Autor Thema: Fitzek: Ist er nicht toll? Ist er nicht super? - zur Autobiographie eines Wahnsinnigen  (Gelesen 18878 mal)

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Offline Lisa

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Offline Wittenberger

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Das bitte zweimal lesen, und dann weiter gehts:

Das ist grob auch mein Stand. Danke für die Ausarbeitung.

Ich habe den Fitzek-Text nochmal in Ruhe gelesen: Mindestens der zweite Vietnamese war Aufpasser für die vietnamesischen Frauen.

Zu der Zeit die ich überblicken kann war das Wohnheim in einem älteren Neubaublock in der Ringstraße in Apollensdorf. Und wo hat Fitzek anfang der 90er Jahre gewohnt? Ringstraße.
 
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Offline A.R.Schkrampe

...
Wegen der o.g. Warenumschlagplätze in deren Wohnheimen der vietnamesischen Gastarbeiter, wo Fitze nach Eigenangaben ja "ein uns aus" gegegangen sein soll, fällt mir noch was ein:

Zur Einführung:
http://www.ddr-wissen.de/wiki/ddr.pl?Kunst_und_Antiquit%E4ten_GmbH
und dann das:
http://www.ddr-wissen.de/wiki/ddr.pl?Arbeitsgruppe_Bereich_Kommerzielle_Koordinierung
Zitat
Obwohl für die Abwehr-Diensteinheit AG BKK die Ausschaltung "gegnerischer Störtätigkeit" im Bereich des Außenhandels die wichtigste Aufgabe war, führten die hauptamtlichen und inoffiziellen Mitarbeiter der Arbeitsgruppe häufig Spionageaufträge aus.
(...)
Die Beziehungen der AG BKK zur HVA waren deshalb intensiv; auffallend oft wurden IM zwischen der AG BKK und der HVA "getauscht".
...

Mit Verlaub, aber trotz meiner in jeder Hinsicht weit westlich verorteten Position möchte ich Dir hierbei wiedersprechen. Weder die Literatur, die ich dazu habe -es ist ein Unterthema des Themas DDR an sich, was mich sehr interessiert-, als auch die zufällig über berufliche Wege sich ergeben habenden Kontakte geben etwas bezüglich einer entsprechenden Verbindung Koko zu vietnamesischen Gastarbeitern her. Vielmehr waren die Fühler der KoKo in Richtung diplomatisches Personal/akkreditierte Journalisten in Ost-Berlin sowie ausländische -westliche- Studenten ausgerichtet.
 

Offline dieda

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(...)

Mit Verlaub, aber trotz meiner in jeder Hinsicht weit westlich verorteten Position möchte ich Dir hierbei wiedersprechen. Weder die Literatur, die ich dazu habe -es ist ein Unterthema des Themas DDR an sich, was mich sehr interessiert-, als auch die zufällig über berufliche Wege sich ergeben habenden Kontakte geben etwas bezüglich einer entsprechenden Verbindung Koko zu vietnamesischen Gastarbeitern her. Vielmehr waren die Fühler der KoKo in Richtung diplomatisches Personal/akkreditierte Journalisten in Ost-Berlin sowie ausländische -westliche- Studenten ausgerichtet.

Auch mit Verlaub, das war zwar jetzt eine reine Mutmaßung, da uns ja entsprechende Original- Beweis- Akten nicht vorliegen, aber für jede Art potentiell devisenschädigenden Schmuggel und sonstige Außenhandelsgeschäfte waren nun mal die Herren von der KOKO zuständig. Und mit dem Verein war auch nicht zu spaßen. Das betraf z.B. ja auch das hier schon mal thematisierte "Folteropfer" mit seinen Kurierfahrten von Quarzuhren allein innerhalb der DDR, dem ja immer noch nicht richtig klar zu sein scheint, dass er sich eigentlich nicht mit der Stasi, sondern in Wirklichkeit mit der KOKO angelegt hatte.

Mit üblichen Büchern zur allgemeinen DDR- Folklore kommst Du aber in Sachen KOKO aus gutem Grund nicht weit, das Thema wurde ja nicht mal ansatzweise juristisch aufgearbeitet, da gehört schon speziellere Quellenkunde dazu. Auch Deine angequatschten Studenten, das waren vermutlich ganz andere Abteilungen.  ;)

Ich habe mich, wenn auch nicht freiwillig mit dem Thema etwas intensiver beschäftigen "dürfen", und wenn man mir vor ein paar Jahren nur ansatzweise das erzählt hätte, was mir inzwischen und manchmal nur per Zufall untergekommen ist, hätte ich das auch als Unsinn und unglaubwürdig abgetan. Und ich kann gut verstehen, wenn das jetzt mancher auch tut, die eigene Gesundheit geht da vor, vollstes Verständnis meinerseits, kein schönes Thema.

Eigentlich wiederhole ich mich ungern, aber wir haben noch persönlich ein echtes Opfer der KOKO kennen gelernt, als schwer gebrochen Mann und beredten Augenzeugen, und 2 Grafiken von ihm hängen an unserer Wand:
https://books.google.de/books?id=U-Zbsh5yNAsC&pg=PA110&lpg=PA110&dq=%22Gerhard+Patzig%22&source=bl&ots=IVN2gCAzQ-&sig=kFWF3evwtzFARWTAwJXh7gZYWa4&hl=de&sa=X&ei=pJOEVYmvL8GsUcOVo8AN&ved=0CCcQ6AEwAQ#v=onepage&q=%22Gerhard%20Patzig%22&f=false
Das Buch ist übrigens empfehlenswert, aber der arme Mann hat uns noch etliche andere Dinge erzählt, die da gar nicht im Buch stehen.

Und weil wir gerade dabei sind, was meinst Du nun, wenn Du jetzt weißt, dass z.B. der Vater vom Unausprechlichen bei der KOKO war?


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Offline A.R.Schkrampe

...
Und weil wir gerade dabei sind, was meinst Du nun, wenn Du jetzt weißt, dass z.B. der Vater vom Unausprechlichen bei der KOKO war?

Durchaus ein interessanter Aspekt - aber gibt es irgendwelche Anzeichen, daß XXX davon profitierte? Gehörten er oder seine Familie zum NSW-Reisekader? Wie waren deren Lebensumstände zu DDR-Zeiten? Was für Autos wurden im Hause des Unaussprechlichen gefahren?
Wenn da nichts Eklatantes Sache war, dann bleibt diese Tatsache nur als Fußnote abzulegen.

