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„Die Frau war fertig“, ruft ein Prozessbeobachter dem Anwaltsteam von Michael Ballweg zu, und lacht dabei. Gemeint ist eine Kriminalhauptkommissarin, die der Ermittlungsgruppe zum Fall des „Querdenken“-Initiators angehörte. Mehr als zwei Jahre nach einer ersten Vernehmung des IT-Unternehmers aus Stuttgart soll sie über diese berichten. Bis weit in den Nachmittag hinein befragt sie das Anwaltsteam nach ihren Erkenntnissen. Ein ums andere Mal wiederholt sie, dass sie sich auf Fragen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen von Ballweg vorbereitet habe, wie es in ihrer Ladung steht. Und betont, dass sie gerne zur Auswertung etwas sagen werde, wenn sie sich davor in die Akten vertiefen und dann Detailfragen beantworten kann. Der Angeklagte Ballweg fragt sie, ob sie wisse, was gewerbsmäßiger Betrug sei. Als sie das bejaht, will er sie abfragen, die Definition aufsagen lassen. Die Vorsitzende Richterin geht dazwischen, sie lässt diese Frage nicht zu. Der Satz „Die Frau war fertig“ ruft bei Umstehenden am Ausgang Gelächter hervor, als diese stundenlange Vernehmung vorbei ist.
Der 49-jährige ehemalige Unternehmer ist angeklagt wegen versuchten Betrugs in 9450 Fällen, die tateinheitlich betrachtet werden. Außerdem muss er sich wegen versuchter und vollendeter Steuerhinterziehung verantworten. Beim Betrug geht es im Kern um die Frage, ob er Geld, das er als Schenkung erhalten hatte, ausschließlich für die Bewegung „Querdenken“ und deren Zwecke verwendet hat oder auch für private Zwecke. Hätte er etwas für sich abgezweigt, dann hätte er die Schenkenden über den Verwendungszweck getäuscht. Und davon geht die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage aus.
Nur zäh kam das Verfahren am zweiten Verhandlungstag in die Gänge. Denn bevor die Kriminalhauptkommissarin als erste Zeugin aussagen konnte, kam schon der erste Antrag der Verteidigung. Weil die Staatsanwältin, die im Saal die Anklage verlas, bei der Vernehmung im August 2022 als Ermittlungsleiterin dabei war, wollten die Verteidiger sie, dass sie bei der Vernehmung der Polizistin den Saal verlässt. Ihre Begründung:: Die Verteidigung wolle die Staatsanwältin als Zeugin laden zu dieser ersten Vernehmung von Ballweg nach dessen Festnahme im Juni 2022. Das Gericht lehnte dies ab.
Das war jedoch noch nicht der letzte Einwand. Die Anwälte setzten sich auch für eine Frau ein, die am Eingang stand und ihren Personalausweis nicht abfotografieren lassen wollte – so sieht es die sitzungspolizeiliche Verfügung für das Verfahren vor. Der Anwalt Ralf Ludwig sprach von einer „nicht ordnungsgemäßen Herstellung der Öffentlichkeit – ein absoluter Revisionsgrund“. Die Anwälte hätten datenschutzrechtliche Bedenken wegen der Fotos, die nach einem Tag gelöscht werden. Die Vorsitzende Richterin sah keinen Anlass, die Verfügung zu ändern. Im Saal herrschte Unmut über die Sicherheitsvorkehrungen: Nicht nur Taschen, Handys und Schlüssel müssen abgegeben werden, manche mussten auch Schmuckstücke in einen Schrank einschließen lassen.
Schließlich konnte die Befragung doch noch beginnen. Die Beamtin attestierte Ballweg eine höfliche und kooperative Art. Die Vernehmung habe er gewollt, um Material für die Aufklärung zu liefern. Er habe gezeigt, wie man seinen „Sharepoint“, einen Cloud-Speicher im Internet, benutzt, um darauf die Zahlungen sehen zu können. Ihre Aufgabe, so die Beamtin, sei es in der Ermittlungsgruppe gewesen, Belege den Bewegungen auf den Konten zuzuordnen. Sie wird im Januar erneut als Zeugin geladen und dann nähere Auskünfte zu den Geldbewegungen machen können, stellte sie in Aussicht.
Ein paar Zahlen und Fakten wurden dann doch noch am zweiten Prozesstag genannt. So habe Ballweg angegeben, rund 48 000 Euro seines Privatvermögens für „Querdenken“-Demos ausgegeben zu haben. Die hohen Ausgaben aus dem Privatvermögen für die Initiative, auch das wusste die Kriminalhauptkommissarin, seien einer der Gründe gewesen, warum sich Ballwegs Ehefrau erst getrennt und dann habe scheiden lassen.
Bei einem Spendenaufruf für eine Veranstaltungsfirma, deren Lastwagen am Vorabend einer Demo auf dem Wasen angezündet worden war, kam mehr Geld zusammen, als ein neuer Lastwagen kostete. Den Differenzbetrag habe die Firma auf das von Ballweg geführte „Querdenken“-Konto überwiesen. Am Ende des zweiten Verhandlungstages kam aus dem Anwaltsteam noch ein Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende Richterin. Das Verfahren wird an diesem Donnerstag fortgesetzt.