiteilung der Rechtspflege in Straf-, Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit widersprechen. Von daher halte ich die "reine Lehre" für zwar theoretisch einleuchtend, aber praktisch verfehlt.
In meiner Heimat ist der Adhäsionsprozess gang und gäbe, damit habe ich persönlich keinerlei Problem, zumal es Zugänge zur Thematik gib, die auch den Wert einer aktiven Beteiligung der Opfer an gerichtlichen Verfahren betonen. Aber das wird nun allmählich off-Topic.
Die Frage ist, ob die Staatsanwaltschaft Revision einlegen und auf die unangemessene Würdigung der Eingeständnisse (um nicht von "Geständnis" zu reden) hinweisen müsste. Ob man dabei schon von einem "Rechtsfehler" sprechen kann, scheint mir unsicher.
@dieda Gegen Fatzke laufen ja noch mehr Verfahren, schon nächste Woche soll es in Dessau weitergehen, verschiedene Verkehrssachen stehen aus, Berufungen usw. Der Unfall von November 2015 ist ja auch noch nicht verhandelt worden, ob die Geschäfte der "Reichsbank" angeklagt werden, wird sich zeigen.
Gegen die Herren Schulz und Michaelis laufen bekanntlich Insolvenzverfahren. Bei den übrigen Beteiligten fragt sich, ob und wie weit sie strafrechtlich belangbar sind. Eine Michaela K. könnte schon in die Bredouille geraten, da sie ja über einen längeren Zeitraum die Geschäfte der "Reichsbank" geführt hat, eine wirkliche Distanzierung ist seither auch nicht zu erkennen.
Wer sonst noch belangt werden könnte, ist unklar. Es gehörte ja zum System Fatzkes, dass er immer die entscheidenden Fäden in der Hand hielt, im Übrigen aber die Verantwortung so zersplitterte, dass niemand so richtig und irgendwie doch alle verantwortlich waren. Vor Gericht zählen aber am Ende nur Beweise. Am ehesten könnte ich mich vorstellen, dass jene Personen belangt werden, die nominell verantwortlich zeichneten, z. B. als "Vereinsvorsitzende". Auch wenn ihnen keine Mitwirkung an der Untreue nachzuweisen ist, wären sie doch auf Grund ihrer Stellung verpflichtet gewesen, die Geschäfte zu überwachen und zu verhindern, dass Untreue begangen wurde. Hier liegt m. E. eine klare Verletzung der übernommenen Pflichten durch Unterlassung vor.
Interessanter ist natürlich die zivilrechtliche Haftung: Wer muss für den finanziellen Schaden aufkommen? Grundsätzlich könnten die strafrechtlich verurteilten Personen in Anspruch genommen werden. Derzeit ist das aber einzig Peterleang, so weit wir wissen, und dieses Urteil ist erst gerade ergangen, aber noch nicht in Rechtskraft erwachsen. Weiter könnten Klagen sich gegen diejenigen richten, die auf Grund ihrer nominellen Stellung, wie eben ausgeführt, über die getreue Verwaltung der Gelder hätten wachen müssen. Ferner stellt sich auch die Frage der solidarischen Haftung der Mitglieder einer Vereinigung, die faktisch nur eine GbR ist.
Auch dabei stellen sich wiederum einige Schwierigkeiten in den Weg: Erstens dürfte es schon mal unklar sein, wer jeweils Mitglied wovon war, da dies bei Fatzkes Konstrukten grundsätzlich undurchsichtig war und da die Aufzeichnungen auch über die Personen, nicht nur über die Finanzen, mangelhaft sind. Zweitens bindet ein Strafurteil die Zivilgerichtsbarkeit nicht unmittelbar. Dies wäre anders, wenn im Strafurteil im Rahmen des Adhäsionsprozesses ein zivilrechtlicher Anspruch zumindest dem Grundsatz nach zugesprochen worden wäre. Drittens bedeutet dies, dass die möglichen Geschädigten erstmal klagen müssten, danach auch noch die Vollstreckung ihrer Ansprüche betreiben. Wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter. Ich glaube nicht, dass sich da eine nennenswerte Zahl von Geschädigten aufraffen wird, rechtlich gegen die KRDler vorzugehen.
Für den Abwickler dürfte sich durch das Urteil nur so viel geändert haben, dass er nicht mit der baldigen Rückkehr des obersten Querulanten rechnen muss. Der Auftrag zur Abwicklung stammt ja nicht vom Gericht, sondern von der BaFin.
Idealerweise hätte ein Strafverfahren verdeckte Vermögenswerte zum Vorschein gebracht, die dann hätten eingezogen werden können. Da solche Werte entweder nicht vorhanden sind oder so versteckt sind, dass nur Fatzke auf sie zugreifen kann, ist es dazu nicht gekommen. Eingezogene Werte hätten ggf. zu Gunsten der Geschädigten verwertet werden können. Das hätte mögliche zivilrechtliche Ansprüche leichter durchsetzbar gemacht.
Aber am Ende gilt halt: Wo nichts ist, ist auch nichts zu holen. Diese alte Weisheit werden wohl einige Geschädigte am Ende lernen müssen, auch wenn sie sich selbst immer noch vormachen, sie seien gar nicht geschädigt.