Spoiler
„Eine echte Gefahr“ : Klingbeil fordert Widerstand gegen Corona-Verschwörungstheorien
Aktualisiert am 08.05.2020-08:00
PD-Generalsekretär Lars Klingbeil hat die Bürger aufgerufen, sich stärker gegen Verschwörungstheorien in der Corona-Krise zu wehren. „Wir brauchen einen Widerstand der normalen Leute, das fängt im Bekanntenkreis, in den eigenen WhatsApp-Gruppen an“, sagte der 42 Jahre alte Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Derzeit versuchten vor allem rechte Gruppen das Land durch Verschwörungstheorien zu destabilisieren.
Sie verbreiteten mit professionellen Videos und Tonnachrichten nachweislich Lügen. „Das ist der organisierte Versuch, zu spalten und zu hetzen“, warnte Klingbeil. „Man darf diese Nachrichten nicht unwidersprochen lassen.“
Zuletzt hatte es etwa vor dem Reichstagsgebäude in Berlin eine Demonstration gegen die Corona-Regeln gegeben, an denen auch Rechtspopulisten und Anhänger von Verschwörungstheorien teilnahmen. Unter dem Namen „Widerstand2020“ formierte sich eine Protestbewegung, die die aktuelle Politik der Bundesregierung als übertriebene Bevormundung empfindet.
„Da prallen berechtigte Sorgen und die Verunsicherung einiger Bürger auf Reichsbürger, Nazis und organisierte extremistische Gruppen“, sagte Klingbeil. Letztere wollten gar nicht darüber diskutieren, ob eine Schutzmaske hilfreich sei oder ob es Sinn mache, Kitas zu schließen oder nicht. „Das sind Leute, die wollen unser System destabilisieren“, so der SPD-Generalsekretär und Bundestagsabgeordnete weiter. „Das Virus ist eine echte Gefahr, und es ist sogar noch gefährlicher, wenn wir es leugnen.“
Klingbeil sieht zudem eine „gefährliche Nähe“ zwischen den Verschwörungstheoretikern und der AfD. „Das ist die gleiche Tonspur, in der die Leute unterwegs sind.“ Derzeit würden die Proteste genauso öffentlich heruntergespielt wie anfangs die AfD. Doch schon jetzt sei zu spüren, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt, der sich in den ersten Wochen der Pandemie entwickelt habe, Risse bekomme.
Auch in Bayern wollen die Corona-Aluhüte verstärkt aktiv werden und betreiben erst mal Umweltverschmutzung mit tumben Pamphleten.
Spoiler
Protest gegen Schutzmaßnahmen: Die »Corona-Rebellen« vom Untermain
Kundgebungen in Aschaffenburg und Miltenberg geplant
Wie in ganz Deutschland haben sich auch am Untermain in kurzer Zeit viele Menschen zusammengefunden, um gegen die Corona-Maßnahmen zu protestieren. Vergangenes Wochenende gab es mehrere Demonstrationen in Aschaffenburg. Dort ist am Samstag wieder eine Kundgebung geplant, am Sonntag eine in Miltenberg.
Darüber hinaus hängen seit Tagen vielerorts in Aschaffenburg Flugblätter, die sich ohne Angabe der Urheber und der Anliegen offenkundig gegen Corona-Schutzmaßnahmen richten. Auf manchen der Zettel ist von »Widerstand« die Rede. Auf allen werden Ikonen einer neuen Protestbewegung aufgelistet, die bundesweit mit »Corona-Spaziergängen«, »Hygiene-« oder »Querdenker-Demos« auf sich aufmerksam macht - und mit einer Vielzahl von Foren im Internet.
220 »Spaziergänger«
So vielfältig und teils widersprüchlich wie die Organisationsformen, sind die oft diffusen Ziele und Argumentationslinien: In den Gruppen tummeln sich Rechtsradikale, Reichsbürger und Rassisten, die Ausländer für das Virus verantwortlich machen; Verschwörungstheoretiker, die sich von einer Elite unterdrückt sehen und/oder das Virus für eine Erfindung halten; Impfgegner und Esoteriker; aber auch Menschen, die ohne ideologischen Unterbau schlicht die Einschränkungen für übertrieben halten und dabei oft Freiheitsrechte in Gefahr sehen.
