Autor Thema: Donalds Antrittsrede  (Gelesen 235842 mal)

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Re: Donalds Antrittsrede
« Antwort #525 am: 24. Februar 2019, 16:32:55 »
Zitat
„Der Präsident der Vereinigten Staaten“, schrieb ein Kritiker, „hat eine so einmalige Kombination von Mängeln für die Position eines Beamten der Verfassung, dass er die Chance, die Nation schlecht zu regieren, nur dank einer Heimsuchung des Schicksals erlangen konnte. Sowohl unehrlich als auch hartnäckig, sowohl verschlagen als auch unvernünftig, sowohl eitel als auch schlecht gelaunt, sowohl hungrig nach Popularität als auch willkürlich in seiner Veranlagung, von wankelmütigem Sinn und festem Willen, vereint er in seinem Charakter die scheinbar entgegengesetzten Eigenschaften des Demagogen und des Autokraten.“
ist heute in einem Beitrag der WELT über den US-Präsideten Andrew Johnson zu lesen.
Was verdächtig an aktuelle Verhältnisse erinnert.
Der Autor plädiert für ein Impeachment, selbst, wenn dieses scheitern sollte.


Spoiler
Wie die USA ihren verrücktesten Präsidenten loswurden
Nach der Ermordung Abraham Lincolns 1865 wurde sein Vize Andrew Johnson 17. US-Präsident. Er hasste Schwarze, protegierte Pogrome des Südens und negierte den Kongress. Bis der ihn zurückstutzte.
Stand: 23.02.2019 | Lesedauer: 13 Minuten
Von Hannes Stein

Dass er Präsident wurde, verdankte sich einem irren Zufall. Es war nicht vorgesehen. Und es erwies sich schnell, dass er für das höchste Amt, das die amerikanische Republik zu vergeben hat, völlig ungeeignet war.

„Der Präsident der Vereinigten Staaten“, schrieb ein Kritiker, „hat eine so einmalige Kombination von Mängeln für die Position eines Beamten der Verfassung, dass er die Chance, die Nation schlecht zu regieren, nur dank einer Heimsuchung des Schicksals erlangen konnte. Sowohl unehrlich als auch hartnäckig, sowohl verschlagen als auch unvernünftig, sowohl eitel als auch schlecht gelaunt, sowohl hungrig nach Popularität als auch willkürlich in seiner Veranlagung, von wankelmütigem Sinn und festem Willen, vereint er in seinem Charakter die scheinbar entgegengesetzten Eigenschaften des Demagogen und des Autokraten.“

Der Präsident war „so egoistisch, dass es an eine Geisteskrankheit grenzte“, und er umgab sich „mit Schmeichlern und Intriganten“. Er war ein Rassist. Es gab wilde Gerüchte, dass er mit den Feinden Amerikas im Bunde stehe. Und er geriet in einen heftigen Konflikt mit dem Kongress, weil das Repräsentantenhaus von Mitgliedern der anderen Partei kontrolliert wurde. Am Ende stand ein Amtsenthebungsverfahren.

Die Rede ist von Andrew Johnson, dem 17. Präsidenten der Vereinigten Staaten. Er kam 1865 an die Macht, weil Abraham Lincoln – nachdem er Amerika durch den schlimmsten Konflikt seiner Geschichte, den Bürgerkrieg, geführt hatte – den Kugeln eines rassistischen Attentäters erlegen war. Lincoln hatte in einer Ansprache angekündigt, dass „gebildete Neger“ (damit meinte er vermutlich Schwarze, die lesen und schreiben konnten) in Louisiana das Wahlrecht erhalten sollten. Das hörte auch ein gewisser John Wilkes Booth, der in der Menge stand. Er schrie: „Das bedeutet Bürgerrechte für die Nigger, ich schieße ihn tot, den Hund!“

Am Abend des 14. April 1865, fünf Tage nach der Kapitulation des konföderierten Oberbefehlshabers Robert E. Lee – setzte Booth seinen Vorsatz in einem Theater in Washington in die Tat um: Er erschoss den amerikanischen Präsidenten in seiner Loge von hinten, sprang dann auf die Bühne und brüllte „Sic semper tyrannis!“ (So soll es allen Tyrannen ergehen), ehe er sich aus dem Staub machte, um bald darauf erschossen zu werden.

