Man muss Stegner wirklich nicht mögen, aber da hat er wirklich mal Recht (gehabt).
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21.08.2020 - 22:52 Uhr
Deutschland & Welt
Tönnies scheitert vor Gericht gegen SPD-Politiker Stegner
Die Zustände in den Schlachthöfen von Tönnies standen nach einem Corona-Ausbruch massiv in der Kritik. Darf ein Politiker frei dazu seine kritische Meinung äußern? Natürlich, befindet nun ein Gericht - und weist einen Antrag von Tönnies ab.
Kiel/Hamburg (dpa) - Schleswig-Holsteins SPD-Fraktionschef Ralf Stegner darf sich weiter frei über die Zustände in den Betrieben von Clemens Tönnies äußern.
Das Landgericht Hamburg hat einen Antrag der Tönnies Holding auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Politiker am Dienstag zurückgewiesen, sagte Gerichtssprecher Kai Wantzen am Freitag in Hamburg. Darin sollte Stegner verpflichtet werden, kritische Äußerungen über die Zustände in den Schlachthöfen zu unterlassen. Unter anderem hatte Stegner in einer Talkshow der „Bild“-Zeitung gesagt: „Die Gesetze werden missachtet dort. Das ist ja gar keine Frage.“
In dem Urteil des Landgerichts Hamburg heißt es, Tönnies werde durch die Äußerung von Stegner nicht in seinen Rechten verletzt, weil es sich dabei um eine Meinungsäußerung handele. „Hierbei kommt zum Tragen, dass der Arbeitsschutz unstreitig im Mai 2020 Verstöße gegen die damals geltende Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen festgestellt hat“, heißt es in dem Urteil.
Stegner zeigte sich am Freitag erleichtert über das Urteil: „Wenn Herr Tönnies sich mit dem gleichen Eifer um eine Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Beschäftigten in seinen Schlachthöfen kümmern würde, wie er seine Kritiker juristisch verfolgen lässt, müsste die Politik wahrscheinlich nicht mehr mit gesetzlichen Regelungen gegen Ausbeutung, menschenunwürdige Unterbringung und andere Auswüchse des Subunternehmerunwesens vorgehen, wie es der Bundesarbeitsminister jetzt tun muss.“
Deutschlands größter Schlachtkonzern Tönnies hatte den Betrieb am Stammsitz in Rheda-Wiedenbrück nach einer hohen Zahl von Corona-Infizierten unter den Mitarbeitern für rund vier Wochen stoppen müssen. Mittlerweile wird wieder in zwei Schichten geschlachtet.
© dpa-infocom, dpa:200821-99-251833/2
Und noch ein Bericht zur Covidi.oten-Demo in Heilbronn im "Namen der Geschwister Scholl". Mir scheint, der anwesende "Neffe"? ist wirklich nicht die hellste Kerze auf der Torte und hat nicht viel Glück beim Denken.
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22. August 2020, 20:57 Uhr
Update: 22. August 2020, 21:17 Uhr
Verweis auf Weiße Rose spaltet Gemüter bei Querdenker-Demo
Forchtenberg Das Motto der Kundgebung der Heilbronner Gruppe Querdenker 713 auf dem Forchtenberger Sportplatz ruft Gegendemonstranten auf den Plan. Zwischen 350 und 500 Menschen nehmen an der Demo teil. Alles verläuft friedlich.
"Zu Ehren der Weißen Rose in Forchtenberg, dem Geburtsort von Sophie Scholl" ist die Kundgebung überschrieben, zu der die Heilbronner Gruppe Querdenken 713 am Samstag aufgerufen hat. Dieses Motto sorgte schon im Vorfeld für Unverständnis und einigen Unmut, vor allem auch unter Forchtenbergern. Hatten die Geschwister Scholl und weitere Mitglieder der Weißen Rose doch im Widerstand gegen das mörderische Naziregime ihr Leben verloren.
