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Der Kläger wendet sich gegen die vom Beklagten veranlasste Eintragung des Verzichts auf die Fahrerlaubnis im Verkehrszentralregister.
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Am 13. September 2012 sprach der Kläger beim Beklagten vor. In diesem Rahmen erklärte er, seinen Führerschein abgeben zu wollen. Dazu kam es aber nicht. Der Beklagte händigte dem Kläger ein Formular zur Abgabe einer Erklärung über den Verzicht auf die Fahrerlaubnis aus. Damit verließ der Kläger die Besprechung und stellte in Aussicht, seinen Führerschein später abzugeben.
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Der Beklagte fertigte hierüber einen Aktenvermerk. Danach habe der Kläger die Unterzeichnung der vom Beklagten hierzu gewünschten formularmäßigen, unmissverständlichen Verzichtserklärung zunächst deshalb abgelehnt, weil er mit dem Auto da sei und dieses heute noch fahren müsse. Er habe angekündigt, die Verzichtserklärung mit seinem Führerschein am kommenden Montag beim Beklagten abzugeben.
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Tatsächlich gab der Kläger seinen Führerschein zusammen mit einer eigenständig formulierten Erklärung noch am selben Tag bei der Information des Beklagten ab. Sie lautete: „A., – natürliche Person, freier Souverän […] Rückgabe des Führerscheins der Bundesrepublik Deutschland / Auflösung des Vertrages [–] Hiermit wird vom Landkreis Wittenberg bestätigt, dass Herr A., den Führerschein der Bundesrepublik Deutschland mit dem heutigen Datum zurückgab und die Vertraglichkeit, die durch Antragstellung bestand, damit aufgelöst ist.“
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Im Mai 2013 meldete sich der anwaltlich vertretene Kläger beim Beklagten, weil ihm durch die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau aus Anlass eines Ermittlungsverfahrens wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (Az. 394 Js 6771/13) bekannt geworden sei, dass der Beklagte die Rückgabe des Führerscheins als Verzicht auf die Fahrerlaubnis gewertet habe. Eine derartige Erklärung habe er aber nicht abgegeben. Vorsorglich lege er gegen eine mögliche Entziehung oder Rücknahme seiner Fahrerlaubnis Widerspruch ein.
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Mit Schreiben vom 04. Juni 2013 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er keine Veranlassung sehe, die Eintragungen im Verkehrszentralregister ändern zu lassen und dass er den Widerspruch für unstatthaft halte. Die Entgegennahme einer Verzichtserklärung stelle keinen Verwaltungsakt dar und sei deshalb nicht rechtsbehelfsfähig.
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Mit weiterem Schreiben vom 19. Februar 2014 vertrat der Beklagte unter anderem die Auffassung, dass sein vorangegangenes Schreiben hinsichtlich des Erlöschens der Fahrerlaubnis nach Verzicht eine Feststellung zur Rechtslage enthalte, und bat um Mitteilung, ob der Kläger seinen Widerspruch als gegen den feststellenden Bescheid gerichtet aufrecht erhalten wolle.
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Daraufhin legte der Kläger mit Schreiben vom 04. Juni 2014 (erneut) Widerspruch gegen den feststellenden Bescheid des Beklagten vom 04. Juni 2013 ein, weil es an einer eindeutigen Verzichtserklärung fehle.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2014 wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt beide Widersprüche zurück. Der Widerspruch des Klägers vom Mai 2013 sei unstatthaft, weil der Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt keinen (feststellenden) Verwaltungsakt erlassen habe. Der weitere Widerspruch vom 04. Juni 2014 sei unbegründet, weil der Verwaltungsakt des Beklagten vom 04. Juni 2013, mit dem dieser festgestellt habe, dass die Fahrerlaubnis des Klägers infolge seines Verzichts hierauf erloschen sei, rechtmäßig sei.
