Dreiste Lügen über den Staatenbund-Prozess, 2. Auflage, Teil 7: Repliken der Verteidiger von Voglmeir, Wallner, Murhamer, Welser, Fröhlich, Eugster, Enöckl, Trautmann, KreidlJetzt spricht die "Hostesse", die sich als Pflichtverteidigerin von Voglmeir vorstellt: Voglmeir wolle nicht, dass sie in ihrem Namen eine Gegenrede halte; das wolle sie dann lieber selbst tun.
Als Nächster ist der Verteidiger von Wallner dran, er heisst Thomas Klein. Wallner habe seit März 2017 zum SBÖ gehört (hier vermute ich, dass entweder ich das Jahr falsch notiert habe oder der Verteidiger eine falsche Jahreszahl genannt hat). Er sei geständig in dem Sinne, dass er gewisse Handlungen und Tätigkeiten für den SBÖ einräume, bekenne sich aber nicht schuldig im Sinne von §246 StGB (staatsfeindliche Verbindung).
In der Argumentation schliesst Klein sich weitgehend den ersten beiden Verteidigern an, führt aber weiter aus: Eine "Erschütterung" im Sinne von
§246 StGB müsse eine "ernstliche Gefährdung" der betroffenen Rechtsgüter sein, das könne hier nicht gesehen werden. Im Sinne von "nulla poena sine lege" habe der Staat daher
§247a "Staatsfeindliche Bewegung" eingeführt, den sogenannten "Staatsverweigerer-Paragraphen" (der, wie erwähnt, auf den SBÖ noch nicht anwendbar ist). Und zwar gerade wegen des SBÖ.
Wallner habe den SBÖ schon bei seiner zweiten Einvernahme als "Mogelpackung" bezeichnet. Er sei nur "Sekretär" gewesen, habe geschrieben, was Moni diktiert habe. Ausserdem habe er das "Landbuch" geführt. Auszüge daraus hätten Geld gekostet, weshalb Wallner mittlerweile rechtskräftig wegen Betruges verurteilt sei.
Ob Wallner den Staat habe beseitigen wollen? Nie! Er habe nur Gutes tun wollen, sei mittlerweile wieder berufstätig und "völlig deradikalisiert".
Die Verteidigerin von Daniela Murhamer, eine blonde, junge Frau, stellt sich nicht mit Namen vor. Laut ihr erwecke die Anklageschrift den Eindruck, der SBÖ habe einen "Putsch" machen wollen. Der StA meine, diese Handlungen seien geeignet gewesen, die Regierung zu stürzen. Wichtig seien die Tatbestandsmerkmale der "staatsfeindlichen Verbindung": Deren Erfüllung sei hier eindeutig zu verneinen. Wie schon ihre Vorredner argumentiert auch diese Verteidigerin mit der Einführung von §247a StGB wegen des SBÖ, die zeige, dass das Parlament solche Erscheinungen nicht so hart bestrafen wolle, wie bei staatsfeindlichen Verbindungen vorgesehen. "Ein Frachtschiff wird auch nicht zu einem Kriegsschiff, wenn ich zwei Gewehre transportiere", meint sie. Nicht einmal die Militärzeugen hätten die "Haftbefehle" ernstgenommen, sondern "mit einem Lächeln abgetan".
Die objektiven Tatbestandsmerkmale von §246 StGB lägen nicht vor, aber auch die subjektiven nicht: Murhamer habe mit dem Führen des "Landbuches" nicht beabsichtigt, die Republik zu "erschüttern".
Der Verteidiger von Josef Welser ist ein Magister Schneider. In vier von sechs Punkten, darunter Hochverrat, sei Welser rechtskräftig freigesprochen worden.
Zuerst kritisiert Schneider den StA für den Ausdruck "suggerieren": Wenn, dann wolle die Verteidigung bewusst mit Argumenten beeinflussen. Der StA hingegen habe mit der Sprache gespielt, deshalb sei er es, der suggeriere: Schon die Erwähnung von Neonazis und Islamisten in seinem Tätigkeitsbereich sei eine Manipulation, denn das Gehirn verknüpfe Derartiges dann mit dem SBÖ, und das sei "Framing".
Der SBÖ sei gewaltfrei gewesen; legaler Waffenbesitz durch manche Mitglieder habe nichts mit dieser Verhandlung zu tun. Deshalb bittet Schneider die Geschworenen, Medienberichte aussen vor zu lassen. Die Anklageschrift als Grundlage zu nehmen, wie es der StA empfohlen hat, sei auch nicht richtig für die Geschworenen. Dann kritisiert der Verteidiger noch das fiktive Mordbeispiel des StA, denn auch das sei Framing.
Die zentrale Frage sei: Was wollten die Angeklagten? Welser habe etwas für die Menschen, nicht gegen den Staat tun wollen.
