Autor Thema: Presseschnipsel  (Gelesen 1433697 mal)

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Re: Presseschnipsel
« Antwort #8430 am: 2. Dezember 2020, 07:43:14 »
Programmhinweis


Zitat
„Abgezockt!“: ZDFinfo über gefälschte Auschwitz-Tagebücher: Was ein historischer Sensationsfund zu sein schien, entpuppte sich als dreiste Fälschung: angebliche Tagebücher des KZ-Arztes Josef Mengele. Die ZDFinfo-Doku-Reihe „Abgezockt!“ rollt am Donnerstag, 3. Dezember 2020, 20.15 Uhr, gemeinsam mit Opfern und Zeugen einen wahrlich unglaublichen Fall auf. Zum Teil äußern sie sich zum ersten Mal dazu. Die Dokumentation „Abgezockt! – Die Auschwitz-Tagebücher“ ist am Sendetag bereits ab 10.00 Uhr in der ZDFmediathek abrufbar. Am Dienstag, 8. Dezember 2020, 14.15 Uhr, zeigt ZDFinfo die Dokumentation erneut.
Gut 30 Jahre nach dem Skandal um Hitlers Tagebücher sollten geheime Auschwitz-Tagebücher aufgetaucht sein – eine Sensation oder eine dreiste Lüge? Eine angeblich ungarische Gräfin, Magdolna K., gab im Jahr 2015 vor, im Besitz von Tagebüchern ihres Großvaters zu sein, der als jüdischer Lagerarzt in Auschwitz für den berüchtigten KZ-Arzt Mengele gearbeitet habe. Filmautorin Sophie Hafner rekonstruiert den spektakulären Kriminalfall mit Beteiligten – darunter eine ehemalige Freundin der Hochstaplerin oder der Kriminalhauptkommissar Tom Gottmann. Der Historiker Bogdan Musial schildert, wie er den entscheidenden Fehler der raffinierten Fälschung entdeckte und Magdolna K. so enttarnte.
https://cityreport.pnr24-online.de/abgezockt-zdfinfo-ueber-gefaelschte-auschwitz-tagebuecher/
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Re: Presseschnipsel
« Antwort #8431 am: 2. Dezember 2020, 09:30:04 »
Zitat
Verdachtsfälle bei der Bundeswehr
MAD ermittelt gegen mögliche Reichsbürger
Stand: 02.12.2020 08:55 Uhr

Es sind gleich mehrere Verdachtsfälle in nur einer Abteilung: Wie die Bundeswehr bestätigte, ermittelt der MAD gegen Mitarbeiter des Beschaffungsamts wegen einer möglichen Zugehörigkeit zu den Reichsbürgern.

Der Militärische Abschirmdienst (MAD) ermittelt gegen mehrere Mitarbeiter des Beschaffungsamts der Bundeswehr wegen möglicher Zugehörigkeit zu den sogenannten Reichsbürgern oder Selbstverwaltern. Das Verteidigungsministerium teilte mit, dass alle Verdächtigen in der Regionalstelle Ulm der Abteilung für Qualitätsmanagement des Amts tätig sind, darunter auch der Leiter.

"Jedem Hinweis nachgehen"
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer versicherte, dass jedem Hinweis auf Nähe von Bundeswehrangehörigen zu den Reichsbürgern konsequent nachgegangen werde. "Verfassungsfeinden lassen wir nicht den kleinsten Raum in der Bundeswehr", sagte die CDU-Chefin.

Reichsbürger und Selbstverwalter sind Gruppierungen oder auch Einzelpersonen, die den deutschen Staat, sein Rechtssystem, Regierungen, Parlamente und die Polizei nicht anerkennen. Nach Angaben des Ministeriums laufen die Ermittlungen bereits seit Ende 2019.

Am Dienstag wurden insgesamt acht Verdächtige vom MAD befragt. "Erste Ergebnisse bestätigen die vorliegenden Verdachtsmomente", heißt es in einem Schreiben des Staatssekretärs Peter Tauber an die Obleute des Bundestags-Verteidigungsausschusses, das der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Noch heute sollen die Befragungen fortgesetzt werden.

Laut Tauber wurden auch Datenträger sichergestellt, die nun ausgewertet würden. Die Vorgesetzten der Betroffenen hätten disziplinarische Ermittlungen aufgenommen. Den Hauptverdächtigen sei mit sofortiger Wirkung der Zugang zu ihren Arbeitsstellen untersagt worden.

Immer wieder rechtsextremistische Vorfälle
In den vergangenen Monaten hatte es immer wieder rechtsextremistische Vorfälle bei der Bundeswehr gegeben. Der MAD hatte im Mai in seinem ersten Jahresbericht eine Zunahme von rechtsextremistischen Verdachtsfällen, aber keine Netzwerke bei der Bundeswehr festgestellt. Der MAD enttarnte 14 Extremisten, darunter acht Rechtsextremisten, vier Islamisten und zwei sogenannte Reichsbürger/Selbstverwalter. Im Jahr zuvor waren insgesamt sieben Extremisten enttarnt worden, darunter vier Rechtsextremisten und drei Islamisten.

Kramp-Karrenbauer hatte schon vor längerer Zeit ein hartes Durchgreifen gegen Extremisten bei der Bundeswehr versprochen und unter anderem eine Reform des Kommandos Spezialkräfte (KSK) in die Wege geleitet.
https://www.tagesschau.de/inland/mad-rechstextreme-bundeswehr-105.html
"Der Kaufhausdieb ruft immer: Haltet den Kaufhausdieb!" Kaufhausdieb Rüdiger
 
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Offline Reichsschlafschaf

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Re: Presseschnipsel
« Antwort #8432 am: 2. Dezember 2020, 09:35:57 »
Ja, natürlich führt der Chef an! Wer denn sonst?


Zitat
IN DER REGIONALSTELLE ULM

Ermittlungen gegen mindestens acht mögliche Reichsbürger bei der Bundeswehr
Bei der Bundeswehr steht eine Reihe von zivilen Mitarbeitern im Verdacht, der Reichsbürgerszene anzugehören. Die Ermittlungen im Ausrüstungsamt Ulm gehen auf interne Hinweise zurück.
Spoiler
Der Militärische Abschirmdienst (MAD) ermittelt seit Ende 2019 gegen "mehrere Verdachtspersonen" in einer Niederlassung des Ausrüstungsamts in Ulm, wie das Bundesverteidigungsministerium am Dienstag mitteilte. Betroffen sei unter anderem die Leitung der Regionalstelle.

Acht Verdächtige wurden befragt
Die Ermittlungen gehen den Angaben zufolge auf interne Hinweise zurück. Es gehe um den "Verdacht der Bestrebung im Phänomenbereich 'Reichsbürger und Selbstverwalter'", erklärte das Ministerium. Im Zuge der Ermittlungen habe der MAD am Dienstag acht Verdächtige befragt; die Ermittlungen liefen weiter. Als "Sofortmaßnahme" sei gegen die Hauptverdächtigen ein Zutrittsverbot zu Liegenschaften ausgesprochen worden.

Chef der Dienststelle soll Reichsbürgergruppe anführen
Bei der betroffenen Behördenniederlassung handelt es sich demnach um das Zentrum für technisches Qualitätsmanagement in Ulm. Es gehört zum Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw). Die "Bild"-Zeitung berichtete, die mutmaßliche Reichsbürgergruppe werde angeführt von dem Chef der Dienststelle. Es handele sich um einen Beamten im Rang eines technischen Regierungsdirektors. Der Mann sei Sportschütze und verfüge über ein Waffenarsenal. Die mutmaßlichen Reichsbürger sollen laut dem Zeitungsbericht zudem Kontakte zu "gleichgesinnten Verschwörern in anderen Sicherheitsorganen" haben. Es würden insbesondere Verbindungen zu Reichsbürgern beim Bundesnachrichtendienst (BND) geprüft.

Kramp-Karrenbauer: Verfassungsfeinden lassen wir keinen Raum
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) erklärte, "Verfassungsfeinden lassen wir nicht den kleinsten Raum in der Bundeswehr". Extremismus und fehlende Treue zu den gemeinsamen Werten sei "unvereinbar mit unserem Auftrag, aber auch mit den Grundsätzen der Kameradschaft und Kollegialität". Die Bevölkerung könne darauf vertrauen, dass in der Bundeswehr jedem Hinweis der Nähe zum Reichsbürgertum "konsequent nachgegangen wird", versicherte die Ministerin. Sie nannte es "ermutigend, dass die wesentlichen Hinweise erneut aus internen Quellen kommen".
[close]
https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/ermittlungen-reichsburger-100.html
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Re: Presseschnipsel
« Antwort #8433 am: 2. Dezember 2020, 09:47:32 »
Hoppala im Ausrüstungsamt!!!!

Jetzt wundert mich gar nix mehr, warum die BW nicht einsatzfähig ist.  :D
Wer Rechtschreib- und Grammatikfehler findet, darf sie behalten!
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Offline Gutemine

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Re: Presseschnipsel
« Antwort #8434 am: 2. Dezember 2020, 12:38:29 »
In Althütte trifft sich wohl alles. Rechtsextreme, AfDler, "Reichsbürger" und natürlich NeoNazis. Was ein Glück, dass es das "Dorfvolk" mit den "3 Affen" hält: Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen.

Im Artikel fehlt eigentlich nur Balmer, Reckzeh und Co.  ;)

Man sieht, nicht nur "im Osten" gibt es wahre Eldorados für das "Herrenmenschenvolk".
Spoiler
Tauchstation für Rechtsextreme

Von Moritz Osswald|

 Fotos: Jens Volle |

Datum: 02.12.2020

Inmitten pittoresker Provinz fungiert die Gemeinde Althütte im Rems-Murr-Kreis als besonderer Rückzugsort für die extreme Rechte. Wie gut ist die Vernetzung zwischen Äckern und Wäldern? Und wo bleibt der Widerstand? Eine Spurensuche im braunen Unterholz.