Abraham Lincoln war Republikaner. Die Republikanische Partei war 1854 von Gegnern der Sklaverei als Abspaltung von der Whig Party, einer Freihandelspartei, gegründet worden. Die Demokraten, ihre Gegner, waren im 19. Jahrhundert die Partei der Besitzstandswahrung, des Status quo und des Rassismus. In den Nordstaaten fanden sie sich zwar bereit, den Krieg gegen den abtrünnigen Süden zu unterstützen – aber ihr Slogan lautete dabei: „Die Union, wie sie war, die Verfassung, wie sie war, und die Neger, wo sie sind.“

Als Lincoln 1863 mit der „Emancipation Proclamation“ die schwarzen Sklaven in den Rebellenstaaten befreite, reagierten die Demokraten mit Entrüstung. Sie bezeichneten die Republikaner als „Partei des Fanatismus“, die „zwei oder drei Millionen Halbwilde“ dazu ermuntere, „den Norden zu überrennen“ und sich mit „ihren Söhnen und Töchtern zu vermengen“. Zeitungen, die der Demokratischen Partei nahestanden, fragten ihre Leser: „Soll die Arbeiterklasse mit Negern konkurrieren?“

Dass Lincoln sich mit Andrew Johnson einen Demokraten als Vizepräsidenten ins Weiße Haus geholt hatte, war ein Akt der politischen Klugheit: Er wollte ein Präsident der nationalen Einheit sein. Doch nach seinem Tod stellte sich heraus, dass Andrew Johnson, der Rassist aus Tennessee, ein Saboteur war, der die nationale Einheit unmöglich machte. Er versöhnte nicht, er spaltete. Er sprach sich zwar gegen die Sklaverei aus, war aber strikt dagegen, den „Negern“ gleiche Rechte zu geben wie den Weißen. Er sah sich als Fürsprecher der armen, weißen Farmer, die er mit seinem Redestil entzückte; die Gebildeten an der Ostküste stieß er mit seinen groben Manieren ab.

Am 2. Februar 1866 verabschiedete der Senat den „Civil Rights Act“, das erste Bundesgesetz, das definierte, wer eigentlich amerikanischer Staatsbürger sei. Laut diesem Gesetz waren es „alle Personen, die in den Vereinigten Staaten geboren wurden und nicht von einer ausländischen Macht abhängig sind“, mit Ausnahme der Indianer, die eigenständige Nationen bildeten. Ergo: Schwarze waren Amerikaner mit sämtlichen staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten.

Fünf Tage, nachdem der Senat sein Votum abgegeben hatte, besuchte Frederick Douglass Andrew Johnson im Weißen Haus. Douglass war vielleicht der wichtigste amerikanische Intellektuelle des 19. Jahrhunderts – ein Schriftsteller, begnadeter Redner und Sozialreformer, der als schwarzer Sklave in Maryland geboren worden und als junger Mann in die Nordstaaten entkommen war. Douglass sagte zum Präsidenten: „Sie befinden sich in einer Position, in der Sie die Macht haben, uns zu erlösen oder zu zerstören. Ich meine: unsere ganze Rasse.“

Andrew Johnson antwortete mit einer langen, wirren Ansprache, in der er beteuerte, er sei immer ein Freund der Schwarzen gewesen; er habe zwar Sklaven besessen und erworben, aber nie welche verkauft. Nachdem Frederick Douglass gegangen war, knurrte Johnson: „Er ist wie jeder Nigger und würde am liebsten Weißen die Kehle durchschneiden.“ Nachdem auch das Repräsentantenhaus den „Civil Rights Act“ abgesegnet hatte, legte Andrew Johnson sein Veto ein.

Er versuchte, auch das Fourteenth Amendment – mit dem der Grundsatz, dass alle in Amerika geborenen Personen (auch ehemalige Sklaven und Abkömmlinge von Sklaven) Amerikaner seien, in Verfassungsrang erhoben wurde – mit seinem Veto zu stoppen. Das Veto wurde beide Male vom Kongress außer Kraft gesetzt, ein Vorgang, den es noch nie in der amerikanischen Geschichte gegeben hatte. Nun war etwas geschehen, was in der Verfassung überhaupt nicht vorgesehen war: Der Präsident musste in seiner Rolle als oberster Vertreter der Exekutive Gesetzen Geltung verschaffen, die er vorher mit lautstarkem Gezeter abgelehnt hatte.