Als nächster spricht der Verteidiger von Hannes Fröhlich, der sich nicht vorstellt. Die Erwartung der Verteidigung an die Geschworenen sei, dass diese ihr Herzblut einbrächten. Hier stelle sich das Problem, dass bereits viele sich entschuldigt hätten, gegenwärtig seien es noch 13. Es dürften aber am Ende nicht weniger als acht sein, sonst müsse der Prozess abgebrochen werden.
Wie sein Vorredner würde er den Geschworenen nicht raten, in der Anklageschrift nachzulesen. Da seien auch Sachen drin, über die mittlerweile gar nicht mehr verhandelt würde. Für Fröhlich gehe es nur noch um den Vorwurf der staatsfeindlichen Verbindung. Seiner Nichtigkeitsbeschwerde sei stattgegeben worden, "deshalb sitzen wir jetzt hier". Die Geschworenen müssten objektiv sein.
Ziel des Verteidigers sei ein Freispruch für seinen Mandanten. Bezüglich §246 argumentiert er wie seine Vorredner (dass "erschüttern" zu heftig sei für die Taten des SBÖ und dass das Parlament für solche Erscheinungen §247a eingeführt habe).
Zudem habe der SBÖ einige österreichische Gesetze akzeptiert, z.B. die Gesetzgebung bezüglich Vorsorgevollmacht.
Zu den Geschworenen sagt der Verteidiger: "Sie haben nur zu befinden: Ist es eine staatsfeindliche Verbindung gewesen?" Man solle nicht einfach irgendeine Norm nehmen, um die SBÖ-ler zu bestrafen, weil man finde, das Ganze sei illegal gewesen.
Zu Fröhlich führt der Verteidiger aus, dieser stamme aus dem Burgenland, habe für das Bundesheer gearbeitet [hier bin ich nicht ganz sicher, ob ich die Angabe richtig notiert habe], kümmere sich auch bis heute rührend um seine Mutter und habe eine Landwirtschaft. Mit Moni sei er "über energetische Geschichten" in Kontakt gekommen und sage über sie: "Sie hot nichts Schlechtes wollen".
Offiziell sei Fröhlich "Präsident" des "Staates Burgenland" gewesen, weil er diesen am 11.11.2015 ausgerufen habe. An diesem Tag habe er ganz normal in seinem Betrieb gearbeitet, habe in der Mittagspause "auf der Burg" (?) kurz den Staat ausgerufen und habe dann am Nachmittag weitergearbeitet. Das solle dann die staatsfeindliche Verbindung sein.
Der Verteidiger will nicht leugnen, dass die Gruppierung Probleme verursacht habe, Behörden und Gerichte zu stören versucht habe; Zitat: "Das nervt". Die Reichsbürger in Deutschland seien jedoch "eine gewaltbereite Gruppierung", ebenso die "Freemen/OPPT", aber der SBÖ sei nicht das Gleiche; eine solche Verbindung zu ziehen, sei wieder "Framing".
Wer sich mit den genannten Phänomenen beschäftigt, würde freilich weder die Reichsbürgerszene in Deutschland als "eine Gruppierung" bezeichnen, noch die Zusammenhänge zwischen Reichsbürgern, Freemen, OPPT und dem SBÖ in Abrede stellen.
Von 3000 SBÖ-lern seien lediglich 46 im "Staat Burgenland" registriert gewesen, fährt der Verteidiger fort. Dann bittet er die Geschworenen noch, Fragen zu stellen.
Schliesslich liest er aus dem Motu Proprio des Papstes vom 11.07.2013 vor und erläutert dessen verquere Interpration durch den SBÖ, um zu zeigen, dass "verstehendes Lesen nicht die Stärke des SBÖ war", aber das sei doch noch keine staatsfeindliche Verbindung.
Hurra, wieder eine Beleidigung zur Verteidigung!
Dieses Motu Proprio wird in der gesamten Deppenszene herumgereicht, weil darin angeblich stehe, dass der Papst alles Beamtentum weltweit abgeschafft habe o.ä. (die genauen deppischen Behauptungen nachzuschauen, bin ich gerade zu faul, spielt aber eh keine Rolle). Das ist keine Erfindung des SBÖ, sondern gerade eine von sehr vielen Gemeinsamkeiten des SBÖ mit anderen Reichsdeppen- und Souveränen-Gruppen oder Einzeldeppen; Zusammenhänge, die dieser Verteidiger herunterspielt oder auch leugnet.
Der Verteidiger meiner alten Bekannten Erika Eugster stellt sich entweder auch nicht vor, oder ich habe den Namen nicht notiert. Gegen unsere Erika stehe heute nur noch der Vorwurf der staatsfeindlichen Verbindung im Raum. Der Verteidiger zitiert wieder den Wortlaut von §246 und argumentiert gleich wie seine Vorredner mit der Einführung des neuen "Staatsverweigerer-Paragraphen".