Der Kampf um die ideologische Vorherrschaft ist stumm und klebrig. Litfaßsäule Nummer 0086 kann nichts dafür, sie wird instrumentalisiert. Etwas abgerieben, aber noch lesbar, prangt dort "Asylflut stoppen!" in weißen Lettern auf blauem Grund. Direkt darunter pappt ein Sticker der rechtsextremen Kleinpartei "Der Dritte Weg". Er ruft zur Zerschlagung von "Antifa-Banden" auf. Versteckt sind sie nicht, die rechten Botschaften in Althütte – das Rathaus in Sichtweite, ebenso das Eingangsschild des Dorfes. Die Gemeinde ist ein staatlich anerkannter Erholungsort im Rems-Murr-Kreis mit etwas mehr als 4.000 EinwohnerInnen. Knapp die Hälfte der Fläche hier ist Wald. Ein Wohlfühlort für alle – auch für stramm rechte Kameraden. Davon gibt es in Althütte erstaunlich viele.

Gabriele Gabel stinkt das gewaltig. Sie unterrichtet Deutsch, Gemeinschaftskunde und Sport, hat die Liste "Forum Althütte 2000" mitgegründet. Seit über 20 Jahren setzt sie sich gegen Rechtsextremismus ein. Damit ist sie hier eine seltene Spezies. Die Indifferenz plätschert gemütlich durch den Ort, gelassen wie die Mini-Fontäne im Park neben dem Dorfitaliener "Ristorante Portofino". Gabriele Gabel – wacher Blick, fester Schritt, feuerrote Haare – erhebt ihre Stimme gegen die Umtriebe in ihrem Dorf. "Rechte fühlen sich hier geschützt", sagt die Lehrerin. Sie würden stumm hingenommen. Gabel kann viel erzählen. Bei sich zuhause hat sie ein ganzes Regal voller Ordner, gespickt mit Artikeln und Dokumenten über den Rechtsextremismus, den die 58-Jährige als "die größte Gefahr für die Demokratie" benennt.
Die rechte Szene hat es sich bequem gemacht

Rundgang durch die Gemeinde: erster Halt im Hauptort. In der Daimlerstraße steht ein nüchtern wirkendes, dreistöckiges Haus. In einem Dorf mit genügend Platz. Derzeit wohnen hier 14 Menschen verschiedener Nationalitäten. Dass Geflüchtete im Ort leben, erhitzte schon früh die Gemüter mancher EinwohnerInnen. 2017 errichtet, hätten damals diffuse Ängste die Runde gemacht, erinnert sich Gemeinderätin Gabel. Nachbohren, verstehen wollen, konkret fragen: "Wovor hast du denn genau Angst?". Ohne Dialog, ohne Begegnung gehe nichts, erklärt sie ihre Strategie. Doch längst nicht alle lassen sich auf dieser Ebene noch abholen.

Einer der prominentesten Rechtsextremen im Ort ist Oliver Hilburger. Bestens vernetzt in der braunen Szene, residiert der ehemalige Bassist der Neonazi-Band "Noie Werte" hier fernab des politischen Großstadtdschungels. Seit zehn Jahren will Mitbegründer Hilburger mit seinem Verein "Zentrum Automobil" extrem rechte Positionen am Arbeitsplatz salonfähig machen. Das ist zwar keine neue Strategie – bereits in der NS-Zeit lautete die Parole "Hinein in die Betriebe!". Der Erfolg kam trotzdem. Bei den letzten Betriebsratswahlen im März 2018 erreichte man im Werk Untertürkheim sechs von 47 Sitzen und etwa 13 Prozent der Stimmen.
Verwurzelt in der Gemeinde

Für die Vernetzung muss Hilburger dabei gar nicht weit fahren: Zahlreiche Mitglieder seiner "alternativen" Arbeitnehmervertretung wohnen genau hier – in Althütte. Einer seiner Kameraden im Ort ist Christian Schickart, der es auf die Betriebsrats-Liste von "Zentrum Automobil" geschafft hat. Dessen Frau Isabella war bis Anfang des Jahres zweite Vorsitzende des Waldkindergartens im Ort und betreibt zudem einen impfkritischen Stammtisch im Landgasthof "Schöne Aussicht", an dem auch Hilburger teilnimmt. Sascha Woll hat sich hier ebenfalls niedergelassen. Er war Mitglied der Stuttgarter Skinhead-Truppe "Kreuzritter für Deutschland", jetzt ist er bei "Zentrum Automobil". Woll wohnt mit seiner Frau Heike in einer ruhigen Seitenstraße, ein paar Hausnummern entfernt weht eine ramponierte Reichsfahne. Heike Woll beschwert sich gerne mal, dass "die Medien" am schlechten Image der NPD schuld seien – für die sie früher politisch aktiv war (Kontext berichtete).

Ende der 1990er war sie noch mit Neonazi Andreas Graupner liiert, Szenename "Mucke". Er war damals Schlagzeuger bei "Noie Werte". Graupner, der 2000 noch in Chemnitz vom Verfassungsschutz observiert wurde, zog später von dort nach Althütte-Sechselberg. Ob er heute noch in dem Teilort der Gemeinde wohnt, ist der Öffentlichkeit nicht bekannt. Heike Woll, Andreas Graupner und Oliver Hilburger bezogen vor dem NSU-Untersuchungsausschuss Stellung. Denn die rechtsextreme Terrorgruppe NSU untermalte eine frühe Version ihres Bekennervideos mit deren Musik.

Dabei entpuppte sich Hilburger als regelrechter Scherzkeks: Im Landtag behauptete er, auf Konzerten der Band keine Hitlergrüße gesehen zu haben – die Scheinwerfer hätten so geblendet, da "kriegen Sie vom Publikum gar nichts mit".
Friedlich Bier trinken und die Welt ist in Ordnung

Und die BewohnerInnen von Althütte? Nichts gesehen, nichts gehört, nichts gewusst. Gemeinderätin Gabel führt beim Rundgang durch den Ort zu einem Fixpunkt für Bier, Schnitzel und Motorradliebhaber: "Eddis Biker-Residenz zum Löwen". Vergangenen Juli mauserte sich der hiesige Parkplatz zum Mittelpunkt politischer Auseinandersetzung. Die AfD wollte ursprünglich Rechtsaußen Markus Frohnmaier nach Backnang einladen, dann nach Althütte. Der Ort wurde geheim gehalten, das Treffen schließlich abgesagt. Die Demonstrierenden des Bündnis "Zusammen gegen Rechts Rems-Murr (ZgR)" bekamen Wind davon und kamen trotzdem. Vor Ort trafen sie auf einige AfDler, die sich in der Biker-Residenz ohne Frohnmaier einfanden.

AfD-Kreisrat Christian Throm aus Althütte meinte später, er wundere sich über die politische Kultur, die sie hier hätten. Gerangel auf dem Parkplatz, die Polizei mit vielen Einsatzkräften am Bikertreff, das sieht auch der Wirt nicht gern. Dass AfD-Vertreter bei ihm speisen, davon habe er im Vorfeld nichts gewusst, betont Gastronom Eddi. Lediglich eine normale Reservierung habe er angenommen. Wenn jeder friedlich sein Bierchen trinke, sei die Welt doch in Ordnung. Mit Kippe im Mundwinkel erklärt er, "niemanden ausgrenzen" zu wollen – AfDler eingeschlossen. Gabel hält dagegen: "Aber du gibst Verfassungsfeinden einen Raum. Du könntest doch zumindest Sticker an der Eingangstüre anbringen."

Schulterzucken, dann steigt ein behelmter Biersucher auf dem Fahrrad in die Diskussion ein. Eine tiefenpsychologische Gesellschaftskritik im Schweinsgalopp prasselt auf die Beteiligten ein. Das "Kapital" sei die wahre Gefahr, das größte Übel für die heutige Demokratie. Eher "Industriediktatur", differenziert Wirt Eddi dazwischen. Die Rechten? Sie würde der Radtourist hochkant rauswerfen. Hätte er denn eine Kneipe. Ihr Hass sei eigentlich Selbsthass, erklärt der Rentner aus dem benachbarten Hohenweiler. "Würde es keine Schwarzen, Ausländer oder Juden geben, dann würden die eben Eichhörnchen hassen", postuliert er. Der Fisch stinke immer vom Kopf her. Die Lösung? "Eine neue Gesellschaft schaffen", so der Mann. Gabriele Gabel lacht lauthals. Daran arbeitet sie seit über zwei Jahrzehnten.
Mehr Vorsicht im Rathaus

Dorf-Oberhaupt Reinhold Sczuka findet es "unangenehm", Rechtsextreme in seinem beschaulichen Ort zu haben. Dennoch gefällt es ihm hier. Seine Beschreibung des Ortes könnte aus einer Werbebroschüre stammen: "Dort leben, wo andere Urlaub machen." Der Althüttener Bürgermeister hatte vor über zehn Jahren eine persönliche Unterredung mit Oliver Hilburger. Die vermeintliche Distanzierung des ultrarechten Agitators von seiner Vergangenheit kaufte Sczuka ihm damals ab. Das mache er jetzt nicht mehr, sagt er.

Der CDUler scheint vorsichtiger geworden zu sein, auch den Namen des Autors habe er vor der Interview-Anfrage gegoogelt, erzählt er. Interessant ist, dass man Hilburger im April 2018 ins Mitteilungsblatt hievte. An prominenter Stelle samt Foto, denn er hielt einen "praxisorientierten Vortrag" über "heimische Heilpflanzen". Nur einen Monat zuvor berichtete das "Deutschlandradio" über dessen braune Vergangenheit, neurechte Vernetzungen und den Erfolg von "Zentrum Automobil" bei den Betriebsratswahlen. Das bekam im Rathaus offenbar niemand mit.