Was meine persönlichen Erfahrungen mit den KoKo-Dealereien angeht, so hatte eine leider viel zu früh verstorbene Freundin in West-Berlin ihre Wohnung komplett mit Antiquitäten aus dieser Quelle* ausstaffiert. Da steckten echte Schmuggelgeschichten hinter. Sie hatte einen entfernten Verwandten bei der bulgarischen Botschaft in Ost-Berlin. Und die Botschaft hatte einen geschlossenen VW Bulli im Fuhrpark, natürlich mit Diplomatenkennzeichen...


*die im Westen übrigens überhaupt kein Geheimnis war.
 

Offline dieda

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Zu Deinen vielen Fragen: Nein das Thema Unaussprechlicher bleibt hier  :-X.
Nur soviel: nein, keine Fußnote.

Aber kleine Gegenfrage: Woran ist denn Deine Sammler- Freundin so früh verstorben? Am plötzlichen Herzdrücken?

§ 259 StGB:
Zitat
Hehlerei
(1) Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Vielleicht jetzt klar, warum gerade das Thema KOKO eines der noch immer am besten gehütetetesten Geheimnisse der ehemaligen DDR ist?

Edith sagt sehenswert:
http://www.fernsehserien.de/die-spur-der-schaetze/folgen/ein-land-wird-gepluendert-die-kunst-und-antiquitaeten-gmbh-und-der-ausverkauf-der-ddr-563327
« Letzte Änderung: 20. Juni 2015, 01:29:08 von dieda »
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Offline Leela Sunkiller

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Können die Gesetze der BRD auf Handlungen innerhalb der DDR angewandt werden?
Warum ich frage: Fällt es denn unter Hehlerei, wenn die KoKo damals in der DDR gemäß Beschluss im Rahmen der in der DDR gültigen Gesetze agierte?
Die Handlungen damals wurden doch auf Beschluss des Politbüros vollzogen und hatten damit so etwas wie Gesetzescharakter?

"Das ist alles legal, sonst säße ich schon längst im Knast!" Peter Fitzek, rechtskräftig verurteilt und eingeknastet.
 

Offline Wittenberger

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Mit Verlaub, aber trotz meiner in jeder Hinsicht weit westlich verorteten Position möchte ich Dir hierbei wiedersprechen. Weder die Literatur,

Auf die kannst Du Dir ein Ei pellen. Das KOKO-Thema und die Querverbindungen zu Ausländern ist bis heute völlig vermintes Gelände. Dazu gibt es aus Staatsräson keine Literatur, daran verbrennt sich niemand die Hand. Das hat vielleicht damit zu tun, dass die alte BRD die schmutzigen Finger nicht ansehen mag. Es gab in der Sache eine Untersuchungskommission des Bundestages. Der Bericht ist selbstverständlich öffentlich. Frau MdB Köppe verfasste seitens ihrer Fraktion einen "alternativen Bericht", ganz offiziell. Und dieser alternative Bericht ist bis heute Verschlusssache. Ich beweise Dir nichts von dieser Aussage, mit geeigneten Suchbegriffen findest Du das - zumindest Hinweise darauf, dass meine Aussage korrekt ist. Nein, ich mache mich nicht des Geheimnisvertrats schuldig, keine weiteren Suchbegriffe. Schaffst Du selbst.

Das ist keine Verschwörungstheorie, das ist simple Tatsache. Und diese Tatsache ist beweisbar. Weil der alternative Bericht ins Web geleakt war. Einige Jahre her.

Auch mit Verlaub, das war zwar jetzt eine reine Mutmaßung, da uns ja entsprechende Original- Beweis- Akten nicht vorliegen, aber für jede Art potentiell devisenschädigenden Schmuggel und sonstige Außenhandelsgeschäfte waren nun mal die Herren von der KOKO zuständig. Und mit dem Verein war auch nicht zu spaßen.

Ich komme zurück auf Wittenberg, Wohnheim der vietnamesischen Damen in der Ringstraße.

Da müssen wir grundsätzlich die Zeit beachten: Nicht alles ging zu jeder Zeit. Ich kann berichten, dass die Damen Kimonos für Damen nähten. Das war in der Vorwendezeit. Und das lief über deutsche Unterhändler, also DDR-Bürger. Nie direkt. Immer nur DDR-Währung.

Ich weiß nicht, wo die vietnamesischen Damen arbeiteten. Ich würde aber vermuten, dass das "Werk 3" des VEB wie hieß der noch, VEB Kindermoden Aschersleben oder so war. Das "Werk" war ein altes unansehnliches Gebäude in der Innenstadt, direkt an der Stadtkirche. Das heute sanierte "alte Gymnasium". Ursprünglich war das zur DDR-Zeit "Schützen-Schmidt", dem die Bude wohl in den 70er Jahren verstaatlicht wurde. Ich kann es nicht ändern: Da wurden diese DDR-Kittelschützen genäht.

@dieda:
Allgemeiner zu Vietnamesen in der DDR: Das war sehr eigenartig, das waren wohl mehrere DDR-staatliche Versionen. Die wirklich armen Damen in Wohnheimen hatten wir schon. Da kann ich mir nicht vorstellen, dass die mit Pass nach Westberlin fahren durften. Ich habe persönlich aber auch anderes gesehen. Da wurden Westsachen geschachert und geschoben und die durften offenbar nach Westberlin. Und in deren Umfeld waren bildschöne Frauen. Es schien mir nicht, dass das Näherinnen waren.

Verbot des Doppelzitats ist doof.

@Leela Sunkiller
Zitat
Können die Gesetze der BRD auf Handlungen innerhalb der DDR angewandt werden?
Warum ich frage: Fällt es denn unter Hehlerei, wenn die KoKo damals in der DDR gemäß Beschluss im Rahmen der in der DDR gültigen Gesetze agierte?
Die Handlungen damals wurden doch auf Beschluss des Politbüros vollzogen und hatten damit so etwas wie Gesetzescharakter?

In den Fällen der Mauerschützenprozesse ist genau das passiert. Und auch bei den Verurteilungen führender DDR-Politiker: Die haben das doch irgendwie mitbeschlossen.

Du meinst aber etwas anderes, denke ich:
Die DDR hat die Grauzone immer verheimlicht. Der war schon klar, dass das weder moralisch noch sonst irgendwie gerechtfertigt war. Um bei Deinem Beispiel zu bleiben: KOKO gab es für die DDR nicht. Die schafften es nicht einmal in den Haushalt der DDR. Die waren formal nicht da.
« Letzte Änderung: 20. Juni 2015, 03:44:18 von Wittenberger »
 

Offline dieda

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@Leela Sunkiller
Um die Rechtmäßigkeit des Agierens der KOKO auf ostdeutschem Boden ging es ja gar nicht. Aber zum "Erfolg" von solchen Geschäften und in diesen Größenordnungen (25 Milliarden) gehören immer noch 2 Seiten. Auch die Antiqititäten der privaten Sammler oder sogar die volkseigenen Bestände aus den Depots der staatlichen (!!!) Kunstsammlungen waren dabei immer nur EIN Geschäftsfeld dieser "üblen Räuberbande" (O.Ton Gerhard Patzig) hochgeheimen Abteilung des Ministerums für Außenhandel der ehemaligen DDR. Und die bereits erwähnte Ingrid Köppe hat sich mit ihrem Engagement und ihrem Aufklärungswillen nach 1990 auch nicht immer nur Freunde gemacht, siehe Spoiler.

