Also.
Jemand kann nur verurteilt werden, wenn er auch schuldfähig ist. Die Staatsanwaltschaft erhebt nur dann die öffentliche Klage (Anklage), wenn sie die Wahrscheinlichkeit der Verurteilung für größer hält, als die Wahrscheinlichkeit eines Freispruchs. Mit anderen Worten: Die Staatsanwaltschaft muss von einer Verurteilungswahrscheinlichkeit >50% ausgehen. Sonst darf sie die öffentliche Klage nicht erheben und muss einstellen.
Die Staatsanwaltschaft schätzt also ein, wie die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung ist. Dazu gehört auch eine Einschätzung(!), ob der Täter schuldfähig ist. Ist ein Täter bereits einmal wegen erwiesener Schuldunfähigkeit nicht verurteilt worden, wird die Staatsanwaltschaft nur dann Anklage erheben, wenn sie Anhaltspunkte dafür sieht, dass die vorliegende Tat
nicht im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen wurde. Klassischer Fall ist Schuldunfähigkeit wg. akuter Alkohol- oder Drogenintoxikation, die bei einem anderen Delikt eben nicht vorliegt. In solchen Fällen wird die Staatsanwaltschaft also einfach Anklage erheben. Ohne Gutachten.
Das ist die Prüfung, die
@Schattendiplomat meint und da hat
@Schattendiplomat völlig Recht.
Wenn die Staatsanwaltschaft aber von einer dauerhaften Schuldunfähigkeit ausgehen muss, etwa weil die Schuldunfähigkeit in einer wahnhaften Störung begründet ist, dann wird sie das Verfahren einstellen, solange sie keine deutlichen Anhaltspunkte sieht, die Schuldunfähigkeit anzuzweifeln und noch einmal durch ein Gericht(!) beurteilen zu lassen.
Womit wir beim nächsten Punkt sind: Die Gerichte stellen die Schuldunfähigkeit fest (oder eben nicht). Ein Gutachter wird dazu im Prinzip nicht gebraucht. Bei der Entscheidung über Schuldfähigkeit oder Schuldunfähigkeit kommt es auf die Überzeugung des Gerichts an. Vorgeschrieben sind Gutachter nur,
wenn eine Unterbringung in Rede steht. Ansonsten gilt zwar, da es sich um die Frage nach der Schuld handelt, der sog. "Strengbeweis", d.h. die Beweismittel sind eingeschränkt. Der Sachverständige ist aber nur eines der im Strengbeweis zugelassenen Beweismittel (neben dem Sachverständigen noch Augenschein, Urkunde, Zeugen, Einlassungen des Angeklagten). Wenn es also lediglich darum geht, nicht zu verurteilen (und auch nicht unterzubringen), dann mag es ausreichen, wenn der Richter die nötige Sachkunde zur Beurteilung selbst besitzt (oder sich unwidersprochen anmaßt) und sich hinsichtlich der Bewertung der Schuldunfähigkeit auf Zeugenaussagen und/oder Einlassungen des Angeklagten verlässt (etwa Sürmels wahnwitziges Gestammel).
Natürlich wird in der Praxis wohl immer ein Gutachter bestellt und angehört werden, wenn es vor Gericht tatsächlich so weit kommt, die Frage der Schuldfähigkeit zu klären. An dessen Ausführungen ist das Gericht aber wiederum nicht gebunden, sondern würdigt auch diesen Beweis frei.
Fazit also:
Bei jedem Strafverfahren "prüft" die Staatsanwaltschaft erneut (oberflächlich), ob sich Änderungen in der Schuldfähigkeit eines zuvor als schuldunfähig angesehenen Menschen ergeben haben könnten. Sieht die Staatsanwaltschaft dafür keine Anhaltspunkte, so wird sie das Verfahren wegen mangelnder Aussicht auf (Verurteilungs-) Erfolg nach
§ 170 Abs. 2 StPO einstellen.