Des weiteren habe Eugster "Wahrheit, Licht und Liebe" im SBÖ gesehen; Vergleiche mit Neonazis und Islamisten seien fehl am Platze. "Wahrheit, Licht und Liebe", "esoterische Strömungen", "Wahrheit" seien Eugster besonders wichtig. Im psychologischen Gutachten aus dem ersten Verfahren heisse es über sie: "Persönlichkeitsakzentuierung mit kindlich-naiven Einschlägen".
Als nächster spricht ein Herr Leehofer (falls ich diesen Namen richtig notiert habe), der Verteidiger von Werner Enöckl. Dieser sei jetzt nur noch der staatsfeindlichen Verbindung angeklagt. Ein Exemplar des Wiener Kommentars zum Strafgesetz hochhaltend, betont Leehofer, eine "Erschütterung" im Sinne von §246 müsse sich auf die Unabhängigkeit, die Staatsform oder auf verfassungsmässige Einrichtungen beziehen. Ein Eingreifen fremder Mächte müsse ernstlich zu befürchten sein. Im Wesentlichen wiederholt er diesbezüglich die Argumentation seiner Vorredner in eigenen Worten.
Ausserdem vergleicht er den Aufstieg und Fall des SBÖ mit dem von ihm so bezeichneten "Putsch" in Spanien wegen der Unabhängigkeit Kataloniens: Selbst "der dort" habe nur 13 Jahre bekommen, obwohl jene Ereignisse viel realistischer zu einer Änderung hätten führen können. In Österreich sei es für Moni trotzdem "dicker gekommen".
Weiter meint Leehofer, Moni sei seinem Eindruck nach schon früher nicht zurechnungsfähig gewesen. Zu S und Faller sagt er Ähnliches: Er habe schon damals über Faller gesagt, dieser sei "ein Kasperl", worauf Faller sofort dreinruft: "DU bist a Kasperl!"
Zu Enöckl erzählt der Verteidiger eine Anekdote: Als dieser zum ersten Mal in seine Kanzlei gekommen sei, habe er wegen eines vorherigen Mandanten eine Weile warten müssen. Plötzlich sei die Sekretärin ins Büro von Leehofer gekommen und habe erstaunt berichtet, dass Enöckl einfach so begonnen habe, die Toilette zu reparieren.
Der SBÖ sei eine heterogene Gruppierung: Enöckl selbst sei ein bisschen Esoteriker, ein bisschen vielleicht auch Spinner, aber vor allem jemand, der es "allen immer gut machen" wolle. Leider sei er mit seinem Unternehmen in Schieflage gekommen, weil er statt 6,6km Strasse 7,8km gebaut habe und ihm die Mehrarbeit dann entgegen seinen wohl etwas naiven Erwartungen nicht bezahlt worden sei. Daraufhin sei er zum SBÖ gekommen.
"Im ersten Verfahrensgang ist mir wirklich, i sag’s jetzt auf gut Steirisch, die Muffn gegangen, dass Enöckl zehn Jahre für Hochverrat kriegen könnte". Zum Glück sei das jetzt vom Tisch – der Gedanke, dass so ein Mensch zehn Jahre "im Häfn verschwindet", sei unerträglich gewesen.
Enöckl sei der "Präsident" des "Staates Niederösterreich" gewesen.
Der Verteidiger von Andreas Trautmann hat sich entweder nicht vorgestellt oder ich habe den Namen nicht notieren können. Jedenfalls war Trautmann der "Präsident" des "Staates Salzburg". Sein Verteidiger beginnt mit persönlichen Eindrücken von den Angeklagten: Hängen geblieben sei vor allem, dass viele Angeklagte persönliche Schicksalsschläge erlitten hätten. So auch Trautmann: Bis zur Finanzkrise 2008 habe er ein gut gehendes Ingenieurbüro gehabt. Den Betrieb habe er schliesslich zumachen müssen. Sein Sohn sei ein erfolgreicher Nachwuchs-Motorsportler gewesen, bis er krank geworden sei; seither werde er von Trautmann gepflegt. Zudem sei Trautmann ein Jahr lang wegen eines Achillessehnenrisses ans Bett gefesselt gewesen und zu dieser Zeit, weil er viel gelesen habe, auf Monis "Verein" und auf ihre "Lebendmeldungen" gestossen. Und vielleicht klinge das seltsam, aber in einer Situation, wie Trautmann sie durchgemacht habe, könne es einem eine Stütze im Leben geben, wenn man einen Zettel habe, auf dem steht: "Du bist am Leben".