Und nochmal: alles, was nach irgendwie in zu Devisen verkloppenden "Gütern" oder Geschäften aussah, war da von Interesse, also nicht nur die Sammlerbestände, Antiqitäten, Oldtimer, Pflastersteine und historischen Straßenlaternen, nein alles, also ich meine wirklich ALLES. Und Krampe bestätigte ja quasi auch, dass auch die meisten westdeutschen "Endverbraucher" nicht völlig ahnungslos waren. 

Spoiler
Quelle: http://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/politik/detail/-/specific/Verstrickung-westlicher-Firmen-in-Stasi-Geschaefte-entlarvt-1935845962

Verstrickung westlicher Firmen in Stasi-Geschäfte entlarvt

29.05.2012 - 22:23 Uhr
TA-Serie "Stasi im Westen" (Teil 2): Die frühere Bundestagsabgeordnete der Grünen, Ingrid Köppe, mischte nach 1990 die Untersuchungen zu den Westfirmen der Stasi auf.
   
Ingrid Köppe saß nach der Wende als Vertreterin von Bündnis 90/Grüne am Runden Tisch. Als Abgeordnete der Bundestagsgruppe vertrat sie die Grünen 1991 im Untersuchungsausschuss zur Tätigkeit des geheimen Außenhandelsbereichs Kommerzielle Koordinierung (KoKo). Archivfoto: ADN/Bundesarchiv
Ingrid Köppe saß nach der Wende als Vertreterin von Bündnis 90/Grüne am Runden Tisch. Als Abgeordnete der Bundestagsgruppe vertrat sie die Grünen 1991 im Untersuchungsausschuss zur Tätigkeit des geheimen Außenhandelsbereichs Kommerzielle Koordinierung (KoKo). Archivfoto: ADN/Bundesarchiv
25 Milliarden Deutsche Mark beschaffte die "Kommerzielle Koordinierung", kurz KoKo, unter der Leitung von Alexander Schalck-Golodkowski im Westen für die DDR, finanzierte mit teils illegalen Geschäften Luxusgüter für die SED-Führung. Wie beschaffte die KoKo all diese Devisen? Wer arbeitete für sie? Welche westliche Firmen hingen mit drin und wusste die bundesdeutsche Regierung Bescheid?

Viele dieser Fragen wären ohne Ingrid Köppe bis heute unbeantwortet. Fast drei Jahre lang beschäftigte sich ab Juni 1991 ein Untersuchungsausschuss mit der KoKo. 189-mal trafen sich die Abgeordneten. Sie stellten fest, dass die KoKo ohne westliche Unterstützung niemals so erfolgreich hätte arbeiten können. Doch statt dieser Frage nachzugehen, schrieben die Abgeordneten, so etwas müsse ein neuer Untersuchungsausschuss klären. Sie bestätigten sich gar selbst: Das Gremium habe seinen Auftrag "weitgehend erfüllt".

Vor allem Ingrid Köppe war mit der halbgaren Aufklärung nicht zufrieden. Die junge Grünen-Abgeordnete fertigte damals einen eigenen Bericht und beschrieb dort den plausiblen Verdacht, der Westen habe von der KoKo gewusst.

"Ich habe einen Großteil meiner Bonner Zeit mit dem Lesen der Akten verbracht", sagt Köppe im Gespräch mit uns. "Sehr erstaunt hat mich, dass die anderen Abgeordneten im Ausschuss das in diesem Umfang nicht taten. Anscheinend hielten die das für nicht so wichtig. Daran krankte dann eben auch die Arbeit im Ausschuss. Viele Abgeordnete wussten schlicht nicht, um was es ging."

Alexander Schalck-Golodkowski war der Milliarden-Mann der KoKo. Der "Offizier im besonderen Einsatz" (OibE) der Stasi hatte den Masterplan zur Geldbeschaffung ausge-heckt und ausgeführt. 1991 gab Schalck-Golodkowski dem ARD-Brennpunkt ein Interview. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete und DDR-Bürgerrechtler Konrad Weiß saß vor dem Fernseher und forderte danach Aufklärung über die Koko durch den Bundestag.

Der Bundestag setzte den Untersuchungsausschuss am 6. Juni 1991 auf Antrag der SPD-Fraktion ein. Zuvor hatten die Grünen einen eigenen Antrag eingereicht. Ähnlich uneins blieb die Arbeit im Ausschuss die kommenden drei Jahre über.

Was wusste die Regierung vor dem Fall der Mauer über den internationalen Waffenhandel von Alexander Schalck-Golodkowski und seiner KoKo? Das sollte der Ausschuss klären. Die Grünen vermuteten in ihrem Antrag, dass die Regierung Kohl eine Aufklärung über die KoKo absichtlich behindere. Der Bundestag lehnte den Grünen-Antrag schließlich ab.

Drei Jahre später ist der Abschlussbericht, Drucksache 12/7600, mehrere Tausend Seiten stark. Auf Seite 486 heißt es, die Kenntnisse der Bundesregierung über die KoKo seien zwar abgefragt worden, jedoch kein eigenständiges Untersuchungsthema gewesen. "Es könnte daran gedacht werden, bei Einsetzung eines neuen Untersuchungsausschusses eine weitere Klärung dieses Themas einzubeziehen." Thema erledigt.

Ingrid Köppe saß damals als junge Abgeordnete für die Bundestagsgruppe Bündnis 90/Die Grünen in eben diesem Untersuchungsausschuss. Sie reichte einen eigenen, abweichenden Bericht ein; gegen die Mehrheit von SPD, FDP und CDU/CSU. "Dass ich das Aktenstudium in der Ausschussarbeit ernst genommen habe, hat auch mit meinem Selbstverständnis zu tun: Wir hatten einen parlamentarischen Auftrag, dieses Firmen-und-Geheimdienst-Geflecht zu untersuchen und wenn man so eine Arbeit macht, dann muss man die auch ordentlich machen; die vorhandenen Akten zu lesen, ist dafür die Grundvoraussetzung."