Immer wieder knistert es im braunen Gehölz des Schwäbischen Waldes. Als Gemeinderätin Gabel im April Osterhasen in der Isolierunterkunft für infizierte Geflüchtete verteilte, fuhren einige Rechte mit dem Auto vorbei. Hilburger, der mit seiner Vergangenheit selbst für einen Eintritt in die AfD zu weit rechtsaußen steht, filmte das Geschehen. Wenig später fand sich dann ein Video auf der Facebook-Seite des Fellbacher Neonazis und selbsternannten Aufklärers Michael Stecher.
Auch Reichsbürger Bergmann kommt von hier

Der Bürgermeister betont, dass Althütte nicht großartig anders sei als viele andere Gemeinden im Rems-Murr-Kreis. Das stimmt, schaut man sich etwa die Wahlergebnisse für die AfD in der Region an (Kontext berichtete). Mit 16,4 Prozent erreichten die Blauen zwar ein höheres Ergebnis als im Bundesdurchschnitt. Aber Althütte ist kein einsamer Spitzenreiter in der Gegend. Das ist eher Spiegelberg, mit kräftigen 22,6 Prozent AfD – ein statistischer Ausreißer nach oben. Bleibt die Frage: Warum ist gerade Althütte so ein beliebter Treffpunkt und Wohnort für die Szene? Gemeinderätin Gabel mutmaßt: "Es ist wie eine Tauchstation für Rechtsextreme." Das Bewusstsein in der Mitte der Bevölkerung fehle. Deshalb könne auch eine Reichsflagge hier ungestört wehen – weil niemand realisiere, dass es ein Ersatzsymbol vieler Rechter für verbotene NS-Symbole darstellt.

Eine bekannte Figur, die ihre Wurzeln in Althütte hat, ist Stephan Bergmann. Er war noch vor Kurzem Pressesprecher der "Querdenken 711"-Bewegung. Bergmann stammt aus dem Teilort Waldenweiler. Er ist Vorsitzender seines "Vereins für indianische Lebensweisen", der Seminare für Trommelbau und Sonnentanz anbietet. Außerdem hat er den Verein "Primus Inter Pares" mitgegründet, der vom Landesamt für Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft und der Reichsbürger-Szene zugeordnet wird. Die Rolle Bergmanns im Verein lässt sich jedoch kaum rekonstruieren. Führender Kopf der Gruppe ist Markus Hailer aus Schorndorf, zusammen mit Bergmann auf der Gründungsliste, die der Redaktion vorliegt. Hailer veranstaltet – momentan via Videokonferenz – Seminare, die selbst für moderate Verschwörungsideologen harte Kost sein dürften.

Er vertritt etwa die These, dass Angela Merkel "mit Hilfe künstlicher Befruchtung und sowjetischer Unterstützung 1954 durch tiefgefrorenes Sperma Adolf Hitlers gezeugt" wurde. Auch PDFs mit dem verbotenen rechtsextremen Sonnenrad finden sich auf seiner Website. Ein Besuch eines solchen Seminars vergangenen Oktober ergab vor allem: Langeweile. Über drei Stunden referiert Markus Hailer nahezu ununterbrochen klassische Reichsbürger-Thesen, verquickt mit rechtsesoterischem Geschwurbel. Inwiefern Stephan Bergmann mit Hailer nach wie vor in Kontakt steht, ist ungewiss. Eine Anfrage seitens Kontext hierzu ließ Bergmann unbeantwortet.
Die Propaganda endet nicht

Aufklärung hat sich Gabriele Gabel auf die Fahne geschrieben. Deshalb plante sie – gemeinsam mit Bürgermeister Reinhold Sczuka – eine Info-Veranstaltung über Rechtsextremismus für den 15. Mai dieses Jahres. Corona machte diesem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. Doch das werde man nachholen, versichert Sczuka. Der Rathaus-Chef scheint über die Jahre das Problem der rechten Umtriebe nach und nach erkannt zu haben, gibt sich bemüht.

Vor wenigen Wochen tauchten auf einem Kinderspielplatz reihenweise Sticker mit rassistischem und menschenverachtendem Inhalt auf. Direkt gegenüber: die 2017 errichtete Geflüchteten-Unterkunft in der Daimlerstraße. Die Klebepropaganda bestellten die Kameraden im Online-Shop von Sven Liebich, ein szenebekannter Neonazi aus Halle. Bürgermeister Sczuka stellte Strafantrag. Wehret den Anfängen, sagt Gabriele Gabel. Sie weiß, dass den rechten Kameraden das Rumstickern eines Tages vielleicht nicht mehr ausreicht.
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https://www.kontextwochenzeitung.de/gesellschaft/505/tauchstation-fuer-rechtsextreme-7153.html
"Der Pfarrer predigt nur einmal!"
 
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Re: Presseschnipsel
« Antwort #8435 am: 2. Dezember 2020, 13:26:43 »
aus dem Liveticker der MZ zu dem Verfahren gegen den Attentäter in Halle

deutlicher geht es kaum:

"12.12 Uhr: „Verschonen Sie uns“

Als letzter Nebenklage-Anwalt des Tages spricht Florian Feige. Er vertritt die beiden Wiedersdorfer, die bei der Flucht von Stephan B. verletzt wurden. Feige macht deutlich, dass der Angeklagte in der Absicht handelte, seine Mandanten zu töten: „Deren Leben war ihm schlichtweg egal“, so Feige. Dann richtet der Jurist noch persönliche Worte an den Angeklagten: „Sie werden als namenloses Irrlicht in Erinnerung bleiben“, sagt Feige.

Er vergleicht Stephan B. mit einem „Dorfdeppen“, der seine Verschwörungsmythen weiterverbreiten will. „In Zeiten des Internet ist es leider so, dass alle Dorfdeppen dort zusammenfinden.“ Zum Ende hat der Anwalt noch eine Bitte an Stephan B.: „Ich bitte Sie, machen Sie nicht von ihrem Recht Gebrauch, letzte Worte zu sprechen und verschonen Sie uns alle mit ihrer zerebralen Diarrhö.“


Spoiler
3. Verhandlungstag „Sie werden als namenloses Irrlicht in Erinnerung bleiben“
•   02.12.20, 12:18 Uhr

Der Angeklagte Stephan B. sitzt seit dem 21. Juli vor Gericht. Foto:dpa
Halle (Saale) -
Es war einer der schlimmsten antisemitischen Anschläge der deutschen Nachkriegsgeschichte: Der rechtsterroristische Angriff von Halle am 9. Oktober 2019 machte weltweit Schlagzeilen. Hier finden Sie die Live-Berichterstattung vom 23. Prozesstag gegen Stephan B. am 2. Dezember in Magdeburg. Vom Prozess berichtet Julius Lukas.

02.12.2020: Tag 23 im Terrorprozess gegen Stephan B. um den Anschlag von Halle
12.16 Uhr: Prozesstag endet früh
Damit endet der 23. Prozesstag. In der kommenden Woche werden am Dienstag weitere Nebenklage-Anwälte ihre Plädoyers halten. Am Mittwoch sind dann die Verteidiger des Angeklagten mit ihren Schlussworten dran. Das Urteil soll am 21. Dezember um 11 Uhr gesprochen werden.

12.12 Uhr: „Verschonen Sie uns“
Als letzter Nebenklage-Anwalt des Tages spricht Florian Feige. Er vertritt die beiden Wiedersdorfer, die bei der Flucht von Stephan B. verletzt wurden. Feige macht deutlich, dass der Angeklagte in der Absicht handelte, seine Mandanten zu töten: „Deren Leben war ihm schlichtweg egal“, so Feige. Dann richtet der Jurist noch persönliche Worte an den Angeklagten: „Sie werden als namenloses Irrlicht in Erinnerung bleiben“, sagt Feige.
Er vergleicht Stephan B. mit einem „Dorfdeppen“, der seine Verschwörungsmythen weiterverbreiten will. „In Zeiten des Internet ist es leider so, dass alle Dorfdeppen dort zusammenfinden.“ Zum Ende hat der Anwalt noch eine Bitte an Stephan B.: „Ich bitte Sie, machen Sie nicht von ihrem Recht Gebrauch, letzte Worte zu sprechen und verschonen Sie uns alle mit ihrer zerebralen Diarrhö.“

11.20 Uhr: „Es war unerträglich“
Rechtsanwältin Kallweit hält das dritte Plädoyer des Prozesstages. Sie vertritt einen Mann, der mehrere Menschen zu dem Ausflug nach Halle einlud, um dort Jom Kippur zu feiern. Kallweit spricht zuerst über ihren Eindruck vom Prozess: „Es war unerträglich, den Angeklagten emotionslos über den Kampf gegen unsere Gesellschaft sprechen zu hören.“ Auch sie fühle sich schuldig: „Ich stelle mir die Frage: Habe ich genug getan, höre und sehe ich hin?“ Die Frage bezieht sie  besonders auf Stephan B., bei dem nicht hingeschaut wurde, obwohl er doch Teil der Gesellschaft ist. Kallweit schließt sich zum Schluss ihres Plädoyers den Strafforderungen ihrer Vorredner an.

10.44 Uhr: Antisemitismus widersprechen
Als zweiter Nebenklage-Anwalt des Prozesstages geht Juri Goldstein ans Rednerpult. Er vertritt zwei Besucher der Synagoge. „Die Absicht, mehr als 50 Menschen das Leben zu nehmen - Müttern, Vätern, Rentnern und Kindern - ist an Abscheulichkeit nicht zu überbieten. Und dafür gibt es eigentlich keine gerechte Strafe“, sagt Goldstein. Dann rückt er den Prozess in den Mittelpunkt: „Dem Angeklagten wurde eine Bühne geboten, die er nicht haben dürfte.“ Um Taten wie diese zu verhindern, müsse Antisemitismus entgegen getreten werden. Dass das bisher nicht geschieht, macht er an der Aussage des Ex-Partners der Schwester von Stephan B. fest. Der sagte, dass es keinen Sinn gehabt haben, dem Antisemitismus des Angeklagten zu widersprechen. „Solchen Leuten“, sagt Goldstein, „muss man helfen.“ Man müsse sie unterstützen, damit sie beim nächsten Mal dem Antisemitismus widersprechen.