Die Stammtische des SBÖ seien für Trautmann nur gemeinschaftliche Anlässe gewesen, an denen man Bier getrunken und über das Leben philosophiert habe. Er habe dann – auch aufgrund seines "Helfersyndroms" – das Angebot angenommen, den "Staat Salzburg" zu verwalten. Dabei habe er keine Fantasieurkunden etc. ausgestellt, darum sei es in Salzburg gar nicht gegangen. Auch sei Trautmann nicht zu Monis Veranstaltungen gegangen. Er zahle brav monatlich Kreditraten zurück. Und als er zur SBÖ-Zeit einmal sein Autokennzeichen verloren habe, habe er dies ganz korrekt den österreichischen Behörden gemeldet, statt sich ein Fantasiekennzeichen des SBÖ zu besorgen.
Die Geschworenen müssten die Fragen beantworten: Was haben die SBÖ-ler getan, was haben sie gewollt? Der Verteidiger bezieht sich insbesondere auf die zweite Frage, diejenige nach dem Vorsatz, den er bei Trautmann nicht sieht.
Nun kommt der Verteidiger von Christine Kreidl zu Wort, ein Magister Sausing. Als erstes zitiert er eine Aussage seiner Mandantin aus dem Pflichtverhör, das zwei Tage nach ihrer Verhaftung stattfand: "Das einzige, was ich sagen möchte, ist, dass es mir leid tut und ich vielleicht zu naiv war, das Ganze zu ‘checken’." Dies dient ihm als Gegenbeispiel zur Aussage des StA, dass er alle Verhafteten am Anfang als "nicht deradikalisiert" wahrgenommen habe.
Kreidl soll die faktische "Präsidentin" des "Staates Tirol" gewesen sein, während der offizielle Tiroler "Hauptanführer" Gerhard Robineau war. Kreidl sei auf einem Tiroler Bergbauernhof "nicht glücklich zugeheiratet" gewesen, sei dann zum SBÖ gekommen und "vom ersten Moment an begeistert" gewesen, weil sie sich dort wahrgenommen und gebraucht gefühlt habe.
Zu den Fragen, was Kreidl gemacht bzw. gewollt habe, meint Sausing: Fast wichtiger sei es, zu fragen: Was hat sie definitiv nicht gemacht bzw. nicht gewollt?
Gemäss dem Verteidiger gab es im "Staat Tirol" weder eine innere Hierarchie, noch habe es eine Hierarchie zwischen Tirol und dem SBÖ gegeben, statt dessen nur ein einziges Chaos.
Die "Lebendmeldung" von Kreidl stamme erst vom August 2016. Kreidl sei nur eine von mehreren gewesen, die das Gleiche getan hätten.
Und nun wolle er, Verteidiger Sausing, nicht "der Unzähligste sein", der nochmals gleich wie die anderen mit den §§ 246 und 247a StGB argumentiere, sondern wolle den Geschworenen statt dessen die Verfassungsschutzberichte empfehlen. Er nimmt den Bericht von 2018, der sich auf den Beobachtungszeitraum 2017 bezieht, und liest daraus vor.
(An diesem Punkt bemerke ich, dass Faller sich hingesetzt hat – seit wann, kann ich nicht sagen.)
Sausing liest nun aus dem Abschnitt, der sich mit dem SBÖ befasst, eine Passage über "Reichsbürgerschulungen" und oft stattfindende SBÖ-Veranstaltungen vor, nur um dann ohne Angabe eines Grundes zu behaupten, der Bericht stimme nicht. Ebenso zitiert er eine Passage, in der ein mögliches Bedrohungsszenario durch den SBÖ thematisiert wird, und streitet wieder ab, dass das Zitierte stimme. Nach ihm habe es keine Gewalt beim SBÖ gegeben, laut dem Bericht hingegen war diese eine Option.
Auf mich wirkt dieses Vorlesen von Passagen des Verfassungsschutzberichtes, die für die Angeklagten doch sehr unvorteilhaft klingen, und das anschliessende Abstreiten von deren Richtigkeit eher ungeschickt. Hätte der StA so etwas gemacht, hätten ihm die Verteidiger wohl "Framing" zu Ungunsten der Angeklagten vorgeworfen. Sausing hingegen kündigt an, gegen Ende des Prozesses dasselbe nochmals vorlesen zu wollen, die Geschworenen würden dann merken, warum – nun gut, mir erschliesst sich beim besten Willen nicht, was er damit bezweckt, aber vielleicht ist es ja ein absolut genialer Wurf und ich bin einfach zu doof, zum jetzigen Zeitpunkt den Nutzen dieser Aktion vorauszusehen.
Da der Verteidiger Sausing nun seine Replik beendet hat, drängt der StA geradezu händeringend auf eine Pause, er hatte es zuvor schon einmal versucht. Die Richterin gewährt diesmal zehn Minuten.