Im Gegen-den-Strom-Schwimmen hatte die studierte Bibliothekarin bereits Erfahrung. Ihr erstes Studium an der Pädagogischen Hochschule in Güstrow brach sie nach einem Jahr ab. Sie wollte der Stasi nicht den Gefallen tun, der Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann zuzustimmen.

BRD wusste von Schalcks KoKo
Im Schalck-Ausschuss ist Köppe die fleißigste, arbeitet sich durch die meisten Akten. Ihren abweichenden Bericht begründet sie mit den Worten, dass die Fraktion der Grünen mit den entscheidenden Fragen nicht auf einen neuen Ausschuss warten wolle.

Der gut 160 Seiten lange Köppe-Bericht erregte Aufsehen: Die BRD scheint von der KoKo gewusst zu haben. Das legen Unterlagen des Bundesnachrichtendienstes (BND) und des Verfassungsschutzes nahe. Köppe wies damals darauf hin, dass der Bericht wegen der schmalen Aktenlage "nur einige wenige exemplarische Bereiche darstellen" könne.

Obwohl die junge Abgeordnete nur einen kleinen Ausschnitt darstellen konnte, wurde das Dokument sofort nach Erscheinen als Geheimsache eingestuft. Köppe ärgert sich, dass sich die Ausschussmehrheit einseitig mit der Ostseite der Devisenbeschaffung befasst habe. Die Verstrickung westlicher Firmen und Geheimdienste hätten die Abgeordneten einfach ignoriert.

"Mein Abschlussbericht wurde vom Ausschuss nicht zur Kenntnis genommen, sondern als geheim eingestuft. Mit solchen Maßnahmen versuchte man auf Zeit zu spielen, in der Hoffnung, dass sich irgendwann niemand mehr fürs Thema interessiert."

Seither liegt der Bericht in der Geheimschutzstelle des Bundestages. Gebracht hat die Geheimhaltung nichts. Zeitungen druckten Auszüge aus dem Bericht. Im Internet ist er samt geheimer Anlagen zu finden.

Drei Jahre lang hatte sich der Untersuchungsausschuss immer wieder um die heikle Frage herumgewurschtelt, ob und was die Bundesregierung vom Treiben Schalck-Golodkowskis und seiner KoKo gewusst haben könnte. Die geheimen Informationen aus dem Köppe-Bericht ließen jetzt vermuten, dass der Westen zumindest in Teilen über die Geschäfte informiert war. Zum Beispiel im Fall des Überläufers Horst Schuster.

Schuster war von 1973 bis 1981 Hauptgeschäftsführer der KoKo-Firma Kunst und Antiquitäten GmbH (KuA). Die KuA stellte ein "besonders krasses Beispiel für die Abhängigkeit des Bereiches KoKo von der westlichen Abnehmerschaft" dar, schrieb Ingrid Köppe in ihrem Bericht. Kunstsammler in der DDR wurden enteignet, die Kunstwerke gegen westliche Devisen eingetauscht. Das ging nur, weil westliche Händler an diesen Geschäften interessiert waren. Über die Hälfte der Abnehmer saßen damals in der Bundesrepublik, schrieb Köppe.

Schuster lief 1983 in die Bundesrepublik über. Dem BND beschrieb er die Systematik des Embargohandels sowie die Lieferanten. Dank Schuster wusste der BND zum Beispiel, dass Siemens der Stasi 1969 eine "Großdatenverarbeitungsanlage" geliefert hatte. Schuster erzählte noch mehr, zum Beispiel vom Interesse der DDR an Gewehren des Waffenherstellers Heckler & Koch aus Baden-Württemberg.

Der BND nahm Schuster als Quelle durchaus ernst. Einen Bericht mit Schusters Aussagen schickte der BND unter anderem dem damaligen Regierenden Bürgermeister von Berlin, Richard von Weizsäcker, und dem bayerischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß. Köppe kritisierte, dass trotzdem niemand etwas gegen den eigentlich verbotenen Handel mit der DDR unternahm.

Dem Untersuchungsausschuss blieb die Einsicht in die BND-Gesprächsprotokolle zunächst verwehrt aus "Quellenschutzgründen". Einen Tag vor dem Ende der Zeugenvernehmung stehen Ende 1993 plötzlich doch die gut drei Dutzend Ordner zur Verfügung. Ein Versehen. Eigentlich wollte die Bundesanwaltschaft dem Ausschuss nur die Vernehmungsprotokolle Schalck-Golodkowskis geben.

Köppe nutzte die Chance und pflügte sich durch die Gespräche zwischen Schuster und dem BND und fand die entscheidenden Beweise für das schon immer Vermutete. Für die Abgeordnete war klar: Die Bundesregierung hatte Anfang der Achtzigerjahre nicht nur die entscheidenden Personen des Bereichs KoKo gekannt, sondern auch die wichtigsten Handelspartner im Westen.

Am 23. Juni 1994 besprach der Deutsche Bundestag in seiner 235. Sitzung das Ergebnis des Schalck-Ausschusses. Ingrid Köppe warf dabei den Bundesregierungen Brandt, Schmidt und Kohl Versagen vor. Sie seien heimliche Mitwisser der durch die Embargogeschäfte begangenen Gesetzesverstöße gewesen.

Gedankt wurde Köppe ihr Einsatz für die Wahrheit nicht. Weil sie den geheimen BND-Bericht veröffentlicht hatte, durchsuchte der Berliner Staatsschutz im März 1995 erstmals ihre Wohnung. Eine zweite Hausdurchsuchung folgte im September, diesmal durch die Staatsanwaltschaft Bonn. Ein paar Monate später stellt diese das Verfahren ein. Man habe Köppe nicht nachweisen können, den als geheim eingestuften Bericht an die Medien lanciert zu haben, lautet die offizielle Begründung.

Ingrid Köppe lehnt Verdienstorden ab
Noch während die Ermittlungen laufen, will Bundespräsident Roman Herzog ihr für ihre Verdienste in der DDR-Bürgerbewegung den Verdienstorden verleihen. Köppe nimmt die Auszeichnung nicht an. In einem offenen Brief schreibt sie an Herzog, es sei doch sehr verwunderlich, dass ein Staat sie als Straftäterin verdächtigt und zugleich der höchste Repräsentant desselben Staates ihr einen Verdienstorden verleihen will.

Nach nur vier Jahren im Deutschen Bundestag zieht sie sich 1994 aus der Politik zurück. Mit 37 Jahren studiert sie Jura an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder.

Heute ist sie Rechtsanwältin und lebt im brandenburgischen Wriezen. Abseits der Hauptstadt - und der Bundespolitik.

