Nachdem die Fehler seit dem Demjanjuk-Urteil nun einmal erkannt und beseitigt wurden, sollte die deutsche Justiz auch weiterhin nicht nach rechts oder links schielen, ob ein Prozeß gerade in die politische Landschaft paßt.
fiat justitia
das sollte sie natürlich nicht. Ich glaube aber, dass nach so langer Zeit eine gerechte Aufarbeitung der Schuld wohl gar nicht mehr möglich ist. Wichtige Zeitzeugen fehlen. Beweise fehlen, Unterlagen, Dokumente ...
Von Unschuld zu Schuld gibt es viele Zwischenstufen, viele Grautöne. Ab wo beginnt Schuld? Ab wann macht sich jemand schuldig? Warum hat er gehandelt wie er handelte? Überzeugung? Angst? Lässt sich das nach so langer zeit noch gerecht klären und beurteilen? Ich habe da meine Zweifel, erst recht, wenn es um jene geht, die nicht selbst entschieden haben, sondern mittaten, also Gehilfen waren.
Aber das steht auf einem Blatt. Auf dem anderen steht, welche Signale man sendet, wenn man einerseits so viel zeit ungenutzt verstreichen lässt und den Eindruck vermittelt, kein oder kaum Interesse an der Strafverfolgung zu haben, um dann viele Jahrzehnte später die juristische Keule zu scwingen, und so zu tun als sei einem das alles jetzt ganz wichtig.
Ja, es ist wichtig. Aber dann ist da das rechte Pack, das diese Fälle für sich ausschlachten wird. Und darin sind sie mittlerweile wieder recht gut geworden. Da schafft man es dann ganz leicht, auch in jenen Teilen der Bevölkerung Mittleid für die greisen Angeklagten zu erzeugen, die eigentlich im Grunde dafür sind, dass diese Verbrechen verurteilt werden müssen.
Und dann wird da der perfide Vergleich gezogen vom kriminellen Ausländer, der nicht abgeschoben werden kann, und dem greisen, gebrechlichen Alten, der sein Mitwirken vielleicht schon aufgearbeitet hat, seine Schuld womöglich auch erkannt hat, und dann bald 70 Jahre später noch ins Gefängnis gesteckt wird obwohl er ohnehin schon dem Tode nahe ist.