Im Einzelnen:
A. Die vier Festgenommenen sind der Mitgliedschaft in einer
rechtsextremistischen kriminellen Vereinigung (§ 129 Abs. 1
Satz 2, Abs. 2 StGB) dringend verdächtig, wobei Leon R. zur
Last gelegt wird, sich als Rädelsführer an dieser Vereinigung
beteiligt zu haben. Im Zusammenhang damit werden Leon R. zudem
gefährliche Körperverletzung (§ 223 Abs. 1, § 224 StGB) und
Landfriedensbruch (§ 125 Abs. 1 Nr. 1 StGB) vorgeworfen. Gegen
Maximilian A., Bastian A. und Eric K. besteht zusätzlich der
dringende Verdacht gefährlicher Körperverletzung und tätlichen
Angriffs auf Vollstreckungsbeamte (§ 114 Abs. 1 und 2 StGB).
Den Beschuldigten werden im Wesentlichen folgende Sachverhalte zur Last gelegt:
Leon R. ist Anführer der von Eisenach aus agierenden Gruppierung "Knockout 51". Maximilian A., Eric K. und Bastian A. bekleiden ebenfalls Führungspositionen in der Vereinigung. Bei dieser Gruppierung handelt es sich um eine rechtsextremistische Kampfsportgruppe, die unter dem Deckmantel des gemeinsamen körperlichen Trainings junge, nationalistisch gesinnte Männer anlockt, diese bewusst mit rechtsextremem Gedankengut indoktriniert und für Straßenkämpfe ausbildet. Die Trainings finden unter der Leitung des Beschuldigten Leon R. in Eisenach regelmäßig in den Räumlichkeiten der Landesgeschäftsstelle der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), dem "Flieder Volkshaus", statt.
"Knockout 51" ist insbesondere in Thüringen aktiv und zudem überregional mit anderen rechtsextremistischen Akteuren in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg vernetzt. Diese Verbindungen beruhen auf persönlichen Kontakten von Leon R. zu der dort jeweils etablierten rechtsextremen gewaltbereiten Szene.
Spätestens seit März 2020 ist die Vereinigung auf die Begehung von erheblichen Straftaten ausgerichtet. Hierzu gehören vor allem Körperverletzungsdelikte, die in erster Linie gegen Angehörige aus dem politisch "linken Spektrum" begangen werden sollen, aber auch gegen die Polizei und sonstige Personen, die nach der rechtsextrem und rassistisch geprägten Weltsicht der Gruppierung bekämpft werden dürfen. Jedenfalls für Auseinandersetzungen mit "Linken" ist dabei auch der Einsatz von Hieb- und Stichwaffen vorgesehen.
In Eisenach versuchten die Mitglieder von "Knockout 51", einen sogenannten "Nazi-Kiez" zu schaffen und sich dort als bestimmende Ordnungsmacht zu etablieren. Seit Ende April oder Anfang Mai 2021 führte die Vereinigung in dem Gebiet "Kiezstreifen" durch. Dabei ging es einerseits um die Demonstration von Abwehrbereitschaft gegen potentielle Übergriffe aus dem "linken" Lager, zugleich aber auch um die gezielte Provokation von Gewalt sowie den aktiven Kampf gegen den politischen Gegner. Im Rahmen ihres Auftritts als selbst propagierte Ordnungsmacht begingen Leon R., Maximilian A., Bastian A. und Eric K. zwischen Februar 2021 und Januar 2022 mehrfach Körperverletzungsdelikte, bei denen sie andere Personen zum Teil schwer verletzten.
Um die kriminellen Zwecke der Vereinigung zu verwirklichen, suchten Mitglieder von "Knockout 51" überdies zwischen Ende August 2020 und Ende März 2021 mehrere Protestveranstaltungen gegen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie im Bundesgebiet auf, darunter in Leipzig und in Kassel. Dort kam es zu gewalttätigen Zusammenstößen mit eingesetzten Polizeikräften und aus Sicht der Beschuldigten "linken" Gegendemonstranten.
Ende November 2021 verkündete Leon R. zum Schein die Auflösung der Vereinigung. Seitdem treten Anwärter auf Geheiß von Leon R. in die Jugendorganisation der NPD, "Junge Nationalsozialisten" (JN) ein. Nach außen hin wird diese "Jugend" von "Knockout 51" von dem Beschuldigten Eric K. geführt.
Derzeit werden die Wohnungen sowie sonstige Räumlichkeiten der Festgenommen durchsucht. Hierzu gehören auch Bereiche im "Flieder Volkshaus" in Eisenach. Darüber hinaus erstrecken sich die Durchsuchungen auf die Wohnungen und sonstigen Räumlichkeiten von anderen zehn Beschuldigten, die im Verdacht stehen, Mitglieder oder (in einem Fall) Unterstützer von "Knockout 51" gewesen zu sein.