Am Untermain spielen die »Corona-Rebellen Aschaffenburg-Miltenberg« eine wichtige Rolle: Aus der gleichnamigen Gruppe im Chatdienst Telegram, Ende April gegründet, kam der Aufruf für einen »Spaziergang für unser Grundgesetz und unsere Freiheit« durch die Aschaffenburger Altstadt vergangenen Samstag. Rund 220 Teilnehmer, so Polizeipräsidium Würzburg und städtisches Ordnungsamt in einer gemeinsamen Stellungnahme von Mittwoch, hatte diese »nicht angezeigte Versammlung«. Die Behörden bestätigen den Eindruck, den das Main-Echo anhand von Internet-Videos bereits geschildert hat: Der als »Spaziergang« deklarierte Demonstrationszug verlief »friedlich, ohne Transparente oder Ansprachen« und war nach einer halben Stunde vorbei.
Unter anderem deshalb und weil ein Großteil der Teilnehmer aus Familien mit Kindern bestanden habe, so Polizeisprecher Michael Zimmer, hätten die Kollegen die Versammlung nicht aufgelöst - obwohl sie weder angemeldet noch genehmigt war. Auch der Mindestabstand sei wiederholt unterschritten worden, wenngleich das offenbar meist Familien aus demselben Haushalt betroffen habe. Trotzdem werde gegen die beiden Initiatorinnen ermittelt: wegen des Verdachts von Verstößen gegen das Infektionsschutz- und Versammlungsgesetz. Bußgelder bis 5000 Euro seien möglich.
Beide Initiatorinnen des »Spaziergangs« sind die Administratorinnen der »Rebellen«-Chatgruppe und rufen dort nun für Samstagnachmittag zur Teilnahme an einer diesmal angemeldeten Kundgebung auf dem Aschaffenburger Schlossplatz auf. Eine Stunde lang wollen die »Rebellen« auf dem Marktplatz am Schloss demonstrieren.
»Unerträgliche« Hetz-Posts
Die Versammlung, für die am Donnerstag eine Genehmigung noch ausstand, solle auf 50 Teilnehmer begrenzt sein, erläutert eine der beiden verantwortlichen Frauen im Gespräch mit der Redaktion: Man wolle sich an Auflagen wie das Abstandsgebot halten, nur angemeldete Demonstranten zulassen. Die 42-jährige Erzieherin aus dem Raum Alzenau will ebenso wie ihre Mitstreiterin ihren Namen vorerst nicht in Medienberichten lesen. Man sei »etwas überrollt« vom Zuspruch.
Dazu gehört auch die Moderation des »Rebellen«-Chats, der am Donnerstagabend fast 300 Mitglieder hatte: Die 42-Jährige bestätigt, dass wiederholt viele »unerträgliche« Posts darin auftauchten mit rechtsradikaler und rassistischer Hetze. Darauf hatten die Grüne Jugend Miltenberg und andere linke Gruppen in einer Pressemitteilung hingewiesen und dies mit Bildschirmfotos von »zutiefst bestürzenden Hassbotschaften« belegt.
Die Gesprächspartnerin der Redaktion dazu: »Wir löschen Posts, die die Würde des Menschen verletzen und werfen auch Leute aus der Gruppe.« Die »Gruppenregeln« fordern »Toleranz« und »Gewaltfreiheit«, aber auch »freie Meinungsäußerung ohne Zensur«.
Im Forum ist wiederholt die Rede von »Widerstand«, es gibt Links zu umstrittenen Persönlichkeiten wie den Journalisten Ken Jebsen und Eva Hermann oder der Gruppierung »Widerstand 2020«. »Mainstream-Medien«, Politiker, eine Impfpflicht, Wissenschaftler und Bill Gates werden kritisiert; die Polizei, die sich am Samstag den Demonstranten gegenüber freundlich gezeigt habe, wird gelobt.
Rechtsextreme Hetze und Rassismus tauchten zuletzt nicht auf oder wurden sofort gelöscht, am Donnerstagabend stand aber ein Reichsbürger-Post online. Dennoch ist die »Rebellen«-Administratorin zuversichtlich, dass die Bewegung nicht in Misskredit gebracht werde: »Wir haben einen reißerischen Namen, ja. Ich persönlich bezweifle auch nicht, dass es das Virus gibt und dass wir Menschen davor schützen müssen.« Aber die Maßnahmen hätten sich »ein Stückweit« verselbstständigt, seien vielfach übertrieben und gefährdeten demokratische Freiheitsrechte.
Bei der PNP scheint man sich an die Corona-Aluhüte anwanzen zu wollen.