Seine Ablehnung der von den Republikanern beschlossenen Gesetze begründete Andrew Johnson so: Es handle sich um Diskriminierung. Der „Civil Rights Act“, sagte er, unterscheide zwischen Menschen unterschiedlicher Hautfarbe nur, um „zugunsten der Farbigen und gegen die Weißen zu wirken“. Als 1866 ein Gesetz beschlossen werden sollte, dass die ehemaligen Sklaven ein Recht auf Landbesitz und ihre Kinder ein Recht auf Schulbesuch hätten – und dass Militärgerichte für ihre Klagen zuständig seien –, widersprach Präsident Johnson: Dadurch würde „eine begünstigte Klasse von Bürgern“ geschaffen.

Es war ein Zusammenstoß zwischen zwei Weltanschauungen: Die Republikaner (vor allem ihre radikale Fraktion, die damals im Kongress an der Macht war) wollten die geschlagenen Südstaaten nicht so lassen, wie sie waren. Ihnen schwebte die Vision einer Demokratie vor, an der alle Bürger, ganz gleich welcher Hautfarbe, teilhaben sollten; das bedeutete, dass erst einmal den ehemaligen Sklaven geholfen wurde. Die Demokraten, für die Andrew Johnson stand, wollten über das Ende der Sklaverei hinaus eine hierarchische Ordnung der Rassen erhalten: Weiße oben, Schwarze unten.

Am Anfang seiner Präsidentschaft versuchte der republikanische Kongress, den demokratischen Präsidenten durch Anhörungen und Gesetzesvorlagen im Zaum zu halten, mit denen sie ihn mancher seiner Rechte beraubten – dabei arbeiteten die Republikaner im Kongress mit Mitgliedern von Andrew Johnsons Kabinett zusammen. Bald sah er sich von „Blutsaugern und Kormoranen“ umzingelt.

Dann kamen das Frühjahr und der Sommer des Jahres 1866. Im Mai dieses Jahres formierte sich in Memphis, Tennessee, ein weißer Mob, dem auch Feuerwehrmänner und Polizisten angehörten. Angefeuert von rassistischen Politikern, fiel dieser Mob über die Stadtviertel der Schwarzen her, von denen viele hungrig und krank waren. Die Weißen erschossen und erschlugen ohne Gnade alle, die ihnen vor die Gewehrläufe und Knüppel kamen – Männer, Frauen, Kinder –, zündeten Häuser der Schwarzen an, beraubten sie ihrer letzten Habseligkeiten.

Es wird geschätzt, dass 150 Menschen dabei zu Tode kamen; viele mehr wurden verwundet; 90 Häuser gingen in Flammen auf. Die Überlebenden dieses Pogroms waren verängstigt und zerstreuten sich in alle Winde. Im Juli 1866 war es in New Orleans, Louisiana, dasselbe furchtbare Bild: Ein weißer Mob ermordete 50 Schwarze, viele von ihnen Veteranen des Bürgerkrieges. Ihr Verbrechen? Sie hatten das Wahlrecht gefordert. Der Präsident im fernen Washington tat nichts, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Schließlich war dieser weiße Mob der harte Kern seiner Anhängerschaft.

Der Kongress versuchte wiederholt, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Andrew Johnson einzuleiten. Diese Versuche, eine Serie von Fehlstarts, zogen sich bis zum Februar 1868 hin. Dann versuchte Andrew Johnson, seinen Kriegsminister Edwin Stanton – den er von Abraham Lincoln geerbt hatte – zu entlassen. Der Kongress hatte ihn aber dazu verpflichtet, Stanton, der für die Neuordnung („reconstruction“) der Südstaaten war, als Kriegsminister beizubehalten. Als Johnson sich nicht an diese Abmachung hielt, war dies für den Kongress der casus belli: Eine Woche danach stimmte die Mehrheit des Repräsentantenhauses dafür, Andrew Johnson aus dem Weißen Haus zu entfernen. Es war das erste „impeachment“ in der amerikanischen Geschichte.

Die Möglichkeit eines solchen „impeachment“ hatten die Amerikaner von den Engländern und Schotten geerbt: Schon im britischen Mutterland konnten das Unter- und das Oberhaus gemeinsam Beamte Ihrer Majestät – etwa Richter – durch ein ordnungsgemäßes Amtsenthebungsverfahren stürzen. Die gekrönten Häupter aber waren davon selbstverständlich ausgenommen. Sie standen über dem Gesetz.