'Die Bundesrepublik war der größte Quellenkatalog aller Zeiten'
Unser Internetportal 'Büro West der Stasi'
Martin Meuthen / 29.05.12 / TA
[close]


Edith ergänzte noch einen Internetlink zum "Gesetz zum Schutz des Kulturgutes der DDR (KulturgutschutzG)":
https://books.google.de/books?id=3bAiAAAAQBAJ&pg=PA342&lpg=PA342&dq=Gesetz+zum+Schutz+des+Kulturgutes+der+DDR642+%28KulturgutschutzG%29&source=bl&ots=MvCRyZghvm&sig=uJAC46J5ofs8dZGfuoTfOSI_em4&hl=de&sa=X&ei=siiFVcnZNsyBU6_agIAF&ved=0CCMQ6AEwAA#v=onepage&q=Gesetz%20zum%20Schutz%20des%20Kulturgutes%20der%20DDR642%20%28KulturgutschutzG%29&f=false
« Letzte Änderung: 20. Juni 2015, 10:58:43 von dieda »
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Tolereranzparadoxon: "Denn wenn wir die uneingeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, (...) dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen.“ Karl Popper
 

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Mit Verlaub, aber trotz meiner in jeder Hinsicht weit westlich verorteten Position möchte ich Dir hierbei wiedersprechen. Weder die Literatur,

Auf die kannst Du Dir ein Ei pellen. Das KOKO-Thema und die Querverbindungen zu Ausländern ist bis heute völlig vermintes Gelände. Dazu gibt es aus Staatsräson keine Literatur, daran verbrennt sich niemand die Hand. Das hat vielleicht damit zu tun, dass die alte BRD die schmutzigen Finger nicht ansehen mag.
Es gab in der Sache eine Untersuchungskommission des Bundestages. Der Bericht ist selbstverständlich öffentlich. Frau MdB Köppe verfasste seitens ihrer Fraktion einen "alternativen Bericht", ganz offiziell. Und dieser alternative Bericht ist bis heute Verschlusssache. Ich beweise Dir nichts von dieser Aussage, mit geeigneten Suchbegriffen findest Du das - zumindest Hinweise darauf, dass meine Aussage korrekt ist. Nein, ich mache mich nicht des Geheimnisvertrats schuldig, keine weiteren Suchbegriffe. Schaffst Du selbst.
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"Staatsräson" -sofern auf die Bundesrepublik bezogen- ist zu hoch angesetzt. Passender wäre "Desinteresse". Es ist ossi-like, die Rolle, die DDR in der öffentlichen wie auch der privaten Wahrnehmung Westdeutschlands spielte, viel zu hoch aufzuhängen. Tatsächlich lebten wir in den 70ern und 80ern mit dem Rücken zur Mauer. Die DDR fand einfach nicht statt.
Das gilt auch für die deutsch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen (zuerst. Diese waren politisch gewollt und wurden steuerlich gefördert, aber tatsächlich war der überwiegende Teil der westdeutschen Firmen und Konzerne daran nicht interessiert. Zuviel Bürokratie (etwa mit dem ganzen, bei DDR-Geschäften üblichen Kompensationsgeschäftsgerödel), zu wenig Absatzmöglichkeiten, kein eigener Marktzugriff, etc.
Hochgehalten, propagiert und protegiert wurde der innerdeutsche Handel nur von einigen wenigen Persönlichkeiten in Politik und Wirtschaft (z.B. Otto Wolff von Amerongen und Berthold Beitz, später auch FJS). Gewiß, dabei liefen faule Deals, es gab Korruption, Geheimdienstgemauschel, Subventionsbetrügereien (absolut alles in dieser Hinsicht, auch außerhalb der Wirtschaft wurde aus Bonn hochsubventioniert) und Steuerbeschiß - aber in der realen Wirtschaft war der innerdeutsche Handel eine Marginalie. Es passierte sogar, daß aus Bonn oder von Lobbyverbänden Druck auf einzelne Unternehmen ausgeübt wurde, sich doch bitte etwas intensiver, bzw. überhaupt im innerdeutschen Handel zu engagieren.
 

...
Du meinst aber etwas anderes, denke ich:
Die DDR hat die Grauzone immer verheimlicht. Der war schon klar, dass das weder moralisch noch sonst irgendwie gerechtfertigt war. Um bei Deinem Beispiel zu bleiben: KOKO gab es für die DDR nicht. Die schafften es nicht einmal in den Haushalt der DDR. Die waren formal nicht da.

Manchmal doch. Ein kleines Bißchen zumindest. Ich besitze das 1988er "Leipziger Messejournal", ein in der DDR gedruckter Katalog, de facto eine Auflistung von Werbe(!)anzeigen von über 100 DDR-Betrieben und Kombinaten. Darunter auch Nennungen von Import- und Export-Unternehmen, z.B. von "Günther Forgber", Schlegelstr.15, DDR 1040-Berlin.

 
...
Und nochmal: alles, was nach irgendwie in zu Devisen verkloppenden "Gütern" oder Geschäften aussah, war da von Interesse, also nicht nur die Sammlerbestände, Antiqitäten, Oldtimer, Pflastersteine und historischen Straßenlaternen, nein alles, also ich meine wirklich ALLES. Und Krampe bestätigte ja quasi auch, dass auch die meisten westdeutschen "Endverbraucher" nicht völlig ahnungslos waren. 

Spoiler
Quelle: http://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/politik/detail/-/specific/Verstrickung-westlicher-Firmen-in-Stasi-Geschaefte-entlarvt-1935845962

Verstrickung westlicher Firmen in Stasi-Geschäfte entlarvt

29.05.2012 - 22:23 Uhr
TA-Serie "Stasi im Westen" (Teil 2): Die frühere Bundestagsabgeordnete der Grünen, Ingrid Köppe, mischte nach 1990 die Untersuchungen zu den Westfirmen der Stasi auf.
   
Ingrid Köppe saß nach der Wende als Vertreterin von Bündnis 90/Grüne am Runden Tisch. Als Abgeordnete der Bundestagsgruppe vertrat sie die Grünen 1991 im Untersuchungsausschuss zur Tätigkeit des geheimen Außenhandelsbereichs Kommerzielle Koordinierung (KoKo). Archivfoto: ADN/Bundesarchiv
Ingrid Köppe saß nach der Wende als Vertreterin von Bündnis 90/Grüne am Runden Tisch. Als Abgeordnete der Bundestagsgruppe vertrat sie die Grünen 1991 im Untersuchungsausschuss zur Tätigkeit des geheimen Außenhandelsbereichs Kommerzielle Koordinierung (KoKo). Archivfoto: ADN/Bundesarchiv
25 Milliarden Deutsche Mark beschaffte die "Kommerzielle Koordinierung", kurz KoKo, unter der Leitung von Alexander Schalck-Golodkowski im Westen für die DDR, finanzierte mit teils illegalen Geschäften Luxusgüter für die SED-Führung. Wie beschaffte die KoKo all diese Devisen? Wer arbeitete für sie? Welche westliche Firmen hingen mit drin und wusste die bundesdeutsche Regierung Bescheid?

