@dieda Gesamtstrafenbildung ist nicht so einfach, ich versuche es noch einmal:
Ausgangslage:- Eine bezahlte Geldstrafe von 90 TS für eine Körperverkletzung (Fall Nr. 5 aus unserem Wiki)
- Eine abgesessene Strafe für unerlaubten Waffenbesitz unbekannter Höhe (noch nicht im Wiki, Urteil AG Wittenberg vom 19.11.2014)
- Eine teilweise abgesessene Freiheitsstrafe für unerlaubten Betrieb von Versicherungsgeschäften, Fahren ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie die EInbeziehung der unter 1 und 2 genannten Urteile.
- Verurteilung wegen 27x Fahren ohne Fahrerlaubnis, 2 x Beleidigung unter Einbeziehung der Strafe unter 3 (die wiederum die Strafen aus 1 und 2 enthält)
In den USA wäre es einfach. Da werden die Einzelstrafen addiert und fertig. deswegen gibt es dort die hohen Haftstrafen. Nur für die heutigen Taten (14x 6 Monate, 6x 7 Monate, 4x 8 Monate, 3x 9 Monate, 2x 2 Moante) kämen wir dort auf eine Gesamtstrafe von 15 Jahren 9 Monaten plus der noch nicht abgesessene Teil aus Position 3.
Da die Höchstdauer einer Haftstrafe in Deutschland aber bei 15 Jahren liegt, funktioniert das so nicht.
In Deutschland gibt es das
Asperationsprinzip. Hier wird die höchste Einzelstrafe genommen und für jede weitere Einzelstrafe angemessen erhöht. Grund hierfür liegt auch im Strafzweck. Grundsätzlich kann eine Strafe die Funktionen Rache, Generalprävention und Spezialprävention haben. Rache ist in Deutschland kein legitimer Bestrafungsgrund.
Generalprävention bedeutet, dass Menschen von der Begehung einer Straftat durch die Höhe der Einzelstrafe abgeschreckt werden sollen. Spezialprävention bedeutet, dass der Täter durch die Gesamtstrafe an der Begehung von noch einmal der gleichen Taten gehindert werden soll. Dabei wird davon ausgegangen, dass eine gewissen Haftdauer dafür ausreichend ist, unabhängig von der Zahl der begangenen Straftaten.
Damit ergibt sich, dass bei der Bildung der Gesamtstrafe die Summe der Einzelstrafen nicht erreicht werden darf. In der Praxis gibt es die Faustformel, dass die höchste Einzelstrafe genommen und für jede weitere Straftat die Hälfte der Einzelstrafe hinzu addiert wird. Im heutige Fall wären das 8 Jahre und 3 Monate gewesen (wieder ohne Position 3).
Es bleibt aber das Problem der Maximalstrafe von 15 Jahren. Sprich 10 Vergewaltigungen führen zur gleichen Haftdauer von 15 Jahre wie 100. Daher wird mit zunehmender Zahl der Einzelstrafen die Bedeutung für die Gesamtstrafe geringer. Für die Mathematiker: Man kann sich das vorstellen wie bei einer geometrischen Reihe. Irgendwann konvergiert die.
Es muss also ausreichend Abstand zu den 15 Jahren gewährleistet werden. Daher spielen die Einzelstrafen bei der Gesamtstrafenbildung einer hohen Zahl von Taten nur eine untergeordnete Rolle. Das ist dann das, wo Verfahren eingestellt werden, weil die zu erwartende Strafhöhe keine Rolle mehr spielen würde.
Exkurs:Das Urteil im Bankverfahren von 3 Jahren 8 Monaten wurde vom BGH aufgehoben, es existiert somit nicht mehr. Das LG Halle hätte die Sache neu verhandeln und dabei die Vorgaben des BGH zu den Tatbeständen Bankgeschäft und Untreue berücksichtigen müssen. Im Prinzip hätte die Staatsanwaltschaft beispielsweise Anleger finden müssen, die ihr Geld zurückhaben wollen. Dann läge ein Bankgeschäft und für diesen konkreten Fall auch eine Untreue vor. Die Staatsanwaltschaft hat die Chance nicht besonders hoch gesehen, in vielen Fällen diesen Beweis führen zu können. Die Schadenshöhe wäre also deutlich gesunken und damit auch das Strafmaß. Dieses Strafmaß haben Staatsanwaltschaf und LG Halle dannn für so gering gehalten, dass es bei der Gesamtstrafenbildung nicht weiter ins Gewicht gefallen wäre und haben daher das Verfahren eingestellt. Nicht die 3 Jahre 8 Monate sind hier das Maß sondern die zu erwartende Strafhöhe bei einer Neuverhandlung (um 1 Jahr denke ich).
Genaus deswegen die Einstellung beim LG Hannover und in Hof hätte auch noch eine erfolgen können.
Zurück zum heutigen Urteil:Es sind noch die Positionen 1 und 2 zu behandeln. Diese wurden mit einem Rabatt in 3 berücksichtigt. Da nun bei der Gesamtstrafenbildung in Position 4 ein weiterer Rabatt auf die Einzelstrafen bei der Bildung der Gesamtstrafen gegeben werden muss, hat die Kammer heute festgelegt, dass bereits 1 Monat und 14 Tage als verbüßt gelten. Das ist also die Höhe des Rabattes, der für die Positionen 1 und 2 gegeben wurde.
Peter soll keinen Nachteil haben, dass die anderen Taten erst jetzt abgeurteilt wurden. Er hat die Positionen 1 und 2 bereits bezahlt bzw abgesessen. Der bei der Gesamtstrafenbildung gegebene Rabatt muss also abgezogen werden.
Soweit klar? Nein? Kann ich verstehen.
@Gelehrsamer Ich sehe für die Revision höchstens das Problem, dass die Strafzumessung heute mit einem "mehr oder weniger" einzigen Tatenentschluss begründet wurde. Wenn man das konsequent weiter denkt, dann würde Tateinheit bestehen und die Strafzumessung deutlich geringer ausfallen. Ich gehe aber davon aus, dass in der Urteilsbegründung das noch revisionsfest ausgeführt wird. Auch in die Diskussion über Handlungseinheit und Tateinheit möchte ich nicht einsteigen.
So, jetzt habe ich Kopfweh. Ihr auch?