Ein König kann abdanken (oder, wie im Falle von Karl I., nach einer erfolgreichen Revolution mit dem Handbeil geköpft werden); es gibt jedoch keine Möglichkeit, ihn innerhalb des bestehenden Regierungssystems dazu zu zwingen, seine Krone abzulegen und den Palast zu räumen. Das „impeachment“ ist also das Merkmal, durch das eine Republik sich von einer Monarchie unterscheidet.

Das „impeachment“, wie es die Gründerväter der amerikanischen Republik in der Verfassung festschrieben, ist ein politischer, kein juristischer Prozess. Die Gerichte sind nicht zuständig: Ein Amtsenthebungsverfahren geht einzig und allein von den gewählten Volksvertretern aus. Allerdings spielen die Volksvertreter hierbei die zwei Stufen eines angelsächsischen Gerichtsverfahrens nach. Im ersten Akt fungiert das Repräsentantenhaus als Grand Jury: Es entscheidet mit einfacher Mehrheit darüber, ob ein „impeachment“ eingeleitet werden soll. Dabei muss über jeden Punkt der Anklageschrift eigens angestimmt werden.

Im zweiten Akt fungieren die Senatorinnen und Senatoren – unter Vorsitz des Obersten Richters des Supreme Court – als Geschworene. Sie entscheiden darüber, ob der Präsident tatsächlich aus dem Amt entfernt wird oder nicht; damit das Amtsenthebungsverfahren erfolgreich abgeschlossen wird, ist eine Zweidrittelmehrheit nötig.

Das „impeachment“ ist ein politischer Prozess – aber politische Gründe reichen nicht aus, um ihn einzuleiten. Der Kongress hat nicht das Recht, einen Präsidenten aus seinem Amt zu entfernen, weil die Mehrheit seiner Mitglieder mit seinen Ansichten nicht einverstanden ist. Vielmehr muss dem Präsidenten nachgewiesen werden, dass er ein Landesverräter ist (und hierfür ist die Schwelle sehr hoch: er müsste einem Feind aktiv geholfen haben, mit dem sich die Vereinigten Staaten in einem offenen Kriegszustand befinden); oder dass er Bestechungsgelder angenommen hat; oder dass er sich anderer „high crimes and misdemeanors“ schuldig gemacht hat.

Mit „high crimes“ sind wahrscheinlich (die Juristen sind sich nicht ganz einig) Verbrechen gemeint, die er im Amt ausgeübt hat; ein „misdemeanor“ ist vermutlich ein Fehlverhalten, mit dem er das Amt schädigt. Ein Präsident, der nach dem ersten Jahr seiner Amtszeit feststellt, dass ihn Washington langweilt und er lieber in den Rocky Mountains zelten möchte, kann durch „impeachment“ aus dem Amt gejagt werden. Ein Präsident, der sich weigert, Gesetze durchzusetzen, die der Kongress beschlossen hat, weil sie ihm nicht gefallen, ist unbedingt ein Kandidat für ein „impeachment“.

Ein Präsident, der grobe, rassistische Reden führt, ist das jedoch nicht. Mit einer Metapher zu sprechen: Wer in den Vereinigten Staaten ein Amtsenthebungsverfahren einleitet, der greift zur Axt, schlägt das Glas ein und drückt den Feuermeldeknopf. Ein „impeachment“ ist nichts Alltägliches und soll es auch nicht sein. Ein amerikanischer Präsident soll – anders als etwa eine deutsche Bundeskanzlerin – nicht in ständiger Furcht vor einem Misstrauensvotum des Parlaments leben.

Die Gesamtzahl aller amerikanischen Präsidenten, die durch ein Amtsenthebungsverfahren gestürzt wurden, beträgt weiterhin null. Richard Nixon stürzte nicht durch ein „impeachment“ – er trat freiwillig zurück, als seine republikanischen Parteifreunde ihm klarmachten, dass er ein Amtsenthebungsverfahren nicht überleben würde.

Das „impeachment“ gegen Bill Clinton scheiterte am Senat. Und auch das erste Amtsenthebungsverfahren der amerikanischen Geschichte – jenes gegen Andrew Johnson – wurde im Senat abgeschmettert. Genau eine Stimme fehlte. Dabei wurde der Senat damals von den Republikanern kontrolliert. Die Senatoren hatten im letzten Moment kalte Füße bekommen.