Viele dieser Fragen wären ohne Ingrid Köppe bis heute unbeantwortet. Fast drei Jahre lang beschäftigte sich ab Juni 1991 ein Untersuchungsausschuss mit der KoKo. 189-mal trafen sich die Abgeordneten. Sie stellten fest, dass die KoKo ohne westliche Unterstützung niemals so erfolgreich hätte arbeiten können. Doch statt dieser Frage nachzugehen, schrieben die Abgeordneten, so etwas müsse ein neuer Untersuchungsausschuss klären. Sie bestätigten sich gar selbst: Das Gremium habe seinen Auftrag "weitgehend erfüllt".

Vor allem Ingrid Köppe war mit der halbgaren Aufklärung nicht zufrieden. Die junge Grünen-Abgeordnete fertigte damals einen eigenen Bericht und beschrieb dort den plausiblen Verdacht, der Westen habe von der KoKo gewusst.

"Ich habe einen Großteil meiner Bonner Zeit mit dem Lesen der Akten verbracht", sagt Köppe im Gespräch mit uns. "Sehr erstaunt hat mich, dass die anderen Abgeordneten im Ausschuss das in diesem Umfang nicht taten. Anscheinend hielten die das für nicht so wichtig. Daran krankte dann eben auch die Arbeit im Ausschuss. Viele Abgeordnete wussten schlicht nicht, um was es ging."

Alexander Schalck-Golodkowski war der Milliarden-Mann der KoKo. Der "Offizier im besonderen Einsatz" (OibE) der Stasi hatte den Masterplan zur Geldbeschaffung ausge-heckt und ausgeführt. 1991 gab Schalck-Golodkowski dem ARD-Brennpunkt ein Interview. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete und DDR-Bürgerrechtler Konrad Weiß saß vor dem Fernseher und forderte danach Aufklärung über die Koko durch den Bundestag.

Der Bundestag setzte den Untersuchungsausschuss am 6. Juni 1991 auf Antrag der SPD-Fraktion ein. Zuvor hatten die Grünen einen eigenen Antrag eingereicht. Ähnlich uneins blieb die Arbeit im Ausschuss die kommenden drei Jahre über.

Was wusste die Regierung vor dem Fall der Mauer über den internationalen Waffenhandel von Alexander Schalck-Golodkowski und seiner KoKo? Das sollte der Ausschuss klären. Die Grünen vermuteten in ihrem Antrag, dass die Regierung Kohl eine Aufklärung über die KoKo absichtlich behindere. Der Bundestag lehnte den Grünen-Antrag schließlich ab.

Drei Jahre später ist der Abschlussbericht, Drucksache 12/7600, mehrere Tausend Seiten stark. Auf Seite 486 heißt es, die Kenntnisse der Bundesregierung über die KoKo seien zwar abgefragt worden, jedoch kein eigenständiges Untersuchungsthema gewesen. "Es könnte daran gedacht werden, bei Einsetzung eines neuen Untersuchungsausschusses eine weitere Klärung dieses Themas einzubeziehen." Thema erledigt.

Ingrid Köppe saß damals als junge Abgeordnete für die Bundestagsgruppe Bündnis 90/Die Grünen in eben diesem Untersuchungsausschuss. Sie reichte einen eigenen, abweichenden Bericht ein; gegen die Mehrheit von SPD, FDP und CDU/CSU. "Dass ich das Aktenstudium in der Ausschussarbeit ernst genommen habe, hat auch mit meinem Selbstverständnis zu tun: Wir hatten einen parlamentarischen Auftrag, dieses Firmen-und-Geheimdienst-Geflecht zu untersuchen und wenn man so eine Arbeit macht, dann muss man die auch ordentlich machen; die vorhandenen Akten zu lesen, ist dafür die Grundvoraussetzung."

Im Gegen-den-Strom-Schwimmen hatte die studierte Bibliothekarin bereits Erfahrung. Ihr erstes Studium an der Pädagogischen Hochschule in Güstrow brach sie nach einem Jahr ab. Sie wollte der Stasi nicht den Gefallen tun, der Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann zuzustimmen.

BRD wusste von Schalcks KoKo
Im Schalck-Ausschuss ist Köppe die fleißigste, arbeitet sich durch die meisten Akten. Ihren abweichenden Bericht begründet sie mit den Worten, dass die Fraktion der Grünen mit den entscheidenden Fragen nicht auf einen neuen Ausschuss warten wolle.

Der gut 160 Seiten lange Köppe-Bericht erregte Aufsehen: Die BRD scheint von der KoKo gewusst zu haben. Das legen Unterlagen des Bundesnachrichtendienstes (BND) und des Verfassungsschutzes nahe. Köppe wies damals darauf hin, dass der Bericht wegen der schmalen Aktenlage "nur einige wenige exemplarische Bereiche darstellen" könne.

Obwohl die junge Abgeordnete nur einen kleinen Ausschnitt darstellen konnte, wurde das Dokument sofort nach Erscheinen als Geheimsache eingestuft. Köppe ärgert sich, dass sich die Ausschussmehrheit einseitig mit der Ostseite der Devisenbeschaffung befasst habe. Die Verstrickung westlicher Firmen und Geheimdienste hätten die Abgeordneten einfach ignoriert.

"Mein Abschlussbericht wurde vom Ausschuss nicht zur Kenntnis genommen, sondern als geheim eingestuft. Mit solchen Maßnahmen versuchte man auf Zeit zu spielen, in der Hoffnung, dass sich irgendwann niemand mehr fürs Thema interessiert."

Seither liegt der Bericht in der Geheimschutzstelle des Bundestages. Gebracht hat die Geheimhaltung nichts. Zeitungen druckten Auszüge aus dem Bericht. Im Internet ist er samt geheimer Anlagen zu finden.

Drei Jahre lang hatte sich der Untersuchungsausschuss immer wieder um die heikle Frage herumgewurschtelt, ob und was die Bundesregierung vom Treiben Schalck-Golodkowskis und seiner KoKo gewusst haben könnte. Die geheimen Informationen aus dem Köppe-Bericht ließen jetzt vermuten, dass der Westen zumindest in Teilen über die Geschäfte informiert war. Zum Beispiel im Fall des Überläufers Horst Schuster.