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Bereits am 05. Juni 2014 hat der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt er im Wesentlichen vor, er habe weder am 13. September 2012 noch zu einem späteren Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent auf seine Fahrerlaubnis verzichtet. Er habe am 13. September 2012 den Fachbereichsleiter des Beklagten, Herrn C., aufgesucht, um die von ihm vorbereitete Erklärung zusammen mit dem Führerschein der Bundesrepublik Deutschland abzugeben. In diesem Rahmen habe er erklärt, dass er beabsichtige, in den nächsten Tagen einen Staat zu gründen und deshalb „keine bestehende Vertraglichkeit mehr mit der Bundesrepublik in Deutschland“ wünsche. Auf die Frage wie er reagieren würde, wenn er seinen Führerschein auf dem Tisch liegen lassen würde, habe der Mitarbeiter des Beklagten angekündigt, dem Kläger den Führerschein voraussichtlich zurückzusenden. Hierzu habe er – der Kläger – darauf verwiesen, dass er über keine ladungsfähige Anschrift in der Bundesrepublik Deutschland verfüge. Die im Anschluss daran hinzugezogene Mitarbeiterin des Beklagten, Frau D., habe auf das Formular über den Verzicht auf die Fahrerlaubnis aufmerksam gemacht. Die Unterzeichnung einer solchen Erklärung habe er abgelehnt, weil er auf die Berechtigung zum Führen eines Kraftfahrzeugs nicht habe unwiderruflich verzichten wollen, zumal er den Beklagten mit seinem Auto aufgesucht habe. Er habe wiederholt erklärt, dass er lediglich „das Vertragsverhältnis mit der Bundesrepublik in Deutschland beenden“ wolle. Da ihm Herr C. den Eindruck vermittelt habe, den Führerschein nur zusammen mit einer formularmäßigen Verzichtserklärung annehmen zu wollen, dessen Annahme mit der vorbereiteten Erklärung aber ablehne, habe er seine Unterlagen zunächst behalten. Im Anschluss daran habe er seine vorbereitete Erklärung zusammen mit seinem Führerschein der Bundesrepublik Deutschland an der Informationsstelle des Beklagten abgegeben. Dies habe der Beklagte nicht als Verzicht werten dürfen. Mit der Wertung der Erklärung als Verzicht habe der Beklagte ihm seine Fahrerlaubnis ohne Rechtsgrund entzogen. Zu diesem Verwaltungsakt sei er weder angehört noch sei ihm dieser bekanntgegeben worden.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 04. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 16. Oktober 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, festzustellen, dass seine Fahrerlaubnis nicht infolge Verzichts erloschen ist.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er meint, der Kläger habe von seiner Berechtigung, auf ein ihm gewährtes subjektives Recht zu verzichten, Gebrauch gemacht. Bei der Auslegung der klägerischen Erklärung vom 13. September 2012 sei insbesondere zu berücksichtigen, dass er sich selbst als Souverän bezeichnet habe. Damit bringe er zum Ausdruck, dass er sich der Staatsgewalt der Bundesrepublik Deutschland nicht unterworfen sehe. Vor diesem Hintergrund mache die Erklärung sein Bestreben deutlich, die übliche Terminologie zur Formulierung eines Verzichts auf die Fahrerlaubnis durch eine andere Ausdrucksweise zu ersetzen. Die von ihm gewählte Formulierung erhalte hierdurch aber keinen anderen Inhalt. Vielmehr ergebe sich bei verständiger Würdigung auch aus dem Begehren, die durch Antragstellung begründete Vertraglichkeit aufzulösen, dass der Kläger das öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis in Gestalt der ihm auf seinen Antrag hin erteilten Fahrerlaubnis beseitigen möchte. Zudem sei im Hinblick auf vorangegangene Verfahren zur Entziehung der Fahrerlaubnis in den Jahren 1997 und 2008 sowie deren Neuerteilung in den Jahren 2003 und 2009 davon auszugehen, dass dem Kläger der Unterschied zwischen Fahrerlaubnis und Führerschein bekannt sei.
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Den Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat die Kammer mit Beschluss vom 20. Mai 2014 abgelehnt (Az. 7 B 48/14 HAL). Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 01. Juli 2014 verworfen (Az. 3 M 408/14). Seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat der Kläger zurückgenommen (Az. 3 M 429/14).