Die Anhänger von Andrew Johnson waren entzückt: In Milwaukee fuhren sie im Pferdewagen die Hauptstraße hinunter und tranken Bier aus einem Fass, in Boston und Hartford (Connecticut) feuerten Kanonen je 100 Salutschüsse ab; in Dearborn, Michigan, gab es nur 19 Salutschüsse, dafür aber ein gewaltiges Feuerwerk.

Stevenson Archer, ein Demokrat aus Maryland, feierte das Abstimmungsergebnis, als sei dadurch in letzter Minute der Zusammenbruch der Zivilisation verhindert worden. Wäre Andrew Johnson aus seinem Amt entfernt worden, sagte Archer, dann hätten „dunkelhäutige Teufel“ den hilflosen Amerikanern das Blut aus den Kehlen gesogen. 1868 veranstalteten die Demokraten einen Parteikongress, dessen Motto lautete: „Dies ist ein Land für weiße Männer – also sollen weiße Männer es regieren.“

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 This cartoon from the February 1, 1868 issue of Harper's Weekly by Alfred R. Waud depicts President Andrew Johnson as Mercutio, who has been fatally stabbed by two Congressional acts, the "Supreme Court Bill" and "Stanton Reinstated." Secretary of State William Seward, a supporter of the president's policies, is depicted as Romeo leaning over to encourage his dying friend. Photo via Newscom (picturehistory) |
IMPEACHMENT 1868
So überstand Trumps Vorgänger die Amtsenthebung
Bis vor Kurzem herrschte in der amerikanischen Geschichtsschreibung, wenn es um die Zeit nach dem Bürgerkrieg ging, ein wehleidiger Ton vor: Die Südstaaten wurden als Opfer hingestellt, die in der Zeit der „reconstruction“ von geschäftstüchtigen Yankees und brutalen Unionssoldaten kujoniert worden seien. Dies prägte auch die Sicht auf das Amtsenthebungsverfahren gegen Andrew Johnson.

Der 17. Präsident erschien als unschuldiges Objekt einer Intrige von gewissenlosen Republikanern. Später wurde eine zweite Interpretation der Ereignisse des Jahres 1868 populär: Danach war es verlorene Liebesmüh, dass der Kongress versuchte, Andrew Johnson loszuwerden – er hätte seine Kräfte besser für wichtigere Aufgaben verwenden sollen. Beide Interpretationen sind falsch.

Andrew Johnson fiel keiner Intrige zum Opfer. Er war selber ein Intrigant, der sein Bestes tat, um die Errungenschaften des amerikanischen Bürgerkrieges wieder rückgängig zu machen. Er verletzte den Amtseid auf die Verfassung, den jeder amerikanische Präsident bei seinem Amtsantritt leisten muss; der Kongress hatte also nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, alles zu versuchen, um den Saboteur im Weißen Haus von der Macht zu entfernen.

Dass jener Versuch scheiterte, ist gewiss schade. Aber immerhin hatte das „impeachment“ den Effekt, dass Andrew Johnson mindestens drei Monate lang, vom März bis Juni 1868, mit nichts anderem beschäftigt war und keinen weiteren Schaden anrichten konnte. Und auch nachdem das Amtsenthebungsverfahren gescheitert war, hatte er seinen Elan verloren.

Andrew Johnson blieb nur noch bis zum März 1869 im Amt (er verlor die Wahl gegen Ulysses S. Grant, der Lincolns gefeierter General und Oberkommandierender im Bürgerkrieg gewesen war); und in seiner verbleibenden Amtszeit fühlte er ständig die scharfe Drohung eines weiteren „impeachment“ – das diesmal ja erfolgreich sein konnte – wie ein Schwert über seinem Haupt hängen. Das heißt: Der Grobian aus Tennessee wurde plötzlich ausgesprochen höflich und kompromissbereit. Übrigens kann die Mannschaft von Präsident Clinton von einer ähnlichen Erfahrung berichten. Obwohl das Amtsenthebungsverfahren von 1998 nicht zum Ziel führte, gelang es Clinton danach nicht mehr, auch nur ein einziges seiner Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Manchmal hält die Geschichte klare Lehren bereit. Hier ist es diese: Ein Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump wäre wahrscheinlich chancenlos. Gleichzeitig ist es dringend geboten. Trump hat vom ersten Tag seiner Amtszeit an versucht, die Gewaltenteilung – also die Basis der amerikanischen Demokratie – zu unterminieren.

