Autor Thema: AG Weimar vom 08.04.2021, Anwendung § 1666 BGB Kindeswohl gegen Maskenpflicht an Schulen  (Gelesen 47812 mal)

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Inzwischen ist das Traktat wieder sang- und klanglos verschwunden.
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Stattdessen wird die StA München II gelobt, die das Ermittlungsverfahren gegen die Richterin aus Weilheim eingestellt hat


Die LTO hat heute noch etwas dazu:



Zitat
StA stellt Ermittlungen gegen Familienrichterin ein
Falsch ist noch nicht strafbar

von Tanja Podolski

12.07.2021

Die Vorermittlungen gegen eine Familienrichterin am AG Weilheim wegen des Verdachts der Rechtsbeugung sind eingestellt. Die Staatsanwaltschaft München II sah keinen Anfangsverdacht.

Vier Strafanzeigen waren gegen eine Familienrichterin am Amtsgericht (AG) Weilheim gestellt worden. Die Staatsanwaltschaft (StA) München II hat die Vorermittlungen gegen die Richterin nun eingestellt. Die Frau hatte im Wege der einstweiligen Anordnung im April u.a. entschieden, dass ein Schulleiter und seine Stellvertreterin gegenüber einer Realschülerin nicht anordnen dürfen, auf dem Schulgelände eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen (Beschl. v. 13.04.2021, Az. 2 F 192/21). Diese Entscheidung hatte zusammen mit einer Entscheidung eines Familienrichters am AG Weimar für bundesweite Irritationen gesorgt. Gegen den Richter und die Richterin waren in der Folge Strafanzeigen wegen des Verdachts der Rechtsbeugung gestellt worden.
Spoiler
Die Familienrichterin aus Weilheim hatte die Entscheidung gegenüber der Schule auf die Anregung der Eltern hin getroffen, eine Gefährdung des Kindeswohls iSd § 1666 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu prüfen. Auf rund 30 Seiten hatte sie ihre Entscheidung – und auch ihre Zuständigkeit als Familienrichterin in dieser Frage – begründet. Insbesondere die Zuständigkeit der Familiengerichte hat in Juristenkreisen allein schon aus rein formellen Gründen für erhebliche Diskussionen gesorgt.
Wer darf was entscheiden?

Denn die Familiengerichte sind zwar die richtige Adresse, auch gegenüber Dritten Maßnahmen anzuordnen, wenn das Kindeswohl gefährdet ist. Maßnahmen einer Schule, die aufgrund von Verordnungen ergeben, sind allerdings Hoheitsakte, für die wiederum die Verwaltungsgerichte (VG) zuständig sind.

Gleichwohl – und das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) auf eine Vorlage des VG Münster inzwischen entschieden (Beschl. v. 16.06.2021, Az. 6 AV 1.21 u.a.) – muss in den Fällen, in denen ein Kindeswohlverfahren angeregt wird, das Familiengericht eine Entscheidung treffen – auch wenn die kritisierte Maßnahme – hier die Maskenpflicht – eine hoheitliche ist.

Denn über Maßnahmen gemäß § 1666 BGB entscheidet das Familiengericht selbständig von Amts wegen. An die VG verweisen dürfen sie nach Ansicht des BVerwG damit nicht: Vielmehr müssten sie entweder erst gar kein Verfahren eröffnen oder ein bereits eröffnetes Verfahren einstellen.
Kein Anfangsverdacht der Rechtsbeugung

Die Familienrichterin aus Weilheim hatte nach dieser inzwischen ergangenen Rechtsprechung zwar die falsche Entscheidung getroffen, einen Anfangsverdacht der Rechtsbeugung sah die StA dennoch nicht. "Die Frage, ob eine Entscheidung falsch ist, ist nicht entscheidend", sagt ein Sprecher der StA München II auf Anfrage von LTO, und erklärt: "Die Richterin hat ihre Zuständigkeit in dem Beschluss thematisiert und sie festgestellt. Sie hat sich also nicht vom Recht entfernt, wie es für einen Anfangsverdacht zum Vorliegen einer Rechtsbeugung gem. § 339 Strafgesetzbuch erforderlich wäre".

Zudem habe sie eine Entscheidung nur für eine Schülerin getroffen und damit einen Einzelfall entschieden. Die StA habe bei ihrer Einstellungsverfügung damit die Kriterien des Bayerischen Oberlandesgerichts, des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts zugrunde gelegt, so der Sprecher weiter – und damit im Ergebnis keinen Anfangsverdacht für eine Straftat feststellen können.