10.25 Uhr: Dank an das Gericht
Zum Schluss Ihres Plädoyers zeigt Nebenklage-Vertreterin Assia Lewin dem Angeklagten die Dimension seines Handelns noch einmal auf. „Sie haben mit Ihren eigenen Händen Ihr Leben und das Leben Ihrer engsten Angehörigen zerstört. Sie werden damit leben müssen, dass ihr Neffe sich für sie schämt. Und seine Kinder auch.“
Stephan B. nimmt die Worte weitestgehend regungslos, jedoch mit einem leichten Lächeln im Gesicht hin. „An Sie wird sich niemand erinnern, dafür aber an einen rechtsstaatlichen Prozess. Dafür danke ich dem Gericht“, sagt Rechtsanwältin Lewin zum Ende.

10.21 Uhr: „Sie haben auf ganzer Linie versagt“
In ihrem Schlussvortrag geht Nebenklage-Vertreterin Assia Lewin auch intensiv darauf ein, welche Wirkung das Attentat hatte. Gegenüber den Anwesenden macht sie deutlich, dass Stephan B. sein Ziel, in einer Reihe mit anderen rechtsextremistischen Attentätern genannt zu werden, nicht erreichte. Auch sein Ansinnen, den Juden in Deutschland zu schaden, sei nicht erfüllt worden: „In diesem Prozess haben Sie das erste Mal Juden gesehen“, sagt Assia Lewin. Viele Juden hätten vor Gericht und in der Öffentlichkeit ihre Geschichte erzählen dürfen und auch deutlich machen können, wie sehr der Holocaust noch heute ihr Leben in Deutschland prägt. „Trotz ihrer Tat gedeiht das jüdische Leben in Deutschland. Als deutsche und jüdische Rechtsanwältin möchte ich Ihnen sagen: Sie haben auf ganzer Linie versagt.“

10.10 Uhr: „Wachen Sie auf, Herr Angeklagter“
Das erste Plädoyer des Prozesstages spricht Rechtsanwältin Assia Lewin, die zwei Synagogenbesucher vertritt. Sie stimmt zuerst den Anträgen ihrer Vorredner zu – also der Forderung einer lebenslange Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung für Stephan B. „In einem normalen Strafprozess wäre mein Plädoyer damit beendet, aber das ist kein normaler Prozess“, sagt die Anwältin.
Dann fragt sie: „Warum und wieso konnte das passieren, wie ist es möglich, dass der Angeklagte solchen Hass auf Juden entwickelte?“ Sie kritisiert die Angehörigen des Angeklagten, die geschwiegen und weggesehen hätten. Dann richtet sie sich an Stephan B.: „Wachen Sie auf, Herr Angeklagter: Niemand aus der von Ihnen so bezeichneten weißen Rasse möchte von Ihnen beschützt werden. Der Krieg findet nur in ihrem Kopf statt.“

9.49 Uhr: Nebenkläger leiden noch immer
Die Nebenklage-Vertreter, die am Dienstag bereits ihre Schlussvorträge hielten, betonten, wie sehr das Attentat das Leben ihrer Mandanten verändert habe. So sagte Rechtsbeistand Christian Eifler über die Mutter des getöteten Kevin Schwarze: „Es geht ihr sehr schlecht.“ Dann richtete der Anwalt seine Worte direkt an Stephan B.:  „Sie haben einer Mutter auf ekelhafteste, perverseste Weise ihr Kind genommen.“

Vorab: Darum geht es am 23. Tag der Verhandlung
Der Prozess zum rechtsextremen Anschlag von Halle ist auf der Zielgeraden. Heute werden weiter die Nebenklage-Vertreter ihre Plädoyers halten. Insgesamt drei Tage sind dafür vorgesehen. Am 9. Dezember könnte dann die Verteidigung ihr Abschlussplädoyer halten. Am 21. Dezember könnte das Urteil fallen.
[close]

https://www.mz-web.de/halle-saale/anschlag-in-halle-saale/23--verhandlungstag--sie-werden-als-namenloses-irrlicht-in-erinnerung-bleiben--37759002
« Letzte Änderung: 2. Dezember 2020, 13:33:15 von R. Kimble »
 
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Re: Presseschnipsel
« Antwort #8436 am: 2. Dezember 2020, 17:06:00 »
Zu den "Reichsbürger-Verdachtsfällen" bei der Bundeswehr in Ulm, siehe hier

https://forum.sonnenstaatland.com/index.php?topic=27.msg323737#msg323737
und hier
https://forum.sonnenstaatland.com/index.php?topic=27.msg323669#msg323669

gibt es jetzt wohl üble Neuigkeiten. Der Hauptverdächtige hat sich wohl suizidiert.  :o

Zitat
Ermittlungen am Bundeswehrstandort auf Hensoldt-Gelände Hauptverdächtiger der Reichsbürger-Ermittlungen in Ulm tot

Der Hauptverdächtige im Zusammenhang mit möglichen Reichsbürger-Strukturen am Bundeswehrstandort Ulm ist nach Informationen des SWR und des ARD-Hauptstadtstudios tot aufgefunden worden.

Aus Sicherheitskreisen wurde bestätigt, dass sich der Mann am Mittwochvormittag in der Nähe seines Wohnorts in Bayern mit einer Schusswaffe verletzt habe und vor einem Krankenhaus verstorben sei. Die Polizei hat inzwischen einen Todesfall in Krumbach bestätigt. Für Mittwochnachmittag wurden weitere Einzelheiten angekündigt.

Dem Mann und sieben weiteren Personen wurde vorgeworfen, der Reichsbürger-Szene anzugehören und somit die Grundwerte der Demokratie und des Rechtsstaates abzulehnen. Der Militärische Abschirmdienst (MAD) ermittelt in der Sache, den Betroffenen war verboten worden, weiterhin ihre Bundeswehr-Büros zu betreten.
https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/ulm/hauptverdaechtiger-reichsbuerger-ulm-tot-100.html

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Re: Presseschnipsel
« Antwort #8438 am: 3. Dezember 2020, 11:27:12 »
Anastasia hatten wir ja schon öfter.



Zitat
Völkische Siedler in Brandenburg
Wie eine Sekte ein Dorf übernimmt

Von Christoph Richter

Der erste Anschein: Hier sind Nostalgiker am Werke, die ein bisschen am „Früher“ hängen. Doch hinter der Anastasia-Bewegung, die sich nordwestlich von Berlin ihre eigene kleine Welt geschaffen hat, steckt mehr. Ein Besuch im Umfeld einer Sekte.
Spoiler
Der Novembernebel liegt tief und schwer über den Wiesen, Feldern und Auen der hügeligen Prignitz im Nordwesten Brandenburgs. Für bundesweites Aufsehen sorgt seit geraumer Zeit das 240-Seelen-Dorf Grabow, weil sich hier Anhänger der sogenannten „Anastasia“-Landsiedlerbewegung niedergelassen haben. Reden wollen die Beteiligten allerdings nicht.

„Wird doch sowieso alles verkehrt dargestellt. Sind unsere Gelder, mit denen ihr arbeitet. Ich möchte einfach eine objektive Berichterstattung, mehr nicht. Ich verfolge euch schon eine ganze Zeit. Das reicht. Seien Sie froh, dass ich weggehe“, sagt ein Mann aus dem näheren Umkreis der russischen „Anastasia“-Bewegung, dem sogenannten „Goldenen Grabow“.

Mit einem rostigen Pflug über die Felder
Schnell wird deutlich: Die Stimmung ist angespannt. Viele in der Gegend winken bei Nachfragen ab. Aus Angst, dass der eigene Name öffentlich wird. Die Frauen in weiten einfarbigen Kleidern und die Männer, die das Feld mit einem rostigen Pflug wie vor 100 Jahren mit Muskelkraft bearbeiten, seien keinesfalls harmlose Ökos, sondern völkische Siedler, die den Ort, ja die Gegend, verändern.

- „Ich find das nicht gut…“
- „Warum? Können Sie es kurz sagen?“
- „Nein.“

- „Schon davon gehört…“
- „Was halten Sie davon?“
- „Oh, nicht aufnehmen.“
- „Nein?“
- „Nein!“

- „Wie ist die Stimmung hier?“
- „Nein, nein.“



Der frühere Ortsvorsteher Markus Krause gilt, zusammen mit seiner Frau Iris Krause, als die Schlüsselfigur der „Anastasia“-Bewegung in Grabow. Einer seiner Nachbarn ist der 72-jährige Kurt Schramm. Er lehnt am Gartenzaun und ist einer der wenigen, der spricht. Man kenne sich seit Jahrzehnten, sagt der frühere Traktorist:

- „Was soll ich dazu sagen. Ich komm mit allen gut aus.“
- „Was halten Sie davon?“
- „Stört mich gar nicht, ich habe nichts dagegen. Bin mit einigen gar befreundet. Helfen uns auch gegenseitig. Solange sie mich in Ruhe lassen, ist mir alles egal.“

Über allem die feenhafte Anastasia
Grundlage der „Anastasia“-Bewegung ist die zehnbändige Romanreihe „Anastasia – Tochter der Taiga“ aus der Feder des russischen Autors und Unternehmers Wladimir Megre. Zentrale Figur ist die feenhafte Anastasia, mit blondem wallendem Haar. Eine übernatürliche esoterische Botschafterin einer „natur-harmonischen Lebensweise“. Zur Vollendung dieser Lebensform sind ein Hektar große „Landsitze“ aufzubauen.