Gerichte untersuchen zurzeit, ob er gegen die „emoluments clause“ der amerikanischen Verfassung verstößt, wenn ausländische Diplomaten in seinen Hotels absteigen. Natürlich würde ein „impeachment“ im Senat scheitern, wo Trumps Republikanische Partei (die mit Abraham Lincolns Partei nur noch den Namen gemein hat) über die Mehrheit verfügt. Aber ein Amtsenthebungsverfahren würde Trumps Macht doch empfindlich einschränken, so wie es seinerzeit die Macht von Andrew Johnson eingeschränkt hat. Und schon das wäre ein wichtiger Sieg.
[close]

Die Zeit hatte ja schon einmal eine Liste merkwürdiger US-Präsidenten veröffentlicht:
https://www.zeit.de/2016/53/praesidenten-usa-geschichte/komplettansicht
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Re: Donalds Antrittsrede
« Antwort #526 am: 27. Februar 2019, 08:46:46 »
Herr Cohen ist vermutlich total entsetzt, daß er da mal mitgemacht hat:


Zitat
COHENS AUSSAGE IM KONGRESS :
„Trump ist ein Lügner und Betrüger“
AKTUALISIERT AM 27.02.2019-07:50

Trumps ehemaliger Anwalt wird stundenlang von Amerikas Senatoren befragt. Doch Michael Cohen ist froh: Er will endlich auspacken über Trumps Machenschaften.


Der frühere Anwalt von Amerikas Präsident Donald Trump, Michael Cohen, wird Informationen der „New York Times“ zufolge am Mittwoch in seiner live im Fernsehen übertragenen Aussage im Kongress schwere Vorwürfe gegen Trump erheben. So werde er in seinem Eingangsstatement den Präsidenten als „Lügner und Betrüger“. Außerdem habe Trump ihn implizit dazu aufgefordert über ein Immobilienprojekt in Moskau zu lügen und gewusst, dass sein Berater Roger Stone in Kontakt mit Wikileaks stand. Cohen hat schon am Dienstag vor dem Geheimdienstausschuss des Senats ausgesagt, jedoch hinter verschlossener Tür. Nach dem Termin sagte Cohen, er habe die Gelegenheit bekommen, Dinge geradezurücken und „die Wahrheit zu sagen“.
https://www.faz.net/aktuell/politik/trumps-praesidentschaft/michael-cohen-trump-ist-ein-luegner-und-betrueger-16062361.html
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Re: Donalds Antrittsrede
« Antwort #527 am: 27. Februar 2019, 09:15:11 »
Aber wohl nur, weil er deshalb in den Knast geht. So lange er damit gutes Geld verdient hat, war es ihm anscheinend ja nicht zuwider.
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Re: Donalds Antrittsrede
« Antwort #528 am: 27. Februar 2019, 10:05:28 »
So lange er damit gutes Geld verdient hat, war es ihm anscheinend ja nicht zuwider.

Durchaus möglich, daß er mit seiner neuen Einstellung wieder Kohle macht.

Vielleicht schreibt er ein Buch über ganz ganz üble Machenschaften im Weißen Haus ...

Solange Trump zu gewinnen schien, hat man gerne mitgemacht.

Jetzt, wo das Repräsentantenhaus schon mal gegen den Notstand gestimmt hat, sich also die Waage überdeutlich nach der anderen Seite neigt, sind die Trauben natürlich viel zu sauer ...   :whistle:


Zitat
US-Repräsentantenhaus stimmt gegen Trumps Mauer-Notstand
Stand: 07:38 Uhr

Nach Ansicht der Demokraten hebelt der US-Präsident die Gewaltenteilung aus: Deshalb hat das US-Repräsentantenhaus für eine Blockade von Trumps Notstandserklärung votiert. Ob die Resolution Erfolg haben wird, ist unklar.
https://www.welt.de/politik/ausland/article189470665/Resolution-US-Repraesentantenhaus-stimmt-gegen-Trumps-Mauer-Notstand.html
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Re: Donalds Antrittsrede
« Antwort #529 am: 28. Februar 2019, 06:08:55 »
Zitat
Bei seiner Befragung vor dem US-Kongress liefert der frühere Anwalt Michael Cohen viele ernste, aber auch bizarre Informationen aus seiner jahrelangen Arbeit für Donald Trump. Dem Präsidenten drohen nun noch mehr juristische Probleme.