Die strafrechtlichen Vorermittlungen sind damit erledigt. Der Beschluss aus Weilheim selbst ist allerdings noch in der Welt. Die Entscheidung war ohne mündliche Verhandlung ergangen. Wie auch in dem Verfahren in Thüringen vor dem AG Weimar hatten Beteiligte allerdings den Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung gestellt, ein Termin ist bereits festgesetzt. Ob zudem Beschwerde eingelegt wurde, war bis zum Redaktionsschluss nicht in Erfahrung zu bringen.

Die mündliche Verhandlung ist bereits terminiert. Wie die Richterin dann entscheidet, steht ihr frei – das ist Ausfluss der richterlichen Unabhängigkeit: Sie kann ihre Entscheidung modifizieren oder aufrechterhalten. Sie hat aber auch die Möglichkeit, ihren eigenen Beschluss aufzuheben.
[close]
https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/ermittlung-familienrichterin-weilheim-maskenpflicht-einstellung/
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Wie zu erwarten war.
Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!
 
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Meinst Du dieses?

https://scienceblogs.de/gesundheits-check/2021/07/11/weimarer-verhaeltnisse-ich-kenn-da-einen-richter/

Faszinierend, dass laut Al Quaeda (oder deutsch: Die Basis) sich folgendes zutrug:

Zitat
„Es ist unglaublich, dass die Polizei ohne Not einfach alle möglichen Unterlagen, mein Handy und meinen Computer beschlagnahmt und sich so Zugang zu meiner gesamten Korrespondenz auch in meiner Eigenschaft als Spitzenkandidatin der Partei dieBasis für die Bundestagswahl verschaffte. Ich frage mich, ob meine Kandidatur nicht viel eher Anlass für die Durchsuchung war als meine gutachterliche Stellungnahme im Kindswohlverfahren“, sagt Prof. Dr. Kämmerer. „Normalerweise wird man zu einer Aussage vorgeladen und dann von der Polizei oder vom Gericht befragt.“

Auch die Wohnung des Spitzenkandidaten von dieBasis, Ulrich Masuth, und seiner Frau Almuth wurde durchsucht: “Grund der Durchsuchung ist laut richterlichem Beschluss die Frage, ob ich ein “Kennverhältnis” zu Richter Dettmar unterhalte,“erklärt Almuth Masuth. Wäre sie direkt gefragt worden, hätte sie bestätigt, dass sie Richter Dettmar nicht nur kennt, sondern seit vielen Jahren mit ihm befreundet ist. Von den insgesamt neun beschlagnahmten technischen Geräten, waren acht von ihrem Mann Ulrich, der für dieBasis zur Bundestagswahl antritt.

Quelle dort: https://diebasis-partei.de/2021/06/hausdurchsuchungen-bei-bundestagskandidaten-von-diebasis-in-thueringen/

Mit so viel Ehrlichkeit hat die Staatsanwaltschaft wohl gar nicht gerechnet.  :shifty:
soɥdʎsıs sǝp soɥʇʎɯ ɹǝp 'snɯɐɔ ʇɹǝqlɐ –
˙uǝllǝʇsɹoʌ uǝɥɔsuǝɯ uǝɥɔılʞɔülƃ uǝuıǝ slɐ soɥdʎsıs sun uǝssüɯ ɹıʍ ˙uǝllüɟnzsnɐ zɹǝɥuǝɥɔsuǝɯ uıǝ ƃɐɯɹǝʌ lǝɟdıƃ uǝƃǝƃ ɟdɯɐʞ ɹǝp

P.S.: Cantor became famous by proving it can't be done.
 
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Endlich sagt mal wer, wie der Richter heißt.
Von Euch wird ja doch immer nur rumgeeiert.
Fällt Dir nur Unsinn ein und immer,
erzähle nichts, sonst wird es schlimmer.
 
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Ich denke, der Name war eh bekannt.

Bei heise.de wird der LOStA zitiert, der eine Einstellung des Verfahrens in Aussicht stellte, falls sich aus den erneuten Durchsuchungen keine neuen Erkenntnisse ergeben.
« Letzte Änderung: 13. Juli 2021, 19:34:42 von Judge Roy Bean »
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- die aus meiner Sicht nicht überzeugende Begründung der Kostenauferlegung auf einen Dritten durch das AG Garmisch-Partenkirchen,


Das OLG München war auch nicht überzeugt:   :)

Zitat
Entscheidungen
Corona
Kindesschutzverfahren, Kostentragungspflicht, unbeteiligter Dritter

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG München, Beschl. v. 01.06.2021 - 2 WF 528/21

Leitsatz: Zur Kostentragungspflicht für den Urheber eines Aufrufs im Internet zu einem Kindesschutzverfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls durch Corona-Schutz-Maßnahmen.