Letztlich geht es um die Selbstversorgung von Menschen mit blonden Haaren, blauen Augen, die im erdigen Einklang mit der Natur leben. Klingt harmlos, ist es aber keinesfalls, sagt die Historikerin Laura Schenderlein. Sie arbeitet im Mobilen Beratungsteam bei „Demos“, dem „Brandenburgischen Institut für Gemeinwesenberatung“:

„Es wird die Geschichte erzählt, dass wir alle manipuliert sind und uns in einer Art Schlaf befinden, aus dem wir erweckt werden müssen, um zur Glückseligkeit zurückzukommen. Die Demokratie ist die Manipulationstechnik, der wir unterworfen sind, wo die Politiker die Marionetten darstellen, die uns nach ihren Vorstellungen tanzen lassen. Und im Hintergrund steht eine Elite, die die Fäden in der Hand hält.“

Zum Vorschein kämen antisemitische Stereotype und Verschwörungstheorien. Im Nazi-Duktus werde behauptet, die Juden kontrollierten den weltweiten Geldfluss. Und: „Dass wir alle manipuliert sind von einem jüdischen Kreis im Hintergrund, von jüdischen Priestern.“

Das völkische Siedlungsprojekt „Goldenes Grabow“
Schlüsselfiguren der „Anastasia“-Bewegung in Brandenburg sind Markus und Iris Krause mit ihrem sogenannten Dorferneuerungsprojekt „Goldenes Grabow“. Ihnen gehe es dabei nach Ansichten von Szene-Kennern um die Anschlussfähigkeit an rechtsextreme Strukturen. Denn ganz so friedlich, wie sich die Krauses gerne präsentieren, sind sie nicht.

Deutlich wird das bei einer Bürgerversammlung, als man 2015 Stimmung gegen Geflüchtete macht. Zu sehen in einem selbstproduzierten Video aus dieser Zeit. Markus Krause sagt: „Sollten uns unsere Politiker, Beamte, Soldaten, nicht mehr dienen wollen, bauen wir kleine Strukturen auf.“ Iris Krause: „Über die drei Unterschriftensammlungen hinaus haben wir vorgeschlagen, im Falle eines Falles eine Dorfwehr zu bilden.“

Der Bewegung gehören wohl mehr als 80 Hektar Land
2015 wird in Grabow ein einwöchiges Sommerlager durchgeführt. Organisiert vom Jugendbund Sturmvogel, einer Abspaltung der verbotenen rechtsextremen Wiking-Jugend. Öffentlich gemacht hat das die Investigativjournalistin Andrea Röpcke. Für Irritation sorgt, dass Krause ein vom Land „öffentlich bestellter Vermesser“ ist.

Er hat ein Büro und ein gutes Dutzend Mitarbeiter und ist in Pritzwalk unterwegs. Damit habe er, so die Kritik, früh Kenntnis, welche Flächen und Gebäude zum Verkauf stünden. Nach Recherchen des ARD-Magazins „Kontraste“ sollen der „Anastasia“-Kolonie „Goldenes Grabow“ bereits mehr als 80 Hektar Land gehören.

Gerne hätten wir zu all den Aspekten mit Markus Krause selbst gesprochen. Lange reagiert er nicht auf die Anfrage. Schließlich schreibt er in einer E-Mail:

„Schon die Art Ihrer Fragestellung erzeugt in mir allerdings das Gefühl eines Déjà-vu-Erlebnisses. Da frage ich mich natürlich, welchen Sinn soll es haben, dass Sie und ich sich austauschen?“

Krause möchte ausführlich dargelegt haben, welche „Absichten und Zielstellungen“ das Gespräch haben soll und fragt nach einem „Drehbuch“. 

Der Umgang mit Markus Krause sei nicht einfach, sagt Holger Kippenhahn von der Linkspartei. Er ist der Bürgermeister der Einheitsgemeinde Heiligengrabe, zu der auch Grabow gehört:

„Weil Krause auch Reichsbürger-Manieren hat. Das haben wir bei Corona gemerkt. Wenn es darum geht, dass er einen Ausweis kriegt, sagt er: Er kommt nicht mit einer Maske hier herein, weil: Das könne er mit seinem Gewissen nicht vereinbaren.“

Sorge um „alarmistische Berichterstattung“
Bürgermeister Kippenhahn warnt aber, wie er sagt, vor einer „alarmistischen Berichterstattung“ und kritisiert die Medien, die nur „scharf auf so ein Thema seien“. Gleichzeitig räumt er ein, dass man die Bewegung nicht verharmlosen dürfe. Denn es seien keinesfalls Öko-Hipster, sondern rechte Siedler, die auf regionale Traditionen Einfluss nehmen wollen.

Eine unterschätzte Gefahr nennt die Brandenburger Landtagsabgeordnete der Linken, Andrea Johlige, die „Anastasia“-Bewegung. Sie fordert einen genaueren Blick der verantwortlichen Behörden:

„Das sehe ich derzeit noch nicht. Weil: Derzeit ist mein Eindruck tatsächlich, dass das überhaupt noch niemand auf dem Plan hat. Also das Bildungsministerium hat nicht auf dem Plan, dass es möglicherweise tatsächlich ein Problem sein könnte, wenn die ihre Kinder gerade dem Schulsystem entziehen.“

Nach Angaben des Bildungsministeriums in Potsdam würden derzeit drei Kinder aus zwei Grabower Familien den Schulbesuch seit Februar 2020 bzw. seit Beginn des neuen Schuljahres dauerhaft verweigern. Mit einer betroffenen Familie wurden persönliche Gespräche geführt, heißt es weiter. Die zweite Familie habe auf Kontaktversuche nicht reagiert. Außerdem wurde ein Zwangsgeld angedroht bzw. festgesetzt. Jetzt prüfen die Behörden wegen Kindeswohlgefährdung.

Eine Generation, verloren für das demokratische System
„Weil: Wenn Kinder nie was anderes hören, auch keine Kontakte zu anderen Kindern haben, dann ist das natürlich eine gewisse Form von Indoktrination. Es steht zu befürchten, dass diese Generation dann auch quasi verloren ist fürs demokratische System.“

Gerüchte, das im Umfeld der „Anastasia“-Bewegung eine Grabower Familie gar vor dem Verwaltungsgericht Potsdam das Recht bekommen habe, die Kinder selbst zu beschulen, haben sich bisher nicht bestätigt.

Linken-Politikerin Johlige kritisiert den Verfassungsschutz des Landes Brandenburg, der die „Anastasia“-Bewegung nicht auf dem Plan habe. Vorwürfe mit denen man im Potsdamer Innenministerium wenig anfangen kann. Der Verfassungsschutz stehe im direkten und regelmäßigen Austausch mit den Verantwortlichen in der Gemeinde Grabow. Man sei an gesetzliche Grundlagen gebunden, die Hürden einer Beobachtung liegen hoch, sagt Michael Hüller, Politikwissenschaftler und Referent für Rechtsextremismus beim Brandenburger Verfassungsschutz: „Seien Sie versichert: Bei ‚Anastasia‘ in Brandenburg schauen wir genau hin.“

Aber erst, wenn man belegbare „organisierte Bestrebungen“ in der Hand habe, die zeigen, dass sich die „Anastasia“-Bewegung gegen die offene und freie Gesellschaft richtet, könne man sie in Brandenburg als Beobachtungsfall einstufen. „Wir sind bei der vertieften Überprüfung und werden in absehbarer Zeit zu einem Ergebnis kommen.“

Mit Sorge sieht man beim Verfassungsschutz mögliche Verbindungen des „Anastasia“-Kultes mit russischen Sektenanhängern und erkennt eine gewisse Putin-Begeisterung, einen Herrscher-Kult. Klar ist: Hier sind keine harmlosen Esoteriker unterwegs, sondern völkische Siedler, die mittels einer esoterischen Naturromantik antidemokratische Ressentiments bedienen, unterstreicht Rechtsextremismus-Expertin Laura Schenderlein:

„Festzustellen ist, dass es nicht weniger wird, sondern es ist vielmehr davon auszugehen, dass auch in der nächsten Zeit verstärkt Leute gibt, die sich in solche Szenen verabschieden. Oder Interesse daran hegen.“

MEHR ZUM THEMA
Esoterik und Rechtsextremismus – „Sensorium für gesellschaftliche Krisenherde“
(Deutschlandfunk Kultur, Interview, 10.11.2018)

Reichsbürgerbewegung und Esoterik – „Das Milieu schürt Heilserwartungen“
(Deutschlandfunk Kultur, Interview, 29.8.2017)

Vor 100 Jahren – „Zarentochter Anastasia“ aus Berliner Landwehrkanal gerettet
(Deutschlandfunk, Kalenderblatt, 17.2.2020)
[close]
https://www.deutschlandfunkkultur.de/voelkische-siedler-in-brandenburg-wie-eine-sekte-ein-dorf.1001.de.html
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Re: Presseschnipsel
« Antwort #8439 am: 3. Dezember 2020, 19:33:22 »
Zum Suizid und der Person des "Hauptverdächtigen" bei der Reichsbürger-Bundeswehrtruppe. Da konnte sich jemand wohl perfekt verstellen.

Da wir hier ja ein paar User mit Ahnung von Waffen haben: Ich frage mich ja, warum man an/in der Notaufnahme eines KH mit einer Waffe einen Suizid begeht. Sind da -je nach Kaliber oder so- die Chancen da doch zu überleben?  :scratch:

Siehe hier
https://forum.sonnenstaatland.com/index.php?topic=27.msg323795#msg323795

Spoiler
Krumbach
16:30 Uhr
Reichsbürger-Verdacht: Nach Suizid am Krankenhaus steht Krumbach unter Schock

Der Mann, der am Krumbacher Klinikum Suizid beging, war in vielen Vereinen aktiv. Dass gegen ihn wegen Verbindungen zur Reichsbürgerszene ermittelt wurde, überrascht viele.
Von
Alexander Sing

Warum? Diese Frage treibt seit gestern viele Krumbacher um. Seit ein 63-Jähriger sich auf dem Gelände des Krankenhauses selbst das Leben nahm. Viele kannten ihn. Er war in Vereinen aktiv, galt als gesellig. Viele Krumbacher trafen ihn regelmäßig, saßen abends mit ihm zusammen. Jetzt sind sie fassungslos darüber, dass gegen ihn und sieben weitere Verdächtige wegen Verbindungen zur Reichsbürgerszene ermittelt wird.