Schuster war von 1973 bis 1981 Hauptgeschäftsführer der KoKo-Firma Kunst und Antiquitäten GmbH (KuA). Die KuA stellte ein "besonders krasses Beispiel für die Abhängigkeit des Bereiches KoKo von der westlichen Abnehmerschaft" dar, schrieb Ingrid Köppe in ihrem Bericht. Kunstsammler in der DDR wurden enteignet, die Kunstwerke gegen westliche Devisen eingetauscht. Das ging nur, weil westliche Händler an diesen Geschäften interessiert waren. Über die Hälfte der Abnehmer saßen damals in der Bundesrepublik, schrieb Köppe.

Schuster lief 1983 in die Bundesrepublik über. Dem BND beschrieb er die Systematik des Embargohandels sowie die Lieferanten. Dank Schuster wusste der BND zum Beispiel, dass Siemens der Stasi 1969 eine "Großdatenverarbeitungsanlage" geliefert hatte. Schuster erzählte noch mehr, zum Beispiel vom Interesse der DDR an Gewehren des Waffenherstellers Heckler & Koch aus Baden-Württemberg.

Der BND nahm Schuster als Quelle durchaus ernst. Einen Bericht mit Schusters Aussagen schickte der BND unter anderem dem damaligen Regierenden Bürgermeister von Berlin, Richard von Weizsäcker, und dem bayerischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß. Köppe kritisierte, dass trotzdem niemand etwas gegen den eigentlich verbotenen Handel mit der DDR unternahm.

Dem Untersuchungsausschuss blieb die Einsicht in die BND-Gesprächsprotokolle zunächst verwehrt aus "Quellenschutzgründen". Einen Tag vor dem Ende der Zeugenvernehmung stehen Ende 1993 plötzlich doch die gut drei Dutzend Ordner zur Verfügung. Ein Versehen. Eigentlich wollte die Bundesanwaltschaft dem Ausschuss nur die Vernehmungsprotokolle Schalck-Golodkowskis geben.

Köppe nutzte die Chance und pflügte sich durch die Gespräche zwischen Schuster und dem BND und fand die entscheidenden Beweise für das schon immer Vermutete. Für die Abgeordnete war klar: Die Bundesregierung hatte Anfang der Achtzigerjahre nicht nur die entscheidenden Personen des Bereichs KoKo gekannt, sondern auch die wichtigsten Handelspartner im Westen.

Am 23. Juni 1994 besprach der Deutsche Bundestag in seiner 235. Sitzung das Ergebnis des Schalck-Ausschusses. Ingrid Köppe warf dabei den Bundesregierungen Brandt, Schmidt und Kohl Versagen vor. Sie seien heimliche Mitwisser der durch die Embargogeschäfte begangenen Gesetzesverstöße gewesen.

Gedankt wurde Köppe ihr Einsatz für die Wahrheit nicht. Weil sie den geheimen BND-Bericht veröffentlicht hatte, durchsuchte der Berliner Staatsschutz im März 1995 erstmals ihre Wohnung. Eine zweite Hausdurchsuchung folgte im September, diesmal durch die Staatsanwaltschaft Bonn. Ein paar Monate später stellt diese das Verfahren ein. Man habe Köppe nicht nachweisen können, den als geheim eingestuften Bericht an die Medien lanciert zu haben, lautet die offizielle Begründung.

Ingrid Köppe lehnt Verdienstorden ab
Noch während die Ermittlungen laufen, will Bundespräsident Roman Herzog ihr für ihre Verdienste in der DDR-Bürgerbewegung den Verdienstorden verleihen. Köppe nimmt die Auszeichnung nicht an. In einem offenen Brief schreibt sie an Herzog, es sei doch sehr verwunderlich, dass ein Staat sie als Straftäterin verdächtigt und zugleich der höchste Repräsentant desselben Staates ihr einen Verdienstorden verleihen will.

Nach nur vier Jahren im Deutschen Bundestag zieht sie sich 1994 aus der Politik zurück. Mit 37 Jahren studiert sie Jura an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder.

Heute ist sie Rechtsanwältin und lebt im brandenburgischen Wriezen. Abseits der Hauptstadt - und der Bundespolitik.

'Die Bundesrepublik war der größte Quellenkatalog aller Zeiten'
Unser Internetportal 'Büro West der Stasi'
Martin Meuthen / 29.05.12 / TA
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Diese geheimnisvolle Geheimniskrämerei verwundert mich arg. Was Frau Köppe umgetrieben hat, war wie gesagt absolut kein Geheimnis. Diese KoKo-Geschäftchen waren von der Art her im Westen bekannt (vom Umfang her wurden sie sogar überschätzt). Die Quellen dafür waren auch kein Geheminis, beruhten also nicht auf Geheimdienstkontakten, sondern waren allgemein zugänglich. Dem Grunde nach war sogar mir als DDR-interessiertem Gymnasiast bekannt. Man mußte sich halt nur dafür interessieren - was aber kaum der Fall war. Daher kann ich diese Aufgeregtheiten aus den frühen 90er Jahren einfach nicht verstehen.

Ebensowenig verstehe und akzpetiere ich diese gespielte, bzw. erlogene Überraschung gewisser West-Politiker, als ihnen Jahre später aufgezeigt wurde, daß ihre DDR-Kontakte fleißig Stasi-Berichte abgeliefert hatten, daß sie auf DDR-Reisen beschattet und ihre Interhotel-Zimmer verwanzt waren. Ebenso, daß BND und VfS an Leuten mit tiefergehenden DDR-Kontakten interesssiert waren. Das wußte man als Westbesucher. Punkt.
Wer das bestreitet, lügt entweder (evtl. mutwillig aus ideologischen Gründen) oder ist ein wolkenkuckucksheimeliger Traumtänzer.
 
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@Krampe. Ich glaube, das ist nicht ganz richtig. Quasi der gesamte westdeutsche Versandhandel bediente sich Güter aus DDR Produktion. Auch kam es in den letzten Jahren der DDR zu absurden Zuständen. Da im Westen der Bedarf an Edelstahlgrills hoch war, wurde zb in der Neptunwerft Rostock Grills gebaut. Nicht für den heimischen Markt, sondern für den Export.

Die gesamte Wirtschaft der 80er Jahre der DDR war auf Export angelegt. Im Osten leere Regale, im Westen ein Überangebot. Und wer hats eingefädelt? Kein Geheimdienst. Franz-Josef-Strauß mit seinem Milliardenkredit Anfang der 80er.
« Letzte Änderung: 22. Juni 2015, 07:49:06 von Dings Bums »
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Und wer hats eingefädelt? Kein Geheimdienst. Franz-Josef-Strauß mit seinem Milliardenkredit Anfang der 80er.