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In der mündlichen Verhandlung hat die Kammer die Mitarbeiter des Beklagten, Frau D. und Herrn C., informatorisch befragt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen; er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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Sie ist als Verpflichtungsklage zulässig. Denn der Kläger wendet sich gegen die mit Bescheid des Beklagten vom 04. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 16. Oktober 2014 getroffene negative Feststellung über das Erlöschen seiner Fahrerlaubnis und begehrt die gegenteilige Feststellung.
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Gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist Gegenstand der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Eine Gestaltänderung in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn ursprünglich kein Verwaltungsakt existierte und der Widerspruchsbescheid aus einer (schlichten) Willenserklärung einen Verwaltungsakt macht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 2011 – 9 C 2/11 –, juris).
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So liegt der Fall auch hier. Denn ursprünglich handelte es sich bei dem Schreiben des Beklagten vom 04. Juni 2013 lediglich um die Mitteilung, dass er die Abgabe des Führerscheins unter Beifügung der schriftlichen Erklärung des Klägers zu einem früheren Zeitpunkt als Verzicht auf die Fahrerlaubnis gewertet und diesen Sachverhalt zur Eintragung ins Verkehrszentralregister gebracht habe. Das klägerische Vorbringen vom Mai 2013 gebe ihm keinen Anlass, die Eintragungen im Verkehrszentralregister über das Erlöschen der Fahrerlaubnis ändern zu lassen. Das Schreiben war formlos abgefasst und enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.
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Im Gegensatz dazu ist die Widerspruchsbehörde in ihrem Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2014 davon ausgegangen, dass es sich bei dem Schreiben des Beklagten vom 04. Juni 2013 um einen feststellenden Verwaltungsakt handelt, und hat den hiergegen gerichteten Widerspruch vom 04. Juni 2014 als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Klage ist aber unbegründet.
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Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erlass eines Verwaltungsaktes mit der für ihn positiven Feststellung des Fortbestehens seiner Fahrerlaubnis, denn der streitbefangene Bescheid, der die Feststellung des Erlöschens der Fahrerlaubnis infolge Verzichts enthält, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Für den Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts bedarf es jedenfalls dann einer gesetzlichen Grundlage, wenn sein Inhalt etwas als rechtmäßig feststellt, was der Betroffene erklärtermaßen nicht für rechtens hält. Eine Ermächtigungsgrundlage muss nicht ausdrücklich vorliegen. Es genügt, wenn sie durch Auslegung des Gesetzes ermittelt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2003 – 6 C 23.02 –, juris, Rdnr. 14).
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Unter Anlegung dieses Maßstabes lässt sich der streitbefangene Bescheid auf § 2 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) in der Fassung des Gesetzes vom 24. April 1998 (BGBl. I S. 747) stützen. Danach bedarf, wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, der Erlaubnis (Fahrerlaubnis) der zuständigen Behörde (Fahrerlaubnisbehörde). Die Fahrerlaubnis wird in bestimmten Klassen erteilt; sie ist durch eine amtliche Bescheinigung (Führerschein) nachzuweisen (§ 2 Abs. 1 Sätze 2 und 3 StVG). Aus dieser Regelung ergibt sich zugleich die Befugnis der Fahrerlaubnisbehörde, eine verbindliche Feststellung über das Bestehen der erforderlichen Berechtigung zu treffen. Denn die Berechtigung zum Führen eines Kraftfahrzeugs hängt davon ab, dass der Betroffene im Besitz einer Fahrerlaubnis ist. Steht die Existenz dieser Berechtigung im Streit, besteht nicht nur auf Seiten des Betroffenen ein berechtigtes Interesse an der Feststellung. Im Hinblick darauf, dass im Zusammenhang mit einer Fahrerlaubnis stehende, wesentliche Daten im Verkehrszentralregister gespeichert (vgl. unter anderem § 28 Abs. 3 Nr. 7 StVG) und von verschiedenen Behörden genutzt werden, besteht auch insofern ein Bedürfnis, diese Daten zutreffend und rechtssicher zu ermitteln.