Einer von denen, die den Mann schon lange kannten, ist Reiner Egner. Der Schützenmeister des Schützenbunds Krumbach beschreibt den Verstorbenen als „sehr beliebt“ und „einen guten Schafkopfer“. Nie habe er bestimmte Theorien in die Welt gesetzt oder gezeigt, dass er dem Gedankengut der Reichsbürger nahestehen könnte. Auch im Umgang mit Waffen habe sich der Mann tadellos verhalten. Wie jedes andere Mitglied auch, habe er eine Waffenbesitzrechtskarte gehabt, die ihm den Umgang mit Schusswaffen am Schießstand erlaubt – geprüft durch den Bayerischen Sportschützenbund.
Suizid in Krumbach: Verstorbener galt als waffenaffin

Der Mann galt als waffenaffin, hatte mehrere Schusswaffen zu Hause. Mittlerweile hat die Polizei bestätigt, dass eine davon die Waffe war, die er gegen sich selbst gerichtet hat. Auch ein Abschiedsbrief wurde gefunden, zu dessen Inhalt die Ermittler aber keine Angaben machten. Weshalb der Mann sich dazu entschied, auf dem Gelände des Krankenhauses in aller Öffentlichkeit Suizid zu begehen, bleibt so vorerst ein Rätsel.

Vor der Notaufnahme am Krumbacher Krankenhaus erinnert derweil nichts mehr an das Drama, das sich dort abgespielt hat. Hermann Keller, Direktor Klinikmanagement der Kreiskliniken, war selbst im Haus, als am Mittwoch gegen zehn Uhr vormittags ein dumpfes Schussgeräusch zu hören war. Er eilte zum Tatort, sah vor der Notaufnahme einen Mann liegen. Rettungssanitäter versuchten noch, ihm das Leben zu retten, sagt Keller. Vergeblich. Was es mit dem rätselhaften Suizid womöglich auf sich hat, erfährt er erst aus den Medien. „Wir wissen nicht, was er bei uns wollte. Er war kein Patient bei uns“, sagt der Direktor.
So erlebten Mitarbeiter des Krumbacher Krankenhauses den Vorfall

Die Mitarbeiter im Krankenhaus seien von dem Vorfall sehr mitgenommen. „Wir sind ja vieles gewöhnt. Aber das war schon ein großer Schreck. Normalerweise bringen ja die Sanitäter solche Fälle zu uns, sie passieren nicht hier“, so Keller. Man werde nun prüfen, ob bei Mitarbeitern Bedarf nach therapeutischen Gesprächen bestehe.

Nach dem Vorfall hatte die Polizei routinemäßig Ermittlungen eingeleitet. Das sei üblich bei Todesfällen unter solch ungewöhnlichen Umständen, um eine Fremdeinwirkung auszuschließen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft gegenüber unserer Redaktion. Es hätte sich aber kein entsprechender Verdacht ergeben.

An anderer Stelle laufen die Ermittlungen dagegen auf Hochtouren. Wie berichtet, hatte der Militärische Abschirmdienst (MAD) die Verdächtigen am Dienstag und am Mittwoch befragt. Zu Details machte ein Sprecher mit Verweis auf das laufende Verfahren keine Angaben. Es verdichten sich aber die Hinweise, dass der 63-jährige Krumbacher bei den Ermittlungen zu den Hauptverdächtigen gehörte. Sollte dies sich bestätigen, führte der Mann wohl eine Art Doppelleben.
Reichsbürger-Ermittlungen: Führte der Krumbacher ein Doppelleben?

Das vermutet auch Uli Köhler. Er ist Präsident der Faschingsgilde Zylinderer, in der der Tote ebenfalls seit vielen Jahren aktiv war. „Ich kannte ihn als lebensfrohen, netten Menschen. Aber man in kann in niemanden reinschauen.“ Womöglich habe der Mann sich, auch aufgrund seines Berufs, sehr gut verstellen können. Es sei allgemein bekannt gewesen, dass er für die Bundeswehr arbeite. Was genau er dort machte, darüber habe man nie gesprochen, sagt Köhler. „Ich wusste, dass er sehr waffenaffin war. Aber ich dachte, das gehört bei seinem Job dazu. Er hat nie irgendwelches radikales Gedankengut geäußert.“

Allerdings zeigte der 63-Jährige in den vergangenen Monaten wohl eine Nähe zur Szene der sogenannten Querdenker. Das bestätigen mehrere Krumbacher, die ihn näher kannten. Offenbar stand der Mann den Corona-Maßnahmen der Regierung äußerst kritisch gegenüber. Die Querdenker-Bewegung steht laut RBB aktuell im Fokus des Verfassungsschutzes – unter anderem wegen einer möglichen Vernetzung mit den Reichsbürgern.
[close]
https://www.augsburger-allgemeine.de/krumbach/Reichsbuerger-Verdacht-Nach-Suizid-am-Krankenhaus-steht-Krumbach-unter-Schock-id58660626.html

https://www.br.de/nachrichten/bayern/verdaechtiger-in-reichsbuerger-ermittlungen-tot-aufgefunden,SI25MM5

https://www.berliner-zeitung.de/news/reichsbuerger-verdacht-suizid-bei-bundeswehr-behoerde-li.123298
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Re: Presseschnipsel
« Antwort #8440 am: 3. Dezember 2020, 19:48:42 »
Ich finde wird sollten das nicht weiter behandeln, der Mann ist tot und damit sollten wir diesen Themenpunkt nicht weiter diskutieren.
Suizid ist auch immer eine Verzweiflungstat
An Rüdiger Hoffmann: Der Faschist sagt immer, da ist der Faschist  (in Anlehnung an die Signatur des geschätzten MitAgenten Schnabelgroß)

Wir kamen
Wir sahen
Wir traten ihm in den Arsch
 
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Re: Presseschnipsel
« Antwort #8441 am: 3. Dezember 2020, 19:49:07 »
Ich frage mich ja, warum man an/in der Notaufnahme eines KH mit einer Waffe einen Suizid begeht. Sind da -je nach Kaliber oder so- die Chancen da doch zu überleben?


Da kann man nur spekulieren.
Schon in russischen Schützengräben haben sich deutsche Soldaten russische Kleinkaliberwaffen besorgt, weil man damit auf geringe Entfernung bessere Wirkung erzielte als mit den deutschen Großkaliberpistolen.
Erst beim Mord an Walter Lübcke konnte man sehen, daß KK um nichts weniger gefährlich ist als eine Großkaliberwaffe.
Kommt nur drauf an, wo man hintrifft.

Dem ging es ganz offensichtlich darum, das ganze möglichst öffentlich ablaufen zu lassen.


Erst gestern kam mir zum Überleben mit einer Kugel im Kopf ein kurioser Bericht von 1910 unter:
https://www.derstandard.de/story/2000121518382/historischer-zeitungsschnipsel-2-dezember-1910


Fazit: Man kann zu dem Fall von Krumbach nicht wirklich etwas Substantielles sagen.


.
« Letzte Änderung: 3. Dezember 2020, 19:58:15 von Reichsschlafschaf »
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Re: Presseschnipsel
« Antwort #8442 am: 3. Dezember 2020, 19:53:36 »
Auch eine Kleinkaliber-Waffe kann sofort tödlich sein...  Näher bewerten kann ich das nicht aus dem Text heraus. Die Frage ist: Warum sich tödlich verletzen, um es doch überleben zu wollen? Es gibt Möglichkeiten, sich so schwer zu verletzen, dass es prinzipiell tödlich sein kann... ist aber nichts, was man freiwillig probiert, weil sehr schmerzhaft und idR mit permanenten Folgen verbunden.

Da nix über den Inhalt des Abschiedsbriefes gesagt wird kann es auch sein, dass der Ort wegen der Feststellung von Tod und Todesart gewählt wurde. Vieleicht als Versuch, sich durch den Freitod "reinzuwaschen"... Sehr sehr viel Spekulatius.

Nachklapp zu Reichsschlafschaf:

Das sowjetische Kleinkaliber 7,62x25mm war/ist deutlich energiereicher als die deutsch 9x19mm. Darüber hinaus konnte man mit den sowj. Pistolen und MP auch die deutsche 7,63x25mm Mauser verschießen (aber nicht umgekehrt). Somit konnte ein findiger "Landser" sowohl Beute- wie auch eigene Munition nutzen. Weiterhin wurden von Soldaten aller Seiten die Waffen der jeweiligen Feinde als "besser" angesehen und gesammelt/genutzt. Und Pistolen waren eh sehr beliebt als Beute, da sie eben nicht zur regulären Ausstattung der einfachen Soldaten gehörten, aber in vielen Situationen nützlicher waren als die Standard-Repetiergewehre... vor allem wie Reichsschlafschaf erwähnte, auf kurze Entfernungen.
« Letzte Änderung: 3. Dezember 2020, 20:04:27 von Schreibtischtäter »
 
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Re: Presseschnipsel
« Antwort #8443 am: 4. Dezember 2020, 11:18:28 »
Netzpolitik.org über das Spendensammeln der Quarkdenker. Könnte prinzipiell auch dort im Faden stehen, bei Bedarf bitte verschieben. Die Lektüre lässt doch stark den Verdacht aufkommen, das es unseren prominenten Querdenkern eigentlich nur darum geht, möglichst viel Geld einzusammeln.

Zitat
Die Spur des Geldes

Eine Initiative sammelt Spenden, um gegen Corona-Maßnahmen zu klagen. netzpolitik.org und das ZDF-Format Frontal_ sind ihrer Spur zu einer Briefkastenfirma in den Niederlanden und einem mutmaßlichen Reichsbürger im Odenwald gefolgt. Ein „Querdenken“-Anwalt spielt dabei eine undurchsichtige Rolle.

Die Frau mit der Clownsnase zweifelt. Bei der Kundgebung von Corona-Leugner:innen auf dem Kölner Neumarkt kämpft sie sich durch die Menge, bis sie Ralf Ludwig erreicht. Von ihm erhofft sie sich Antworten.

