Zur Erinnerung: Es ist nicht so, dass die StA oder dass die Geschädigten Fatzke nachweisen müssen, dass er Geld für andere als die deklarierten Zwecke verwendet habe, sondern Fatzke muss sicherstellen können, dass er die erhaltenen Gelder dem Anlegerwillen entsprechend verwendet hat. Reines Geschwurbel ersetzt diesen Nachweis aber nicht.
Hmm, also Deine Interpretation verträgt sich mit meiner Interpretation von der Unschuldsvermutung nicht. Oder Du meinst das sehr verkürzt.
Die Staatsanwaltschaft muß schon die Tat nachweisen. Praktischerweise ist die eine fehlende oder grob desorganisierte Buchhaltung, die die Geltendmachung von Ansprüchen der Anleger vereitelt, schon für den Tatbestand ausreichend.
Nachwiesen werden muß also nur dies: Daß eine ordentliche Buchhaltung fehlt (danke dafür an die Aussagen vor Gericht bei der Haftprüfung!), und daß deswegen Ansprüche der Anleger nicht realisiert werden können. Für letzteres genügt es, daß kein Vermögen auffindbar ist und Fitzek über den Verbleib schweigt - denn mit Buchhaltung wäre das klärbar.
@Sandmännchen, wir sprechen wohl von zwei unterschiedlichen Sachen: Die Unschuldsvermutung bedeutet, dass erst einmal jeder Beschuldigte als unschuldig gilt, bis in einem gerichtlichen Verfahren das Gegenteil bewiesen ist. Die Beweislast trägt der Staat, vertreten durch die Staatsanwaltschaft und deren Hilfsorgane (Polizei), das Gericht selbst muss die Wahrheit aktiv erforschen.
Natürlich muss auch die Staatsanwaltschaft in diesem Fall den Nachweis erbringen, dass Fatzke Gelder eingeworben hat, dass er diese unter bestimmten Auflagen zu ihrer Verwendung angenommen hat, dass es sich nicht um Spenden zur freien Verfügung handelte und dass er diese nicht den Versprechungen, die er selbst gegeben hatte, und den öffentlich gemachten Zweckbestimmungen entsprechend verwendet hat. Die Ausführungen des Gerichts deuten ja auch darauf hin, dass die StA in dieser Richtung tätig war und eine Menge Hinweise gesammelt hat; das Gericht möchte allerdings einige Punkte noch genauer ermittelt sehen.
Auf einer ganz anderen Ebene liegt aber die Pflicht, dass jemand, der von einem anderen Geld angenommen hat, um es für diesen oder nach dessen Zwecksetzungen zu verwalten bzw. zu verwenden, diesem Dritten gegenüber nachweisen können muss, dass er dessen Geld dem Zweck entsprechenden verwendet hat. Dies ist zunächst eine privatrechtliche Pflicht zwischen dem Geldgeber und dem Geldempfänger.
Sodann ist es aber auch eine Merkmal des Tatbestands "Untreue". Nehmen wir einmal an, dass Herr Reich eine Million Herrn Ungelter gibt, damit Herr Ungelter diese Million in Warenterminpapieren der südsudanesischen Börse anlege. Herr Ungelter stellt eine Quittung aus, schreibt einen Vermögensverwaltungsauftrag, den er Herrn Reich unterzeichnen lässt, und weist gesondert schriftlich auf den hoch spekulativen Charakter solcher Geschäfte hin. Weiter dokumentiert er seine Anlagen in südsudanesischen Warenterminpapieren und den Vermögensstand des angenommenen Geldes peinlich genau. Am Ende geht alles verloren, wie zu erwarten war.
Wenn nun Anklage gegen Herrn Ungelter erhoben wegen Untreue erhoben wird, kann er mit einem Freispruch rechnen, denn er hat nur dem erklärten und gegen besseres Wissen beibehaltenen Auftrag des Herrn Reich gehandelt. Mit anderen Worten: Herr Reich hat mit seiner Entscheidung, in solche hoch spekulativen Geschäfte zu investieren, sich selbst geschadet, Herr Ungelter hat nur das ausgeführt, was er ihm aufgetragen hat; mehr noch hat er ihn sogar gewarnt.
Bei Fatzke liegt der Fall jedoch anders: Im Grunde liefert er selbst ja die Beweise dafür, dass das Geld entweder verbraten wurde oder jedenfalls nicht greifbar ist; vielleicht ist es ja noch irgendwo vorhanden, aber es ist nicht nachvollziehbar, wo es geblieben ist. Noch nicht einmal klar ist, welchen Zwecken das Geld zugeführt wurde; es besteht keinerlei auch nur geringe Sicherheit, dass die Anlagen entsprechend den von den Anlegern bestimmten bzw. ihnen mitgeteilten Zwecksetzungen verwendet wurden.
Vielmehr noch: Es erweckt den Anschein, als habe sich Fatzke auch nicht eine Sekunde ernsthaft darüber Gedanken gemacht, wie er die Gelder der Anleger den Zwecksetzungen entsprechend sichern könnte.
Bei dieser Ausgangslage ist es faktisch so, dass sich die Beweislast nicht nur umkehrt, sondern dass der Beschuldigte selbst von sich aus die Beweise liefert, mit denen er verurteilt werden kann.