Eine doppelblinde placebokontrollierte zu Remdesivir bei COVID-19-Patienten ergab zwar einen numerischen Trend dahin, dass Patienten schneller gesund werden, vor allem wenn die Therapie maximal 10 Tage nach Symptombeginn erfolgt. Insgesamt aber ließ sich ein klinischer Vorteil nicht statistisch signifikant belegen. Die Studie wurde wegen des Abklingens der SARS-CoV-2-Infektionen in China und aus Sicherheitsgründen vorzeitig abgebrochen.
Hintergrund
Bislang gibt es immer nochv keine spezifische Therapie für schwerkranke COVID-19-Patienten. Remdesivir wird in dieser Indikation klinisch geprüft. Es ist ein antiviraler Wirkstoff aus der Gruppe der Nukleosid-Analoga und RNA-Polymerase-Inhibitoren und wirksam gegen verschiedene Coronaviren wie MERS, aber auch gegen Ebolaviren und RSV. Remdesivir ist ein Prodrug und wird zur pharmakologisch aktiven Substanz metabolisiert. Nun sind Daten einer ersten prospektiv randomisierten und placebokontrollierten Studie bei Patienten mit schwerer SARS-CoV-2-Infektion publiziert worden (1).
Das Design war eine prospektiv randomisierte, doppelblinde und placebokontrollierte Studie bei Patienten mit schwer verlaufender COVID-19-Erkrankung
teilnehmende Zentren: 10 Kliniken in der chinesischen Provinz Hubai
teilnehmende Patienten: 237 COVID-19-Kranke mit schwerem Verlauf und stationärer Aufnahme maximal 12 Tage nach Symptombeginn
schwerer Verlauf definiert als Sauerstoffsättigung des Blutes von maximal 94 % bei Raumluft und radiologisch bestätigter Pneumonie
Randomisierung: im Verhältnis 2 : 1 in einen Verumarm (Remdesivir i.v. 200 mg an Tag 1 und anschließend je 100 mg an den Tagen 2-10) oder zu Placebo (Placeboinfusionen derselben Volumina). Zusätzliche antiviral wirksame Substanzen wie Lopinavir–Ritonavir und Interferone, aber auch Kortikosteroide waren erlaubt
Definierter primärer Endpunkt: Tage bis zur klinischen Verbesserung innerhalb eines Zeitrahmens von 28 Tagen ab Randomisierung
klinische Verbesserung definiert als Verminderung um mindestens 2 Einheiten einer 6-Punkte Skala von 1 (1: Entlassung des lebenden Patienten aus der Klinik) bis 6 (Tod).
Hauptergebnisse
Die Studie konnte ab 6. Februar nur bis zum 12. März rekrutieren, weil zum einen ab Mitte März die COVID-19-Inzidenzen in China stark abfielen und zum anderen deutlich mehr Patienten unter Remdesivir die Behandlung wegen unerwünschter Effekte abbrechen mussten als unter Placebo (12 % vs. 5 %).
Bei den Nebenwirkungen insgesamt, zum Beispiel gastrointestinalen Störungen oder Hyperkaliämie, gab es keine wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Gruppen (66 % vs. 64 %; Verum vs. Placebo).
Bei den bis Mitte März eingeschlossenen und komplett nachverfolgten 237 Teilnehmern war die 28-Tage-Sterblichkeit in beiden Gruppen ähnlich, nämlich 14 % und 13 % (Remdesivir und Placebo).
Bei Patienten, die innerhalb von 10 Tagen nach Symptombeginn behandelt worden waren, lag die HR (Hazard Ration)vfür eine klinische Besserung bei 1,52 (Verum vs. Placebo), war aber ebenfalls statistisch nicht signifikant.
Auch für andere Endpunkte gab es keine deutlichen Unterschiede, zum Beispiel für die Dauer des Krankenhausaufenthaltes.
Klinische Bedeutung
Das unklare Ergebnis aus dieser ersten, methodisch guten, aber statistisch „unterpowerten“ Studie ist nicht das „Aus“ für die Substanz in dieser Indikation, heißt es in einem begleitenden Kommentar. Es gebe einen Trend für einen klinischen Benefit, wenn auch keinen statistisch signifikanten. Möglich sei, dass Remdesivir vor allem bei früher Anwendung helfe oder in Kombination mit anderen Strategien wie der Gabe neutralisierender Antikörper aus Rekonvaleszentenplasma.
Außerdem rekrutieren weltweit derzeit 5 weitere klinische Studien zu Remdesivir bei SARS-CoV-2-Infektion. Diese Daten müsse man abwarten. Es werde sich in der Gesamtwertung der prospektiv randomisierten Untersuchungen ein Bild abzeichnen lassen.
Quellen:
1. Wang Y, Zhang D, Du G, et al.: Remdesivir in adults with severe COVID-19: a randomised, double-blind, placebo-controlled, multicentre trial.
Lancet 2020;
https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)31022-9.
2. Norrie JD: Remdesivir for COVID-19: challenges of underpowered studies. Lancet 2020;
https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)31023-0