Roland Nelles, SPON am 28.02.2019

Und hier noch einige Zitate der Aussage.

Leider zweifle ich daran, daß es Trump während seiner Amtszeit ernsthaft an den Kragen gehen wird - er hat eine zu große eingeschworene Fangemeinde. Sollten Bilder von Trump und Kim Jong Un im Bett auftauchen, würden sie wohl sagen: "Schaut mal, selbst das hat er für die USA auf sich genommen!"

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Re: Donalds Antrittsrede
« Antwort #530 am: 28. Februar 2019, 09:07:12 »
Und „the greatest dealmaker of all times“ hat diesmal leider keine Rose keine Erfolgsnachrichten

Aber ganz wichtig, wie er in der PK betonte, Israel kauft und bezahlt ganz viel Militärmaterial in den USA und Japan hat eingesehen das es ganz ungerecht ist, das es soviele Autos in die USA verkauft... :facepalm:

http://www.spiegel.de/politik/ausland/donald-trump-hanoi-gipfel-mit-kim-jong-un-vorzeitig-ohne-ergebnis-beendet-a-1255504.html
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Re: Donalds Antrittsrede
« Antwort #531 am: 28. Februar 2019, 09:29:32 »
Die USA hat im Iran und Irak deutlich demonstriert, wie sie mit Staaten umspringt, die keine Nuklearwaffen haben, wenn die Interessenlage gegensätzlich ist.

Natürlich gibt Nordkorea seine Waffen nicht auf.

Und die Persönlichkeit von Trump ist auch nicht besonders dazu geeignet, Vertrauen zu entwickeln.
soɥdʎsıs sǝp soɥʇʎɯ ɹǝp 'snɯɐɔ ʇɹǝqlɐ –
˙uǝllǝʇsɹoʌ uǝɥɔsuǝɯ uǝɥɔılʞɔülƃ uǝuıǝ slɐ soɥdʎsıs sun uǝssüɯ ɹıʍ ˙uǝllüɟnzsnɐ zɹǝɥuǝɥɔsuǝɯ uıǝ ƃɐɯɹǝʌ lǝɟdıƃ uǝƃǝƃ ɟdɯɐʞ ɹǝp

P.S.: Cantor became famous by proving it can't be done.
 

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Re: Donalds Antrittsrede
« Antwort #532 am: 28. Februar 2019, 09:54:18 »
Ähm, ich denke eher, dass man auf der "Verwaltungsebene" (also jene, die die tollen Pläne und deren Folgen über jede Legislaturperiode hinaus managen müssen) genau weiss, was selbst ohne Nukes ein Konflikt mit NK bedeutet. Gegen den Irak ist NK eine deutlich härtere Nuss, nicht nur militärisch, sondern auch für eine Besatzermacht. Darüber hinaus hat man dort nur eine sehr kurze Grenze zu einem befreundeten Land, China und Russland können einen Guerillakrieg dort endlos am Laufen halten. Spätestens seit Afgh. und Irak wissen Militärs, Politiker und Verwalter, dass Nation building "Raketenwissenschaft" (Genauso komplex und noch deutlich teurer als ein paar Menschen zum Mond zu schiessen) ist. Darüber hinaus gäbe es nicht wirklich viele Mitglieder für eine Anti-Kim-Koalition...

Wenn man sich Berichte über die Diplomatie mit NK ansieht, dann war das Ergebnis absehbar. Das sind knallharte Profis, die keinen Schritt tun ohne doppelte Gegenleistung. Diplomatische Erpressung ist deren Tagesgeschäft (wozu sonst Atomwaffen und ICBMs), die haben nix zu verlieren. Kim hat das was er wollte, er hat "den mächtigsten Mann der Welt" an den Tisch für ein paar Bilder geholt, ohne dass er im Vorfeld irgendwas machen musste. Trump ist voll drauf reingefallen, ein Land wie NK ist sonst nicht mal nen Aussenministerbesuch wert.
 
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Re: Donalds Antrittsrede
« Antwort #533 am: 28. Februar 2019, 11:13:53 »
Das Treffen ist jetzt Geschichte ohne solche geschrieben zu haben.
Trump ist weg.
Die Schleimerei vom Vortag für nichts und wieder nichts.
Friedensnobelpreis adieu.
Fällt Dir nur Unsinn ein und immer,
erzähle nichts, sonst wird es schlimmer.
 