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Auf dieser Grundlage ist der Beklagte bei der Beantwortung der Frage, ob der Kläger über die erforderliche Fahrerlaubnis verfügt, zutreffend davon ausgegangen, dass sie infolge seines Verzichts hierauf erloschen ist.
29
Der Verzicht auf die Fahrerlaubnis ist zwar gesetzlich nicht geregelt, nach allgemeinen Grundsätzen aber möglich und wird in § 2a Abs. 1 Satz 6 StVG vorausgesetzt. Bei der Verzichtserklärung handelt es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die in dem Zeitpunkt wirksam wird, in dem sie der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde zugeht. Der Verzicht muss zwar nicht ausdrücklich, aber eindeutig und unmissverständlich erklärt werden und darauf gerichtet sein, das Erlöschen der Fahrerlaubnis herbeizuführen (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Auflage 2013, 1 § 2 Rdnr. 25).
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Ob dies der Fall ist, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind im Bereich des revisiblen Rechts öffentlich-rechtliche Willenserklärungen entsprechend den für die Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts geltenden Rechtsgrundsätzen der §§ 133 und 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auszulegen. Danach ist bei der Auslegung nicht auf den inneren Willen der erklärenden Partei, sondern darauf abzustellen, wie die Erklärung aus der Sicht des Empfängers bei objektiver Betrachtungsweise zu verstehen ist. Dabei tritt der Wortlaut hinter Sinn und Zweck der Erklärung zurück. Maßgebend ist der geäußerte Wille des Erklärenden, wie er aus der Erklärung und sonstigen Umständen für den Erklärungsempfänger erkennbar wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Oktober 2014 – 8 B 100/13 –, Rn. 13, juris). Der Empfänger darf der Erklärung allerdings nicht einfach den für ihn günstigsten Sinn beilegen. Er ist nach Treu und Glauben verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat (vgl. Palandt, BGB, Kommentar, 73. Auflage 2014, § 133 Rdnr. 7, 9, m.w.N.).
31
Unter Anlegung dieses Maßstabes durfte der Beklagte die Abgabe des Führerscheins zusammen mit der vom Kläger verfassten Erklärung als Verzicht des Klägers auf seine Fahrerlaubnis werten.
32
Mit der Erklärung, dass „die durch Antragstellung begründete Vertraglichkeit“ aufgelöst sein soll, und der gleichzeitigen Abgabe des Führerscheins hat der Kläger unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er das Rechtsverhältnis, das durch die Beantragung der Fahrerlaubnis entstanden ist, zum Erlöschen bringen will. Das entstandene Rechtsverhältnis besteht in einer entsprechenden Berechtigung des Klägers, nämlich der ihm erteilten Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen (Fahrerlaubnis). Dass der Kläger dieses Rechtsverhältnis als Vertragsverhältnis bezeichnet, liegt offenkundig am Selbstverständnis des Klägers, der sich als Souverän betrachtet und wohl deshalb eine Terminologie meidet, die ein Unterworfensein ausdrücken könnte. Dass er den Begriff des Verzichts nicht verwendet, ist unschädlich. Denn der Sache nach bringt er mit der Abgabe des Führerscheins und seiner beigefügten Erklärung eindeutig zum Ausdruck, dass die mit dem Führerschein dokumentierte, auf seinen Antrag hin erteilte Berechtigung zum Erlöschen gebracht werden soll.