Vor der Corona-Pandemie war Ludwig nur ein kaum bekannter Anwalt aus Leipzig, seither inszeniert er sich als Bürgerrechtler. An diesem Nachmittag plaudert er mit Demo-Teilnehmer:innen, sie machen Bilder, manche vertrauen ihm ihre Ängste an. In der „Querdenken“-Bewegung hat sein Wort Gewicht, auch ihr Initiator Michael Ballweg ist sein Mandant.

Die Frau mit der Clownsnase will mehr wissen über eine Initiative, die im Netz zu Spenden aufruft: „Das Volk gegen Corona“. Sie habe sich nicht getraut, dieser Geld zu schicken, erzählt sie. Ihr Misstrauen könnte gerechtfertigt sein.
Galionsfigur für die „größte Klage der deutschen Geschichte“

Bereits im September hat netzpolitik.org über „Das Volk gegen Corona“ und das Spendenkonto berichtet. Seither haben wir gemeinsam mit dem ZDF-Format Frontal_ zur Intransparenz der Initiative recherchiert. Im Umfeld der „Querdenken“-Bewegung bittet sie um Überweisungen für die vermeintlich „größte Klage der deutschen Geschichte“. Wir haben die Spur einer Briefkastenfirma in den Niederlanden verfolgt und Hintermänner aufgespürt, die seit Jahren Geld an dubiosen Esoterik-Produkten verdienen. Zeitgleich mit diesem Artikel erscheint beim ZDF auf YouTube ein Film, der unsere Recherchen dokumentiert.

Aber als sich die Frau mit der Clownsnase Mitte Oktober bei Ludwig nach „Das Volk gegen Corona“ erkundigt, wiegelt er ab. Zu sehen ist Szene in einem Livestream auf YouTube. „Das unterstütze ich“, sagt Ludwig. „Da können Sie das hin überweisen.“ Aber warum ständen auf der Website ein Ort in den Niederlanden und eine belgische Kontonummer? Der Anwalt sagt: „Ach so, nee, das weiß ich gar nicht, warum da eine belgische IBAN ist.“

Ralf Ludwigs Reaktion ist erstaunlich. Denn er ist nicht nur ein einfacher Unterstützer von „Das Volk gegen Corona“. Man könnte sagen, er ist die Galionsfigur. Der Anwalt ist Schirmherr der Initiative, die Spendengeld im Ausland sammelt. Sein Gesicht prangt auf ihrer Homepage. Dort heißt es auch, er überwache „die ordnungsgemäße Nutzung der Gelder“. Auf Telegram, wo ihn fast 48.000 Menschen abonniert haben, verbreitet Ludwig die Botschaften der Initiative weiter.

Träumen vom Vernichtungsschmerz


Auf seiner Website spielt „Das Volk gegen Corona“ die Pandemie herunter, durch die in diesem Jahr fast eineinhalb Millionen Menschen gestorben sind. Behauptet wird stattdessen, entsprechende Zahlen seien manipuliert – eine Verschwörungserzählung. „Das Volk gegen Corona“ will nicht gegen Corona vorgehen, sondern gegen diejenigen, die das Virus und seine Ausbreitung bekämpfen.

Nach eigenen Angaben plant die Initiative, den Virologen Christian Drosten und das Robert Koch-Institut vor Gericht zu zerren, weil sie die Bundesregierung schlecht beraten hätten. Die Hinterleute schreiben, „der finanzielle Leidensdruck und die Angst, dass wir obsiegen könnten, werden für diese Personen ein Vernichtungsschmerz“ sein.

Es ist unwahrscheinlich, dass es so weit kommen wird. Obwohl „Das Volk gegen Corona“ bereits im Sommer die Arbeit aufgenommen haben soll, kann die Initiative kaum etwas vorweisen. Sie kündigte etwa an, Gutachten zu beauftragen, damit eine ominöse „Wahrheit“ ans Licht komme. Bis heute hat sie keine Auftragsvergabe vermeldet.

Überweisungen nach Belgien, Geld in die Niederlande

Trotzdem bittet sie seit Monaten um Spenden, zu überweisen an eine belgische Kontonummer. Diese gehört einer Briefkastenfirma in den Niederlanden mit dem Namen Medical Research Systems. Laut eigener Darstellung sammelt sie das Geld im Ausland, um dem deutschen Staat eine „Blockade zu erschweren“. Geschäftsführer ist ein Mann namens Dennis Haberschuss. Im Impressum der Website wird er erst erwähnt, nachdem wir über seine Beteiligung berichtet haben.

„Wir sind für völlige Transparenz“, beteuert „Das Volk gegen Corona“ im Netz. Wie unsere Recherchen zeigen, hat dies offenbar wenig mit der Wirklichkeit zu tun.

„Es ist weder erkennbar, wer konkret für diese Firma Verantwortung trägt, noch ob es etwa Aufsichtsgremien innerhalb dieser Organisationen gibt“, sagt Burkhard Wilke vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen. Die Einrichtung prüft gemeinnützige Organisationen und vergibt Spenden-Siegel. Bei „Das Volk gegen Corona“ seien hinsichtlich der Transparenz Fragen offen.

„Für viele Menschen sind Schirmherren letztlich die entscheidende Vertrauensbrücke zu einer Organisation“, sagt Wilke. Spender:innen müssten sich darauf verlassen können, dass ein Schirmherr die Funktionsweise der Spendensammlung gewissenhaft überprüft habe.

Aber wie kann der Schirmherr Ralf Ludwig die Spendensammlung koordinieren und die ordnungsgemäße Nutzung der Gelder überwachen, wenn er – wie er der Frau mit der Clownsnase sagt – noch nicht einmal von dem Spendenkonto im Ausland weiß?

Eine ganz normale Firma?


Der Anwalt beantwortet keine einzige der Fragen, die wir ihm im September per E-Mail schicken. Stattdessen verspricht er eine Pressekonferenz, in der von uns kontaktierte Unternehmen und Privatpersonen alle Hintergründe „mit maximaler Transparenz“ öffentlich machen würden. Aber sie fand bis heute nicht statt.

Also sprechen wir Ludwig Ende Oktober am Rande einer Kundgebung vor dem Brandenburger Tor auf „Das Volk gegen Corona“ an. Er sagt, er wisse nicht, wie viel Geld bereits bei der Initiative eingegangen sei, würde aber auch keine Zahlen nennen. Er habe mit den Hinterleuten der Initiative einen Vertrag geschlossen. Darin sei festgelegt, dass er entscheiden dürfe, wie Spendengelder verwendet werden. Wo diese gesammelt werden, ist für den Anwalt anscheinend unerheblich. „Ich muss doch nicht wissen, auf welches Konto das geht!“

Auch an Medical Research Systems sieht er nichts Fragwürdiges. „Die Firma, die quasi das Geld einsammelt – das ist alles ganz normal.“

Recherchen von netzpolitik.org und Frontal_ wecken Zweifel an dieser Beurteilung. Wir sind in die Niederlande gefahren und haben selbst nach Antworten gesucht, in einer Stadt, in der Medical Research Systems im Juli gegründet wurde, rund 60 Kilometer westlich von Köln.

Ein Briefkasten für 27 Firmen

Zacken auf dem Metallzaun sollen das einstöckige Gebäude am Stadtrand von Kerkrade vor ungebetenen Gästen schützen. Dort firmiert Black Pearl Offshore Limited, das Unternehmen verkauft Neugründungen als Dienstleistung. Auf seiner Website heißt es, die Anmeldung einer Firma dauere bloß 30 Minuten, Geschäftsführer:innen müssten dazu persönlich erscheinen. „Anschließend können Sie wieder nach Hause fahren.“

Dem Anschein nach hat Dennis Haberschuss, der rund dreieinhalb Autostunden entfernt in Hessen lebt, eine solche Dienstleistung in Anspruch genommen. Der Name von Medical Research Systems steht auf einem Briefkasten in Kerkrade. Nur stehen auf demselben Briefkasten auch noch 26 weitere Firmennamen, für die Black Pearl Offshore Limited zuständig sein soll. Im Handelsregister sind an der Adresse mehr als 50 Unternehmen eingetragen.

Eine Frau öffnet uns die Türe. Medical Research Systems sei nicht mehr hier, sagt sie. „Die haben eine neue Adresse.“

Noch kein Mietvertrag


Die Firma hinter „Das Volk gegen Corona“ ist in eine andere Stadt umgezogen. Die „größte Klage in der deutschen Geschichte“ soll jetzt 50 Kilometer weiter nördlich im niederländischen Swalmen vorbereitet werden. Zumindest auf dem Papier. Denn gesehen hat Haberschuss dort offenbar noch niemand.

An der neuen Anschrift sind sogar noch mehr Unternehmen registriert als zuvor in Kerkrade. Tatsächlich seien vor fünf Wochen per Post Unterlagen zum Umzug eingegangen, erzählt uns Anfang dieser Woche der Geschäftsführer einer im selben Gebäude ansässigen Firma. Den Schlüssel für das 25 Quadratmeter große Büro soll noch niemand abgeholt haben. Nun warte man darauf, dass Dennis Haberschuss vorbeikomme, um den Mietvertrag zu unterschreiben.

Nach Informationen von netzpolitik.org und Frontal_ hat der Mann hinter „Das Volk gegen Corona“ offenbar per E-Mail darum gebeten, den Einzug zu verlegen. Haberschuss soll dies mit „weltweiten Entwicklungen“ begründet haben – also wohl mit derselben Pandemie, deren Gefährlichkeit seine Initiative auf ihrer Website konsequent verharmlost.

Ob die Initiative wirklich ein Büro in Swalmen beziehen wird, ist unklar. Vor Ort heißt es, Dennis Haberschuss habe einen neuen Terminvorschlag für den Dezember nicht bestätigt.

Keine Antworten

Auch auf unsere E-Mails reagiert Haberschuss nicht. Seit Monaten versuchen wir, von ihm Antworten zu erhalten. Gefragt haben wir zu der Transparenz, die seine Initiative im Netz zusichert. Wer die Nummer auf der Website von „Das Volk gegen Corona“ anruft, den wimmelt eine Computerstimme vom Band ab. Man sei beschäftigt und könne nicht ans Telefon gehen. Es wird aufgelegt.