In pp.

1. Der Beschluss des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen vom 03.05.2021 wird aufgehoben.
2. Gerichtskosten für das Verfahren vor dem Amtsgericht und dem Beschwerdegericht werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 800,00 € festgesetzt.

Spoiler
Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Auferlegung der Kosten für das vom Vater des betroffenen Kindes eingeleiteten Verfahrens wegen Kindeswohlgefährdung.

Mit Antrag vom 16.03.2021 regte der nicht sorgeberechtigte Vater des betroffenen Kindes die Einleitung eines Kinderschutzverfahrens durch das Amtsgericht an, da das körperliche, seelische und geistige Wohl seines Sohnes und aller weiterer Schulkinder der Grundschule aufgrund des Tragens eines Mund- und Nasenschutzes während und außerhalb des Unterrichts, infolge der Wahrung räumlicher Distanz und durch die Testverfahren gefährdet sei. Sollte ein Hauptsacheverfahren kurzfristig nicht möglich sein, möge im Wege der einstweiligen Anordnung entschieden werden. Er verwendete hierfür ein von dem Beschwerdeführer im Internet veröffentlichtes Muster.

Das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen leitete ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und ein Hauptsacheverfahren ein, bestellte für das Kind jeweils einen Verfahrensbeistand und bestimmte im Verfahren wegen einstweiliger Anordnung Termin zur mündlichen Verhandlung, zu dem es das Kind, den Verfahrensbeistand, das Jugendamt und die Eltern lud. Die daraufhin erstmals mit dem Antrag konfrontierte allein sorgeberechtigte Mutter des Kindes wandte sich gegen die Durchführung des Verfahrens und die Anhörung des Kindes. Der Vater habe ein vorgefertigtes Schreiben aus dem Internet an das Gericht gesandt. Der Vater nahm die Anregung zurück. Die Verfahrensbeiständin erstattete einen ausführlichen Bericht, in dem sie das Ergebnis ihrer Kontaktaufnahme mit den Eltern schilderte. Insbesondere gaben beide Eltern an, bei dem betroffenen Kind keine gesundheitlichen oder psychischen Auswirkungen durch das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes zu bemerken.

Der Beschwerdeführer wurde durch das Amtsgericht im Hinblick auf die beabsichtigte Entscheidung schriftlich angehört (Bl. 36 d.A.). Er äußerte sich nicht.

Mit Beschluss vom 03.05.2021 entschied das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen, dass der Beschwerdeführer die Kosten einschließlich gerichtlicher Auslagen des Hauptsacheverfahrens und des Eilverfahrens als nicht beteiligter Dritter gemäß § 81 Abs. 4 FamFG zu tragen habe. Der Beschwerdeführer habe das Tätigwerden des Gerichts im Sinne dieser Vorschrift veranlasst, da er ein bis ins Detail ausgearbeitetes Muster einer entsprechenden Anregung an das Familiengericht im Internet als Download angeboten habe, ohne das es nicht zu den Verfahren gekommen wäre. Die Einleitung entsprechender Verfahren sei durch den Beschwerdeführer zudem im Internet aktiv beworben worden. Dieses Vorgehen sei auch grob schuldhaft, da der Eindruck vermittelt worden sei, die Familiengerichte seien befugt, derartige Anordnungen zu erlassen. Die Überprüfung der fraglichen Anordnungen sei jedoch den Verwaltungsgerichten vorbehalten. Eine Entscheidung des Familiengerichts wäre offensichtlich rechtswidrig.

Gegen diesen, dem Beschwerdeführer am 05.05.2021 zugestellten Beschluss legte dieser mit Schreiben vom 14.05.2021, beim Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen eingegangen am 17.05.2021, Beschwerde ein, verbunden mit der Bitte, das Verfahren gemäß § 166 Abs. 3 FamFG wieder aufzunehmen. Der das Verfahren anregende Vater habe aus eigenem Antrieb und in eigener Verantwortung gehandelt.

II.

1. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Beschluss des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen war daher aufzuheben. Das Schreiben des Vaters des betroffenen Kindes an das Amtsgericht war als Anregung zur Einleitung eines Kinderschutzverfahrens formuliert. Gemäß § 24 Abs. 1 FamFG entscheidet das Gericht selbst, ob es auf die Anregung hin ein Verfahren einleitet, oder dies unterlässt. Letzteres ist dem Anregenden gemäß § 24 Abs. 2 FamFG mitzuteilen. Eine Pflicht zur Einleitung eines Verfahrens folgt nicht aus der Anregung, sondern alleine aus sachlichem Recht (Keidel/Sternal, FamFG, 19. Aufl., § 24 Rn. 3). Die Anregung vom 16.03.2021 formuliert das Rechtsschutzziel dahingehend, dass die Maßnahmen des Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes etc. durch das Familiengericht beendet werden und die Rechtmäßigkeit der diesen Anordnungen zugrundeliegenden Vorschriften der Verordnung des Landes Bayern überprüft werden sollen. Wie das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen richtig feststellt, ist der Rechtsweg zu den Familiengerichten vorliegend nicht eröffnet. Inhalt der Anregung ist nämlich nicht eine konkrete Gefährdung des Kindeswohls durch die Sorgeberechtigten oder dritte Personen, sondern die allgemeine Überprüfung der infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen. Dies obliegt alleine den Verwaltungsgerichten (OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.05.2021, 4 UF 90/21; OLG Nürnberg, Beschluss vom 27.04.2021, 9 WF 342/21; OLG Jena, Beschluss vom 19.05.2021, 1 UF 136/21).

Es bestand daher für das Amtsgericht auch nach seiner Rechtsauffassung kein Anlass zur Einleitung eines, schon gar nicht zweier Verfahren. Die entstandenen Kosten beruhen daher nicht auf dem Verhalten des Beschwerdeführers.

Die Kosten des Verfahrens waren auch nicht den Eltern aufzuerlegen. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG sind Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht zu erheben. Der Rechtsgedanke dieser Vorschrift kann im Rahmen der Kostengrundentscheidung entsprechend herangezogen werden.

2. Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf §§ 40, 42 FamGKG und orientiert sich am Interesse des Beschwerdeführers, das in Höhe der entstandenen Kosten besteht.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst, da kein Beteiligter durch die vorliegende Entscheidung beschwert wird.
[close]
https://www.burhoff.de/asp_weitere_beschluesse/inhalte/6449.htm
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Interessant, meine Gedanken in dem Beschluss wiederzufinden (zwei Dumme … - oder besser: vier Dumme …)!

Der Ausgangsbeschluss des AG gehört zu einer Reihe von „Wurst-wider-Wurst-Entscheidungen“ einzelner Gerichte, mit denen Maskenschwurblern eins reingewürgt werden sollte (auch wenn das auf juristisch höchst abenteuerliche Weise geschah) und die im Ergebnis auch nicht besser waren als der von den AGen Weimar und Weilheim verzapfte Unsinn. Bei dem Beschluss des AG Garmisch-Partenkirchen hatte ich das Gefühl, es sollten mit aller Gewalt Kosten produziert werden, um sie hinterher dem zweifelsohne nur schwer erträglichen Prestien aufzuerlegen.
« Letzte Änderung: 18. August 2021, 18:05:58 von Judge Roy Bean »
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Der BGH hat jetzt ein Machtwort zu dem leidigen Thema gesprochen. Familiengerichte haben keine Befugnis zu Anordnungen gegenüber Schulen.

https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/2021196.html

Zitat
Fehlende Zuständigkeit der Familiengerichte für Anordnungen gegenüber Schulen in Bezug auf Corona-Schutzmaßnahmen

Ausgabejahr
2021
Erscheinungsdatum 27.10.2021

Nr. 196/2021

Beschluss vom 6. Oktober 2021 - XII ARZ 35/21

Der unter anderem für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat – ebenso wie in mehreren Parallelverfahren – über die Zuständigkeit der Familiengerichte für den Erlass von Anordnungen gegenüber Schulen in Bezug auf das Unterlassen von Corona-Schutzmaßnahmen entschieden.

Mit einem an das Familiengericht gerichteten Schreiben hat die Beteiligte darum nachgesucht, ein Verfahren nach § 1666 BGB* zu eröffnen und gegenüber den Lehrkräften und der Schulleitung der von ihrer 15jährigen Tochter besuchten Gesamtschule einstweilig anzuordnen, die schulintern getroffenen Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), insbesondere die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, Abstandsgebote und gesundheitliche Testungen, vorläufig auszusetzten.