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Re: Donalds Antrittsrede
« Antwort #534 am: 28. Februar 2019, 12:34:25 »
Wahrlich ein "stable genius mit very high IQ".....

Ich hatte ja wenigstens symbolisch Gesten oder so etwas erwartet aber nein nicht mal das.
Vom SchlafSchaf gefressen.
 

Offline Chemtrail-Fan

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Re: Donalds Antrittsrede
« Antwort #535 am: 28. Februar 2019, 12:53:28 »
Ich hatte ja wenigstens symbolisch Gesten oder so etwas erwartet aber nein nicht mal das.

Gesten vielleicht ja. Aber keine Gesten mit irgendwelchem Inhalt.
Wobei ich eigentlich schon erwartet hätte, dass man ein Abkommen über was auch immer abschließt. Ich war nur darauf gespannt, wie lange ein Abkommen hält, das von zwei Egomanen unterzeichnet wurde - ob es eine Zeitspanne wird, deren Länge man wenigstens in Tagen angeben kann.
Ich habe mir bereits eine feste Meinung gebildet! Verwirren Sie mich bitte nicht mit Fakten!
 
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Offline Rabenaas

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Re: Donalds Antrittsrede
« Antwort #536 am: 28. Februar 2019, 12:57:38 »
Friedensnobelpreis adieu.

Für Trump oder für Kim?  ;D
Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!
 

Offline hair mess

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Re: Donalds Antrittsrede
« Antwort #537 am: 28. Februar 2019, 13:30:59 »
Trump wollte ihn doch unbedingt. So unbedingt, dass er sich nicht entbloedete beim Japaner eine Nominierung zu erbetteln, für die sich dieser dann bei seinem Volk entschuldigen musste.

Ich fass es immer noch nicht.
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Offline Grashalm

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Re: Donalds Antrittsrede
« Antwort #538 am: 28. Februar 2019, 14:30:13 »
Trump wollte ihn doch unbedingt. So unbedingt, dass er sich nicht entbloedete beim Japaner eine Nominierung zu erbetteln, für die sich dieser dann bei seinem Volk entschuldigen musste.

Ich fass es immer noch nicht.

Wisst ihr ich hatte bis jetzt immer angenommen, dass Trump mit seinem Handeln irgend einen ausgefuchsten Plan verfolgt und der "Clown" den er mimt nur Ablenkung ist.

Doch mittlerweile glaube ich auch, dass der Typ so unfähig ist wie es den Anschein macht. Ich kann mir jedenfalls keinen Plan vorstellen in dessen Rahmen sein heutiges Handeln auch nur ansatzweise Sinn machen würde.
Vom SchlafSchaf gefressen.
 
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Offline Sandmännchen

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Re: Donalds Antrittsrede
« Antwort #539 am: 28. Februar 2019, 18:21:37 »
Da gibt's 'ne nette Geschichte.

Ein verheiratetes Pärchen geht Schaufenstergucken. Vor dem Juwelier ist die Frau von einem Ring total begeistert. Der Mann sagt (die Geschichte stammt aus alten sexistischen Zeiten), dass er ihr den Ring zu Weihnachten schenkt, und dass die Frau völlig überrascht sein wird.

Die Frau ist verwirrt. Wie soll sie überrascht sein, wenn ihr der Mann jetzt schon erzählt, dass der Ring ein Weihnachtsgeschenk wird? Das passt ja nicht, und sie verliert den Glauben daran. Zu Weihnachten ist sie dann völlig überrascht, dass ihr Mann ihr tatsächlich den Ring schenkt.

 8)

Der Witz an Trump ist, dass niemand diesen Clown ernsthaft für den Clown hält, der er ist, weil es so ein Clown ja niemals zum Präsidenten der USA bringen kann. Da muss also irgendwo Großes im Hintergrund geschehen.

soɥdʎsıs sǝp soɥʇʎɯ ɹǝp 'snɯɐɔ ʇɹǝqlɐ –
˙uǝllǝʇsɹoʌ uǝɥɔsuǝɯ uǝɥɔılʞɔülƃ uǝuıǝ slɐ soɥdʎsıs sun uǝssüɯ ɹıʍ ˙uǝllüɟnzsnɐ zɹǝɥuǝɥɔsuǝɯ uıǝ ƃɐɯɹǝʌ lǝɟdıƃ uǝƃǝƃ ɟdɯɐʞ ɹǝp

P.S.: Cantor became famous by proving it can't be done.
 
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