Gemeldet ist Haberschuss in Bad König im Odenwaldkreis, in einem Neubaugebiet mit cremefarbenen Häusern und Buchsbaumhecken. An einem Dienstagnachmittag im November sind die Rollläden seiner Wohnung heruntergelassen, er ist nicht zu Hause. Aber dann biegt er mit dem Auto in die Einfahrt ein, ein 41-jähriger Mann mit Stoppelfrisur und Anglerweste.

Habe er kurz Zeit für ein Gespräch? Haberschuss will nicht. Er fuchtelt mit seinen Schlüsseln in der Luft herum. „Sie verschwinden aus meinem persönlichen Bereich!“ Schon fällt die Haustür ins Schloss.

Der zweite Mann

Haberschuss ist nicht die einzige Person, die an „Das Volk gegen Corona“ beteiligt ist. Wir haben Metadaten sämtlicher Unterseiten ausgewertet, diese wurden demnach fast alle von Haberschuss erstellt. Aber einmal taucht im Quelltext als Autor ein anderer Name auf: „Ingo“.

Auch die niederländische Telefonnummer, die für Medical Research Systems im Handelsregister hinterlegt ist, leitet auf den Anschluss eines Mannes weiter, der diesen Namen trägt: Ingo G. Er wohnt in derselben Stadt wie Haberschuss. Seine beiden Deutschen Schäferhunde bellen uns hinter einem Eisentor an. Ingo G. sei nicht zu sprechen, sagt seine Frau. Wir sollen einen Termin machen.

Aber zu einem Termin kommt es nicht. Die Rolle des zweiten Mannes hinter „Das Volk gegen Corona“ bleibt unklar. Er streitet seine Beteiligung an der Initiative nicht ab, will aber keine Fragen beantworten, schon gar nicht zu den Spendengeldern, die Medical Research Systems im Ausland sammelt. „Das gehört zum operativen Geschäft“, sagt er am Telefon.

G. schlägt uns vor, mit seinem Anwalt zu reden, verrät jedoch nicht, wie man diesen kontaktieren könne. Stattdessen droht er. „Ich warte jetzt ab, bis Sie einen Fehler machen und dann schieße ich aus allen Rohren.“

Auch auf der Website von „Das Volk gegen Corona“ klingt der Ärger der Hintermänner durch. Was dort steht, wirkt wie ein Rachefeldzug. „Es ist Zeit, genauso kollektiv zurückzuschlagen, wie man uns mit den Corona-Verordnungen getroffen hat – egal ob KFZ-Mechaniker, Einzelhändler, Gastronom, Schausteller, Landwirt oder Club-Betreiber.“ Die Initiative fordert den „Mittelstand“ auf, sich der Klage anzuschließen.

Es ist wahrscheinlich, dass die Schutzmaßnahmen auch für Ingo G. finanzielle Verluste bedeuten. Seiner Frau gehört eine Firma, die in Hessen einen Sex-Club betreibt. Aber in dem Bundesland sind Prostitutionsstätten seit März durchgängig geschlossen. „Die Events sind bis auf Weiteres abgesagt“, steht auch auf der Homepage eines Bordells an der Wohnadresse von Ingo G.

Geld mit Esoterik

Kennengelernt haben sich Dennis Haberschuss und Ingo G. schon vor Jahren. Seit langer Zeit mischen sie nach Recherchen von netzpolitik.org und Frontal_ in der deutschen Esoterik-Szene mit. Haberschuss betreute eine Reihe entsprechender Websites als technischer Administrator, G. veranstaltete mehrere Esoterik-Kongresse. Auch prominente Verschwörungsideolog:innen und Größen der neuen Rechten wie Eva Herman traten bei ihm auf, Fotos zeigen den zweiten Mann hinter „Das Volk gegen Corona“ in solcher Gesellschaft.

Haberschuss und G. waren auch am Vertrieb eines pseudo-wissenschaftlichen Geräts namens „Lebensfeldstabilisator“ beteiligt. Der Produktbeschreibung zufolge erzeugt es Magnetfelder, die sich auf die Gesundheit auswirken, Anwender:innen sollten es wie ein Amulett um den Hals tragen. Dass ein „Lebensfeldstabilisator“ tatsächlich irgendetwas bewirkt, ist unbelegt. Im Webshop kostet er trotzdem 299 Euro.

Mit Esoterik lasse sich eine Menge Geld verdienen, sagt die Sozialwissenschaftlerin Claudia Barth. An der Hochschule Esslingen untersucht sie esoterische Strömungen und hat auch die Entwicklungen im Umfeld der „Querdenken“-Bewegung genau beobachtet. Für ihre Forschung hat sie Demonstrationen besucht und mit Teilnehmenden gesprochen. Auffällig viele Menschen in dieser Szene seien demnach anfällig für Esoterik. „Es war fast durch die Bank so, dass sich die Leute dort spirituell-esoterisch verortet haben.“

Diese Weltanschauung scheint unter Corona-Leugner:innen ein großer Gleichmacher zu sein. Viele von ihnen seien zudem zuvor eher unpolitisch gewesen, sagt Barth. In der „Querdenken“-Bewegung sieht sie viele Angehörige einer Mittelschicht, die nun in der Pandemie den gesellschaftlichen Abstieg fürchten. Es sind solche Menschen, an die Dennis Haberschuss und Ingo G. den „Lebensfeldstabilisator“ vertrieben haben und die nun wohl Geld an „Das Volk gegen Corona“ überweisen sollen.

Reichsbürger und Selbstverwalter

Claudia Barth warnt davor, dass ein Teil der Esoterik-Szene rechtsradikal sei. Zudem gebe es Überschneidungen mit Reichsbürgern. Diese glauben, Deutschland sei seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs von den Alliierten besetzt und die Bundesrepublik damit kein souveräner Staat.

Auch Dennis Haberschuss ist mit Aussagen aufgefallen, die dieser Ideologie ähneln. Auf Twitter schrieb er auf Englisch von „Merkel und ihren Terrorist:innen“, im April bat er US-Präsident Donald Trump als vermeintlichen „Oberbefehlshaber der Besatzung“, er möge seine Soldat:innen nach Berlin schicken und „die korrupte Pseudo-Regierung“ eliminieren.

Ende August protestierte Haberschuss in Berlin gegen die Corona-Maßnahmen, ein Foto zeigt ihn auf der Friedrichstraße. Im Demonstrationszug, dem er sich anschloss, marschierten auch Teilnehmer:innen mit schwarz-weiß-roten Flaggen, wie Reichsbürger sie häufig nutzen.

Das hessische Landesamt für Verfassungsschutz wollte sich gegenüber netzpolitik.org und Frontal_ aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zu Haberschuss äußern. In einer allgemein gehaltenen Aussage teilte der Geheimdienst mit, er habe auch Personen aus Hessen festgestellt, die als Reichsbürger und Selbstverwalter bewertet würden und in Berlin demonstriert hätten.

Das autarke Volk gegen Corona

Weiß Schirmherr Ralf Ludwig von der ideologischen Nähe, in die sich Haberschuss mit seinen Äußerungen auf Twitter begeben hat? Als wir ihn darauf ansprechen, streitet er dies ab. „Wenn jemand von ‚eliminieren‘ spricht, ist das natürlich ein Problem“, sagt er. Von Aufrufen zu Gewalt distanziere er sich, er wolle Haberschuss in dieser Angelegenheit kontaktieren.

Aber Wochen vergehen und die Tweets an den US-Präsidenten bleiben im Netz, währenddessen wirbt Ludwig auf seinen Kanälen weiter für „Das Volk gegen Corona“.

Am Dienstagabend teilt der Anwalt auf Telegram das jüngste Video der Initiative, das diese über ihren YouTube-Kanal veröffentlicht hat. Es scheint eine bizarre Wendung darzustellen. Denn der knapp 24 Minuten lange Film handelt nicht mehr von der Klage, für die Medical Research Systems seit dem Sommer um Überweisungen bittet.

Stattdessen spricht eine Heilpraktikerin auf einmal von „Visionen für Menschen, die aus dem alten System ausbrechen möchten und eine neue Form, eine neue Gesellschaft auf Erden aufbauen wollen“, in der sie „im Einklang mit der Natur“ leben können.

Die „Visionen“ erinnern im Ansatz an völkische Siedlungsprojekte wie im Umfeld der rechts-esoterischen Anastasia-Bewegung und Scheinstaaten wie das „Fürstentum Germania“, in das Dennis Haberschuss’ Vater involviert war. „Bei Reichsbürgern, Selbstverwaltern und Anastasia-Anhängern waren in den letzten Jahren bereits starke Tendenzen in Richtung Verschwörungsfantasien und Esoterik erkennbar“, teilt der Verfassungsschutz Brandenburg auf Anfrage mit.

In dem neuen YouTube-Video verkündet die Heilpraktikerin, viele seien auf der Suche nach alternativen Lebensformen. „Das Volk gegen Corona“ wolle diese Menschen jetzt unterstützten. Auch ihr Interviewgast – ein österreichischer Arzt mit Berufsverbot und einer Vergangenheit als Guru – träumt davon, „kleine Gemeinschaften aufzubauen, die autark sind“. Er soll nun ebenfalls von der Initiative unterstützt werden, wie es in dem Video heißt.

Was all das noch mit der Pandemie zu tun haben soll, wird nicht ersichtlich. Aber unter dem YouTube-Video steht eine Bankverbindung. Es ist das Spendenkonto, bei dem der Frau mit der Clownsnase Zweifel gekommen sind.
Sebastian Leber über Rüdi: Hoffmanns Beweisführung ist, freundlich ausgedrückt, unorthodox. Es geht in seinen Filmen drunter und drüber wie bei einem Diavortrag, bei dem der Vortragende kurz vor Beginn ausgerutscht ist und alle Dias wild durcheinander auf den Boden flogen.
 
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