Sehr geehrter Volkslehrer- oder auch sehr geehrter Herr Rattenfänger von Hameln
Ich habe mir jetzt mehrere Videos von Ihnen, die sie sich „Volkslehrer“ nennen, angeschaut. Ich persönlich würde ihnen eher den Namen „Volksnaivling“ geben, oder „Youtuber, der sich als Volksnaivling aufspielt“ (und glaube, dass das Letztere leider zutreffend ist).
Sie spielen den Naiven, spielen mit dem Narrativ des Fragenden – und meinen darüber, ihr geschichtsklitterndes, historische Wahrheiten negierendes Weltbild verstecken zu können – und andere davon überzeugen zu können. Insbesondere Menschen, die über ein nur gering ausgeprägtes Wissen über historische Zusammenhänge haben.
Im Video „Die Wahrheit wird siegen“ (
https://www.youtube.com/watch?v=ZrKJXnPoGPE) nehmen sie Bezug auf einen 1933 erschienenen Artikel im Daily Express, in dem in der Überschrift der Text „Judea Declares War in Germany“ steht. Abgesehen davon, dass dieser Artikel, so man ihn denn in Gänze lesen würde deutlich macht, dass er Reaktion auf die schon vor 1933 in Hetzblättern wie dem Stürmer gemachten judenfeindlichen Äußerungen ist und die Überschrift im Text relativiert wird (schön blöd, wenn man nur Überschriften liest), kann ich mir vorstellen, dass ihre Follower ihren Halbwahrheiten glauben.
Haben sie auch nur einmal einen Blick in Hitlers „Mein Kampf“ (erschienen 1925) geworfen? Haben sie auch nur einmal gelesen, was Hitler in diesem unsäglichen Machwerk über die Juden geschrieben hat? Haben sie auch nur einmal diesen menschenverachtenden Ductus dieses Buches auf sich wirken lassen? Wenn ja: warum setzen sie das nicht dem Zeitungsartikel entgegen? Warum erzählen sie nicht, was Ursache – und was Wirkung war? Und wenn nein: was ist ihre Intention, nur die Dinge vorzustellen, die in ihr Weltbild zu passen scheinen?
Sie wirken auf mich wie ein Mensch, der mit der Bibel in der Hand beweisen will, dass die Bibel die Aussage tätigt, es gäbe keinen Gott. Und tatsächlich, man findet in der Bibel den Halbsatz, „Es gibt keinen Gott“ – die Fortsetzung lautet aber, „sagen die Heiden“.
Ein Mensch, der im Video von der Leipziger Buchmesse beim Besuch des Kopp Verlages schwärmerische Gefühle zu bekommen scheint- und dann noch hart an der Grenze zur Holocaustleugnung laviert, ist nicht Naiv sondern einfach nur das, was in der Sage, im Märchen der Rattenfänger von Hameln ist – und das wollen sie vermutlich gerne sein.
Sie gerieren sich als ein hinterfragender Mensch. Das Hinterfragen von allem ist im Prinzip immer richtig. Aber Tatsachen, wie die, das z.B. ein Apfel der vom Baum fällt, bis jetzt immer auf einer darunterliegenden Fläche zum Liegen gekommen ist – diese Tatsache zu hinterfragen macht objektiv keinen Sinn. Und genauso verhält es sich mit dem Holocaust. Es macht keinen Sinn zu hinterfragen, ob es den Holocaust gegeben hat – er ist eine historische Tatsache.
Ihre Relativierungen („die Geschichte des Holocaust ist eine Geschichte von Lügen“ -sinngemäß haben sie es so gesagt bzw. auf ein Schild gemalt) sind eine Verhöhnung der Opfer, eine Leugnung der – und jetzt muss ich es so schreiben, deutschen Schuld. Ich meine damit nicht die Schuld der Menschen, die einen deutschen Pass besitzen und entweder die Gnade der späten Geburt hatten, oder an den Geschehnissen des Genozids nicht beteiligt waren – ich meine die deutsche Schuld, die in „wachsam sein“ führen muss. Auch wachsam sein Menschen wie Ihnen gegenüber – den Rattenfängern. Mein Urgroßvater, den ich noch kennen lernen durfte, war von 1943-1945 in Buchenwald, nein, er war kein Jude sondern ein Mensch, der damals (und noch lange danach) „Zigeuner“ genannt wurde.
Ich bin in ihren Augen als Achtelzigeuner vermutlich so was wie kein richtiger Deutscher.
Dazukommend noch ihre Verklärung der „guten alten Zeit“ – sie halten einen 100 Mark Schein von ich glaube 1908 in die Kamera (1908 gab es z.B. noch kein uneingeschränktes Frauenwahlrecht in Deutschland und auch meine Vorfahren, als „fahrendes Volk“ durften noch nicht wählen).
Meine nächste Frage: sind sie ein Mann der es braucht Privilegien zu haben, die eine Frau nicht hat? Verbergen Sie unter der Verherrlichung einer Zeit, in der es kein Frauenwalrecht gab, eine eigene Unsicherheit als Mann?
Wenn sie wirklich so naiv sind wie sie vorgeben zu sein: dann haben sie im Schuldienst nichts verloren. Und wenn sie es nicht sind, und es nur vorgeben zu sein: nun, ich hoffe das die Aufsichtsführende Behörde alle ihre Videos anschaut und dann eine Entscheidung trifft.
MfG
Chris (der Brief geht am Montag auch an ihr Postfach – Antworten können Sie via Sonnenstaatland).