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In der Sache geht es daher durchaus um Gesundheitsschutz vs Grundrechte (und nicht Grundrechte vs. Grundrechte).
Der Gesundheitsschutz dürfte von einigen als Verwirklichung des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gesehen werden.
... Richtiger ist, stattdessen z.B. die "Gewährleistung einer intensivmedizinischen Versorgung" in Verhältnis zur "Reiselust" zu setzen.
Wobei "Reiselust" als Ausfluß des Art. 11 GG gesehen werden könnte. Bei der Abwägung der beiden Grundrechte dürfte jedoch die Freizügigkeit gegenüber dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit weniger schwer ins Gewicht fallen.
Ob das Ergebnis überzeugt, sei dahingestellt. Ich kann jetzt nicht mehrere Dutzend Entscheidungen kommentieren. Dass Inhaber von Zweitwohnungen diese nicht sollen aufsuchen dürfen, um zu vermeiden, dass an dem betreffenden Ort die IC-Stationen überlastet werden, leuchtet mir allerdings (jedenfalls derzeit) nicht ein.
Doch, schon. Die deutsche Kliniklandschaft ist durch die Fallpauschalen auf Effizienz und Auslastung getrimmt worden, so daß die Nordseeklinik auf Sylt sich in ihren Kapazitäten an der ortsansässigen Einwohnerschaft orientieren und die Ortsteile Westerlands, die mittlerweile einen erheblichen Teil des Jahres (fast) vollständig leer stehen, im Wesentlichen unberücksicht lassen dürfte. Bei den übrigen Nordseeinseln würde ein größerer Anfall von Schwerkranken die Transportsysteme überlasten. Während man von einheimischen Schwangeren erwartet, daß sie sich rechtzeitig aufs Festland begeben (auch auf Sylt gibt es keine Geburtsstation mehr), hielt sich die Einsicht der Touristen, die Inseln auf den eigenen Beinen zu verlassen, solange sie dazu noch in der Lage sind, dem Vernehmen nach in engen Grenzen.
Hier bedarf es imho eines konkreten Zusammenhangs mit einer möglichen Überlastung des Krankenhaussystems (L. Bohnsack auf juwiss: https://www.juwiss.de/53-2020); ...
Man könnte das nur dann dem jeweiligen Gesundheitsamt überlassen, wenn das jeweilige Land in der Lage wäre, so differenzierte Regelungen auch durchzusetzen. Je unwahrscheinlicher das ist, desto eher bleiben nur pauschale Einschränkungen für größere Teile der Bevölkerung.
Ich halte etwa für überwiegend wahrscheinlich, dass die aktuelle Verkaufsflächenbegrenzung (800 qm) als willkürlich und nicht zielführend kassiert werden wird (und bin gespannt, ob ich mich irre).
Wobei es da vor allem um den Nebeneffekt geht, daß der Betrieb großer Verkaufstempel zu deutlich höherer Auslastung öffentlicher Verkehrsmittel führt. Solange man im Gegensatz zu Jena, Sachsen und M-V eben nicht bereit ist, im ÖPNV Hygieneregeln durchzusetzen, ist das die Konsequenz daraus. Klagen der Tempelbetreiber dürften also am ehesten von Erfolg gekrönt sein, soweit sie ihre dortigen Filialen betreffen.
Im Bereich der Versammlungsfreiheit wollen die Länder ab Anfang Mai teilweise wieder mehr zulassen, was verfassungsrechtlich geboten sein dürfte.
Erste Demos gab es ja schon.