Kritik an Instrumentalisierung der Geschwister Scholl
So finden sich um 12.30 Uhr rund 60 Menschen auf einer Wiese neben der Geschwister-Scholl-Schule für eine einstündige Gegendemonstration zusammen. Nicht nur, weil sie befürchten, dass sich Rechtsextreme unter die Querdenker-Teilnehmer mischen. Vor allem wenden sie sich gegen eine Instrumentalisierung der Geschwister Scholl. Am Rande steht auch Ulrich Karle, stellvertretender Bürgermeister von Forchtenberg. Über alles andere könnte man geteilter Meinung sein, aber "es ist eine Frechheit, dass man die Kundgebung unter das Motto zu Ehren der Weißen Rose stellt", sagt er der HZ auf Nachfrage.
Die Polizei ist unter Leitung von Alexander Kohler, stellvertretender Leiter des Polizeireviers Künzelsau, mit einigen Einsatzkräften vor Ort. Bis auf ein paar kleinere verbale Scharmützel zwischen Demonstranten und Gegendemonstranten, wie Kohler später bilanziert, und ab und an nötigen Hinweisen, sich an die Abstandsregeln zu halten, wird die Kundgebung friedlich verlaufen. Für diese sind auch 44 Ordner im Einsatz.
In Sorge um Grundrechte
Zwischen geschätzt 350 (Polizei) und 500 (Veranstalter Alexander Stängle von Querdenken 713) schwankt die Zahl der Menschen, die an diesem Nachmittag ab 13 Uhr auf den Sportplatz neben der Geschwister-Scholl-Schule kommen. Vom Senior bis zum Kind sind alle Altersgruppen dabei, darunter viele Familien. Die Redner wechseln sich mit Musikbeiträgen ab, teilweise erinnert das Ganze an ein fröhliches Happening - hätte es nicht einen so ernsten Hintergrund.
Viele der Querdenker fühlen sich in der Corona-Pandemie durch die strengen Auflagen, mit denen Covid 19 bekämpft werden soll, in ihren bürgerlichen Freiheitsrechten eingeschränkt, ziehen wissenschaftliche Studien zum Virus in Zweifel, halten mit anderen wissenschaftlichen Studien dagegen, stellen Fragen. Viel Aufmerksamkeit - darunter auch eines Fernsehteams des SWR - zieht Julian Aicher (62) aus Leutkirch auf sich. Gehört der Neffe von Hans und Sophie Scholl doch zu den Rednern.
Scholl-Neffe sorgt sich um Grundrechte
"Ich bin hier als Bürger der Bundesrepublik Deutschland, der die Sorge hat, dass die Grundrechte abgeschafft werden", erklärt er. Selbst schon bei zahlreichen Kundgebungen dieser Art gewesen, habe er dort noch nie Rechtsradikale gesehen. Aicher schließt mit einem Zitat von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Grundgesetz, in dem jener bürgerschaftliches Engagement einfordert.
Unter denen, die die Kundgebung auf dem Sportplatz-Rasen sitzend aufmerksam verfolgen, ist die Forchtenberger Stadträtin Erika Groschup. Die 66-Jährige will sich informieren, interessiert sich vor allem für die Vorträge der Ärzte wie Professor Sucharit Bhakdi. Sie finde es nicht gut, dass man von vornherein alles so abtue. Jedes Ding habe zwei Seiten. "Ich habe allerdings das Gefühl, dass viele Forchtenberger auf der Gegendemo sind", meint sie.
Stellungnahmen örtlicher Politiker
Im Vorfeld hatte es zum Motto der Querdenker-Demo in Forchtenberg auch Stellungnahmen örtlicher Politiker gegeben. "Ich halte es für unverschämt, dass sich selbsternannte Querdenker hinter einer mutigen Frau wie Sophie Scholl verstecken, die in einem verbrecherischen Regime den Weg des Widerstands wählte", unterstreicht CDU-Landtagsabgeordneter Arnulf von Eyb. Grünen-Bundestagsabgeordneter Harald Ebner befürchtet, dass aus dem Unmut über die Einschränkungen ein Feuer der Wut entfacht werden soll. "Und genau daraus können die unmenschlichen Zustände entstehen, gegen die Sophie und Hans Scholl sich gewehrt haben."