Der Bericht von Vice schien mir eigentlich sachlich-nüchtern.
Eine nach wie vor unbeantwortete Frage der Psychologie ist, wenn ich das richtig sehe, die nach dem Ursprung von Masochismus. Bei Leuten wie den KRDlern muss man sich natürlich die Frage stellen, ob ihr Handeln bzw. Nicht-Handeln etwa gar masochistischer Natur sei. Masochismus ist dabei im weiten Sinne zu verstehen und darf nicht auf den sexuellen Masochismus begrenzt werden.
In der Tat kennt wohl fast jeder jemanden, dessen Handeln stets darauf zu zielen scheint, sich selbst das Leben schwer zu machen. Was treibt einen solchen Menschen an? Nach dem vorherrschenden Verständnis der meisten Menschen sollte das eigene Verhalten doch darauf abzielen, vorhersehbare negative Erfahrungen zu vermeiden oder wenigstens zu minimieren, wenn sie aus Gründen, die man nicht ändern kann, unvermeidbar sind.
Der Masochist hingegen scheint alles daran zu setzen, negative Erfahrungen zu verstärken und sogar erst herbeizuführen.
Da komme ich nun auf eine jüngere Theorie zu sprechen, die zur Erklärung herangezogen wird: Sensation seeking.
Um diese zu veranschaulichen, stellen wir uns drei Leute vor, die Mineralwasser trinken. Der erste trinkt stilles Wasser, der zweite solches, das leicht prickelt, der dritte starkes Sprudelwasser. Wenn man den zweiten und dritten Mineralwassertrinker fragt, werden sie wohl etwa dies antworten: Das Sprudelwasser erzeuge ein angenehmes Prickeln in Mund und Rachen. Der erste Wassertrinker wird hingegen wohl sagen, dass er dieses Prickeln als unangenehm empfinde.
Was geschieht nun genau beim Trinken von mit Kohlensäure versetztem Wasser? Die Kohlensäure gast aus dem Wasser aus, die Moleküle treffen auf die Schleimhaut und erzeugen dort Mikroverletzungen.
Was als "angenehmes Prickeln" empfunden wird, stellt also biologisch betrachtet eine leichte Verletzung dar, und zwar eine selbst verursachte, denn niemand käme auf die Idee, Wasser mit Kohlensäure zu versetzen, wenn dieses nicht getrunken würde.
Mit andern Worten: Es gibt Menschen, die stärkere Reize benötigen, um überhaupt etwas zu empfinden. Die harmlosere Version ist z. B. die, an Gummiseilen von hohen Punkten zu springen. Schon mit mehr Risiko verbunden sind Tätigkeiten wie Extrembergsteigen oder rasantes Autofahren. Ja, und dann gibt es eben offenbar auch Leute, die sich erst richtig lebendig fühlen, wenn sie sich einem SEK gegenüber sehen. Dies könnte auch erklären, warum Briefe, die bei normalen Leuten hektische Reaktionen auslösen, etwa das Schreiben des Vermieters, dass nach nicht erfolgtem Auszug nun die Räumung drohe, an Leuten wie den KRDlern einfach abprallen: Ein Schreiben ist halt einfach kein ausreichend starker Reiz, der in ihnen ein entsprechendes Gefühl auslöste.
Aber nun noch der Disclaimer: Die Theorie des Sensation seeking ist bisher erst durch schwache Befunde gestützt und noch nicht wirklich verifiziert oder falsifiziert. Immerhin könnte sie eine nachvollziehbare Erklärung für scheinbar unverständliches Verhalten liefern.
Heute gibt es auch einen neuen Kommentar:
Gabriele
17. Mai 2017 um 13:36
Das kann ich jetzt alles gar nicht glauben, was da abgeht. Das kommt mir vor wie im Mittelalter. Da sieht man mal daß der Mensch nichts wert ist und unser eh schon kaputtes System erst recht nicht.
http://krd-blog.de/my-home-is-my-castle/#comment-8450