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Dass der Kläger die Unterzeichnung einer formularmäßigen Verzichtserklärung im persönlichen Gespräch mit den Mitarbeitern des Beklagten abgelehnt hat, steht der Annahme eines Verzichts auf die Fahrerlaubnis ebenso wenig entgegen, wie die im Verlauf des Gesprächs gefallene Äußerung des Klägers, dass er lediglich den Führerschein abgeben, die Fahrerlaubnis aber behalten wolle. Denn nach den diesbezüglich übereinstimmenden Ausführungen des Klägers und der Mitarbeiter des Beklagten, Herrn C. und Frau D., haben Letztgenannte im persönlichen Gespräch deutlich gemacht, dass eine Abgabe des Führerscheins nur bei gleichzeitigem Verzicht auf die Fahrerlaubnis sinnvoll sei, weil die Fahrerlaubnisbehörde ohne das Vorliegen eines Fahrverbots oder einer Fahrerlaubnisentziehung keine Veranlassung zur Entgegennahme eines Führerscheins habe. Dennoch hat der Kläger noch am selben Tag nicht nur seinen Führerschein, sondern zudem seine ohne Einschränkung auf das Erlöschen der „durch Antragstellung begründeten Vertraglichkeit“ gerichtete Erklärung abgegeben. Der Beklagte musste daher davon ausgehen, dass der Kläger sich schließlich doch entschieden hatte, nicht nur den Führerschein abzugeben, sondern auch auf die Fahrerlaubnis zu verzichten. Der Beklagte musste die Erklärung auch deswegen in diesem Sinne verstehen, weil der Kläger während des Gesprächs darauf hingewiesen hatte, mit dem Auto unterwegs zu sein, und ihm von den Mitarbeitern des Beklagten freigestellt worden war, die Verzichtserklärung später abzugeben. Dass der Kläger sich dabei dann nicht des entsprechenden Formulars der Fahrerlaubnisbehörde bediente, ließ sich – wie schon dargelegt – ohne Weiteres auf sein Selbstverständnis als Souverän zurückführen.
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Ohne Erfolg hält der Kläger einer Auslegung als Verzichtserklärung ferner entgegen, dass ihm trotz der Ausführungen der Mitarbeiter des Beklagten der Unterschied zwischen dem Führerschein als Dokument und der Fahrerlaubnis als der diesem Dokument zugrunde liegenden Berechtigung nicht klar gewesen sei. Zum einen widerspricht dieses Vorbringen dem vom Kläger selbst geschilderten Gesprächsinhalt, wonach er im persönlichen Gespräch geäußert habe, nur den Führerschein als Dokument der Bundesrepublik Deutschland abgeben, die Fahrerlaubnis aber behalten und auf dieser Grundlage (mit einem eigenen Führerschein) weiter fahren zu wollen. Zum anderen wäre die Erklärung auch dann unmissverständlich als Verzicht zu werten, wenn der Unterschied zwischen Dokument und Berechtigung dem Kläger nicht in jeder Hinsicht vollständig bewusst gewesen wäre. Denn seine mit dem Führerschein abgegebene Erklärung bezog sich mit dem Begehren auf „Auflösung der durch Antragstellung begründeten Vertraglichkeit“ der Sache nach eindeutig auf die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen, also auf die ihm erteilte Fahrerlaubnis.
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Schließlich war der Beklagte auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht gehindert, die vom Kläger abgegebene Erklärung als Verzicht auf die Fahrerlaubnis auszulegen. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger – wie von ihm behauptet – die vorbereitete Erklärung zum Gegenstand des persönlichen Gesprächs gemacht und der Mitarbeiter des Beklagten, Herr C., die Entgegennahme dieser Erklärung abgelehnt hat. Denn selbst der Kläger macht nicht geltend, dass ein Mitarbeiter des Beklagten erklärt habe, diese Erklärung nicht als Verzicht zu werten.
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Die Verzichtserklärung des Klägers hat unmittelbar zum Erlöschen seiner Fahrerlaubnis geführt.
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Die Verzichtserklärung ist eine einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung, die entsprechend § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB in dem Zeitpunkt wirksam wird, in dem sie der Fahrerlaubnisbehörde zugeht. Mit dem Wirksamwerden der Verzichtserklärung erlischt die Fahrerlaubnis unmittelbar. Von diesem Zeitpunkt an ist der Verzicht unwiderruflich (vgl. Hentschel/König/Dauer, a.a.O., m.w.N.).
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Da gemäß § 28 Abs. 3 Nr. 7 StVG im Verkehrszentralregister auch Daten über Verzichte auf die Fahrerlaubnis gespeichert werden, hat der Beklagte die Meldung dorthin zu Recht veranlasst.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.