Der diente  wohl eher der Beschaffung von Verbrauchsgütern, die man in der DDR nicht herstellen konnte oder wollte.
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Offline Dings Bums

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Falsch. Die DDR war Anfang der 80er nach marktwirtschaftlichen Standard faktisch bankrott. Es mangelte vor allem an Devisen für Investitionenen in den Betrieben und Rohstoffen, die sich die CCCP in härter Währung bezahlen ließ. Die KonsumgüterProduktion für den Binnenmarkt spielte eine weit untergeordnete Rolle.
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Offline Richard Sharpe

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Genau deshalb importierte man Konsumgüter aus dem westlichen Ausland, und genau dafür wurde meines Wissens der von FJS eingefädelte Kredit zumindest zu einem sehr großen Teil benutzt (anstelle für dringend erforderliche Inverstitionen in die Produktionsanlagen).
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Offline A.R.Schkrampe

@Krampe. Ich glaube, das ist nicht ganz richtig. Quasi der gesamte westdeutsche Versandhandel bediente sich Güter aus DDR Produktion. Auch kam es in den letzten Jahren der DDR zu absurden Zuständen. Da im Westen der Bedarf an Edelstahlgrills hoch war, wurde zb in der Neptunwerft Rostock Grills gebaut. Nicht für den heimischen Markt, sondern für den Export.

Die gesamte Wirtschaft der 80er Jahre der DDR war auf Export angelegt. Im Osten leere Regale, im Westen ein Überangebot. Und wer hats eingefädelt? Kein Geheimdienst. Franz-Josef-Strauß mit seinem Milliardenkredit Anfang der 80er.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/alexander-schalck-golodkowski-ist-tot-a-1040014.html

Vorhin war ganz kurz die Kommentarfunktion freigeschaltet und einer kam durch. Ein Wessi, der bemerkte, daß diejenigen, die mit ihm zu tun hatten, einen trickreichen, aber fairen Geschäftspartner vor sich hatten.
Wahrscheinlich bemerkten die SPONies dann ihre typische Dusseligkeit, weil Ossis, für die Schalck-Golodkowski eine absolute Reizfigur war, steil gingen und Müll in die Kommentare tourettierten.
Die Wahrnehmung der Koko und von Schalck-Golodkowski differeriert nämlich auch heute noch extrem in Ost und West. Im Osten war das ein ganz ganz pöhser Buhmann, der sich reinstkapitalistischen Dealereien mit dem Klassenfeind die vermeintlich weiße Bewußtseinsweste des ersten sozialistischen Staates auf deutschem Boden vollsudelte*, während im Westen die Meinung herrschte: "Puh, endlich mal einer aus der DDR-Nomenklatura, der ein bißchen Ahnung von Marktwirtschaft hat und der sich unverkrampft äußern kann und nicht immer nur die Politbürofloskeln absondert." Sprich: in der westdeutschen Wirtschaft und Politik war Schalck-Golodkowski einer der ganz wenigen der DDR-Oberen (bzw.mit direkten Kontakten zu diesen), der als Gesprächspartner auf Augenhöhe angesehen wurde. Daß KoKo intensiv mit der Stasi verbandelt war, wurde als bekannt vorausgesetzt. Wer sich mit Interzonenhandel befaßte, gab sich -im Gegensatz zu einigen Politikern- keinen Illusionen hin.

*ich besitze fast alle ND- und JW-Ausgaben von September 1989 bis Ende Februar 1990. Darunter diejenigen, als in der DDR eine unglaubliche Aufgeregheit herrschte, als herauskam, daß in einer Lagerhalle in Rostock-Kavelstorf NVA-Waffen lagerten, die in alle Welt vertickt wurden. So von wegen friedliebender Staat der guten Menschen und dann Waffengeschäfte mit Krisenstaaten. Schalck-Golodkowski zeigte diesbezüglich die klassische  :facepalm: -Reaktion und versuchte verständlich zu machen, daß das alles ausrangierter Schrott gewesen sei, für den man noch irgendwie, irgendwo -zur Not aus Angola oder Kambodscha- ein paar Westgroschen erhalten wollte. Diese in westlichen Augen logische und (selbst)verständliche Haltung wurde in der DDR nicht akzeptiert.


@Dings Bums: ich weiß. Über das Thema habe ich Einiges an Literatur zusammengetragen. Allerdings ist auch Deine Sichtweise die ostige: für die DDR war der Handel mit der Bundesrepublik eine ganz große, gar existentielle Sache - für den Westen aber nicht. Gewiß, die Neckermann- und Otto-Kataloge waren voll mit DDR-Produkten (auch wenn häufig die Herkunft nicht vermerkt war, wußte man im Allgemeinen darüber Bescheid), auch die C&A-Klamotten kamen häufig aus der DDR - aber das war es dann auch.
Was auch ein wenig schmerzlich für DDRler war, war die Tatsache, daß die dortige Bückware im Westen einen allenfalls mittelprächtigen Status hatte. Meistens aber war es Billigkram. Das erste TV-Gerät meiner Eltern war ein "Stassfurt", gekauft schnell vor Geschäftssschluß Heiligabend 1972, weil die fernsehgewohnte Oma zu Besuch kam. Der "Stassfurt" war mit Abstand das billigste Gerät. Mit Aufkommen der japanischen und später südkoreanischen Marken verschwand die DDR-Elektronik aus westdeutschen Geschäften.
Der in der DDR schwer beschaffbare "Nordhäuser Doppelkorn" war bei uns der P*enner- und Alki-Glücklichmacher-Fusel, zwei bis drei Mark billiger als Hardenberger oder Bommerlunder, Schlichtes Steinhäger in der Tonflasche kostete gar fünf Mark mehr, fast das Doppelte.  Sonst gab es in unseren Supermärkten an DDR-Produkten nur Spreewaldgurken und Fischkonserven aus Rostock, auch jeweils preiswerter als die westdeutsche, dänische oder holländische Ware.


P.S. Daß die "BILLY"-Regale bei IKEA aus der DDR kamen, gar im Knast angefertigt wurden, war uns damals ebenfalls bekannt. Daher verstand ich auch den kleinen Hype nicht, der vor ein paar Monaten deswegen durch die Medien fegte. Die Bücherregale in meinem Elternhaus nannten wir bereits beim Aufbau vor über 30 Jahren "unsere Stasi-Billys".
« Letzte Änderung: 22. Juni 2015, 11:40:35 von A.R.Schkrampe »
 
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