Das Familiengericht hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und das Verfahren an das Verwaltungsgericht verwiesen. Das Verwaltungsgericht hat die ihm übersandten Verfahrensakten an das Familiengericht "zuständigkeitshalber zurückgesandt" und dabei den Rechtsstandpunkt eingenommen, dass das Familiengericht zuständig und die Verweisung an das Verwaltungsgericht wegen eines groben Verfahrensverstoßes nicht bindend sei. Daraufhin hat das Familiengericht die Sache dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

Über einen negativen Kompetenzkonflikt zwischen Gerichten verschiedener Gerichtszweige entscheidet dasjenige oberste Bundesgericht, das einem der beteiligten Gerichte übergeordnet ist und zuerst angegangen wird, im vorliegenden Fall somit der Bundesgerichtshof.

Das Familiengericht hat bei einer Gefährdung des Kindeswohls von Amts wegen die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind. Dabei kann das Gericht in Angelegenheiten der Personensorge auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen (§ 1666 Abs. 1, 4 BGB).

Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass damit jedoch keine Befugnis des Familiengerichts zum Erlass von Anordnungen zur Durchsetzung des Kindeswohls gegenüber schulischen Behörden verbunden ist. Im Rahmen des schulischen Sonderrechtsverhältnisses sind die zuständigen Behörden ihrerseits an die das Kindeswohl schützenden Grundrechte gebunden. Die gerichtliche Kontrolle dieses Behördenhandelns – auch hinsichtlich Infektionsschutzmaßnahmen in den jeweiligen Schulen – obliegt hierbei allein den Verwaltungsgerichten.

Eine Rechtswegverweisung des Familiengerichts an das Verwaltungsgericht kommt jedoch wegen unüberwindbar verschiedener Prozessgrundsätze des von Amts wegen zu betreibenden familiengerichtlichen Verfahrens einerseits und des Klage- bzw. Antragsverfahrens der Verwaltungsgerichtsbarkeit andererseits nicht in Betracht. Das familiengerichtliche Verfahren war deshalb ohne Rechtswegverweisung einzustellen.

Die maßgebliche Norm des BGB lautet wie folgt:

§ 1666 Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls


(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) ...

(3) ...

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

Vorinstanz:

AG Wesel – Beschlüsse vom 14. Mai und 28. Juli 2021 – 49 F 76/21

Karlsruhe, den 27. Oktober 2021

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
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« Letzte Änderung: 27. Oktober 2021, 14:42:29 von Gerichtsreporter »
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Ob das jetzt auch Ermittlungsverfahren gegen die Richter des Verwaltungsgerichtes gibt?

Sicher nicht, aber das beleuchtet noch einmal, wie politisch die Entscheidung der StAs war, gegen die Familienrichter Verfahren wegen des Verdachtes der Rechtsbeugung einzuleiten und Hausdurchsuchungen sowie Beschlagnahmen vorzunehmen.

Ob das wohl nur dazu diente, den Richtern Angst zu machen und sie auf Spur zu bringen?
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Ob das jetzt auch Ermittlungsverfahren gegen die Richter des Verwaltungsgerichtes gibt?

Warum? Die haben sich keine Befugnis angemaßt. Die haben gesagt "wir nicht" und die Akte zurückgeschoben. Das hat der BGH bestätigt. Das Familiengericht hätte einstellen müssen.
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Nö ....  der BGH hat gesagt: "Doch, Du VerwG und nicht das Familiengericht!"

§ 160 StPO ist eine ganz billige Ausrede. Bereits einen Blick in den Palandt, jetzt pc-mäßig Grüneberg, zeigt, dass das diskutiert wird/wurde, ob das FG Behörden Weisungen erteilen darf. Damit war klar, dass eine vertretbare Auffassung gewählt worden war. Damit bestand nicht mal Anfangsverdacht.
« Letzte Änderung: 27. Oktober 2021, 15:27:34 von Sappho »
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Das  Verfahren  ist  einzustellen,  da  zwar  die  Verwaltungsgerichte  für  das
Rechtschutzbegehren der Beteiligten ausschließlich zuständig sind, eine Rechts-
wegverweisung  in  dem  hier  eingeleiteten  Verfahren  jedoch  nicht  in  Betracht
kommt  und  die  vom  Familiengericht  ausgesprochene  Verweisung  nicht  bindet
(vgl. BVerwG NJW 2021, 2600 Rn. 10).

Beschluss des XII. Zivilsenats vom 6.10.2021 - XII ARZ 35/21 -, Rn. 3
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