B. Die rechtsextremistische Vereinigung "Combat 18 Deutschland"
ist wegen ihrer Ausrichtung gegen die verfassungsmäßige Ordnung
und gegen den Gedanken der Völkerverständigung seit Oktober
2020 unanfechtbar verboten und aufgelöst. Das
Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft richtet sich gegen
mittlerweile 21 Beschuldigte in ganz Deutschland. Diese
Personen stehen im Verdacht, trotz des Verbots der Vereinigung
deren organisatorischen Zusammenhalt im Geheimen als
Rädelsführer aufrechterhalten zu haben (§ 85 Abs. 1 Satz 1 Nr.
2 StGB) oder Mitglieder oder Unterstützer (§ 85 Abs. 2 StGB)
der verbotenen Vereinigung gewesen zu sein. Dieser Verdacht
stützt sich u.a. darauf, dass mehrere Zusammenkünfte der
Beschuldigten festgestellt wurden, die als eine Art
"Pflichttreffen" von "Combat 18 Deutschland" anzusehen sind.
Anlässlich solcher Treffen absolvierten die Teilnehmer u.a.
"Leistungsmärsche" und führten Aufnahmeverfahren von
"Supportern" (d.h. Anwärtern) durch, die neben einer
praktischen Aufnahmeprüfung auch eine Art theoretische Prüfung
mit Fragen zum Nationalsozialismus vorsahen.
Derzeit werden die Wohnungen sowie sonstige Räumlichkeiten der Beschuldigten durchsucht.
C. Darüber hinaus führt die Bundesanwaltschaft Ermittlungen gegen
insgesamt zehn Beschuldigte, gegen die sich der Verdacht der
Mitgliedschaft, der versuchten Mitgliedschaft oder der
Unterstützung der terroristischen Vereinigung "Atomwaffen
Division Deutschland" richtet. Die AWDD ist ein deutscher
Ableger der seit 2015 in den USA bestehenden "Atomwaffen
Division" (AWD). Anhänger der AWD treten offen rassistisch,
antisemitisch und nationalsozialistisch sowie extrem
gewaltverherrlichend auf. Ihr Ziel ist die Entfachung eines
"Rassenkriegs", aus dem die "weiße Bevölkerung" siegreich
hervorgehen soll. Durch Anschläge und Morde auf andere
Bevölkerungsgruppen sowie Politiker, Amtsträger oder staatliche
Einrichtungen sollen Chaos geschaffen und letztlich
demokratische Grundordnungen durch rechtsextremistische
Herrschaftsformen ersetzt werden.
Die AWDD ist ab Mitte 2018 im Internet erstmals in Erscheinung getreten. Anschließend hat die Gruppierung bis Ende März 2019 mittels Flugblattaktionen vor allem an Universitäten in Berlin und Frankfurt versucht, junge deutsche Männer für das von ihrem an die Ziele der AWD angelegten Vorhaben zu gewinnen. Zudem nutzte die Vereinigung Kommunikationskanäle im Internet, um für ihre rassistische und gewaltverherrlichende Propaganda zu werben und diese zu verbreiten.
Derzeit werden die Wohnungen und sonstigen Räumlichkeiten von insgesamt fünf Beschuldigten, darunter dem Festgenommenen Leon R., und einem Nichtverdächtigen durchsucht.
D. Bei der "SKD 1418" handelt es sich um eine zwischen Herbst 2019
und Februar 2020 von Deutschland aus im Internet agierende
Chatgruppe. Deren Ziel war es, Anhänger für terroristische
Anschläge zum "Rassenkrieg" und zur Zerstörung bestehender
demokratischer Systeme unter Ersetzung durch ein
neofaschistisches System zu gewinnen.
Das betreffende Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft richtet sich gegen fünf Beschuldigte wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Die Wohnungen und sonstigen Räumlichkeiten von vier Beschuldigten werden derzeit durchsucht. Bei dem weiteren Beschuldigten war bereits in anderer Sache durchsucht worden.
E. Einem dieser Beschuldigten wird überdies zur Last gelegt,
versucht zu haben, eine weitere terroristische Vereinigung zu
gründen.
F. Leon R., Maximilian A., Eric K. und Bastian A. werden heute und morgen (6. und 7. April 2022) dem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof vorgeführt, der ihnen die Haftbefehle eröffnen und über den Vollzug der Untersuchungshaft entscheiden wird.
Rückfragen bitte an:
Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA)
Dr. Ines Peterson
Staatsanwältin beim BGH
Brauerstr. 30
76135 Karlsruhe
Telefon: 0721 8191-4100
Fax: 0721 8191-8492
E-Mail:
[email protected]http://www.generalbundesanwalt.de/